Die fossile Flora der obermiozänen Oehninger-Fundstelle Schrotzburg (Schienerberg, Süd-Baden)

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1 Research Collection Doctoral Thesis Die fossile Flora der obermiozänen Oehninger-Fundstelle Schrotzburg (Schienerberg, Süd-Baden) Author(s): Hantke, René Publication Date: 1954 Permanent Link: Rights / License: In Copyright - Non-Commercial Use Permitted This page was generated automatically upon download from the ETH Zurich Research Collection. For more information please consult the Terms of use. ETH Library

2 Prom. Nr Die fossile Flora der obermiozänen Oehninger- Fundstelle Schrotzburg (Schienerberg, Süd-Baden) VON DER EIDGENÖSSISCHEN TECHNISCHEN HOCHSCHULE IN ZÜRICH ZUR ERLANGUNG DER WÜRDE EINES DOKTORS DER NATURWISSENSCHAFTEN GENEHMIGTE PROMOTIONSARBEIT VORGELEGT VON RENÉ HANTKE VON LÜTISBURG (ST. GALLEN) REFERENT: HERR PROF. DR. A. JEANNET KORREFERENT: HERR PROF. DR. W. KOCH 1954 DRUCK GEBR. FRETZ AG., ZÜRICH

3 Zusammenfassung der wichtigsten Resultate Die obermiozäne Flora der zum Teil schon Oswald Heer bekannten Oehninger Fundstellen im Schrotzburger Tobel ( = Bohlingerschlucht) auf der N-Seite des Schienerberges bei Kote 535 m und 585 m wurde an Hand der von Hans Stauber in den Jahren gesammelten Pflanzenmergelplatten neu bearbeitet. Die Pflanzenreste sind meist inkohlt; sie lassen häufig noch alle Einzelheiten der Feinnervatur erkennen, erlaubten jedoch nur in den seltensten Fällen eine Untersuchung der Epidermis. Dagegen ermöglichte das umfangreiche Fossilmaterial mit über bestimmbaren Pflanzenresten eine recht gut fundierte statistische Auswertung, und zwar sowohl hinsichtlich der Blattproportionen innerhalb der einzelnen Arten als auch da die meisten Platten seinerzeit genau horizontiert wurdenhinsicht lich der prozentualen Verteilung in den verschiedenen Niveaux. Die folgende Liste fasst die Untersuchungsergebnisse des systematischen Abschnittes kurz zu sammen. Nach Oswald Heer (1856, 1859) bzw. Hans Stauber (1937) Nach der Neubearbeitung? Hypnum oeningense (A. Br.) Heer (1859)? Aspidium Meyeri Heer (18591) Salvinia jormosa Heer (1859) Quercus mediterranea Ung. (Heer 18591) Juglans acuminata A. Br. (Heer 1859) Juglans bilinica Ung. (Heer 1859) Dodonaea pteleaejolia (O. Web.) Heer (1859) Frucht? Adiantites tertiarius Heer (1859)? Quercus prolongata Probst (Stauber 1937) Populus latior A. Br. (Heer 1859) Populus attenuate A. Br. (Heer ) Populus Heliadum Ung. (Heer 18591) Populus balsamoides Goepp. (Heer 1859) Salix Lavateri A. Br. sensu Heer (1859) Salix longa A. Br. (Heer 18591) Salix media Heer (1859)? Salix varians Goepp. (Heer 1859) Salix angusta A. Br. (Heer 1859) Carpinus pyramidalis (Goepp.) Heer (1859) Ulmus Braunii Heer (18591) Vlmus minuta Goepp. (Heer 18591) Planera Ungeri Ett. (Heer 1859) Amblystegium schrotzburgense n. sp. Pteridium oeningense (Ung.) n. comb. Salvinia jormosa Heer Glyptostrobus europaeus (Brngt.) Heer Alnus rotundata Goepp. sensu Reimann Fagus attenuata Goepp. Castanea atavia Ung. sensu Menzel Quercus mediterranea Ung. Myrica serotina (Heer) n. comb. Comptonia oeningensis A. Br. Juglans acuminata A. Br. Pterocarya castaneaefolia (Goepp.) Menzel Populus mutabiïis Heer Populus latior A. Br. sensu novo Populus balsamoides Goepp. sensu nouo Salix Lavateri A. Br. sensu noco Salix angusta A. Br. Ulmus longijolia Ung. sensu nouo Zelkova Ungeri Kov. 1 Nur im «Verzeichnis der Tertiärpflanzen» (1859, S. 352 ff.) aufgeführt.

4 II, 75] 105 Nach Oswald Heer (1856, 1859) bzw. Hans Staüber (1937) Nach der Neubearbeitung Liquidambar europaeum A. Br. (Heer 1859) Platanus aceroides Goepp. sensu Heer (1856, 1859) Ficus Rüminiana Heer (1859) Ficus truncata Heer (1859) Cinnamomum polymorphum (A. Br.) Heer (1856) Cinnamomum Bucht Heer (1856) Cinnamomum Scheuchzeri Heer (1856) Cinnamomum retusum (Fisch.) Heer (1856)? Daphnogene Ungeri Heer (18591) Lauras princeps Heer (1856) Persea speciosa Heer (1856) Persea Braunii Heer (18591,) Carya integriuscula Heer (1859) Ceratophyllum (Stauber 1937) Crataegus longepetiolata Heer (1859) Koelreuteria vetusta Heer (1859) Podogonium Lyellianum Heer (1859) Cassia phaseolites Ung. (Heer 1859) Dodonaea pteleaefolia (Weber) Heer (1859) Blatt Sapindus falcifolius A. Br. (Heer 1859) Acer trilobatum (Sternb.) A. Br. (Heer 1859) Acer angustüobum Heer (1859) Berchemia multinervis (A. Br.) Heer (1859) Rhamnus Graetfii Heer (1859) Diospyros anceps Heer (1859) Diospyros brachysepala A. Br. in sched. Fraxinus stenoptera Heer (1859) Hiraea expansa Heer (1859) Smilax (Statjber 1937) Binsen und Gräser (Stauber 1937) Typha latissima A. Br. (Heer 18591) Liquidambar europaea A. Br. Platanus aceroides Goepp. sensu Heer Magnolia? Rüminiana (Heer) n. comb. Cinnamomum polymorphum (A. Br.) Persea princeps (Heer) Schimper Heer sensu novo Phoebe integriuscula (Heer) n. comb. Ceratophyllum schrotzburgense n. sp. Crataegus longepetiolata Heer sensu novo Rosa sp. Gleditschia? Podogonium Lyellianum Heer sensu novo Leguminose Sapindus jaleijolius A. Br. Acer trilobatum (Sternb.) A. Br. sensu Heer Acer angustüobum Heer sensu Pax Berchemia multinervis (A. Br.) Heer Cornus Graeffii (Heer) n. comb. Diospyros brachysepala A. Br. sensu novo Fraxinus stenoptera Heer Hydromystria expansa (Heer) n. comb. Smilax sagittifera Heer sensu noi>o Gramineen- und Cyperaceen-Reste Typha latissima A. Br. 1 Nur im Verzeichnis der Tertiärpflanzen (1859, S. 352 ff.) aufgeführt. Die von Heer (1859, S. 351ff.) erwähnten, aber weder in der phytopaläontologischen Sammlung der E.T.H. noch in dem von H. Stauber gesammelten Material vorhandenen Pflanzen sind auf S. 84 und 85 zusammengestellt. Von den Schrotzburger Fundstellen sind folgende bei O. Heer und H. Stauber erwähnte Arten mit Sicherheit zu streichen: Quercus elaena Ung., Liriodendron Procaccinii Ung., Benzoin antiquum Heer und Banksia helvetica Heer. Während der Ablagerungszeit der Oberen Süsswassermolasse wurde das nordwestliche Boden seegebiet noch von einer ausgedehnteren Schwemmlandebene mit mäandrierenden und sich verzwei genden Flussläufen, Altwasserarmen und verlandenden Tümpeln eingenommen. In den dazwischen liegenden Niederungen entfaltete sich eine üppige Auenwaldvegetation. Die pflanzenführenden Mer gellager sind als Ausfüllungen einstiger waldumsäumter Altwasserbecken zu betrachten. Das Übereinstimmen der jährlich abgelagerten Kalkmenge der Schrotzburger Mergel mit den Seekreideablagerungen des Oehninger Maarsees (Insektenschiefer) einerseits und mit rezenten Schlammablagerungen im Bodensee andererseits, ermöglichte es, die minimale Sedimentationsdauer der Pflanzenmergel der oberen Fundstellen einigermassen abzuschätzen. Darnach wäre für die Ab lagerung der 1,6 m mächtigen pflanzenführenden Mergel etwa mit Jahren zu rechnen, was

5 106 [II, 76 auch recht gut mit dem etwa 1 mm messenden jährlichen Sedimentationsbetrag einer deutlich warwenartig struierten Mergelplatte übereinstimmt. Leider fehlen bei den die beiden Pflanzenlager trennen den, etwa 50 m mächtigen Glimmersanden jegliche Anzeichen einer Jahresschichtung; doch dürfte der Zeitraum für ihre Ablagerung mindestens auf Jahre geschätzt werden. Wie aus Auszählung und Diagramm hervorgeht, besitzen die beiden Pflanzenlager einen deutlich verschiedenen Florencharakter: das untere zeigt eine Vergesellschaftung von Podogonium Lyellianum und Populus mutabilis mit Ceratophyllum, während das obere einen platanenreichen Ulmen-Liquidambar-Wald widerspiegelt. Deutlich in Erscheinung tritt im oberen Pflanzenlager auch das Überhandnehmen der beiden Wasserpflanzen Salvinia und Hydromystria in Zeiten, in denen jeg liche Schwebzufuhr unterblieb, das Altwasser also offenbar vollends abgeschnürt war. Auf S. 95 wurde versucht, eine ökologische Gliederung unseres obermiozänen Auenwaldes zu entwerfen. Im weitern wurde S. 103 der Versuch unternommen, die Schrotzburger Pflanzengesell schaften mit solchen der Gegenwart zu vergleichen. Wenngleich sich heute noch relativ ähnliche Vegetationsbilder in den Südstaaten des atlantischen Nordamerika und im pontisch-kolchischen Räume vorfinden, so besitzen doch die Schrotzburger Pflanzengesellschaften ihr eigenes Gepräge, das wir gegenwärtig nirgends mehr auf der Erde antreffen. Aus den Klimaansprüchen jeder einzelnen rezenten Vergleichsart liess sich, unter Heranziehung der paläogeographischen Gegebenheiten jener Zeit, schliesslich ein Klimabereich ermitteln, der allen Arten unserer Schrotzburger Flora genügt und der durch folgende wahrscheinlichste Daten charakte risiert werden kann: Mittlere Temperatur des kältesten Monats 78 C Mittlere Temperatur des wärmsten Monats etwa 24 C Jahresmittel etwa 16 C Jährliche Regenmenge etwa cm Da die Regentage wohl schon damals mehr oder weniger über das ganze Jahr verteilt waren, ist das Klima demzufolge am ehesten als warmgemässigtes Regenklima (milde Winter, aber nicht allzu heisse Sommer), als Cfa-Klima im Sinne Köppen's, zu bezeichnen.