3. Kinderschutzkonferenz Kinderrechte und Elternverantwortung im Kontext Kindeswohl
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- Dörte Gerhardt
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1 3. Kinderschutzkonferenz Kinderrechte und Elternverantwortung im Kontext Kindeswohl Sybille Vosberg M.A. Fachanwältin für Familienrecht in Leipzig Vertretungsprofessorin an der FH-Erfurt 1
2 Kinderrechte und Elternverantwortung Zwei Dinge sollten Kinder von ihren Eltern bekommen: Wurzeln und Flügel. Johann Wolfgang von Goethe 2
3 Kinderrechte und Elternverantwortung Das Sorgerecht Verfassungsrechtliche Vorgaben: Art. 6 Abs. 2 und 3 GG Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft. Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen. 3
4 Kinderrechte und Elternverantwortung Art. 6 Abs. 2 GG Elternrecht/-pflicht Wächteramt 1626 ff. und 1666 f. BGB SGB VIII, KKG 4
5 Kinderrechte und Elternverantwortung Das gemeinsame Sorgerecht - entsteht durch Heirat der Eltern - nichtverheiratete Mutter stimmt gemeinsamen Sorgerecht zu 5
6 Kinderrechte und Elternverantwortung Teilbereiche des Sorgerechts BGB ff.: Namensgebung I BGB: Pflege, Erziehung, Aufsicht und Aufenthalt bestimmen a BGB: Ausbildung und Beruf II BGB: Bestimmung des Umgangs - 1 RelKErzG: Bestimmung über religiöse Erziehung 6
7 Kinderrechte und Elternverantwortung Sorgerecht nach der Trennung; 1671 BGB -Beantragt einer der Eltern die alleinige Sorge und stimmt der andere zu so ist dem Antrag zu entsprechen -Stimmt der andere Elternteil dem Sorgerechtsantrag nicht zu, ist festzustellen, ob die Alleinsorgeübertragung dem Kindeswohl am Besten entspricht 7
8 Kinderrechte und Elternverantwortung Sorgerecht nach der Trennung; 1671 BGB Grundsätzlich soll nach einer Trennung die elterliche Sorge gemeinsam ausgeübt werden Nur selten wird die gesamte elterliche Sorge allein übertragen Meist werden Teilbereiche allein übertragen, wie z.b. - Aufenthalt (Residenzmodell, Wechselmodell) - Schulangelegenheiten - Gesundheitssorge 8
9 Kinderrechte und Elternverantwortung Sorgerecht nach der Trennung; 1671 BGB Kriterien zur Feststellung, ob Alleinsorgeübertragung dem Kindeswohl am Besten entspricht - Bindung des Kindes an die Eltern - Neigung und Wille des Kindes - Erziehungseignung (Förderung des Kindes) - Persönliche Betreuung - Bindungstoleranz - Kontinuität - Bindung an Geschwister 9
10 Kinderrechte und Elternverantwortung Sorgerecht nach der Trennung; 1671 BGB Aufhebungsgründe der gemeinsamen elterlichen Sorge - mangelnde Kooperation und Kommunikation - Gleichgültigkeit eines Elternteils - Ungeeignetheit eines Elternteils ( 1666 BGB) - Gewaltanwendung gegenüber Kind ( 1666 BGB) 10
11 Kinderrechte und Elternverantwortung Sorgerecht nach der Trennung; 1671 BGB Sorgerechtliche Befugnisse bei gemeinsamer Sorge; 1687 BGB -Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung -Entscheidungen über Angelegenheiten des täglichen Lebens - Entscheidungen über Angelegenheiten der tatsächlichen Betreuung 11
12 Kinderrechte und Elternverantwortung Das Wächteramt des Staates Eingriffe in das elterliche Sorgerecht Bundesverfassungsgericht 1968 Wächteramt des Staates beruht auf dem Schutzbedürfnis des Kindes, dem als Grundrechtsträger eigene Menschenwürde und ein eigenes Recht auf Entfaltung seiner Persönlichkeit zukommt. (BVerfGE 24, 119 ff, 144) 12
13 Das Wächteramt des Staates Eingriffe in das elterliche Sorgerecht Wenn die Menschenwürde des Kindes oder sein Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit beeinträchtigt ist, darf der Staat zum Schutze des Kindes handeln Aber In das grundrechtlich geschützte Elternrecht darf nur aufgrund eines Gesetzes eingegriffen werden: BGB Kinderrechte und Elternverantwortung - Gesetz zur Kooperation und Information im Kinderschutz (KKG) regelt die Vorgehensweise bei Vermutung einer Kindeswohlgefährdung 13
14 Kinderrechte und Elternverantwortung Das Wächteramt des Staates Eingriffe in das elterliche Sorgerecht 1666 BGB: Gefährdung des Kindeswohls Wird das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes gefährdet und sind die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage, die Gefahr abzuwenden, so hat das Familiengericht die Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung der Gefahr erforderlich sind. 14
15 Kinderschutz Begriff Kindeswohlgefährdung Bundesgerichtshof (BGH): gegenwärtige, in einem solchen Maße vorhandene Gefahr, dass sich bei der weiteren Entwicklung eine erhebliche Schädigung mit ziemlicher Sicherheit voraussehen lässt (BGH FamRZ 1956, S. 350) Unbestimmter Rechtsbegriff
16 Kinderschutz Erscheinungsformen der Kindeswohlgefährdung Vernachlässigung Misshandlung Sexualisierte Gewalt Häusliche Gewalt Zur Suchtproblematik lassen sich oft Vernachlässigung, Misshandlung oder häusliche Gewalt zuordnen
17 Kinderschutz Vernachlässigung Grundbedürfnisse des Kindes werden nicht sicher gestellt - Körperliche Vernachlässigung - Erzieherische und kognitive Vernachlässigung - Emotionale Vernachlässigung - Unzureichende Aufsicht Vernachlässigung ist ein prozesshaftes Geschehen Erziehungsstile sind vielfältig, ebenso die Meinung über Erziehung Einschätzung daher schwierig
18 Kinderschutz Erziehungsgewalt und Misshandlung Erziehungsgewalt verstösst gegen das Recht des Kindes auf gewaltfreie Erziehung ( 1631 II BGB) Kurzfristige Beeinträchtigung des Kindes, keine Kindeswohlgefährdung, da erhebliche Schädigung eintreten muss Körperliche oder psychische Misshandlungen - absichtlich wird durch Gewalt Verletzungen oder Schädigungen des Kindes herbeigeführt (z.b. Baby-Schüttel-Trauma) - Hemmschwelle bei Alkoholkonsum herabgesetzt
19 Kinderschutz Häusliche Gewalt Das Kind ist von partnerschaftlicher Gewalt betroffen, - Zeugung durch Vergewaltigung - Misshandlung während der Schwangerschaft - Aufwachsen in gewaltvoller Atmosphäre (Kind als Zeuge) - Kind erleidet Gewalt
20 Kinderrechte und Elternverantwortung Das Wächteramt des Staates Eingriffe in das elterliche Sorgerecht 1666 BGB: Gefährdung des Kindeswohls Maßnahmen bei Kindeswohlgefährdung - Sorgerechtsentzug - Vormund wird für das Kind bestellt, (gesetzl. Vertreter) 20
21 Kinderschutz und Leistungen er Jugendhilfe Schutzpflichten bei Kindeswohlsgefährdung Zivilrechtliche Maßnahmen (werden häufig durch ASD eingeleitet) 1666, 1666a BGB: bei Gefährdung des körperlichen, geistigen oder seelischen Wohls; Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, Vorrang öffentlicher Hilfen Schutzauftrag der Jugendhilfe 1 Abs. 3 SGB VIII: Jugendhilfe soll Kinder vor Gefahren für ihr Wohl schützen; 8a SGB VIII: Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung, 8b SGB VIII: Fachliche Beratung und Begleitung zum Kinderschutz, 42 SGB VIII: Inobhutnahme keine allgemeine Melde- oder Anzeigepflicht gegenüber Behörden aber: (strafbewehrte) Pflicht zur Hilfeleistung /Garantenstellung 171 StGB Verletzung der Fürsorge- oder Erziehungspflicht
22 Kinderschutz Bundeskinderschutzgesetz (BKiSchG) 2012 in Kraft getreten Artikelgesetz, d.h. Änderungen in anderen Vorschriften, z.b. SGB VIII Gesetz zur Kooperation und Information im Kinderschutz (KKG), Art. 1 BKiSchG Stärkung der Kinderrechte Kinder und Jugendliche, die sich in einer Not- und Konfliktlage befinden, haben Anspruch auf Beratung ohne Kenntnis des Personensorgeberechtigten, allerdings nur solange durch die Mitteilung an den Personensorgeberechtigten der Beratungszweck vereitelt würde ( 8 Abs. 3 SGB VIII)
23 Kinderschutz Gesetz zur Kooperation und Information im Kinderschutz (KKG) Ziel Wohl von Kindern und Jugendlichen schützen Körperliche, geistige und seelische Entwicklung fördern Zeck Eltern bei Wahrnehmung der Erziehungsverantwortung unterstützen Risiken für Entwicklung von Kindern und Jugendlichen frühzeitig erkennen Umsetzung Unterstützung der Eltern durch Information, Beratung und Hilfe Geheimisträger informieren Jugendamt bei Verdacht insoweit Aufhebung der Schweigepflicht ( 203 StGB)
24 Kinderschutz Gesetz zur Kooperation und Information im Kinderschutz (KKG) Zusammenarbeit bei Kindeswohlgefährdung, 4 Erlangen Geheimnisträger gewichtige Anhaltspunkte für KiWogefährdung sollen sie mit Kind u. Eltern Situation erörtern und, soweit erforderlich auf die Inanspruchnahme von Hilfen hinwirken Zur Einschätzung der Kindeswohlgefährdung haben sie gegenüber dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe Anspruch auf Beratung durch eine insoweit erfahrene Fachkraft ( 8a SGB VIII) Zu diesem Zweck sind sie befugt, dieser Person die dafür erforderlichen Daten zu übermitteln; vor einer Übermittlung der Daten sind diese zu pseudonymisieren Scheidet Abwendung der Gefährdung aus oder ist Gespräch mit Kindern oder Eltern erfolglos und halten Geheimnisträger ein Tätigwerden des Jugendamtes (JA) für erforderlich, um Gefährdung abzuwenden, sind sie befugt, das JA zu informieren Betroffene sind vorab hinzuweisen, es sei denn, dass wirksame Schutz des Kindes in Frage gestellt wird; Geheimnisträger befugt, dem JA erforderliche Daten mitzuteilen
25 Kinderschutz Gesetz zur Kooperation und Information im Kinderschutz (KKG) Geheimnisträger sind sie befugt, das JA zu informieren, wenn Abwendung der Gefährdung ausscheidet Gespräch mit Kindern oder Eltern erfolglos ist Tätigwerden des JA erforderlich, um Gefährdung abzuwenden Betroffene sind vorab hinzuweisen, es sei denn, wirksamer Schutz des Kindes ist in Frage gestellt
26 Kinderschutz: Schutzauftrag des Jugendamtes, 8a SGB VIII Bei Vorliegen gewichtiger Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung: Hausbesuch des Jugendamts als Regelfall ( 8a Abs. 1 SGB VIII) Erkennen gewichtiger Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung Risikoeinschätzung im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte (soweit möglich mit Einbeziehung von Kind und Eltern) Angebot geeigneter und notwendiger Hilfen zur Abwendung der Gefahr Falls erforderlich: Anrufung des Familiengerichts (auch wenn Eltern bei Einschätzung des Risikos nicht mitwirken) Bei dringender Gefahr: Inobhutnahme Falls erforderlich: Einbeziehung von Gesundheitshilfe und/oder Polizei (soweit möglich mit Einbeziehung der Eltern) Datenaustausch zwischen beteiligten Jugendämtern
27 Kinderschutz: Schutzauftrag von Einrichtungen, 8a SGB VIII Erkennen gewichtiger Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung Information der Leitung und kollegiale Beratung Hinzuziehung insoweit erfahrener Fachkraft (intern oder extern) Risikoeinschätzung: Gespräch Fachkraft / Leitung / Mitarbeiter/in (evtl. Anonymisierung der Daten) Kontakt Eltern: Hinwirkung auf Inanspruchnahme von Hilfen (Vergewisserung über Inanspruchnahme und Wirksamkeit der Hilfe)
28 Kinderschutz in Einrichtungen Qualitätsentwicklung in der Kinder-und Jugendhilfe Verpflichtung zu kontinuierlicher Qualitätsentwicklung, auch in Bezug auf Gefährdungseinschätzung Entwicklung von Qualitätsmerkmalen: Sicherung der Rechte von Kindern und Jugendlichen in Einrichtungen und ihren Schutz vor Gewalt ( 79a SGB VIII)
29 Kinderschutz in Einrichtungen Fachliche Beratung, 8b SGB VIII Auftrag aus 4 Abs. 2 KKG i.v.m. 8b Abs. 1 SGB VIII zur Information über Angebote der fachlichen Beratung für genannten Berufsgruppen und Personen, die beruflich in Kontakt mit Kindern oder Jugendlichen stehen. Auftrag ist grundsätzlich vom örtlichen Träger und darüber hinaus ggf. durch Angebote und Empfehlungen des überörtlichen Trägers zu erfüllen Träger von Einrichtungen, in denen sich Kinder ganztägig aufhalten haben einen Anspruch auf fachliche Beratung sowie bei Entwicklung von Handlungsleitlinien; 8 Abs. 2 SGB VIII
30 Kinderschutz in Einrichtungen Schutz von Kindern Betriebserlaubnis wird nur erteilt, wenn zur Sicherung der Rechte von Kindern und Jugendlichen in der Einrichtung geeignete Verfahren der Beteiligung sowie der Möglichkeit der Beschwerde in persönlichen Angelegenheiten Anwendung finden ( 45 Abs. 2 Nr. 3 SGB VIII) Wie können Beteiligungsrechte von Kindern in einer Kita ausgestaltet werden? In welchen Belangen sind Kinder überhaupt zu beteiligen?
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