WARUM SICH FREIWILLIGKEIT UND ZWANG NICHT ZWISCHEN JUGENDÄMTERN UND ANBIETERN VON HILFEN AUFTEILEN LÄSST
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- Ella Bayer
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1 WARUM SICH FREIWILLIGKEIT UND ZWANG NICHT ZWISCHEN JUGENDÄMTERN UND ANBIETERN VON HILFEN AUFTEILEN LÄSST ERGEBNISSE AUS DER ANALYSE VON FÜNF FALLVERLÄUFEN Christine Gerber NZFH/Deutschen Jugendinstitut e.v. Berlin, 2. März 2018
2 Kindeswohlgefährdung, Kinderschutz Der Schutz von Kindern ist ein gesellschaftlicher und gesetzlich normierter Auftrag. Eine Kindeswohlgefährdung liegt nach aktueller Definition ( 1666BGB) dann vor, wenn 1. der körperlichen, geistigen und seelischen Entwicklung und Gesundheit des Kindes erheblicher Schaden droht und zugleich 2. die Eltern nicht in der Lage oder nicht bereit sind, diese Gefahren aus eigenen Kräften abzuwenden. Wenn das Wohl von Kindern in Gefahr ist (Kindeswohlgefährdung im Sinne des 1666BGB), dann bedarf es der Intervention von außen!
3 Kindeswohlgefährdung, Kinderschutz Der gesetzlich normierte Kinderschutzauftrag sieht vor: Die Freiwilligkeit der Eltern endet da, wo (der Verdacht besteht, dass) das Wohl des Kindes in Gefahr ist. Grundsatz der Verhältnismäßigkeit: Wenn es das Ausmaß der Gefahr zulässt, dann soll die Gefahr für das Kind durch Hilfe und Unterstützung der Eltern und Kinder beseitigt werden Interessen der Eltern (z.b. auf Schutz ihres privaten Raumes und Selbstbestimmung in ihrer Lebensführung) Interesse der Kinder (Abwendung eines erheblichen Schadens von ihrer körperlichen, geistigen und seelischen Gesundheit).
4 Kindeswohlgefährdung, Kinderschutz Nehmen Eltern die Hilfe nicht an oder bewirkt die Hilfe nicht die notwendigen Veränderungen im erzieherischen Verhalten, muss der Schutz des Kindes durch andere Maßnahmen sichergestellt werden. Der Abbruch der Hilfe hat Konsequenzen. Hilfe (und Helfer_innen) - soll Eltern unterstützen, die notwendigen Veränderungen zum Schutz den Kindes umzusetzen - muss zugleich kontrollieren, ob die Gefahren für das Kind tatsächlich abgewendet werden kann. Hilfe egal ob vom Jugendamt oder Freien Träger - hat im Kinderschutz stets einen integrierten Kontrollauftrag.
5 Kindeswohlgefährdung, Kinderschutz Die Herausforderung von Hilfe im Zwangskontext ist 1. den Eltern einen vertrauensvollen Rahmen zu bieten und zugleich die Interessen des Kindes nicht aus dem Blick zu verlieren. 2. die Eltern zu beteiligen und die Karten auf den Tisch zu legen (Partizipation und Transparenz): Es kann sein, dass ich ohne Ihre Zustimmung (1) als Jugendamt: das Familiengericht anrufe oder (2) als Freier Träger: das Jugendamt hinzuziehen. Ich werden diesen Schritt und seine Gründe aber immer vorab mit Ihnen besprechen. (Ausnahmen z.b. innerfamiliäre sex. Gewalt).
6 Projekt Lernen aus problematischen Kinderschutzverläufen des NZFH seit 2009 Entwicklung einer Methode zur Analyse problematischer Fallverläufe Fünf rekonstruierte Fälle, davon vier interinstitutionell Kontext Frühe Hilfen oder frühe Kindheit (2Mo.-3Jahre) Kritische Ereignisse, bzw. aus der Sicht des Jugendamtes Anlass für eine Analyse: Kleinkinder wurden misshandelt (2x mit Todesfolge, Biss- & Brandwunde); Entlassung des Kindes nach Hause bei komplexer Hilfe & Kontrolle.
7 Schwierige Themen werden vermieden/geschönt und Kompromisse eingegangen, die hinter den Bedürfnissen des Kindes zurück bleiben Hypothesen über Ursachen und Einflussfaktoren: Angst, den Kontakt zu den Eltern zu verlieren Erklärungen der Eltern für körperliche Verletzungen des Kindes werden ungeprüft oder vorschnell übernommen Konzepte der Zwangsberatung und Strategien im Umgang mit Widerstand fehlen; Geeignete Strategien, Defiziten, Risiken und konfliktträchtige Themen anzusprechen, fehlen. Unsichere und ambivalente Risikoeinschätzungen machen es schwer, ein Schutzkonzept (Hilfe & Kontrolle) zu entwickeln und dieses transparent ggü. den Eltern zu machen
8 Das Kind und seine Belastungen/Schädigungen und die Behandlung bereits entstandener Defizite geraten aus dem Blick Hypothesen über Ursachen und Einflussfaktoren: Hohe Falldynamik, komplexe Problemlagen und ambivalente Eltern binden die Aufmerksamkeit der Fachkräfte Angebote sind nicht auf diskontinuierliche Hilfeverläufe eingestellt
9 Kooperationsbereitschaft wird mit Veränderungsbereitschaft und -fähigkeit gleich gesetzt Hypothesen über Ursachen und Einflussfaktoren: Unsicherheiten, woran Veränderungsfähigkeit fest gemacht werden könnte Maßstäbe zur Beurteilung der Veränderungen fehlen, weil die Veränderungsziele bezüglich der erzieherischen Fähigkeiten der Eltern eher diffus bleiben fehlende Veränderungen sowohl bzgl. der Entwicklung des Kindes als auch bzgl. der erzieherischen Fähigkeiten der Eltern werden zwar dokumentiert, jedoch nicht zum Anlass einer kritischen Überprüfung des Schutzkonzeptes genommen; Begleitung oder Nicht-Abbruch werden zu impliziten Erfolgskriterien; Guter Kontakt und viel Nähe zur Familie können den Blick vernebeln
10 Es gibt keine gemeinsame und abgestimmte Einschätzung des Gefährdungsrisikos im Helfersystem; Unterschiede und Differenzen werden eher zufällig bekannt Hypothesen über Ursachen und Einflussfaktoren: Die (unterschiedlichen) Einschätzungen des Gefährdungsrisikos werden nicht systematisch zusammengeführt, reflektiert und abgeglichen Institutionenübergreifende Fallbesprechungen mit den Zielen eines gemeinsamen Fallverstehens und einer abgestimmten Risikoeinschätzung sind weder konzeptionell vorgesehen noch zeitlich möglich Datenschutzrechtliche Hürden und Unsicherheiten
11 Viele Helfer_innen sind nicht unbedingt vernetzte Helfer_innen Hypothesen über Ursachen und Einflussfaktoren: Die Vielzahl der involvierten Helferinnen und Helfer vermittelt den Eindruck, dass alles Relevante bekannt ist und Aufgaben verteilt sind; Schutzillusion I: das Jugendamt ist drin wenn die was wissen wollen, dann werden die schon fragen ; die wissen bestimmt Bescheid Schutzillusion II: Hilfe ist installiert die werden mich schon verständigen ( die müssen mich nach 8aKJHG und 4KKG eh verständigen );
12 VIELEN DANK FÜR IHRE AUFMERKSAMKEIT! PROJEKTBERICHT AB 04/2018 AUF KOSTENLOS ZUM DOWNLOAD ODER ZUM BESTELLEN
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