Voller Adrenalin Los geht s.
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- Florian Schmid
- vor 8 Jahren
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Transkript
1 INTERVIEW
2 Voller Adrenalin Los geht s. Das Warten ist vorbei. Endlich, sagt Thomas Eichin. Kurz vor dem Heimspiel gegen den SC Freiburg hat Werders neuer Geschäftsführer seinen Dienst angetreten. Das erste Interview.
3 Neuer Arbeitsplatz I Thomas Eichin auf dem Weg in die Werder-Kabine im Weser-Stadion der neue Geschäftsführer sagt: Ich bin gerne nahe am Geschehen, um einen engen Kontakt und einen guten Draht zum Trainerteam zu haben. V WERDER MAGAZIN: Herr Eichin, nehmen Sie schon Glückwünsche für den 4:1-Sieg in Stuttgart am vergangenen Samstag entgegen? THOMAS EICHIN: (lacht) Gerne. Ich war vor dem Spiel bei der Mannschaft im Hotel, habe nach dem Abpfiff allen gratuliert und mich auf jeden Fall schon dazugehörig gefühlt, auch wenn ich noch keinen direkten Einfluss hatte. Wie haben Sie das Spiel erlebt? Ich habe mit Klaus Filbry, Frank Baumann, Tino Polster und Marko Arnautovic auf der Tribüne gesessen und mitgefiebert. 24 WERDER MAGAZIN 301 Und wie haben Sie gejubelt? Wenn ich auf der Tribüne sitze, bin ich eher ein stiller Jubler. Aber ich habe mich sehr über diesen Sieg gefreut. Und wie beurteilen Sie die Leistung der Mannschaft? Wir waren zu Beginn etwas passiv, Stuttgart hat viel Druck gemacht, und wir hatten auch etwas Glück, nicht in Rückstand zu geraten. Aber nach 15 Minuten haben wir das Kommando übernommen und in der Folgezeit sehr gut und druckvoll gespielt, den Gegner zu Fehlern gezwungen und so dann auch die Tore erzielt. Es war ein hoch verdienter Sieg. Nun sind die Europapokal-Plätze wieder in Reichweite... Ich halte generell wenig von Prognosen. Klar ist: Man kann in der Bundesliga sehr schnell einige Plätze gutmachen, aber auch verlieren. Wir sind gut beraten, uns immer aufs nächste Spiel zu konzentrieren und zu versuchen, unsere beste Leistung abzurufen. Jetzt kommt der SC Freiburg. Und wenn wir drei Punkte holen, haben wir eine sehr gute Ausgangsposition für die kommenden Wochen.
4 INTERVIEW auf mich zukommt. Und mich dann weiter Schritt für Schritt in alle Themen einarbeiten. Was wird genau Ihr Aufgabenbereich sein? Zum einen bin ich Mitglied der Geschäftsführung und werde alles mitgestalten, was in diesem Gremium wichtig ist. Der andere Bereich ist die Mannschaft, wo ich sehr eng mit Frank Baumann, Thomas Schaaf und den Co-Trainern zusammenarbeite. Wir werden sehen, wo jeder seine Stärken hat, und dann als Team das Beste für Werder herausholen. Werden Sie bei den Spielen auf der Bank sitzen? Eine Entscheidung darüber ist noch nicht gefallen. Grundsätzlich bin ich gerne nahe am Geschehen, auch um einen engen Kontakt und einen guten Draht zum Trainerteam zu haben, zu wissen, wie sie die Dinge sehen, damit wir nach außen einheitlich auftreten können. Wie wichtig war es Ihnen, dass es jetzt mit dem Dienstantritt bei Werder geklappt hat? Ich bin voller Adrenalin und habe darauf gebrannt, endlich anzufangen. Die Übergangszeit war mittlerweile an einen Punkt gekommen, an dem es Zeit war für einen Schlussstrich. Es ist wichtig, nun endlich komplett hier zu sein. Ich habe mich während der vergangenen Wochen schon in viele WerderThemen eingelesen und eingearbeitet und freue mich riesig auf die Aufgabe. Was haben Sie sich vorgenommen für die erste Arbeitswoche? Die Menschen hier kennenzulernen. Ich werde mich informieren, viele Gespräche führen, analysieren, einfach mal schauen, was Wie verlief der erste Kontakt? Marco Bode (Mitglied des Werder-Aufsichtsrats, Anm. d. Red.) hat mich angerufen. Ich war auf der Rückfahrt von einem Auswärtsspiel mit den Haien. Neben mir saß unser Pressesprecher, und wir sind erstmal rechts rangefahren. Ich habe ihn gebeten zu tanken und Marco Bode zurückgerufen, der mich fragte, ob ich mir vorstellen kann, diese Aufgabe zu übernehmen. Ich habe das WERDER MAGAZIN V Zunächst war ein späterer Einstieg geplant... Ich bin Werder sehr dankbar, dass ich die Möglichkeit hatte, die Arbeit bei den Kölner Haien in Ruhe zu Ende zu führen und dort für einen reibungslosen Übergang zu sorgen. Ich habe versucht, meinen Nachfolger sehr schnell einzuarbeiten. Dadurch, dass ich mich jetzt schon auf Werder konzentrieren kann, werde ich gut vorbereitet in die nächste Saison gehen. Wie haben Sie Werder wahrgenommen, bevor Sie wussten, dass Sie für diesen Club arbeiten werden? Aus meiner Zeit als Spieler erinnere ich mich vor allem an sehr gute Mittelstürmer bei Werder, zum Beispiel Kalle Riedle, Klaus Allofs, Wynton Rufer, Manni Burgsmüller. Solche Spieler zu stoppen, war für mich als Abwehrspieler immer eine große Aufgabe. Werder hat damals jede Saison um den Titel mitgespielt. Es war schwer, die Mannschaft zu schlagen. Auch in der Folgezeit habe ich den Club immer sehr bewundert aufgrund seiner Werte, der Philosophie und weil hier Dinge auch mal etwas anders angepackt werden als bei anderen Vereinen. Auch als Verantwortlicher eines Eishockey-Clubs habe ich häufig den SV Werder als Vorbild genannt. Deshalb habe ich keine Sekunde gezögert, als die Anfrage kam.
5 V ohne Zögern bejaht. Wir haben daraufhin einen Termin hier in Bremen mit Willi Lemke vereinbart. Vier Tage danach war noch mal der gesamte Aufsichtsrat dabei. Am 27. Dezember wurden Sie in Bremen vorgestellt. Von wem haben Sie die erste Glückwunsch-SMS bekommen? Rainer Bonhof, mit dem ich befreundet bin, war einer der ersten. Auch Oliver Bierhoff hat sich direkt gemeldet. Ich habe mich über jeden gefreut, der mir gratuliert hat. Es war sehr spannend für mich, alles aufzunehmen, was an diesem Tag passiert ist. Neuer Arbeitsplatz II Thomas Eichin am Schreibtisch in seinem Büro im Weser-Stadion. Sie haben in den vergangenen Wochen mit nahezu allen deutschen Medien gesprochen. Waren Sie überrascht über so viel Aufmerksamkeit? Mir war bewusst, dass es in etwa so kommen würde, aber die Intensität hat mich überrascht. Offensichtlich war für viele vor allem mein Weg sehr interessant ein Eishockey-Manager, der aus dem Fußball kam und jetzt wieder dorthin zurückgeht. Was beeindruckt Sie beim Eishockey? Es ist eine sehr dynamische und ehrliche Sportart. Ich bin in Freiburg geboren, habe in meiner Jugend auch ein bisschen Eishockey gespielt, also durchaus etwas Ahnung davon. Eishockey-Spiele sind ein tolles Event. Die Spieler sind unglaublich gute Charaktere. Es hat Riesenspaß gemacht, in diesem Sport zu arbeiten. Ich werde dem Eishockey auf jeden Fall verbunden bleiben, auch wenn ich jetzt in den Fußball zurückkehre. Und die Kölner Haie werden immer mein Eishockey-Verein bleiben. Was nehmen Sie aus dieser Sportart mit in den Fußball? Ich habe im Eishockey immer versucht, die Trainer auch mit Fußballtrainern oder -spielern in Kontakt zu bringen, damit ein Austausch stattfindet und man sich gegenseitig erklärt, wie in der jeweiligen Sportart gearbeitet wird. Eishockey-Spieler sind sehr hart, was Verletzungen angeht. Es wird ihnen schon von Kindesbeinen anerzogen, dass man nicht das Eis verlässt, wenn man eine Verletzung hat. Man muss die Jungs fast schon THOMAS EICHIN: Ich habe darauf gebrannt, endlich anzufangen. 26 WERDER MAGAZIN 301 vor sich selbst schützen, viel mit den Ärzten und den Physiotherapeuten sprechen, um zu erfahren, was ein Spieler hat. Denn er selbst würde niemals freiwillig das Eis verlassen. Und Fußballer......sind zum Beispiel sehr viel härter im Ertragen negativer Kritik. Sie stehen ständig im Fokus. Wenn ein Spieler am Wochenende im Spiel einen Fehler gemacht hat, dann muss er sich das eventuell eine Woche lang anhören. Der Eishockey-Spieler kann nach dem Spiel schon wieder in die Stadt gehen, ohne dass sich die Leute auf ihn stürzen, weil er einfach nicht so bekannt ist. Eishockey-Spieler absolvieren eine riesige Anzahl Spiele. Können Sie es da verstehen, wenn sich Fußballer über zu hohe Belastungen beklagen? Auf den ersten Blick ist das nicht ganz nachvollziehbar. Aber es ist ein Unterschied, ob man ein Eishockey-Spiel macht oder ein Fußball-Spiel. Im Eishockey hat man etwa eine 40-Sekunden-Belastung und kann sich dann ausruhen, der Körper kann sich kurzzeitig
6 INTERVIEW erholen. Ein Fußballer steht 90 Minuten auf dem Platz, muss rauf und runter rennen. Warum bleiben Fußballer auch mal etwas länger auf dem Platz liegen? Nicht nur, weil sie eine schwere Verletzung haben, sondern auch, um mal durchzupusten, der Mannschaft Ruhe zu geben. Im Eishockey ist das nicht nötig, da fährt man raus und kann sich draußen ausruhen. Wie hat sich Ihr Verhältnis zum Fußball durch die Arbeit im Eishockey verändert? Ich spiele Fußball, seit ich vier Jahre alt war. In meiner Jugend habe ich quasi nichts anderes gemacht. Gut, ich war nebenbei auch noch in der Schule (lacht). Aber Fußball war schon damals mein Leben. Und ich habe das auch nicht aufgegeben, als ich zum Eishockey gegangen bin. Ich hatte nicht geplant, 14 Jahre lang Eishockey-Manager zu sein. Ich wollte einige Jahre eine andere Sportart kennenlernen, zeigen, dass ich auch dort meinen Job gut machen kann. Aber ich habe weiter alle Fußballspiele verfolgt, die ich irgendwie sehen konnte, habe selbst weiter gespielt, den Trainerschein gemacht. Ich liebe Fußball. Er ist meine Leidenschaft. Eishockey ist auch ein bisschen dazu geworden, aber in erster Linie war das mein Beruf. Wussten Sie nach Ihrer Spielerkarriere sofort, dass sie in diesem Bereich dem Fußball erhalten bleiben wollen? Nicht ganz. Ich habe meine Spielerkarriere sehr früh beendet, mit 30 aufgehört, obwohl ich noch fit war. Ich habe studiert und dann von Rolf Rüssmann (damals Manager von Borussia Mönchengladbach, Anm. d. Red.) das Angebot bekommen, bei Borussia Mönchengladbach Marketingassistent zu werden. Alles Weitere hat sich daraus ergeben. Ich hatte damals auch ein bisschen die Trainerkarriere im Auge. Aber ich bin dann vom Marketingassistenten zum Sponsoringleiter aufgestiegen, später zum Marketingleiter. Dann kam der Wechsel nach Köln. Ich habe meine Karriere nicht so strikt geplant, wie es sich vielleicht im Nachhinein liest. War es besser, den Weg übers Eishockey zu nehmen, statt direkt im Fußball zu bleiben? Davon bin ich überzeugt. Ich habe viele schwierige Situationen in einer Sportart erlebt, die um Aufmerksamkeit kämpft und in der man die Budgets ganz anders zusammenstellen muss als im Fußball. In der man ständig auf der Jagd nach jedem Euro ist. Eishockey, Handball, Basketball haben ganz andere Voraussetzungen in Deutschland. Sie kämpfen gegen das Monopol des Fußballs, versuchen ihre Nische zu finden. Das ist eine große Aufgabe für jeden Manager in diesen Sportarten. Warum haben Sie vor Werder alle Angebote aus dem Fußball abgelehnt? Der KEC ist im Eishockey ein großer Verein. Und den verlässt man nicht einfach für irgendeinen anderen Club. Werder war dann allerdings eine sehr verlockende Hausnummer. Da musste ich nicht überlegen. Der 1. FC Köln hat Ihre gute Arbeit hautnah mitbekommen Natürlich gab es Kontakte. Aber innerhalb Kölns war ein Wechsel nie ein Thema. Man wusste um meine Position bei den Haien. Das hätte nicht gepasst. Zu Ihrem Werder-Debüt kommt der SC Freiburg ins Weser-Stadion, der Club aus Ihrer Geburtsstadt. Ein besonderes Spiel? Mit Trainer Christian Streich habe ich früher zusammengespielt beim FC Freiburg. Ich freue mich sehr auf dieses Spiel. Wie dort gearbeitet wird, ist vorbildlich. Ich habe verfolgt, was in Freiburg in den vergangenen Jahren passiert ist. Es wird mit kleinem Budget Großartiges geleistet. Außerdem wird auch in schwierigen Situationen die Ruhe bewahrt, und man lässt sich nicht verrückt machen. Nach welchen Kriterien haben Sie mit Ihrer Ehefrau in den vergangenen Wochen nach einem Zuhause in Bremen gesucht? Wir haben zwei Katzen und zwei Hunde. Eine unserer Töchter hat sich auch entschieden mitzukommen. Es musste also etwas sein, wo die Katzen, wenn sie sich mal aus dem Staub machen, nicht direkt unters Auto kommen. Glücklicherweise sind wir jetzt fündig geworden, können allerdings erst im Juni gemeinsam einziehen. Ich werde bis dahin erst im Hotel wohnen und mir dann übergangsweise ein Appartement nehmen. Sie waren als Spieler lange in Mönchengladbach, danach auch als Geschäftsführer lange am selben Ort. Können Sie sich vorstellen, dass nun Bremen noch einmal Ihre neue Heimat wird? Das kann ich mir sehr gut vorstellen. Ich war zuletzt 14 Jahre in Köln, habe allerdings in Korschenbroich bei Mönchengladbach gewohnt. Weil die Großstadt Köln mir doch etwas zu wild war. Ich freue mich auf Bremen. Haben Sie die Karnevalswoche in Köln noch einmal genossen? Hier darf ich es ja sagen: Ich war nie ein großer Karnevalist, habe das aber immer professionell gelöst. Die Haie haben eine eigene Karnevalssitzung, die sehr spektakulär ist. Da war ich natürlich dabei. Aber ansonsten habe ich versucht, dem Karneval zu entgehen. Ich werde sehr viel vermissen aus meiner Zeit in Köln, den Karneval aber eher nicht. Interview: Martin Lange Fotos: Carsten Heidmann WERDER MAGAZIN
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