Veranstaltungen wie Business Riot bieten Frauen die Möglichkeit zum Netzwerken. Marisa Vranjes
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- Joseph Lichtenberg
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1 vom , 17:50 Uhr Update: , 19:17 Uhr Chancengleichheit Nichts gegen Bauchtanzstunden, aber... Von Teresa Reiter Frauennetzwerk Sorority will kollektives Selbstbewusstsein von Frauen stärken und Chancengleichheit am Arbeitsmarkt. Wien. "Ich hab immer Angst gehabt, dass irgendwann jemand merkt, dass ich keine Ahnung habe, was ich tue." Die etwa dreißig Frauen im Publikum lachen. Die Unternehmerin Kathrin Folkendt hat einen Nerv getroffen, als sie beschreibt, wie ihre beruflichen Anfänge bei einem der größten US-Technologieunternehmen ausgesehen haben. Viele finden sich in ihren Erzählungen von langen Arbeitsnächten, Versuchen, durch angepasste Kleidung seriöser zu wirken, und vom panischen Wettrennen mit den eigenen fachlichen Schwächen wieder. Heute, sagt Folkendt, habe sie gelernt, sich selbstbewusst auf ihre Stärken zu konzentrieren und sich nicht mehr unter ihrem Wert zu verkaufen. Veranstaltungen wie Business Riot bieten Frauen die Möglichkeit zum Netzwerken. Marisa Vranjes Es ist ein besonderer Ton, der am vergangenen Wochenende beim Business Riot Festival im Impact Hub Vienna herrschte. Das in Wien ansässige Frauennetzwerk "Sorority" Seite 1 von 5
2 (Schwesternschaft) hatte ein breites Spektrum an Workshops und Podiumsdiskussionen für Frauen auf die Beine gestellt, mit einem klaren Fokus: Chancengleichheit auf dem Arbeitsmarkt. "Wir wollten vor allem Kurse anbieten, die die Geschlechterordnung als soziales Konstrukt nicht weiter nähren. Nichts gegen Bauchtanzstunden oder die Styling-Beratung für sicheres Auftreten, Kurse, die sich in vielen, auch öffentlich geförderten Weiterbildungsmodulen für Frauen wiederfinden. Solche Seminare mögen Spaß machen, aber progressive Frauenförderung ist etwas anderes", sagt Sorority-Vorstandsmitglied Sandra Nigischer. Stattdessen wolle man Frauen das Rüstwerk anbieten, sich auf dem Arbeitsmarkt selbstbestimmt zu bewegen, um unabhängig zu sein und später nicht in die Altersarmut zu schlittern. Auf dem Sorority-Stundenplan stehen daher Veranstaltungen zum Thema Gehaltsverhandlungen, Konfliktmanagement im Job, Stimmund Sprechtraining sowie Diskussionen zu Themen wie "Neue Arbeitswelten". Dabei wurde eines klar: Bei Chancengleichheit auf dem Arbeitsmarkt geht es bei weitem nicht nur um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Vielmehr boten die Lebenswelten der über 350 Teilnehmerinnen eine große Vielfalt an Problemen und Schwierigkeiten, die ihnen den Berufsalltag erschweren. Sie genieren sich, laut zu sagen, wie wenig sie verdienen, bekommen Halsschmerzen, wenn sie etwa bei Moderationen oder beim Unterrichten lange sprechen müssen, wollen einen bestimmten Dialekt loswerden, haben keine Ahnung, wie sie den Programmierern in ihrer Firma erklären sollen, was sie auf ihren Websites brauchen, weil ihnen das Vokabular dazu fehlt. Sie wissen sehr konkret, was sie brauchen, um mehr Erfolg zu haben, haben aber oft Mühe herauszufinden, woher sie es bekommen können. Warum eigentlich? Zu wenige Angebote für gut ausgebildete Frauen Unter den Teilnehmern befand sich auch Sarah Galehr, Seite 2 von 5
3 Gleichbehandlungs- und Gender-Mainstreaming-Beauftragte des Arbeitsmarktservice Wien (AMS). "Das AMS spricht oft eher Frauen in traditionellen Arbeitsbereichen an. Besonders für sehr gut ausgebildete Frauen haben wir einfach nicht genügend Angebote", gibt Galehr zu. Das liege einerseits daran, dass sehr viele Mittel in Pakete für spezielle Gruppen gebunden seien. So gebe es ein 50+-Paket, es komme nun ein Asylpaket und sehr viel Budget sei für Jugendliche gebunden, da bleibe eben nicht viel flexibles Budget übrig und bestimmte Gruppen blieben auf der Strecke. "Individuelle kleinere Workshops und Weiterbildungen wurden früher durch das sogenannte Kurskosten- Budget bezahlt, das wurde jedoch extrem zusammengeschrumpft." "Somit ist es schwierig, auf einzelne Personen einzugehen, die zwar eine Ausbildung haben, denen aber noch irgendetwas fehlt, damit sie im Arbeitsmarkt Fuß fassen können", sagt Galehr. Hinzu komme, dass das AMS für Selbständige nach der Gründung eigentlich nicht zuständig sei. Im Gespräch mit den Teilnehmerinnen des Festivals sei Gahler auf den "Missing Link" aufmerksam geworden. Sie wolle sich nun ansehen, wie groß die Gruppe der jungen Frauen ist, die sich in diesen "manchmal sehr ungewöhnlichen Bereichen" selbständig machen und was man für diese tun könnte. Einer der beliebtesten Workshops des Festivals war der Web Development-Kurs des jungen Start-up "Girls n Code". In einem gut gefüllten Raum präsentieren etwa dreißig Frauen ihre Unternehmen und erklären, was sie für deren Websites wollen. Die Workshopleiterinnen Larisa Stanescu und Eva Krizsanits sagen klar: "Wir wollen, dass alle Frauen online gehen", und präsentieren eine Reihe von Zahlen. 87 Prozent der Wikipedia-Autoren sind Männer, genauso die Top-10-YouTuber und auch unter den Internet-Millionären findet sich nur ein kleiner Prozentsatz an Frauen. Themen wie Programmieren und Internet seien generell männlich dominiert und Seite 3 von 5
4 eine eigene Website für jede Frau könne der erste Schritt für diese sein, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Für den Arbeitsmarkt bedeute das, dass wenn Themen nicht frauenspezifisch ausgearbeitet werden, Frauen sich auch weniger damit befassen. "Es entsteht eine Abwärtsspirale für Frauen. Digitaler Analphabetismus wird früher oder später zu einem enormen Nachteil auf dem Arbeitsmarkt werden", sagt Krizanits. Beim AMS wiederum sieht man das gelassen. Sarah Galehr spricht sich zwar für mehr Bildung allgemein aus, sieht jedoch die Notwendigkeit, sich mit Programmiersprachen auseinanderzusetzen nur bei einer "sehr spezifischen Gruppe". Dass es Debatten wie diese überhaupt gab, macht die Veranstalter des Business Riot zufrieden. "Ich glaube, es ist uns durch das Festival gelungen, eines aufzuzeigen: Dass man sich schwertut, beruflich weiterzukommen, liegt häufig nicht an individuellen Unzulänglichkeiten, sondern kann an patriarchalen Strukturen liegen oder an erlernten, sogenannten weiblichen Verhaltensmustern, wie etwa, dass man sich zurücknimmt, keine Forderungen stellt oder möglichst nirgends anecken will", sagt sie. Es sei immer wieder verblüffend, in den Workshops zu sehen, wie ähnlich Probleme sind, auf die Frauen unabhängig von der Branche in der sie tätig sind, stoßen. Alleine zu sehen, dass sich bestimmte Muster bei so vielen wiederholen, bestärke nicht nur die Teilnehmerinnen des Festivals, sondern auch das Projekt Sorority an sich. Dieses biete schließlich das ganze Jahr über Möglichkeiten zum Netzwerken und Workshops zu konkreten Skills-Aufbau an. Die Sorority bietet auch außerhalb des Festivals immer wieder Workshops und Möglichkeiten zum Netzwerken für Frauen aus allen Seite 4 von 5
5 Berufsfeldern an. Die Ziele sind dabei für Nigischer klar. Man wolle zum Beispiel keine rein männlich besetzten Diskussionspanels mehr sehen, wolle nie wieder den Satz: "Wir haben keine Frau gefunden", hören. "Wir wollen das kollektive Selbstbewusstsein von Frauen stärken und in einem Schulterschluss zeigen, dass wir viele sind und uns nehmen, was uns zusteht", sagt Nigischer. URL: Wiener Zeitung Seite 5 von 5
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