Einleitung. Rückstellungen für den Versicherungssektor. behaftet ist. Einige Beispiele:
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- Dirk Hermann
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1 Die Behandlung der versicherungstechnischen Rückstellungen unter solvency II Quantitative Methoden, qualitative Anforderungen und Informationspflichten Autoren Martin Brosemer Dr. Susanne Lepschi Dr. Katja Lord Kontakt Die Knowledge Series finden Sie als Download unter Juli 2011 Einleitung Die Europäische Aufsichtbehörde für das Versicherungswesen (EIOPA) hat in der zweiten Jahreshälfte 2010 die fünfte quantitative Auswirkungsstudie (QIS5) durchgeführt. Die Erfahrungen daraus zeigen, dass die Ermittlung der versicherungstechnischen Rückstellungen für den Versicherungssektor noch immer mit Problemen behaftet ist. Einige Beispiele: Die in der Rahmenrichtlinie geforderte Segmentierung nach Lines of Business machte vielen Versicherungsunternehmen Schwierigkeiten, da die Datenlage oft nicht granular genug war, die Rückstellungen in die geforderten Risikogruppen einzuteilen. Viele Aufseher beobachteten zudem eine nicht schlüssige Anwendung der Illiquiditäts- Prämie. 1 Abbildung 1 zeigt die Behandlung der versicherungstechnischen Rückstellungen unter Solvency II in der Darstellung aller drei Säulen auf. Die übergeordneten rechtlichen Grundlagen bilden Rahmenrichtlinie (Level 1 Text) und Durchführungsbestimmungen (Level 2 Implementing Measures, IM) 2. Die einzelnen Anforderungen quantitativer, qualitativer oder informatorischer Natur ergeben sich aus Regelungen, die den jeweiligen Säulen zugeordnet wurden. Die Berechnung der Risikomarge wurde mehrheitlich als zu komplex erachtet die meisten Versicherungsunternehmen benutzten vereinfachte Ansätze. Bei der Wertbestimmung von Optionen, Garantien oder künftigen Gewinnbeteiligungen waren viele Lebensversicherer methodisch überfordert. 1 Da bei der Diskontierung der versicherungstechnischen Rückstellungen die Illiquidität durch die Verwendung einer höheren Zinsstrukturkurve berücksichtigt werden kann, soll im Marktmodul auch das Risiko erfasst werden, dass sich die ökonomischen Eigenmittel im Falle einer Absenkung dieser Zinsstrukturkurve verringern. Die Absenkung ist über ein Szenario zu erfassen, in dem angenommen wird, dass sich die Stressfaktoren der zugrunde liegenden Kurve um 65 Prozent verringern. 2 Künftig werden die bisherigen Implementing Measures als Delegated Acts bezeichnet.
2 Seite 2/8 Das Ziel dieser Publikation ist einerseits, die ganzheitliche Behandlung der versicherungstechnischen Rückstellungen unter Solvency II aufzuzeigen. Andererseits werden auch unterschiedliche Methoden diskutiert, die bei der Bestimmung von Best-Estimate-Rückstellungen in der Lebens- bzw. Nicht-Lebensversicherung in der ersten Säule Anwendungen finden können. Diese ergänzen jene Methoden, die bereits in der Solvency Consulting Knowledge Series Best Estimate für Solvency II Versicherungstechnische Rückstellungen vorgestellt wurden. 3 Die erste Säule Wie bestimmen sich die VERSICherungstechnischen Rückstellungen? Abbildung 1: Regulatorische Grundlagen der versicherungstechnischen Rückstellungen in Solvency II Behandlung der versiche - rungstechnischen Rückstellungen unter Solvency II Säule 1 Level 1: Art. 76 (2), (3) Art Level 2: IM-TP TP: Technical Provisions; PD: Public Disclosure. Abbildung 2: Die Solvency-II-Bilanz Level 1 Level 2 Säule 2 Level 1: Art. 76 (4), (5) Art. 77 (2) Art. 79 Art. 82 Level 2: IM-TP Säule 3 Level 1: Art. 51 (1) (d) Level 2: IM-PD Bei der Bestimmung der regulatorischen Kapitalanforderungen unter Solvency II spielt neben dem Risikomodell die ökonomische Bilanz eine wesentliche Rolle. In dieser ökonomischen Bilanz werden alle Bilanzpositionen zu Marktpreisen bewertet. Besonders schwierig ist die Bewertung der versicherungstechnischen Rückstellungen, da es im Allgemeinen keine Märkte gibt, aus denen Marktpreise abzuleiten sind. Marktwert der Aktiva Ökonomisches Eigenkapital Risikomarge Best Estimate Marktwert der versicherungstechnischen Rückstellungen (vtr) Insofern folgt man bei der Bewertung der versicherungstechnischen Rückstellungen dem Grundgedanken des Exit Value. Gemäß der Rahmenrichtlinie entspricht dieser dem Betrag, den ein Versicherungsunternehmen zu bezahlen hätte, wenn es seine Verpflichtungen unmittelbar auf einen Dritten übertragen würde und ist demnach als Verkaufspreis interpretierbar. Die Ermittlung dieses Werts muss nach marktkonformen Prinzipien erfolgen und wird ermittelt, indem man die versicherungstechnischen Rückstellungen als Summe von Best Estimate und Risikomarge berechnet (siehe Abbildung 2). Ökonomisches Eigenkapital = Marktwert der Aktiva Marktwert der vtr Der Best Estimate entspricht dem wahrscheinlichkeitsgewichteten Durchschnitt künftiger Cashflows und berücksichtigt den Zeitwert des Geldes. Artikel 76 der Rahmenrichtlinie fordert hierfür: Die Berechnung des besten Schätzwerts hat auf der Grundlage aktueller und glaubwürdiger Informationen sowie realistischer Annahmen zu erfolgen und stützt sich auf angemessene versicherungsmathematische Methoden und statistische Techniken. Die Risikomarge spiegelt den Barwert der künftigen Kapitalkosten wider. Sollten jedoch künftige Cashflows der versicherungstechnischen Rückstellungen mit einem Finanzinstrument repliziert werden können, für das ein seriöser Marktwert beobachtbar ist, kann der Wert der versicherungstechnischen Rückstellungen als Ganzes auf Grundlage dieses Finanzinstruments bestimmt werden (Stichwort: Calculation as a whole ). In diesem Fall wäre eine separate Berechnung von Best Estimate und Risikomarge nicht erforderlich. 3 Erschienen im April 2008
3 Seite 3/8 Im Folgenden werden technische und methodische Fragestellungen diskutiert, die bei der Bestimmung der Best-Estimate-Rückstellungen von Bedeutung sind: Best-Estimate in Leben Bei der Bestimmung der Best-Estimate-Rückstellungen für das Lebensversicherungsgeschäft werden bestmögliche Schätzungen für wesent liche Rechnungsgrundlagen von Lebensversicherungsprodukten benötigt. Dazu zählen insbesondere Sterblichkeit, Langlebigkeit, Invalidität, Storno, Kosten und Zins. Datenanforderungen und Segmentierung Best-Estimate-Rechnungsgrund lagen fußen idealerweise auf unternehmensindividuellen Versichertenbeständen auf Policenebene über einen Mehrjahreszeitraum (z. B. fünf Jahre). Es stellt sich grundsätzlich die Frage, inwieweit eine Klassifi zierung der Rechnungsgrundlagen nach Teilbeständen möglich ist. Neben der klassischen Unterscheidung nach Alter und Geschlecht können zusätzlich noch weitere Unterscheidungen beispielsweise nach Rauchern/Nichtrauchern, Umfang der Risikoprüfung, Bestandsdauer, Berufsklasse und Vertriebsweg sinnvoll sein. Ziel ist es, das Portfolio in möglichst homogene Gruppen auf der Grundlage der genannten Kriterien zu zerlegen. Da die Validierung und Aufbereitung der Bestandsdaten ein jährlich wiederkehrender Prozess ist, ist die Verwendung standardisierter Tools sinnvoll. Methoden Nach dem klassischen aktuariellen Ansatz, der unter anderem auch bei der Herleitung von DAV 4 -Tafeln angewandt wurde, wird der Bestand in möglichst homogene Risikogruppen unterteilt. Für jeden dieser Teilbestände werden rohe Best-Estimate-Raten berechnet, das heißt, das Verhältnis von Schäden im Vergleich zum vorhandenen Exposure 5 unter Risiko wird bestimmt. Da jedoch mit zunehmender Differenzierung nach Risikomerkmalen die Größe der Teilbestände sinkt, werden Bestände schnell zu klein, um statistisch signifikante Aus sagen treffen zu können. Dies führt dazu, dass die berechneten Raten stark schwanken und mit hoher Unsicherheit behaftet sind. Einen Ausweg für diese Problematik bieten Generalisierte Lineare Modelle (kurz: GLM). GLM stellen ein statistisches Modell dar, bei dem alle Risikofaktoren gleichzeitig untersucht werden. Allgemeine Effekte, wie beispielsweise die Abhängigkeit der Inzidenzraten von Alter und Geschlecht, werden somit auf Basis des gesamten Bestands solide geschätzt. Diese Raten dienen als Ausgangspunkt und werden für einzelne Untergruppen, zum Beispiel Raucher oder bestimmte Berufsgruppen, risikoangemessen adjustiert. Damit sind auch für kleinere Untergruppen noch signifikante Aussagen möglich. Durch die gleichzeitige Betrachtung aller Risikofaktoren sind die Effekte einzelner Faktoren klar abgrenzbar. Überlappungen der Effekte werden aufgedeckt, Doppelzählungen vermieden. GLM erlauben ein tieferes Verständnis. Sie decken Zusammenhänge und Wechselwirkungen in den Daten auf und liefern somit mehr als klassische Methoden: Sie erklären das Zusammenspiel verschiedener Faktoren und ermöglichen es damit, frühzeitig und gezielt auf Veränderungen zu reagieren. Ein Beispiel: Ein BU-Bestand beinhaltet neben einem Basis-Tarif auch einen Komfort-Tarif, der dem Versicherten bessere Bedingungen gewährt und damit schneller den Leistungsfall auslöst. Dieser Komfort-Tarif wird erst seit wenigen Jahren verkauft. Eine nach Tarif getrennte Analyse der Invalidisierungsraten mit dem klassischen Ansatz zeigt, dass der Komfort-Tarif geringere Inzidenzraten aufweist, obwohl man aufgrund der Bedingungsverbesserungen im Vergleich zum Basis-Tarif höhere Raten erwarten würde. Analysiert man diesen Bestand mit GLM, so können neben dem Tarif auch weitere Faktoren wie die Dauer der Versicherten im Bestand oder die Berufsklasse berücksichtigt werden. Die GLM-Analyse ergibt, dass der Tarif das Invalidisierungsrisiko nicht beeinflusst. Es ist jedoch ein deutlicher Selektionseffekt zu beobachten: Versicherte, die erst seit wenigen Jahren im Bestand sind, weisen aufgrund der erst vor Kurzem durchgeführten Risikoprüfung geringere Invalidisierungsraten auf unabhängig davon, um welchen Tarif es sich handelt. Die beim klassischen Ansatz beobachteten geringeren Raten für den Komfort-Tarif sind daher ausschließlich damit zu begründen, dass sich Versicherte mit diesem Tarif noch in der Selektionsphase befinden, wurden jedoch fälschlicherweise auf den Tarif zurückgeführt. Mit GLM konnte dagegen durch die Berücksichtigung aller Faktoren die Bestandszugehörigkeit, d. h. die seit Versicherungsbeginn verstrichene Dauer, als entscheidender Risikofaktor identifiziert werden. 4 Deutsche Aktuarvereinigung. 5 Exposure bezeichnet die unter Risiko stehenden Personenjahre. Diese können nach Anzahl der Policen oder nach der Versicherungssumme gewichtet berechnet werden.
4 Seite 4/8 Herausforderungen/ Schwierigkeiten Große Versicherungsunternehmen verfügen über ausreichend große Bestände, um unternehmenseigene Tafeln herleiten zu können, wohingegen Unternehmen mit kleineren Beständen hier oftmals Schwierigkeiten haben. Selbst für große unternehmen kann die Herleitung differenzierter Best-Estimate-Rechnungsgrundlagen schwierig sein, wenn noch keine ausreichende Schadenerfahrung vorliegt (beispielsweise bei neuen Produkten oder bei starker Differenzierung nach Tarifmerkmalen). In diesem Fall können Tafeln der Aktuarvereinigungen oder Pool-Auswertungen von Rückversicherern als Orientierung dienen. Versicherer können den Verlauf dieser Tafeln übernehmen und durch einen portfolioindividuellen, altersunabhängigen Faktor geeignet anpassen. Trends können früher von zufälligen Schwankungen abgegrenzt werden und Unternehmen können schneller auf diese reagieren. Best-Estimate in Nicht-Leben Bei der Bestimmung der Best-Estimate-Rückstellungen für das Nicht- Lebensversicherungsgeschäft sind folgende Positionen zu berechnen: Schadenrückstellungen für bereits eingetretene Schäden, Datenanforderungen und Segmentierung Im Allgemeinen werden bei der Berechnung von Best-Estimate-Rückstellungen in Nicht-Leben historische Abwicklungsdreiecke herangezogen. Eine Ausnahme bilden Schäden, die Rentenzahlungen nach sich ziehen diese sind analog der Lebenssystematik zu bewerten. Diese Abwicklungsdreiecke sind in homogene Portfolios aufzuteilen, zumindest muss jedoch eine Unterteilung nach Geschäftsbereichen (das heißt: nach Lines of Business) erfolgen. Sofern die Datenlage es zulässt, bieten sich darüber hinaus weiter gehende Unterteilungen an. Beispiele sind: Methode Vorteile Nachteile Chain Ladder: Unabhängig von Exposuremaß (z. B. Prämie, Versicherungssumme, Anzahl Fahrzeuge) und damit Markt zyklen und Tarifanpassungen. Starke Abhängigkeit von aktuellen Kalenderjahresständen, insbesondere von jüngstem und ältestem Anfall-/Zeichnungsjahr. Additiv: Bornhuetter- Ferguson: Unabhängig von aktuellen Kalender jahresständen. Anwendbar, auch wenn keine Kalenderjahresinformationen verfügbar sind. Marktinformationen nutzbar. Privat- vs. Industriegeschäft, Short-Tail-Abwicklung vs. Long- Tail-Abwicklung, Schadenzahlungen vs. Schadenbearbeitungskosten, Schadentreiber (zum Beispiel Personenschäden vs. Sachschäden), Währungen (Diskontierung mit unterschiedlichen Zinsstrukturkurven). Methoden Die gängigsten Methoden zur Bestimmung von Best Estimates sind: Abhängig von Exposuremaß, Marktzyklen und Tarifanpassungen bei Prämie zu berücksichtigen. Abhängigkeit vom letzten Anfalljahr. Geringere Abhängigkeit von aktuellen Kalenderjahresständen. Subjektivität bei Wahl der Marktinformationen möglich, abhängig von Exposuremaß. Prämienrückstellungen für noch nicht eingetretene Verpflichtungen. 6 Dabei sind sämtliche ein- sowie ausgehende Zahlungsströme zu berücksichtigen: zum Beispiel Prämien, Schadenzahlungen, Schadenregulierungskosten, Bonuszahlungen und Beitragsrückgewähr. 6 Unter Solvency II müssen künftig auch bereits im Bilanzierungsjahr gezeichnete, aber noch nicht begonnene Verträge berücksichtigt werden.
5 Seite 5/8 Herausforderungen/ Schwierigkeiten In der fünften quantitativen Auswirkungsstudie haben die meisten Sachversicherer methodisch entweder das Chain-Ladder- oder das Bornhuetter-Ferguson-Verfahren angewandt. Bei der praktischen Anwendung ergeben sich die Fragestellungen: 1. Datenlage Ist die Historie der Abwicklungsdreiecke ausreichend? Ist die Historie der Abwicklungsdreiecke noch repräsentativ (z. B. Rechtsprechung, technologischer Wandel, wirtschaftliche Entwicklungen etc.)? Ist die unternehmensinterne Datenlage ausreichend, oder sollte diese durch externe Datenquellen ergänzt/ ersetzt werden? Kann die künftige Inflationsentwicklung aus den historisch beobachteten Daten fortgeschrieben werden? 2. Methodische Verfahren Welche Methodik in Bezug auf die Inflationierung reflektiert das Exposure am besten (zum Beispiel Datenbereinigung um vergangene Inflation und explizite Projektion künftiger Inflation)? Welchen Einfluss hat ein Monitoring von Reserven auf Methoden und zugrunde liegenden Annahmen (zum Beispiel Nachreservierungsverhalten insbesondere bei Geschäft mit langer Abwicklungsdauer)? Welche Einflüsse haben Großschäden auf die Projektion der Abwicklungsdreiecke (Bereinigung der Daten um Groß- und Katastrophenschäden)? Wie können Groß bzw. Katastrophenschäden angemessen bewertet werden (zum Beispiel Einzelschadenanalysen, Szenarien)? Risikomarge Wie eingangs erwähnt, spiegelt die Risikomarge den Barwert der künftigen Kapitalkosten wider. Die genaue Berechnung der Risikomarge ist in QIS5 komplex, da die eingehenden Risikokapitalien (Underwriting Risk, Default Risk, Operational Risk und Unavoidable Market Risk 7 ) über die Restlaufzeit des Bestands zu projizieren sind. Insofern hat der Aufseher in QIS5 weitere, unterschiedlich stark vereinfachende Berechnungen zugelassen. Der einfachste Ansatz sieht zum Beispiel die Berechnung der Risiko marge proportional zu den Best-Estimate-Rückstellungen vor. Viele Gesellschaf ten sind auf die Simplifikationen ausgewichen, was zu weiteren Pro blemstellungen führt: Die verschiedenen Berechnungsmethoden können zu stark abweichenden Resultaten und damit zu Arbitrage-Möglichkeiten führen. Die Vergleichbarkeit ökonomischer Bilanzen wird eingeschränkt. Es können fragwürdige Resultate entstehen, beispielsweise im Fall negativer Best-Estimate-Rückstellungen und proportionaler Berechnung wird auch die Risikomarge negativ. Aus diesen Gründen ist es wichtig, stärkere Leitlinien bei der Berechnung der Risikomarge zu definieren oder die Methoden zu verfeinern, um belastbarere Ergebnisse zu erzielen. 7 Nach derzeitigem Stand der Diskussionen wird das Unavoidable Market Risk künftig nicht mehr berücksichtigt.
6 Seite 6/8 Die zweite Säule Was ist prozessual zu beachten? Bei der Bestimmung der versicherungstechnischen Rückstellungen spielen Informationen, Annahmen und Methoden eine wesentliche Rolle. Die zugrunde liegenden Informationen müssen glaubwürdig und konsistent sein, die Annahmen realistisch und die angewandten versicherungsmathematischen/statistischen Methoden angemessen so fordert es Artikel 77 der Rahmenrichtlinie. Bei der Bewältigung der künftigen Anforderungen wird der aktuariellen Funktion eine bedeutende Rolle zukommen. Diese separate Funktion ist Teil des Governance-Systems, das in Abbildung 3 skizziert wird. Die aktuarielle Funktion, die in Art. 48 der Rahmenrichtlinie geregelt ist, erfordert ein Verständnis der stochastischen Natur des Versicherungsgeschäfts und derjenigen Risiken, die sich auf beiden Seiten der Bilanz niederschlagen können. Das Aufgabenspektrum ist sehr weit gefasst und in der Verantwortung liegen folgende Tätigkeiten: Koordinierung der Berechnung der versicherungstechnischen Rückstellungen, Gewährleistung der Angemessenheit von Methoden, Modellen und Annahmen, Bewertung der Qualität der Daten, die in die Berechnung einfließen, Best-Estimate-Analysen, Vergleich von Schätz- mit Erfahrungswerten, Abbildung 3: Das Governance-System Prinzipienbasierte Solvency-II-Rahmenbestimmungen Fachliche Qualifikation und persönliche Zuverlässigkeit des Managements Geschäfts- und Risikostrategie liegt in der Verantwortung des Managements Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Governance-Anforderungen Transparente Organisationsstruktur Klare Trennung der Verantwortlichkeiten Schriftlich dokumentierte Richtlinien Regelmäßige Überprüfung Internes Kontrollsystem und Compliance-Funktion Beurteilung der Zeichnungspolitik, Beurteilung der Angemessenheit von Rückversicherungsverträgen, Berichterstattung an das Management bzw. die Aufsichtsbehörden. Die Koordinierungsfunktion wird im Entwurf der Level-2-Durchführungsbestimmungen näher beschrieben. Es sind beispielsweise Methoden und Prozeduren zu entwickeln oder anzuwenden, um die Realitätsnähe der Rückstellungen zu beurteilen. Zudem muss die Berechnung mit den Anforderungen der Rahmenrichtlinie konsistent sein, und der Grad der Unsicherheit, mit der die versicherungstechnischen Rückstellungen behaftet sind, ist zu bewerten und zu begründen. Risikomanagementsystem Quantitative Anforderungen Risikomanagement-Funktion Notfallpläne Internes Modell ORSA (interne Abschätzung des Risikokapitalbedarfs) Aktuarielle Funktion Outsourcing Information, Dokumentation, Berichte Artikel 82 der Rahmenrichtlinie gibt den Unternehmen zudem vor, interne Prozesse und Verfahren aufzubauen, welche die Angemessenheit, Vollständigkeit und Genauigkeit der Berechnung der versicherungstechnischen Rückstellungen gewährleisten. Hierbei spielen Monitoring, Standards an Datenanforderungen sowie Methoden und Dokumentationspflichten eine wichtige Rolle. Monitoring Interne Revision Die Bestimmung von Best-Estimate- Rechnungsgrundlagen ist eine wiederkehrende Tätigkeit. Durch den regelmäßigen Vergleich der tatsächlichen Schadenerfahrung mit der Best-Estimate-Erwartung werden auffällige und systematische Abweichungen aufgedeckt, und Annahmen können zeitnah angepasst werden. Trends und Veränderungen in der Bestandsstruktur und Produktlandschaft werden frühzeitig erkannt, und es kann gezielt darauf reagiert werden.
7 Seite 7/8 Standards an Datenanforderungen/ Methoden Grundsätzlich sind Richtlinien aufzustellen, welche sich mit der Datenqualität, den zugrunde liegenden Annahmen, Expertenschätzungen und Datenaktualisierungen bzw. den angewandten Methoden aus einandersetzen. Hierfür sind Qualitätsstandards in Bezug auf Fehlerfreiheit, Vollständigkeit und Angemessenheit zu definieren und die Daten diesbezüglich zu beurteilen. Dies gilt auch für die Erfassung, die Verarbeitung und die Verwendung der Daten. Dokumentationspflicht Methoden, Annahmen, Datenquellen und deren Verwendung sowie Datenbesonderheiten sind zu dokumentieren. Änderungen, die sich von einer zur nächsten Periode ergeben, sind in schriftlicher Form festzuhalten sowie inhaltlich zu begründen. Fazit: Die Versicherungsunternehmen müssen in der Lage sein, im Rahmen der aufsichtsrechtlichen Prüfung Auskunft über ihr Vorgehen zu geben sowie Methoden und Annahmen zu begründen, die in die Berechnung der versicherungstechnischen Rückstellungen einfließen. Die dritte Säule Welche Informationen sind künftig zu veröffentlichen? Die Publikationsanforderungen unter Solvency II regelt die Rahmenrichtlinie. Künftig werden Versicherungsunternehmen zwei Berichte zu erstellen haben: Art. 35 (1) legt fest, dass der Aufsicht alle notwendigen Informationen zur Verfügung zu stellen sind, die im Rahmen der Beaufsichtigung erforderlich sind. Der Regular Supervisory Report ist ein für die Aufsicht eigens zu erstellender Bericht. Der zweite Bericht, der Solvency and Financial Condition Report, ist in Art. 50 geregelt und informiert auf jährlicher Basis die Öffentlichkeit über die finanzielle Ausstattung und Solvabilität des Unternehmens. Beide Berichte folgen einer ähnlichen Struktur und beinhalten neben qualitativen Informationen auch quantitative Elemente. Die quantitativen Informationen für die Berichte werden in sogenannten Quantitative Reporting Templates (QRTs) abgefragt. Das sind Berichtsvorlagen in einem von der Aufsicht vorgegebenen Format, die bis dato lediglich als Entwurf vorliegen. Charakteristisch für diese Templates ist der große Umfang abgefragter Informationen und Details, aber auch die sehr weitreichende Gliederungstiefe. Daher sind auf Basis der vorliegenden Entwurfsversionen steigende Anforderungen an die Prozesse, die Datenhaltungs- und Berichtssysteme zu erwarten. Die wesentlichen Bereiche, die in der qualitativen Berichterstattung behandelt werden sollen, sind Business and Performance, System of Governance, Risk Management, Regulatory Balance Sheet, Capital Management. Die Verbindung Reporting und versicherungstechnische Rückstellung wird durch den Punkt Regulatory Balance Sheet geschaffen, der sich in Art. 51(d) der Rahmenrichtlinie wiederfindet. Es ist eine gesonderte Beschreibung für die Vermögenswerte, die versicherungstechnischen Rückstellungen und sonstige Verbindlichkeiten vorzunehmen. Die Höhe der versicherungstechnischen Rückstellungen ist für alle wesentlichen Sparten offenzulegen, zudem auch die Grundlagen, Methoden und Annahmen. Fazit: Die in Säule 3 geforderten Informationspflichten sind nur dann erfüllbar, wenn die hierfür notwendigen Prozesse, Datenbestände sowie das entsprechende Methodenwissen zur Reservebestimmung vorhanden sind.
8 Seite 8/8 Ausblick Munich Re kann Sie bei der Bestimmung und regelmäßigen Überprüfung von Best Estimates unterstützen. Leben Munich Re wertet jährlich wiederkehrend einen marktrepräsentativen Datenpool im Hinblick auf biometrische Risiken aus. Munich Re hat aus langjähriger Erfahrung eine hohe Expertise aufgebaut und verwendet professionelle und standardisierte Tools und Prozesse. Eine Pool-Analyse liefert einen Vergleich der unternehmenseigenen Schadenerfahrung zum Pool-Bestand. Die Größe des Pool-Bestands erlaubt darüber hinaus eine Auswertung nach stark differenzierenden Merkmalen wie beispielsweise nach Beruf oder erhöhten Risiken. Trends, die auf der Grundlage kleiner Bestände nicht zu entdecken sind, werden bereits frühzeitig aufgezeigt. Diese Ergebnisse für differenzierte Risikogruppen können auch auf kleinere Unternehmen übertragen werden. Die Ergebnisse der biometrischen Pool-Analysen können vom Erstversicherungsunternehmen zum regelmäßigen Monitoring der Best- Estimate-Annahmen eingesetzt werden. Nicht-Leben Munich Re mit ihrer weltweiten Expertise steht gerade kleineren und damit ressourcenärmeren Erstversicherern mit ihrer Methodenkompetenz zur Seite. Zusätzlich profitiert das Underwriting des Erstversicherers von der Unterstützung beim Aufbau maßgeblicher Statistiken und Tarifstrukturen durch Munich Re. Die Expertise kann in die Bewertung typischer Schadenverläufe einfließen und damit Schadenbearbeitung sowie -reservierung wesentlich verbessern Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft Königinstraße 107, München Bestellnummer
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