Praktische Hinweise zur Präanalytik
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- Dagmar Weber
- vor 5 Jahren
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1 Praktische Hinweise zur Präanalytik Gemäß RiliBÄK 2008 Teil A Auflage 2015 Allgemeine Informationen für alle Untersuchungen im Labor Region Hannover der KRH Labor GmbH 1
2 Inhaltsverzeichnis 1 Vorwort 3 Präanalytik 3 Verantwortlichkeiten Allgemeine und organisatorische Hinweise a. Abnahme und Probengefäße 5 b. Probenkennzeichnung 5 c. Anforderungsscheine 5 3 Gewinnung von Untersuchungsmaterial a. Venenblut 6 b. Kapillarblut 6 c. Abnahmereihenfolge 7 d. Urinproben allgemeines 7 e. Mittelstrahlurin 7 f. Sammelurin 24h 7 4 Fehlerquellen 8 5 Anhang a. Telefonliste 9 b. Analysenauflistung c. Anforderungsanleitung elektronisch d. Auftragsformular bei DV-Ausfall
3 Vorwort. In beträchtlichem Umfang bestimmen labormedizinische Analysen die Diagnostik in nahezu allen Fachbereichen der Medizin. Hauptanliegen der Labormedizin ist dabei eine hohe analytische und diagnostische Qualität, die zur zuverlässigen Betreuung des Patienten beiträgt. Die Bewertung der Qualität einer Analyse sollte sich vorrangig an ihrem Nutzen für die aktuelle Diagnostik und Therapie des Patienten orientieren. Qualität heißt auch, dass die Labormedizin die präanalytischen Standards die für eine richtige Beurteilung der Analysenergebnisse notwendig sind, dem klinisch tätigen Arzt zur Kenntnis bringt. Bei der Analyse der Fehler im Verlauf der Untersuchungsprozesse zeigte sich, dass die Fehlerquote im analytischen Bereich in den letzten Jahren kontinuierlich abnahm (Witte et al. 1997). Da aber nicht selten alle im Prozessablauf auftretenden Fehler als Laborfehler" in toto dem medizinischen Labor angelastet werden, ist es unumgänglich auch die teilweise komplexen prä- und postanalytischen Vorgaben einer Analyse vom Labor selbst im gesamten Verlauf einer labormedizinischen Untersuchung zu überwachen, zu dokumentieren und qualitätsverbessernd zu begleiten. Präanalytik. Der Begriff Präanalytik umfasst die Gesamtheit administrativer und praktischer Prozesse der Gewinnung, Aufarbeitung, Lagerung und des Transports eines labormedizinischen Untersuchungsmaterials vor der Durchführung des eigentlichen Labortests. Diese Prozesse beginnen nicht erst mit der Probenentnahme, z. B. der Blutentnahme, sondern schon mit der ärztlichen Entscheidung eine Laboruntersuchung zu veranlassen, mit dem Ausfüllen der Laboranforderung und der Vorbereitung des Patienten (Diät, ggf. Absetzen von Medikamenten) und mit dem Erkennen möglicher Einfluss- und Störgrößen und deren Mitteilung an das Labor. Viele Faktoren können bereits vor der eigentlichen Analyse im Labor das Messergebnis eines Tests beeinflussen. Um Fehlinterpretationen und Fehldiagnosen zu vermeiden sind alle im Prozessablauf Beteiligten Personen einzubinden und zu unterweisen. Verantwortlichkeiten. Der Patient Einhalten einer Nahrungskarenz oder bestimmter Diäten vor der Probenentnahme Absetzen bestimmter Medikamente Sammeln von Urin, Gewinnung von Stuhlproben etc. Der Arzt Organisation der Probenentnahme Richtige Dokumentation (Patientendaten), beschriften von Probenröhrchen und -gefäßen Information, Belehrung und Vorbereitung des Patienten Probenentnahme (Blutentnahme, Abstriche, Biopsie etc.) Geeignete Lagerung der Proben vor dem Transport in das Labor (z. B. Kühlung, Warmhaltung etc.) Information und Instruktionen des Transportdienstes über besondere Transportformen (z. B. gekühlt, tiefgefroren, warm bei 37 C) Mitteilung an das Labor bei der Verwendung einer Rohrpostanlage (Freigabe durch das Labor) 3
4 Das Labor Aufbereitung der Probe (z. B, Zentrifugieren) für Lagerung und Transport Ausgabe eines aktuellen Untersuchungsverzeichnisses der angebotenen Leistungen mit Kennzeichnung der Fremdanalysen (nicht im Labor selbst durchgeführten Analysen) einschließlich gültiger Referenzwerte und detaillierten Angaben zur Materialgewinnung. Schriftliche Informationen zu den angebotenen Tests: Geeignetes Untersuchungsmaterial Materialgewinnung, Aufarbeitung und Lagerung Hilfsmittel zur Probengewinnung, zugefügte Stabilisatoren Kennzeichnung und Transport der Probe Testspezifische Vorbereitung des Patienten (Diät, Medikamentenkarenz etc.) Ausfüllen und Markieren von Testanforderungen Angabe der Analysenzeiten und der turnaround Zeiten der Proben Fachliche Auskünfte bei der Auswahl geeigneter Testverfahren für die aktuelle klinische Situation des Patienten. Empfehlung der nach dem "State of Art" geeigneten Methoden und Materialien, Interpretationen und Bewertung der Testergebnisse. Schriftliche Informationen für Patienten bezüglich der Sammlung eigener Untersuchungsmaterialien (z. B. Stuhl- und Urinproben) und deren Lagerung und Transport. Einwilligungserklärungen zur Durchführung von Laboruntersuchungen. Organisation des Probentransports. Registrierung und Kontrolle der Anforderungen. Probenlagerung vor der Laboranalyse. Spezifische Vorbereitungen der Probe für die Analyse. Freigabe von Analyten bei Verwendung einer Rohrpostanlage. Ablehnung von Laboruntersuchungen Die eingesandte Probe muss sich zweifelsfrei dem Patienten bzw. der betreffenden Person zuordnen lassen. Ist eine eindeutige Zuordnung nicht möglich, kann die Untersuchung nicht erfolgen. Der Vorgang ist zu dokumentieren, der Einsender muss informiert werden. Wenn im vorliegenden Fall eine zweite Probe gleicher Qualität nicht mehr erhalten werden kann oder wenn die Probe von einem Patienten stammt, der sich in einer kritischen klinischen Situation befindet, kann sich das Labor nach Konsultation des Einsenders zu einer Untersuchung entschließen. Die Konsultation ist schriftlich zu dokumentieren. Das Labor hat zu überprüfen, ob die erhaltene Probe zeitgerecht und zeitnah transportiert wurde, und ob die Bedingungen der Probenentnahme, der Aufarbeitung, der Lagerung und des Transports eingehalten wurden (Gefahrenquelle Rohrpostanlagen). Falls Unklarheiten bestehen, muss das Labor entscheiden, ob die Untersuchung durchgeführt wird. Der Vorgang ist zu dokumentieren, der Einsender zu informieren. Das Labor muss dokumentierte Anweisungen vorhalten, wie bei zeitkritischen Proben und in Notfällen die Probe angenommen, dokumentiert und verarbeitet wird und wie die Befunde und Resultate übermittelt werden. 4
5 2. Allgemeine und organisatorische Hinweise. Mit der richtigen Auswahl von Probengefäßen und Probenentnahmesystemen zum entsprechenden Untersuchungsauftrag leisten Sie einen entscheidenden Beitrag für ein optimales Analysenergebnis. a. Abnahme und Probengefäße Auskunft über Untersuchungen und Probenmaterial finden Sie in unserem Leistungsverzeichnis. Weiterhin steht ihnen das Labor vor Ort gern für Rückfragen und spezielle Auskünfte telefonisch zur Verfügung. Laboraufträge werden in der Regel elektronisch erstellt. Dabei werden ggf. Zusatzinformationen Im Anforderungsbildschirm angezeigt. Entsprechend der beauftragten Analytik werden alle notwendigen Etiketten für die Blutröhrchen mit Patientenname und Hinweis zum Abnahmesystem beim Einsender gedruckt (s. Anhang: Laboranforderungen über SAP, - bei SAP Ausfall, - bei Laborsystemausfall). b. Probenkennzeichnung Die Beschriftung der Probe sollte vor der Entnahme durch aufkleben der im LIC-Programm generierten Barcodeetiketten erfolgen und nochmals bei der Probenentnahme kontrolliert werden, um die Verwechslungsgefahr zu mindern. Probenmaterial und ggf. notwendiger unterschriebener Untersuchungsauftrag (für Blutkonserven) müssen eindeutig zuzuordnen sein, ansonsten werden die Untersuchungen nicht durchgeführt! c. Anforderungsschein Steht keine Anbindung zum elektronischen Laborsystem zur Verfügung werden dem Einsender Laboranforderungskarten und Laboretikettenzur Verfügung gestellt. 5
6 3. Gewinnung von Untersuchungsmaterial. a. Venenblut morgens zwischen 7:00 und 9:00 viele Hormone und einige andere Analyte unterliegen einer ausgeprägten Tagesrhythmik, hierauf wird im Einzelfall hingewiesen nüchtern letzte Nahrungsaufnahme >12 h Alkoholkarenz >24 h 3Tage vor Blutentnahme keine erschöpfenden körperlichen Belastungen vor potenziell störenden diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen zuvor Ruhephase von 10-15min einhalten Proben- und Patientenidentifikation immer in gleicher Körperposition (sitzend oder liegend) Hautdesinfektion Stauungszeit max s Pumpen führt zu einem Kaliumanstieg! nach Gefäßpunktion Stauung lösen erforderliche Blutmenge entnehmen - Sollfüllhöhe der Entnahmeröhrchen beachten! Probe mit gerinnungshemmenden Zusätzen sofort nach Entnahme durch Kippbewegungen mischen 4 bis 5 mal um 180 kippen Schütteln kann zu Hämolyse führen! b. Kapillarblut Bei der Notwendigkeit häufiger Kontrolluntersuchungen (z.b. Blutzucker) sowie bei Neugeborenen und Kleinkindern (schwierige Venenverhältnisse, kleine Blutvolumina) Bei Blutbild- und Gerinnungsparametern unzuverlässigere Werte durch hohe Fehlerrate bei der Entnahme Abnahmeorte Ohrläppchen: max. 3-5mm tief am unteren äußeren Rand Fingerbeere oder Zehenkuppe: maximal 2,5mm tief seitlich am zweiten bis vierten Finger bzw. Zeh Ferse: maximal 2,4mm tief am lateralen Rand (bis zum sechsten Lebensmonat) Risiko der Knochenverletzung bei Punktion tiefer als 2,4mm Abnahmetechnik Hyperämisierung des Punktionsortes Hautdesinfektion Desinfektionsmittel gut trocknen lassen Alkoholreste führen zu Hämolyse! kurzer Einstich mit Lanzette ersten Tropfen abwischen Kontamination mit Gewebsflüssigkeit! Kapillare an Punktionsort halten (Sollfüllhöhe beachten) Kapillare in Spezialcontainer mit Lösung stecken Spezialcontainer fest verschließen Mischen durch Kippbewegungen (fünfmal um 180 ) Potenzielle Fehler Reiben oder Drücken am Entnahmeort birgt die Gefahr der Hämolyse und stärkerer Vermengung mit Interstitialflüssigkeit unzureichende Hyperämisierung ungenügendes Mischen zieht Gerinnselbildung nach sich ersten Tropfen nur bei Thrombozytenzählung und Blutzuckerbestimmung verwenden 6
7 c. Abnahmereihenfolge 1. Blutkultur (Vollblut) 2. Nativblut (Serum) 3. Citratblut (Blut/Plasma) 4. Heparinblut (Blut/Plasma) 5. EDTA-Blut (Blut/Plasma) 6. NaF-Blut (Glukose, Laktat) Gerinnungsröhrchen nie zuerst abnehmen, um Kontakt mit Gewebsthromboplastin zu vermeiden! Röhrchen mit Additiven stets nach dem Nativröhrchen abnehmen (Kontaminationsgefahr) d. Urin als Untersuchungsmaterial Der Patient sollte vor der Urinprobengewinnung über die Vermeidung von Kontaminationen (Genitalsekrete, Vaginalblut, Stuhl, Hände...) und über die Technik der Probengewinnung aufgeklärt werden. Der sachgerechte Transport und die richtige Lagerung des Materials bei 4-8 C bis zur zeitnahen Analyse reduzieren zusätzlich präanalytische Fehler. Morphologische Veränderungen des Sediments sind schon nach ca. 2 h zu beobachten. e. Mittelstrahlurin Urin ca. 3 h nach der letzten Miktion gewinnen Hände und Genitalregion reinigen erste Urinportion ablassen benötigte Menge im Probengefäß auffangen restlichen Urin verwerfen Aussage über den Zustand der ableitenden Harnwege z.b. Sediment, Teststreifen, mikrobiologische Untersuchungen Angaben sind qualitativ bis semiquantitativ Die Beurteilung des Harnsedimentes sollte innerhalb von 2-3 h erfolgen. Proben für die Beurteilung des Harnsedimentes nicht einfrieren oder im Kühlschrank lagern (Kälteausfällung von Salzen!) f. 24 h-sammelurin Diätvorschriften, die vor Beginn und während der Sammelperiode einzuhalten sind stehen beim jeweiligen Analyten im A-Z Teil. Beginn der Sammelperiode, z.b. 7 Uhr morgens ersten Morgenurin verwerfen danach komplette Sammlung aller Urinportionen bis zum nächsten Morgen 7 Uhr einschließlich des Morgenurins Gesamturinmenge gut mischen und benötigte Teilurinmenge einsenden Gesamtsammelmenge immer mit angeben Probe kühl und dunkel im 2 L-Sammelgefäß aufbewahren ggf. inklusive stabilisierender Zusätze von z.b. 5mL konzentrierter Essigsäure (»Eisessig«), 10mL 10%iger Salzsäure oder 5mL 10%iger Thymollösung in 2-Propanol Aussage über Ausscheidungsfunktion der Niere bzw. des Organismus Angaben sind quantitativ 7
8 4. Fehlerquellen. Scheinbare Fehlbestimmungen der Laborwerte basieren oft auf Fehlern, die während oder vor der Blutentnahme gemacht wurden. Insbesondere bei selten durchgeführten Analysen ist deshalb ein vorangehendes Gespräch bezüglich der präanalytischen Bedingungen sinnvoll. Typische Fehler Fehlende oder unzureichende Kennzeichnung der Probe (Name, Vorname, ggf. Geburtsdatum, Zeitpunkt der Entnahme bzw. für Anforderungen auf der EDV-Karte entsprechender Barcode mit richtigem Materialcode) Barcode falsch aufgeklebt (an allen Gefäßen in Längsrichtung aufkleben und nicht um das Röhrchen wickeln!) Inkomplett ausgefüllte Anforderungsformulare Falsche Vorbereitung der Patienten Patient ist bei Abnahme von Stoffwechselparametern nicht nüchtern Nahrungskarenz nicht eingehalten (serotoninarme Kost bei Serotonin- / 5-HIES Bestimmungen) Medikationspausen nicht berücksichtigt (z.b. ß-Blocker bei Katecholaminbestimmung) Tagesrhythmik beachten (z.b. Cortisol i. Serum) Ruhezeiten vor Blutentnahme, Venenzugang legen und danach 30 Minuten warten (z.b. Cortisol, Prolaktin, Renin) Körperlage einheitlich gestalten, um Laborwerte vergleichen zu können (verschiedene Hormone, Eiweiß...) Verfälschte Werte durch Desinfektionsmittel (Blutalkohol) Versand von zu geringen Blutmengen (unterfüllte Monovetten) Einfrieren von Vollblut Falsche Materialabnahme: falsches Volumen, falsches Röhrchen Unzulässige Materiallagerung: zu lange Lagerzeiten oder falsche Temperaturen Keine ausreichende Durchmischung bei Proben mit antikoagulatorischen Zusätzen End-zu-End-Kapillaren nicht luftblasenfrei entnommen oder Kapillaren unterschiedlicher Entnahmesysteme vertauscht Zu starke Gewebekompression bei Kapillarblutentnahme (Verdünnung durch Extrazellularflüssigkeit) Exakt verwertbare Untersuchungsresultate im 24 h Sammelurin werden nur erhalten, wenn der Patient genau instruiert ist Nicht geprüfte Rohrpostanlagen (nach Veränderungen / Reparaturen) 8
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