Grundzüge des Familienrechts

Transkript

1 Linde Praktikerskripten Grundzüge des Familienrechts Bearbeitet von Graciela Faffelberger, Werner Hauser 2., aktualisierte Auflage Taschenbuch. ca. 56 S. Paperback ISBN Format (B x L): 17 x 24 cm Gewicht: 130 g Recht > Europarecht, Internationales Recht, Recht des Auslands > Recht des Auslands > Ausländisches Recht: Österreich Zu Inhaltsverzeichnis schnell und portofrei erhältlich bei Die Online-Fachbuchhandlung beck-shop.de ist spezialisiert auf Fachbücher, insbesondere Recht, Steuern und Wirtschaft. Im Sortiment finden Sie alle Medien (Bücher, Zeitschriften, CDs, ebooks, etc.) aller Verlage. Ergänzt wird das Programm durch Services wie Neuerscheinungsdienst oder Zusammenstellungen von Büchern zu Sonderpreisen. Der Shop führt mehr als 8 Millionen Produkte.

2 Vorbemerkung Familienrecht In diesem LPS wird aus Gründen der besseren Lesbarkeit auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Personenbezeichnungen verzichtet. Gemeint sind selbstverständlich immer beide Geschlechter. 1. Einleitung Das vorliegende Linde Praktikerskript (LPS) möchte eine Einführung in die Thematik des Familienrechts geben. Gemäß 40 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (JGS 1811/946; im Folgenden kurz: ABGB) werden unter Familie die Stammeltern mit allen ihren Nachkommen verstanden, die zueinander im Verhältnis der Verwandtschaft stehen. Das Familienrecht umfasst alle Normen, welche jene Rechtsbeziehungen regeln, die durch Ehe und Verwandtschaft begründet werden. Es lassen sich hierbei die folgenden Themenbereiche unterscheiden: das Eherecht, das die Beziehungen zwischen den Ehegatten regelt; das Kindschaftsrecht, das die wechselseitigen Rechte und Pflichten zwischen Eltern und Kindern regelt; die Sachwalterschaft und Kuratel. Die rezenten gesellschaftlichen Veränderungen haben sich dahingehend ausgewirkt, dass nicht mehr nur die traditionelle heterosexuelle Kernfamilie Träger der familiären Solidarität ist, sondern dass auch, kontrastierend zur Ehe, alternative Lebensformen wie etwa Lebenspartnerschaften, Patchwork- oder Regenbogenfamilien die Funktionen der traditionellen Familie wahrnehmen. Der Gesetzgeber hat diesen veränderten gesellschaftlichen Gegebenheiten insofern Beachtung gezollt, als durch das Familienrechts- Änderungsgesetz 2009 (BGBl I 2009/75; im Folgenden kurz: FamRÄG 2009) und durch das Inkrafttreten des Eingetragenen Partnerschaft-Gesetzes (BGBl I 2009/135; im Folgenden kurz: EPG) versucht wurde, die Rechtslage diesen neuen Bedürfnissen entsprechend zu gestalten. Weitere Impulse erhielt dieser Prozess durch das Kindschafts- und Namenrechts-Änderungsgesetz 2013 (BGBl I 2013/15; im Folgenden kurz: KindNamRÄG 2013) und das Adoptionsrechts-Änderungsgesetz 2013 (BGBl I 2013/179; im Folgenden kurz: AdRÄG). Als größere Eckpunkte dieser Reformbestrebungen können die folgenden Schlagworte genannt werden: Aufhebung der Familie Familien- rechts- Änderungsgesetz 2009 LPS LINDE Praktiker Skripten Special 3

3 Graciela Faffelberger Rechtsinstitute der Legitimation durch nachfolgende Ehe und der Ehelichkeitserklärung durch das Staatsoberhaupt, Liberalisierung des Namensrechts und Ermöglichung der Stiefkindadoption für gleichgeschlechtliche Paare. 2. Eherecht Verlöbnis Gemäß 46 ABGB hat der Verlobte einen Schadenersatzanspruch in der Höhe des Vermögensschadens, der auf den Vertrauensschaden begrenzt ist. Dieser steht gegen denjenigen Ver- Rückforderungs- und Bereicherungsansprüche 46 ABGB 2.1. Verlöbnis Gemäß 45 ABGB wird unter einem Verlöbnis das gegenseitige Versprechen zweier verschiedengeschlechtlicher Personen verstanden, einander zu heiraten. Die übereinstimmenden Willenserklärungen müssen auf den Abschluss der Ehe gerichtet sein (siehe OGH , 2 Ob 7/67), selbst wenn dieser erst zu einem späteren Zeitpunkt in der Zukunft erfolgen sollte. Eine bloß zum Scherz abgegebene Verlöbniserklärung ist allerdings dann gültig, wenn der Erklärungsempfänger auf Grund der Art der abgegebenen Erklärung und der Begleitumstände nicht erkennen konnte, dass hierbei die Ernstlichkeit gefehlt hat (OGH , 1 Ob 242/66; OGH , 9 Ob 344/97x). Das Verlöbnis stellt einen Vertrag mit höchstpersönlichem Charakter dar, dem ein Abschluss mittels Stellvertretung entgegensteht. Anders als bei der Ehe ist für das Verlöbnis keine bestimmte Formpflicht vorgesehen, das heißt, dass es auch konkludent im Sinne des 863 ABGB abgeschlossen werden kann (zb durch Ringwechsel). Als Vertrag unterliegt es den allgemeinen Regeln hinsichtlich der Geschäftsfähigkeit und der Anfechtung auf Grund von Willensmängeln. Hervorzuheben ist, dass es mangels Hauptleistungspflicht bei der Ehe auch keine Durchsetzung auf ihren Abschluss gibt. Aus diesem Grund können auch nicht Angeld, Reugeld oder Konventionalstrafen für den Fall der Nichteingehung der Ehe bzw Auflösung des Verlöbnisses vereinbart werden. Weiters kann auch ein Ehegatte während aufrechter Ehe kein gültiges Verlöbnis eingehen. Die Beendigung des Verlöbnisses kann jederzeit formfrei und einseitig durch jeden der beiden Verlobten erfolgen. Allerdings kann die Beendigung der Verlobung zu Rückforderungs- und Bereicherungsansprüchen führen: 4 LPS LINDE Praktiker Skripten Special

4 Familienrecht lobten zu, der den unbegründeten Rücktritt vom Verlöbnis gesetzt hat. Gegebenenfalls können auch Dritte (zb Eltern) einen solchen Schadenersatzanspruch haben. Gemäß 948 ABGB besteht auch die Möglichkeit des Schenkungswiderrufs bei grobem Undank des Geschenkempfängers gegen den Geschenkgeber. Der grobe Undank muss in der Begehung einer gerichtlich strafbaren Tat nach dem Strafgesetzbuch (BGBl 1974/60; im Folgenden kurz: StGB) bestehen, wobei es nicht erforderlich ist, dass es bereits zu einer Verurteilung oder der Einleitung eines Strafverfahrens gekommen ist. Gemäß 1247 Satz 2 ABGB ist es möglich, dass die gewöhnlichen Brautgeschenke (zb Schmuck), die von den Verlobten oder von einem Dritten im Hinblick auf eine zukünftige Ehe gemacht worden sind, zurückgefordert werden können, wenn die Ehe auf Grund der Beendigung der Verlobung durch einen Verlobten nicht zustande gekommen ist. Der Geschenkgeber trägt aber hierfür die Beweislast, dass ihn am Nichtzustandekommen der Ehe kein Verschulden trifft. Bei größeren Zuwendungen oder Zuwendungen, die im Hinblick auf eine spätere Wohngemeinschaft gemacht werden, ist jedoch 1435 ABGB anzuwenden. Gemäß 1435 ABGB können jene Leistungen, die im Vertrauen auf den Eheabschluss erbracht worden sind, bei Nichtzustandekommen der Ehe vom Leistungsempfänger zurückgefordert werden Ehe Gemäß 44 ABGB handelt es sich bei der Ehe um einen Vertrag zwischen zwei Personen verschiedenen Geschlechts, die erklären, in unzertrennlicher Gemeinschaft zu leben, Kinder zu zeugen, diese zu erziehen und sich gegenseitig Beistand zu leisten. Die Entscheidung, gemeinsame Kinder zu haben, ist einvernehmlich zwischen den Ehegatten zu treffen. Damit eine gültige Ehe zustande kommen kann, müssen vier Voraussetzungen erfüllt sein: Ehefähigkeit beider Personen; Nichtvorliegen von Eheverboten; Einhaltung der Formvorschriften gemäß 17 EheG; Mitwirkung eines Standesbeamten im Sinne des PStG 2013 und im Sinne des 15 Abs 2 EheG. 948 ABGB 1247 Satz 2 ABGB 1435 ABGB Ehe LPS LINDE Praktiker Skripten Special 5

5 Graciela Faffelberger Ehegeschäftsfähigkeit Ehemündigkeit Eheverbote Ehefähigkeit Die Ehefähigkeit setzt sich aus zwei Komponenten zusammen, deren Fehlen Aufhebungs- bzw Nichtigkeitsgründe darstellt: Ehegeschäftsfähigkeit und Ehemündigkeit. Ob Ehegeschäftsfähigkeit gegeben ist, bestimmt sich nach den allgemeinen Regeln über die Handlungsfähigkeit und ist von der Personenstandsbehörde im Sinne des 3 Personenstandsgesetz (BGBl I 2013/16; im Folgenden kurz: PStG 2013) zu ermitteln. Geschäftsunfähige Personen im Sinne des 2 Ehegesetz (drgbl 1938/807; im Folgenden kurz: EheG), also Kinder unter sieben Jahren und Personen über sieben Jahren, die den Gebrauch der Vernunft nicht haben ( 102 EheG), können keine Ehe eingehen. Sollte im Zeitpunkt der Eheschließung dennoch eine der Personen geschäftsunfähig sein, so stellt das einen Nichtigkeitsgrund gemäß 22 EheG dar. Beschränkt Geschäftsfähige, also Kinder über sieben Jahren und Personen, für die ein Sachwalter bestellt worden ist, benötigen zur Eingehung einer Ehe sowohl die Einwilligung ihres gesetzlichen Vertreters als auch die des Erziehungsberechtigten. Sollten diese jedoch verweigert werden und stehen der Eheschließung keine gerechtfertigten Gründe entgegen, hat das Gericht die Einwilligung auf Antrag hin zu ersetzen. Die Ehemündigkeit wird mit Vollendung des 18. Lebensjahres erreicht, allerdings besteht die Möglichkeit, dass das Gericht eine Person, die das 16. Lebensjahr vollendet hat, auf ihren Antrag hin für ehemündig erklären kann Eheverbote Das Vorliegen von Eheverboten soll eine Eheschließung verhindern. Dabei kann zwischen verschiedenen Arten von Eheverboten (im weiteren Sinn/im engeren Sinn und schlicht/qualifiziert), die unterschiedliche Voraussetzungen und Wirkungen haben, unterschieden werden. Als Eheverbote im weiteren Sinn werden alle Ehehindernisse bezeichnet, bei deren Vorliegen der Standesbeamte nicht die Trauung vornehmen darf. Sie umfassen die Eheverbote im engeren Sinn ( 6, 8, 10 EheG) und die Verbote, die sich aus 1 bis 3 EheG und über die Nichtigkeitsgründe ableiten lassen. Der Unterschied zwischen schlicht und qualifiziert besteht darin, dass bei qualifizierten Eheverboten die Ehe entweder für nichtig erklärt werden kann oder aufhebbar wird, während schlichte Eheverbote die 6 LPS LINDE Praktiker Skripten Special