NARKA 2015 Brauchen wir bei ambulanten Patienten noch Muskelrelaxanzien? Thomas Standl
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- Bernt Bieber
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1 NARKA 2015 Brauchen wir bei ambulanten Patienten noch Muskelrelaxanzien? Thomas Standl Klinik für Anästhesie, Operative Intensiv- u. Palliativmedizin STÄDTISCHES KLINIKUM AKADEMISCHES LEHRKRANKENHAUS gemeinnützige GmbH DER UNIVERSITÄT ZU KÖLN 1
2 Anforderungen Ambulantes Operieren Bettelli G: Curr Opin Anaesthesiol 2006;19:600-5 Quick turnover time, prompt recovery and timely discharge NMBA may interfere with both organizational aspects and postoperative patient wellbeing
3 Analgesie Hypnose Muskelrelaxation Die drei Säulen der Allgemeinanästhesie Allgemeinanästhesie 3
4 Wozu Muskelrelaxation? Indikationen Anästhesist Optimale neuromuskuläre Blockade zur Intubation Schnell Effektiv Sicher V.a. zur Rapid sequence induction (RSI) Schwieriger Atemweg bis zur Cannot intubate, cannot ventilate -Situation Notfall- u. Intensivmedizin 4
5 Wozu Muskelrelaxation? Indikationen Chirurg Optimale Operationsbedingungen Tiefe neuromuskuläre Blockade In jeder Operationsphase z.b. Laparoskopische OP, Mikrochirurgische OP, Hüft-TEP, Panendoskopie, Augen-OP Bis zur Hautnaht 5
6 Tiefe NMB und operative Bedingungen Dubois PE et al.: Eur J Anesthesiol 2014;31:430-6 Vergleich von 100 Patientinnen für laparoskopische Hysterektomie nach Relaxierung mit 0,45 mg/kg Rocuronium plus 5 mg Repetition bei schlechten Bedingungen (S) Relaxierung mit 0,6 mg/kg Rocuronium plus 5 mg Repetition bei TOF-Counts = 2 (D) OP-Bedingungen von 1 (excellent) bis 4 (unacceptable) 6
7 Rapid Sequence Induction: Indikationen Nicht nüchterner Patient: akutes Abdomen, (Poly-)Trauma Akuter Ileus Chron. Ileus, Magenatonie, Pylorusstenose Hiatushernie, Refluxkrankheit (GERD), Ösophagusdivertikel Schwangere ab 2. Trimenon, Sectio caesarea Alkoholisierte u. komatöse Patienten Diabetiker und terminal Niereninsuffiziente mit Gastroparese Adipositas permagna 7
8 Anschlagzeiten bei 2 x ED 95 (übliche Intubationsdosis) Succinylcholin 1 Rocuronium 1,5 Bei 4 x ED 95 : 0,5-1 min Vecuronium 2 3 Pancuronium 3 Atracurium 2 3 Mivacurium 3 Cis-Atracurium [min] 8
9 Rapid Sequence Induction: Management Soens MA et al.: Acta Anaesthesiol Scand 2008;52:6-19 OK Hochlagerung Magensonde absaugen und entfernen Präoxygenierung 100% O 2 über 3-5 min (wenn Zeit ausreicht!) Opioid* -> Hypnotikum* -> Relaxans Succinylcholin 1 mg/kg** (ohne Präcurarisierung) oder Rocuronium 1 mg/kg* Intubation ohne Maskenbeatmung Difficult Airway Device einsatzbereit * auf Normalgewicht bezogen ** auf tatsächliches KG bezogen 9
10 RSI bei Kindern Handlungsempfehlungen Anästh Intensivmed 2007;48:S88-S93
11 Der (unerwartet) schwierige Atemweg 11
12 Airway-Management beim schwierigen Atemweg OK Hoch-Lagerung Sniffing oder ramped position (bei Adipositas p.m.) Präoxygenierung 100% O 2 über 3-5 min Succinylcholin 1 mg/kg** oder Rocuronium 1 mg/kg* Difficult Airway Device: Videolaryngoskop, Intubationskatheter Eschmannstab, Fast trach LMA, kleine Tuben mit 6,5-7,0 mm Fiberoptische Wachintubation * auf Normalgewicht bezogen 12 ** auf tatsächliches KG bezogen
13 Schwieriger Atemweg bei Kindern Handlungsempfehlungen Anästh Intensivmed 2011;52:S54-S63
14 Schwieriger Atemweg bei Kindern Handlungsempfehlungen Anästh Intensivmed 2011;52:S54-S63
15 Relaxierung in der Kinderanästhesie Nauheimer D et al.: Pediatric Anesthesia 2009;19:225-31
16 Ökonomie: Kosten für Relaxierung und Reversierung 1 Ampulle Succinylcholin à 100 mg: 0,24 1 Ampulle Atracurium à 50 mg: 1,02 1 Ampulle Cisatracurium à 10 mg: 1,43 1 Ampulle Rocuronium à 50 mg: 1,85 1 Ampulle Mivacurium à 20 mg: 8,55 1 Ampulle Prostigmin à 0,5 mg: 0,17 1 Ampulle Sugammadex à 200 mg: 93,34 16
17 Risiken und Nebenwirkungen von MR: Anaphylaktische Reaktionen Anstieg Plasmahistamin- Spiegel [%] Laxenaire MC: Ann Fr Anesth Reanim 1993;12:91-6 Naguib M et al.: Br J Anaesth 1996;76:339 Brereton A et al.: Anaesth Intensive Care 2012;40:861-6 Dewachter P et al.: Anesthesiology 2009;111: Rocuronium 0,6 mg/kg KG Vecuronium 0,1 mg/kg KG Atracurium 0,6 mg/kg KG Mivacurium 0,2 mg/kg KG Tubocurarin 0,5 mg/kg KG [Start] 1 min 3 min 5 min Patienten nach anaphylaktoider Reaktion getestet, davon 52% durch immunologische Tests verifiziert, davon 70% (n=577) MR, davon 43% (n=248) Succinylcholin 220 Patienten nach anaphylaktoider Reaktion getestet, davon 43 (=20%) MR, v.a. Succinylcholin u. Rocuronium, 29% bzw. 65% Kreuzallergie mit anderen MR Inzidenz 1 : (Anaphylaxie allgem. 1 : ) 17
18 Kasuistik: Kleinkind zur ATO mit PD H 3 CO O O OCH 3 H 3 CO + N (CH 2 ) 3 -OC-CHCH 2 CH 2 -CO-(CH 2 ) 3 CH 2 CH 3 CH 3 + N CH 2 OCH 3 H 3 CO OCH 3 OCH 3 H 3 CO OCH 3 OCH 3 18
19 Patientensicherheit: Anforderungen an die Muskelrelaxation am OP-Ende Risikoreduzierung bei kritischen Patienten Organ-Dysfunktion (z.b. Leber- oder Niereninsuffizienz) Alter Adipositas Aufhebung der neuromuskulären Blockade Schnell Effektiv Sicher Vermeidung von Re-Curarisierung Vermeidung postoperativer Restcurarisierung (PORC) 19
20 Interindividuelle Unterschiede in der Wirkung von Muskelrelaxanzien Debaene B et al.: Anesthesiology 2003;98: Patienten mit einmaliger Muskelrelaxierung 2x ED95; im AWR TOF 20
21 PORC: Klinische Zeichen unzuverlässig deshalb ist Relaxometrie notwendig! Eikermann M et al.: Anesthesiology 2003;98: TOF Ratio Kopfheben unmöglich Schlucken schwierig 0,5 1/12 10/12 0,8 0/12 7/12 1 0/12 1/12 12 wache, teilrelaxierte Probanden Akzeleromyographie TOF-Watch 21
22 OP-Management: Bei welchen Eingriffen lohnt sich eine Reversierung? 22
23 Reversierung verschiedener Stadien der Muskelrelaxierung mit Sugammadex 23
24 Alternativen zur Relaxierung Regionalanästhesie LMA Intubation ohne Relaxans Dosisreduktion bei MR Relaxierungsmanagement mit MR, NMM u. ggf. Reversion
25 Larynxmaske statt ITN bei Sectio? Halaseh BK et al.: Anaesth Intensive Care 2010;38: Klinikum Amman, Jordanien Erhebung elektive Sectios 8h Nüchternheit Präoxygenierung Induktion mit 2-3 mg/kg Propofol + 0,9 mg/kg Rocuronium Insertion einer LMA Proseal #4 Laryngoskopie + MS Rescue: Nachblocken -> LMA #5 -> ITN Primär erfolgreiche Insertion (100%) Maximale Blockung 19 (0,6%) Größere LMA 8 (0,3%) Regurgitation 1 (0,03%) Aspiration 0 Rescue intubation 0
26 Intubation ohne Muskelrelaxanz? Mencke T et al.: Anesthesiology 2003;98: Fuchs-Buder T et al.: Anaesthesist 2006;55:7-16 Stimmbandläsionen durch Intubation
27 Geht es ganz ohne Muskelrelaxanz? Combes X et al.: Br J Anaesth 2007;99; n = 2 x 150 Patienten Relaxanz frei Rocuronium Versuche (n): 1/2/3/4 117/13/16/4 137/11/2/0 Anästhesisten (n): 1/2 140/10 147/3 Alternative Technik (n): 0/1 146/4 150/0 Lehane Cormack Grad: I,II,III,IV 91/41/17/1 106/39/5/0 Zug am Spatel (normal, erhöht) 103/47 126/24 BURP (ja, nein) 41/109 52/98 Stimmbandstellung (abduziert, adduziert) 127/33 140/10
28 Geht es ganz ohne Muskelrelaxanz? Zakaria SM et al.: Anesth Prog 2011;58;3-7 Retrospektive Studie an 168 Kindern (1,5-17 Jahre) Prämedikation mit Midazolam und Ketamin i.m. Narkoseeinleitung mit 8% Sevofluran in 100% O 2 BIS-gesteuerte Relaxanz-freie Intubation, Median 34,7
29 Geht es ganz ohne Muskelrelaxanz? Cave: medizinische und forensische Konsequenzen im Falle von Stimmbandläsionen, Aryknorpelluxationen, Zahnschäden oder Regurgitation und Aspiration Der Gutachter, der sich auf LL und Handlungsempfehlungen (2011!) stützt, wird immer fragen, warum kein Relaxanz verwendet wurde und ob in diesem Falle nicht die o.g. Komplikationen hätten vermieden werden können.
30 Dosisreduktion beim Muskelrelaxanz Pendeville PE et al.: Eur J Anaesthesiol 2007;24;46-50 Prospektive Studie an 50 Patienten (ASA class I und II) Narkoseeinleitung mit Sufentanil und Propofol Relaxanzien: 0,15 mg/kg KG Mivacurium oder 0,3 mg/kg KG Rocuronium TOF 0,9: 27 min vs 31 min
31 Relaxierungsmanagement Schnell und sicher Rocuronium/ Sugammadex Gut steuerbar Succinylcholin Mivacurium/ Prostigmin Preiswert
32 Aus der Sicht des (ambulanten) Anästhesisten sind MR unverzichtbar für bestimmte operative Eingriffe können situationsadaptiert dosiert werden haben ein kalkulierbares Risikopotenzial können monitiert und reversiert werden erhöht ein optimal abgestimmtes Relaxierungsmanagement die perioperative Patientensicherheit 32
33 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit Resümee: Die Sicht des Anästhesisten sollte die des amerkanischen Ex-Präsidenten deutlich übertreffen! 33
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