Impressum: Rechnungshof Rheinland-Pfalz Gerhart-Hauptmann-Straße Speyer
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- Angela Lichtenberg
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1 Auszug aus dem Jahresbericht 2014 Nr. 7 Maschinelles Risikomanagement der Steuerverwaltung bei Einnahmenüberschussrechnungen - Mängel bei der Einkommensbesteuerung - Impressum: Rechnungshof Rheinland-Pfalz Gerhart-Hauptmann-Straße Speyer Telefon: Telefax: Poststelle@rechnungshof.rlp.de Internet:
2 Nr. 7 Maschinelles Risikomanagement der Steuerverwaltung bei Einnahmenüberschussrechnungen - Mängel bei der Einkommensbesteuerung - Das maschinelle Risikomanagementsystem ist noch nicht ausgereift. Es birgt ein erhöhtes Steuerausfallrisiko. Die durch das Risikomanagementsystem erzeugten Hinweise für eine Überprüfung der Steuererklärungen durch die Bearbeiter in den Veranlagungsstellen der Finanzämter sind zu zahlreich und zum Teil zu wenig konkret. Der Informationsgehalt der standardisierten Vordrucke (Anlage EÜR) in der derzeit verwendeten Fassung ist gering. Wichtige Angaben zu steuererheblichen Sachverhalten werden bei den Steuerpflichtigen nicht abgefragt. Daher ist nicht gewährleistet, dass das Risikomanagement die risikobehafteten Sachverhalte erkennt und diese personell überprüft werden. 1 Allgemeines Steuerpflichtige, die nicht gesetzlich zur Buchführung verpflichtet sind oder freiwillig Bücher führen, können ihren Gewinn durch Abzug der Betriebsausgaben von den Betriebseinnahmen (Einnahmenüberschussrechnung) ermitteln 1. Wenn die Betriebseinnahmen mindestens betragen, ist eine Einnahmenüberschussrechnung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck - der Anlage EÜR - einzureichen 2. Sie soll maschinelle Abgleiche und Plausibilitätsprüfungen im steuerlichen Massenverfahren ermöglichen. Für die Jahre ab 2011 ist die Anlage EÜR anstatt in Papierform nach einem amtlich vorgeschriebenen Datensatz durch Datenfernübertragung zu übermitteln 3. Dadurch entfällt die Dateneingabe im Finanzamt. Das maschinelle Risikomanagementsystem der Steuerverwaltung verarbeitet die Daten der Anlage EÜR und erzeugt Risikohinweise für die Bearbeiter in den Finanzämtern. Die Oberfinanzdirektion hat diese im Juni 2012 angewiesen, Erklärungsdaten grundsätzlich ungeprüft zu übernehmen und ausschließlich die Hinweise abzuarbeiten. Soweit keine zu prüfenden Hinweise ausgegeben werden, gelten die Sachverhalte als risikoarm und durch das Risikomanagementsystem geprüft. Eine personelle Prüfung wird dann nicht für erforderlich gehalten. So soll der zunehmenden Arbeitsmenge bei knappen personellen Ressourcen der Steuerverwaltung begegnet werden. Der Rechnungshof hat bei den Finanzämtern Altenkirchen-Hachenburg, Ludwigshafen und Speyer-Germersheim die Bearbeitung von Steuererklärungen mit Einnahmenüberschussrechnungen für insgesamt 329 Veranlagungszeiträume überprüft Abs. 3 Satz 1 Einkommensteuergesetz - EStG - in der Fassung vom 8. Oktober 2009 (BGBl. I S. 3366, 3862), zuletzt geändert durch Gesetz vom 18. Dezember 2013 (BGBl. I S. 4318). Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 10. Februar 2005 an die obersten Finanzbehörden der Länder (BStBl I S. 320). 60 Abs. 4 Satz 1 i. V. m. 84 Abs. 3d Einkommensteuer-Durchführungsverordnung - EStDV - in der Fassung vom 10. Mai 2000 (BGBl. I S. 717), zuletzt geändert durch Verordnung vom 24. Juni 2013 (BGBl. I S. 1679).
3 2 Wesentliche Prüfungsergebnisse Unzureichende Sachverhaltsermittlungen und ungeeignete Risikohinweise bei der Steuerfestsetzung Bearbeitungsmängel Der Rechnungshof hat bei 103 (31 %) der überprüften Veranlagungen festgestellt, dass Steuern von nicht festgesetzt und die Grundlagen für die Besteuerung von über 1 Mio. fehlerhaft ermittelt oder nicht im notwendigen Umfang aufgeklärt worden waren. Beanstandungen haben sich insbesondere bei Umsatzsteuervorauszahlungen als regelmäßig wiederkehrenden Ausgaben, nicht als Betriebsausgabe abziehbaren Schuldzinsen, Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer, Investitionsabzugsbeträgen und Sonderabschreibungen, Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung, Grundstücken im Betriebsvermögen sowie der Übertragung stiller Reserven bei der Veräußerung bestimmter Anlagegüter und der Nutzung von Kraftfahrzeugen für betriebliche und private Zwecke ergeben. Die Finanzämter haben die fehlerhaften Steuerfestsetzungen im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten korrigiert. Außerdem hat die Oberfinanzdirektion im August 2013 mit Bediensteten aller Finanzämter Schulungsveranstaltungen zu den Feststellungen des Rechnungshofs durchgeführt Risikohinweise Durch die aus dem maschinellen Risikomanagement erzeugten Hinweise sollen risikobehaftete Sachverhalte hervorgehoben werden. Sind die Risikohinweise zu zahlreich oder zu ungenau, erhöht sich der Arbeitsaufwand für die Bearbeiter. Das war bei einigen Hinweisen der Fall: - Das maschinelle Risikomanagement glich den eingetragenen Gewinn oder Verlust mit der rechnerischen Differenz der einzelnen Einnahmen und Ausgaben ab. Dabei war die Höhe ohne Bedeutung. So kam es zu mehreren Risikohinweisen, um eine Abweichung von 0,02 aufzuklären. Auch bei einem maschinellen Abgleich sollten wirtschaftliche Gesichtspunkte berücksichtigt werden. Die Oberfinanzdirektion hat erklärt, die Bearbeiter seien auf mathematisch unzutreffende Werte hinzuweisen, wenn die Summe erklärter Einzelbeträge zu einem Summenfeld differiere. Würden die Bearbeiter von erklärten Daten abweichen, könnten sie zugleich veranlassen, dass die Summenbildung automatisiert angepasst werde. Dies sei nicht in allen Finanzämtern bekannt gewesen, sei aber nochmals geschult worden. - Bei Kostengemeinschaften (beispielsweise ärztlichen Laborgemeinschaften) gab es besonders viele Hinweise, um Diskrepanzen zwischen Einnahmen und bestimmten Ausgaben zu prüfen. Sämtliche Hinweise hätten unterbleiben können, da keine Umsätze getätigt, sondern lediglich die Kosten für Personal, Miete und Gerätschaften auf die Beteiligten aufgeteilt worden waren. Die Oberfinanzdirektion hat mitgeteilt, die Anlage EÜR sei für solche Fälle nicht zu verwenden. Im Übrigen hat die Oberfinanzdirektion darauf hingewiesen, dass ständig daran gearbeitet werde, die Aussagekraft der Prüfhinweise aufgrund von Anregungen aus der Praxis zu verbessern.
4 Risikomanagement für die Anlage EÜR nicht ausgereift Die Anlage EÜR wird künftig im Zuge der Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens für die Finanzämter in den meisten Fällen die einzige Informationsquelle im Bereich der Gewinneinkünfte mit Einnahmenüberschussrechnung sein. Damit hängt die ordnungsgemäße Besteuerung 4 in hohem Maß von der Wirksamkeit des maschinellen Risikomanagementsystems ab. Erste Voraussetzung dafür sind zutreffende Angaben der Steuerpflichtigen in den Steuererklärungen. Das bedeutet, dass alle Angaben in dem Vordruck der Anlage EÜR oder bei der elektronischen Datenübermittlung in die richtigen Datenfelder eingetragen sein müssen. Der Rechnungshof hat in den untersuchten Fällen festgestellt, dass dies häufig nicht der Fall war. Die Anlage EÜR gibt bestimmte Einnahmen und Ausgaben und deren Position in der Gewinnermittlung vor. Das soll einen schnellen Überblick ermöglichen. Viele Themenbereiche sind aber zu wenig aufgegliedert, um sofort alle für die Steuerfestsetzung notwendigen Informationen zu liefern. Beispielsweise werden bei den "Übrigen Betriebsausgaben" unterschiedliche Ausgaben in einem Betrag zusammengefasst. Für das Risikomanagement können diese zusammengefassten Angaben kaum genutzt werden, weil die risikobehafteten Sachverhalte nicht zu erkennen sind. Oft ist es erforderlich, bei den Steuerpflichtigen nachzufragen oder umfangreiche Unterlagen nachzufordern. Der Rechnungshof ist der Auffassung, dass die Anlage EÜR wesentlich mehr Angaben (Kennzahlen) enthalten müsste. Das verursacht bei den Steuerpflichtigen und ihren steuerlichen Beratern nicht mehr Aufwand. Ihnen liegen die benötigten Angaben in der Regel ohnehin detailliert elektronisch vor. Derzeit müssen die Buchhaltungsdaten zum Eintrag in den standardisierten Vordruck oft zusammengefasst werden. Außerdem hat der Rechnungshof erhebliche Bedenken, ob die Anlage EÜR in der gegenwärtigen Ausgestaltung einzige Prüfungsgrundlage der Finanzämter für die Einkünfte sein kann, die durch Einnahmenüberschussrechnung ermittelt werden. Sowohl die Qualität als auch die Quantität der Erklärungsdaten sind verbesserungsbedürftig. Die Oberfinanzdirektion hat erklärt, der Umfang der Datenbasis sei ein wichtiges Kriterium für ein funktionierendes Risikomanagement. Für die Anlage EÜR hat sie Verbesserungsbedarf eingeräumt und zugesagt, die Anregungen des Rechnungshofs zur Verbesserung des Vordrucks in die dafür zuständigen Bund-/Länderarbeitsgruppen 5 einzubringen. Dort gebe es starke Bestrebungen, den Umfang des Vordrucks und damit auch der Kennzahlen auszuweiten. Beispielsweise werde die Auffangposition "Übrige Betriebsausgaben" ab dem Veranlagungszeitraum 2013 auf mehrere Positionen aufgeteilt. Weiterhin hat die Oberfinanzdirektion mitgeteilt, bereits jetzt seien die Veranlagungsarbeiten durch maschinell unterstützte Abgleiche und Verprobungen ökonomischer und effizienter. Der Einsatz maschineller Risikomanagementsysteme sei in einer Massenverwaltung wie der Steuerverwaltung unverzichtbar. Sie seien nicht dazu bestimmt und geeignet, alle Angaben in den Steuererklärungen auf Schlüssigkeit zu prüfen. Bestimmte Risiken seien einzugehen, um insgesamt ein besseres Gesamtniveau der Ergebnisse zu erreichen Abgabenordnung - AO - in der Fassung vom 1. Oktober 2002 (BGBl. I S. 3866; ber. BGBl I S. 61), zuletzt geändert durch Gesetz vom 18. Dezember 2013 (BGBl. I S. 4318). Die Vordrucke und die Programmvorgaben werden zentral von der Arbeitsgruppe Anlage EÜR erstellt und gepflegt. Sie besteht aus Vertretern des Bundes und der Länder.
5 Hierzu bemerkt der Rechnungshof, dass ein noch nicht ausgereiftes Risikomanagement als Grundlage der Steuerfestsetzung ohne Schlüssigkeitsprüfungen durch steuerlich gut ausgebildetes Personal zumindest bei den risikobehafteten Fällen nicht verantwortbar ist. Hohe Steuerausfälle können die Folge sein. 3 Folgerungen 3.1 Zu den nachstehenden Forderungen wurden die gebotenen Folgerungen bereits gezogen oder eingeleitet: Der Rechnungshof hatte gefordert, a) die fehlerhaften Steuerveranlagungen im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten zu ändern, b) auf die Behebung von Mängeln bei der Steuerfestsetzung hinzuwirken, c) seine Anregungen und Verbesserungsvorschläge zur Gestaltung der Anlage EÜR und zum maschinellen Risikomanagement in die dafür zuständigen Bund-/Länderarbeitsgruppen einzubringen. 3.2 Folgende Forderungen sind nicht erledigt: Der Rechnungshof hat gefordert, a) über die Ergebnisse zu den eingeleiteten Maßnahmen zu Nr. 3.1 Buchstabe c zu berichten, b) die Steuererklärungsdaten nicht grundsätzlich ungeprüft zu übernehmen und auf personelle Schlüssigkeitsprüfungen bei der Veranlagungstätigkeit nicht vollständig zu verzichten.
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