Allgemeine Psychologie 1. Herbstsemester (aktualisiert) Prof. Dr. Adrian Schwaninger. Überblick
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- Michaela Jaeger
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1 Allgemeine Psychologie 1 Herbstsemester (aktualisiert) Prof. Dr. Adrian Schwaninger Überblick Einleitung, philosophische Überlegungen, Psychophysik Wahrnehmung: Sinnesorgane Wahrnehmung: Organisation und Interpretation Aufmerksamkeit Anwendungsbeispiel: Luftsicherheitskontrollen Denken und Sprache Bewusstsein Prof. Dr. Adrian Schwaninger 2 1
2 Bewusstsein Bewusstsein und Informationsverarbeitung Biologische Rhytmen Schlaf und Träume Hypnose Nahtoderfahrungen Prof. Dr. Adrian Schwaninger 3 4 Theorien weshalb wir Schlaf brauchen Schlaf könnte bei der Evolution des Menschen eine Schutzfunktion gehabt haben, indem er die Menschen zu Zeiten, in denen potenzielle Gefahren lauerten, in Sicherheit hielt. Schlaf gibt dem Gehirn Zeit, zu heilen, indem es geschädigte Neuronen wiederherstellt und repariert. Während des Schlafs stellen wir Erinnerungen an die Erlebnisse des Tages wieder her und bauen sie neu auf; und ein guter Nachtschlaf wirkt sich fördernd auf ein einsichtiges Lösen von Problemen am nächsten Tag aus. Schlaf fördert auch Wachstum. Die Hypophyse setzt im 4. Schlafstadium ein Wachstumshormon frei. Prof. Dr. Adrian Schwaninger 4 2
3 Schlafstörungen Insomnie (wiederholt auftretende Einschlaf- oder Durchschlafschwierigkeiten), betrifft ca % der Erwachsenen. Narkolepsie (plötzliche, unkontrollierbare Müdigkeit oder sogar das unmittelbare Abgleiten in REM-Schlaf). Ist selten und beruht auf einer Störung im Gehirn (Hypothalamus) und ist vermutlich genetisch bedingt. Schlafapnoesyndrom (Aussetzen der Atmung während des Schlafs). Tritt v.a. bei übergewichtigen Männern auf, ca. 5%. Pavor nocturnus (starke Erregung und das Gefühl, erschrocken zu sein), v.a. bei Kindern. Schlafwandeln und Sprechen im Schlaf, v.a. bei Kindern. Genetisch bedingt und relativ harmlos. Prof. Dr. Adrian Schwaninger 5 Natürliche Mittel für guten Schlaf Entspannen Sie sich vor dem Zubettgehen, dämpfen Sie das Licht. Vermeiden Sie Koffein und Schokolade am späten Nachmittag oder Abend sowie reichhaltiges Essen vor dem Einschlafen. Ein Glas Milch kann nützlich sein (Milch liefert Stoffe für die Produktion von Serotonin, was schlaffördernd wirkt). Schlafen Sie zu regelmässigen Zeiten. Stehen Sie nach Möglichkeit auch nach Nächten, in denen Sie wenig geschlafen haben, zur selben Zeit auf wie an anderen Tagen. Vermeiden Sie kurze Schläfchen zwischendurch (gilt nicht bei allen Menschen).. Treiben Sie regelmässig Sport, allerdings nicht spät abends (am besten geeignet ist der späte Nachmittag). Prof. Dr. Adrian Schwaninger 6 3
4 Träumen Träume treten im REM-Schlaf auf (25% des Schlafs = ca. 100 Minuten). An die meisten Träume erinnert man sich nicht, obwohl man jede Nacht mehrere Träume hat. Wir träumen in der Regel von Alltagserfahrungen und gewöhnlichen Erlebnissen; in 80% der Fälle gehören eine Art Angst oder Missgeschick dazu. Weniger als 10% der Träume (bei Frauen noch weniger als bei Männern) haben irgendeine Art von sexuellem Inhalt. Die meisten Träume treten während des REM- Schlafs auf; Träume, zu denen es außerhalb des REM-Schlafs kommt, enthalten gewöhnlich verschwommene, flüchtige Bilder. Prof. Dr. Adrian Schwaninger 7 Warum träumen wir? Freud nahm an, dass Träume ein Sicherheitsventil darstellen, weil ihr manifester Inhalt (oder die Handlung der Geschichte) eine zensierte Version des verborgenen latenten Inhalts darstellt (eine verborgene Bedeutung zur Befriedigung unserer unbewussten Wünsche). Der Ansatz der Informationsverarbeitung beim Träumen besagt, dass Träume dazu beitragen, dass wir uns Klarheit über die Erlebnisse des Tages verschaffen und sie im Gedächtnis abspeichern. In anderen physiologischen Theorien zum Träumen wird die Auffassung vertreten, dass die durch den REM-Schlaf hervorgerufene Stimulierung des Gehirns hilfreich dabei ist, Nervenbahnen in Gehirn zu entwickeln und zu bewahren. Die Aktivation-Synthese-Erklärung des Träumens lautet, dass der REM-Schlaf Impulse in der Sehrinde (visueller Cortex) auslöst, durch die zufällige visuelle Bilder hervorgerufen werden, die unser Gehirn zur Handlung einer Geschichte zusammenfügt. Der Ansatz zu Hirnreifung und kognitiver Entwicklung beinhaltet die Vorstellung, dass Träume Ausdruck des Entwicklungsniveaus des Träumers, seines Wissens und seines Verständnisses sind. Prof. Dr. Adrian Schwaninger 8 4
5 REM-Rebound Trotz aller Differenzen stimmen die meisten Schlaftheoretiker darin überein, dass der REM- Schlaf und die dazugehörigen Träume eine wichtige Funktion haben. Dies wird gestützt durch das Phänomen REM- Rebound: Menschen, denen durch gezieltes Aufwecken der REM-Schlaf entzogen wird, fallen nach dem erneuten Einschlafen immer schneller in den REM-Schlaf. Lässt man sie wieder normal schlafen, haben sie vorübergehend einen höheren REM-Schlaf Anteil. Prof. Dr. Adrian Schwaninger 9 Prof. Dr. Adrian Schwaninger 10 5
6 Bewusstsein Bewusstsein und Informationsverarbeitung Biologische Rhytmen Schlaf und Träume Hypnose Nahtoderfahrungen Prof. Dr. Adrian Schwaninger 11 Einführung Definition: Soziale Interaktion, in der eine Person (der Hypnotiseur) einer anderen (dem Hypnotisierten) suggeriert, dass bestimmte Wahrnehmungen, Gefühle, Gedanken oder Verhaltensweisen spontan auftreten. Beispiele: Man sagt Ihnen unter Hypnose: Ihre Augenlider schliessen sich so fest, dass Sie sie nicht mehr öffnen können. => Sie können die Augenlider nicht mehr öffnen. Sie vergessen immer die Zahl 6. => Wenn Sie ihre Finger zählen, sind es immer nur 11. Man bittet Sie an einem sinnlichen Parfüm zu riechen, was in Wirklichkeit Ammoniak ist. => Sie riechen erfreut an diesem ätzenden Geruch. Prof. Dr. Adrian Schwaninger 12 6
7 Hypnose Psychologen stimmen heute darin überein, dass Hypnose ein Zustand erhöhter Suggestibilität ist, dem Menschen in verschiedenen Graden unterliegen können. Die Forschung deutet darauf hin, dass die Stärke, die Ausdauer, das Lernen und die Wahrnehmungsfähigkeiten hypnotisierter Menschen denen motivierter, nicht hypnotisierter Menschen entsprechen (Druckman & Bjork, 1994). Der in der Abbildung dargestellte Kraftakt gelingt auch ohne Hypnose mit einer bestimmten Technik und Konzentration.. Prof. Dr. Adrian Schwaninger 13 Kann jeder hypnotisiert werden? Jeder, der seine Aufmerksamkeit nach innen richten und sich Dinge vorstellen kann, kann auch bis zu einem gewissen Grad hypnotisiert werden, denn das genau ist Hypnose. Die meisten Menschen sind empfänglich für Suggestionen. Gut hypnotisierbar (z:b. Flasche Ammoniak unter der Nase ignorieren bzw. nicht darauf reagieren) sind allerdings nur ca. 20% der Menschen. Sie können ihre Aufmerksamkeit ganz auf eine Aufgabe konzentrieren, sich intensiv in imaginäre Aktivitäten vertiefen, haben ein reiches Fantasieleben und lassen sich leicht von Filmen und Büchern absorbieren. Prof. Dr. Adrian Schwaninger 14 7
8 Kann man sich unter Hypnose an vergessene Ereignisse erinnern? Erwachsene, welche durch Hypnose in das Kindesalter versetzt werden, handeln wie Kinder. Sie haben z.b. die Schrift eines 6-Jährigen. Allerdings machen sie keine Rechtschreibefehler. Es zeigen sich auch keine Veränderungen der für Erwachsene typischen Gehirnwellenmuster. Verschiedene Studien zeigten: Die Hypnose verbessert den Abruf vergessener Ereignisse nicht und kann falsche Erinnerungen auslösen. Zeugen, welche hypnotisiert wurden, dürfen vor Gericht in Deutschland, England und den USA nicht aussagen. Prof. Dr. Adrian Schwaninger 15 Ist Hypnose therapeutisch wirksam? Posthypnotische Suggestionen (Suggestion, die während einer Hypnosesitzung gegeben wird, aber erst nach Auflösung der Hypnose ausgeführt werden soll) haben sich häufig als hilfreich erwiesen, um Kopfschmerzen, Asthma und stressbedingte Hauterkrankungen zu lindern. Hypnose scheint besonders bei der Behandlung von Fettleibigkeit hilfreich zu sein (Nash 2001). Allerdings scheint Hypnose bei der Behandlung von Suchtproblemen (Alkohol, Drogen, Nikotin) kaum wirksam zu sein. Prof. Dr. Adrian Schwaninger 16 8
9 Kann Hypnose Schmerzen vermindern? Hypnose kann Schmerzen vermindern. Legen nicht hypnotisierte Menschen ihre Arme in eisiges Wasser, so verspüren sie nach ca. 25 Sekunden intensive Schmerzen. Durch Hypnose kann die Schmerzempfindung eliminiert werden. Es gibt Zahnärzte, welche leichte Hypnose verwenden, um Angst und Überempfindlichkeit gegenüber Schmerzen zu reduzieren. Fast 10% der Menschen kann so stark hypnotisiert werden, dass sie ohne Anästhesie operiert werden könnten. Prof. Dr. Adrian Schwaninger 17 Theorie des geteilten Bewusstseins Gemäss dieser Theorie findet bei Hypnose eine Dissoziation statt, d.h. eine Spaltung des Bewusstseins, die ermöglicht, dass bestimmte Gefühle und Gedanken gleichzeitig mit anderen auftreten. Bsp. Die Schmerzempfindung (welche bewusst bleibt) wird getrennt von der gefühlsmässigen Wahrnehmung von Schmerz. Das eisige Wasser fühlt sich immer noch sehr kalt an, verursacht aber keinen Schmerz. Prof. Dr. Adrian Schwaninger 18 9
10 Theorie der selektive Ausrichtung der Aufmerksamkeit Gemäss dieser Theorie wird eine verminderte Schmerzwahrnehmung dadurch erklärt, dass die Aufmerksamkeit auf Schmerzreize vermindert wird. Sie wird gestützt durch Befunde mit bildgebenden Verfahren, welche zeigten, dass Hypnose die Aktivität in einer Region vermindert, welche Schmerzreize verarbeitet, nicht aber im sensorischen Kortex, welcher die ursprünglichen sensorischen Inputs empfängt. Bei der Geburtsmethode nach Lamaze werden Atem- und Konzentrationstechniken verwendet, um von Schmerzen abzulenken. Frauen, bei denen diese Methode gut funktioniert sind auch leicht hypnotisierbar. Geburtsmethode nach Lamaze Prof. Dr. Adrian Schwaninger 19 Theorie des sozialen Einflusses Prof. Dr. Adrian Schwaninger 20 10
11 Prof. Dr. Adrian Schwaninger 21 Halluzinationen Halluzinationen sind irrtümliche sensorische Wahrnehmungen wie etwa das Sehen von Objekten ohne äussere Reize. Sie können auftreten bei: Hypnose Sauerstoffmangel Extremer sensorischer Deprivation (z.b. durch Monotonie, Isolation, Kälte bei Gefangenen, einsamen Seglern, Polarforschern) Drogeneinfluss (insbesondere LSD, Ketamin, THC) Gewissen psychische Störungen (z.b. Schizophrenie) Elektrischer Stimulation des Kortex (z.b. Temporalkortex) Häftlinge in Guantanamo Einsamer Segler Prof. Dr. Adrian Schwaninger 22 11
12 Typischer Ablauf bei Halluzinationen nach Siegel (1982) 1. Einfache geometrische Formen wie Gitter, Spinnennetze und Spiralen 2. Bedeutungsreichere Bilder, einige dehnen sich zu Trichtern und Tunneln aus, oder man erlebt frühere emotionale Erfahrungen erneut 3. Gefühl vom Körper getrennt zu sein, man erlebt traumartige Szenen als wären sie real, man empfindet dabei starke Emotionen Prof. Dr. Adrian Schwaninger 23 Bewusstsein Bewusstsein und Informationsverarbeitung Biologische Rhytmen Schlaf und Träume Hypnose Nahtoderfahrungen Prof. Dr. Adrian Schwaninger 24 12
13 Nahtoderfahrungen Nahtoderfahrungen sind ein veränderter Bewusstseinszustand, der häufig von Menschen erlebt wird, die dem Tod nahe sind (z. B. bei einem Herzstillstand). In Studien über Menschen, welche wegen eines Herzanfalls oder anderer körperlicher Traumata dem Tode nahe waren, erinnern 12-40% eine Nahtoderfahrung. Typische Erinnerungen: Alte Erinnerungen tauchen wieder auf, Visionen von Tunneln und Trichtern, hellen Lichtern und Lichtgestalten, Gefühl über dem eigenen Körper zu schweben. Nach Siegel (1980) können Nahtoderfahrungen als eine halluzinogene Gehirnaktivität interpretiert werden. Andere Forscher entgegnen: Menschen, welche Halluzinationen und Nahtoderfahrungen erlebt haben, bestreiten normalerweise, dass sich beide Phänomene ähneln. Nach Nahtoderfahrungen sind Menschen meist nachhaltig verändert (häufig freundlicher, spiritueller und glauben eher an ein Leben nach dem Tod). Prof. Dr. Adrian Schwaninger 25 Leib-Seele (Geist-Gehirn) Problem Die Debatte um Nahtoderfahrungen führt uns zurück zum Leib-Seele Problem und die Frage, ob es eine immaterielle Seele gibt, welche unabhängig vom Körper existieren kann. Dualismus: Psychisches und Physisches sind substanziell verschieden Bsp. 1: Interaktionismus (René Descartes, ): Psychisches und Physisches sind substanziell verschieden und können sich gegenseitig beeinflussen. Bsp. 2: Parallelismus (Gottfried Wilhelm Leibniz, ): Psychisches und Physisches sind substanziell verschieden und verlaufen parallel ohne eine kausale Relation zwischen ihnen. Monismus: Psychisches und Physisches sind zwei Aspekte derselben Sache Bsp. 1: Identitätsansicht (Gustav Theodor Fechner, ): Psychisches und Physisches sind zwei Aspekte derselben Sache, sie erscheinen bloss verschieden. Bsp. 2: Sir Francis Crick (1994): Jegliches Erleben und Verhalten ist lediglich das Ergebnis von Gehirnaktivität (Nervenzellen und dazugehörige Moleküle). Prof. Dr. Adrian Schwaninger 26 13
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