Chemie Grundwissen der 10. Jahrgangsstufe
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- Hansi Moritz Rosenberg
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1 1 Chemie Grundwissen der 10. Jahrgangsstufe Im Folgenden ist das Grundwissen des Chemie-Unterrichts am Melanchthon- Gymnasium (humanistisches Gymnasium) zusammengestellt. Es baut nahtlos auf dem Wissen der 9. Jahrgangsstufe auf. Es ist in Anlehnung an das verwendete Schulbuch Galvani SII aus dem bsv-verlag entstanden. 1 Molekülstruktur und Stoffeigenschaften 1.1 Das Orbital Das Atomorbital ist der Aufenthaltsraum, in dem sich ein Elektron mit größter Wahrscheinlichkeit aufhält. Die räumliche Form eines Atomorbitals hängt von seiner Energiestufe ab. Das Molekülorbital entsteht durch die Überlappung zweier Atomorbitale, die je nur einfach besetzt waren (d.h. je nur ein Elektron enthielten). Molekülorbitale entstehen also bei der Ausbildung einer Elektronenpaarbindung und enthalten das bindende Elektronenpaar. 1.2 Der räumliche Bau von Molekülen Die unterschiedlichen Darstellungsweisen für Moleküle Die Summenformel gibt die exakte atomare Zusammensetzung eines Moleküls wieder. In der Organischen Chemie wird zur genaueren Klassifizierung die Konstitutionsformel gebraucht: sie gibt die Verknüpfung der Atome wieder, so dass bereits funktionelle Gruppen (siehe Pkt. 4.3) erkannt werden können. Mit der Strukturformel = Valenzstrichformel wird die tatsächliche Verknüpfung der Atome und die Verteilung von bindenden und nichtbindenden Elektronen beschrieben. Die Regeln zum Erstellen von Strukturformeln sind dem Grundwissenskatalog der 9. Jahrgangsstufe zu entnehmen. Die Halbstrukturformel ist in der organischen Chemie als übersichtliche Schreibweise von Bedeutung: es wird die Verknüpfung von Atomgruppen geschrieben. Die Stereoformel (= Keilstrichschreibweise) ist die räumliche Darstellung der Molekülgeometrie auf der Papierebene, d.h. es ist eine Strukturformel, die die Bindungswinkel berücksichtigt. Die Skelettformel dient in der organischen Chemie als Schnellschreibweise für sehr große Moleküle; das Kohlenstoffgerüst wird nur durch Striche symbolisiert, wobei Kohlenstoff- und Wasserstoffatome weggelassen werden. Nur gebundene Fremdatome (O, N, P, S, F, Cl, Br, I) werden geschrieben. Formel aus Galvani SII, S. 27
2 Der räumliche Bau von Molekülen und das Elektronenpaarabstoßungsmodell = EPA-Modell (engl: VSEPR-Modell: Valence Shell Electron Pair Repulsion) Das EPA-Modell macht folgende Aussagen, die bei der Ermittlung des räumlichen Baus eines Moleküls beachtet werden müssen: - Elektronenpaare (bindende und nichtbindende) sind gleichartig negativ geladen und stoßen sich gegenseitig ab. - Die Elektronenpaare ordnen sich im Molekül so an, dass sie den größtmöglichen Abstand haben (und damit die geringste Abstoßung). - Mehrfachbindungen werden wie Einfachbindungen behandelt. - Nichtbindende Elektronenpaare beanspruchen mehr Raum, da sie nur von einem Atomkern angezogen werden. Die Zahl der Liganden (L) und die Zahl der nichtbindenden Elektronenpaare (NEP) des Zentralatoms (Atom mit größter Wertigkeit) bestimmen den räumlichen Bau. Zahl der Elektronenpaare Räumliche Anordnung Beispiele 2 L oder auch 1 L + 1 NEP Lineare Anordnung Bindungswinkel: 180 XeF 2, HCl 3 L Trigonal planare Anordnung: Bindungswinkel: 120 BCl 3, BH 3 4 L Tetraedrische Anordnung Bindungswinkel: z. B. 109,5 für Methan CH 4 3 L+ 1 NEP Pyramidale Anordnung Bindungswinkel: z. B. 107,3 für Ammoniak NH 3 2 L + 2 NEP Gewinkelte Anordnung Bindungswinkel: z. B. 104,5 für Wasser H 2 O
3 3 1.3 Die polare Atombindung Die Elektronegativität EN ist ein Maß für die Kraft, mit der ein Atom die bindenden Elektronen im Molekül an sich ziehen kann. Sie wird ohne Einheit angegeben. Die EN ist umso größer, je kleiner das Atom und je größer die Kernladung ist. Die EN ist umso kleiner, je größer das Atom und je geringer die Kernladung ist. Im PSE: EN zunehmend innerhalb einer Periode von links nach rechts EN abnehmende innerhalb einer Gruppe von oben nach unten. Eine polare Atombindung liegt vor, wenn zwei Atome mit unterschiedlicher Elektronegativität aneinander gebunden sind, so dass die Elektronendichte des bindenden Elektronenpaares zum elektronegativeren Atom hin verschoben ist. Dadurch entstehen: - eine positive Teilladung am weniger elektronegativen Atom - eine negative Teilladung am elektronegativeren Atom Auswirkungen: - Das Molekül ist unpolar, wenn die Schwerpunkte der positiven und negativen Teilladungen in einem Punkt zusammenfallen. - Das Molekül ist ein Dipol, wenn die Schwerpunkte der positiven und negativen Teilladungen an verschiedenen Punkten im Molekül liegen. Eine Heterolyse ist die Trennung einer polaren Atombindung, so dass das elektronegativere Atom beide Bindungselektronen erhält; es entstehen Ionen. Eine Homolyse ist die Trennung einer unpolaren Atombindung, so dass jedes Atom ein Elektron der Atombindung erhält; es entstehen Radikale. Ein Radikal ist ein Teilchen mit einem ungepaarten Elektron; diese Teilchen sind äußerst reaktiv. 1.4 Zwischenmolekulare Kräfte und Stoffeigenschaften Van der Waals-Kräfte Schwache Wechselwirkungen zwischen spontanen und induzierten Dipolen bei unpolaren Molekülen. Sie sind umso stärker, je - größer die Molekülmasse, - größer die Moleküloberfläche (langgestreckte Moleküle) ist. Dipol-Dipol-Wechselwirkungen Wechselwirkungen zwischen permanenten Dipolen polarer Moleküle. Wasserstoffbrückenbindungen Starke Anziehungskräfte zwischen dem positiv polarisierten Wasserstoffatom an einem Sauerstoff-, Fluor- oder Stickstoffatom des einen Dipol-Moleküls und einem freien Elektronenpaar eines anderen Moleküls.
4 4 Die Art der zwischenmolekularen Kräfte bestimmt die physikalischen Eigenschaften eines molekularen Stoffes mit: - je stärker die zwischenmolekularen Kräfte, desto höher liegen die Siede- und Schmelzpunkte; - Molekulare Stoffe sind nur in verwandten Stoffen löslich, also in solchen Lösungsmitteln, in denen die gleichen zwischenmolekularen Kräfte wirksam sind. Similia similibus solvuntur = Ähnliches löst sich in Ähnlichem. 1.5 Eigenschaften und Bedeutung des Wassers Im Wasser sind die starken Wasserstoffbrücken-Bindungen wirksam; - Wasser siedet als sehr kleines Molekül erst bei 100 C - Wasser besitzt Oberflächenspannung - Wasser besitzt eine Dichteanomalie: es hat bei 4 C die größte Dichte. Diese Eigenschaften des Wassers machen ein Leben auf der Erde in den bekannten Formen überhaupt erst möglich! Wasser als Dipolmolekül löst Salze unter Bildung von hydratisierten Ionen: Jedes Ion besitzt in wässriger Lösung eine sog. Hydrathülle, d.h. es ist von den ausgerichteten Dipolmolekülen des Wassers umgeben und somit abgeschirmt von den Anziehungskräften der entgegengesetzt geladenen Ionen. 2. Protonenübergänge: Säure Base - Reaktionen 2.1 Indikatoren Farbstoffe, die in sauren, alkalischen und neutralen Lösungen unterschiedliche Farben besitzen. Eigenschaft der Lösung Indikator sauer neutral alkalisch Bromthymolblau gelb grün blau Phenolphthalein farblos farblos rot Lackmus rot lila blau Universalindikator rot grün blau
5 5 2.2 Säuren und Basen, Ampholyte Säuren sind Teilchen, die ein Proton abgeben können: Protonendonatoren. Voraussetzungen: - mindestens ein gebundenes Wasserstoffatom - polare Atombindung Basen sind Teilchen, die ein Proton binden können: Protonenakzeptoren. Voraussetzung: freies Elekronenpaar. Saure Lösungen, ebenfalls Säuren genannt, enthalten Oxoniumionen (H 3 O + ) Alkalische Lösungen, als Laugen bezeichnet, enthalten Hydroxidionen (OH - ) Protolyse-Reaktionen sind Protonenübergänge von Säuremolekül zu Basemolekül. Das Säuremolekül wird durch die Abgabe eines Protons zu ihrer korrespondierenden Base. Ebenso wird das Basemolekül durch das Binden eines Protons zu seiner korrespondierenden Säure. Man nennt dies je ein korrespondierendes Säure-Base-Paar. Bei Protolyse-Reaktionen sind stets zwei korrespondierende Säure-Base-Paare beteiligt. Ampholyte sind Teilchen, die - je nach Reaktionspartner - sowohl als Säure als auch als Base reagieren können. Bsp.: H 2 O, NH 3, HCO 3 -, HSO4 -. Der ph-wert ist ein Maß für die Stärke einer sauren bzw. alkalischen Lösung. Er berechnet sich als der negative dekadische Logarithmus der Oxoniumionen- Konzentration. Die ph-skala umfasst den Zahlenbereich von 0 bis 14. ph < 7 (sauer) ph = 7 (neutral) ph > 7 (alkalisch) 2.3 Neutralisation Die Neutralisation ist eine Protolyse zwischen Säure und Lauge. Bei der Neutralisation entstehen immer Wasser und ein Salz. 3. Elektronenübergänge 3.1 Oxidation und Reduktion Oxidation ist eine Elektronenabgabe, dabei erhöht sich die Oxidationszahl. Reduktion ist eine Elektronenaufnahme; dabei erniedrigt sich die Oxidationszahl. Die Oxidationszahl dient als Hilfsgröße beim Erstellen von Redoxreaktionen. Sie entspricht der Ladungszahl von: - echten Atom-Ionen (O 2-, Cl -, Mg 2+ ) in Salzen und - hypothetischen Atom-Ionen in Molekülen oder Molekül-Ionen. Sie wird als römische Ziffer über das Element geschrieben.
6 6 Ermittlung von Oxidationszahlen freier Atome und von Atomen in Molekülen: 1. Atome bzw. Atomverbände als kleinste Teilchen von Elementen erhalten stets die Oxidationszahl Die Summe der Oxidationszahlen aller Atome in einem Molekül ist Durchführung einer gedanklichen Heterolyse des Moleküls, wobei die Bindungselektronen vollständig dem Atom mit der größeren Elektronegativität EN zugeordnet werden. 4. Berechnung der Differenz zwischen den verbliebenen Elektronen und der Zahl der Valenzelektronen des Atoms ergibt die hypothetische (gedachte) Ladung und damit die Oxidationszahl. Ermittlung von Oxidationszahlen von Ionen: 1. Atom-Ionen haben eine Oxidationszahl, die der Ionenladungszahl entspricht. 2. Die Summe der Oxidationszahlen aller Atome in einem Molekül-Ion entspricht der Ladungszahl. Für Verbände aus verschiedenen Atomen gilt: a) Metall-Atome erhalten stets positive Oxidationszahlen b) Fluor-Atome erhalten stets die Oxidationszahl - I. c) Wasserstoff-Atome erhalten die Oxidationszahl +I; Ausnahme in Metallhydriden: z.b. LiH, CaH 2 ; d) Sauerstoff-Atome haben die Oxidationszahl - II; Ausnahme: z.b. OF 2 (Regel 5b); z.b. H 2 O 2 (Regel 5c) e) Chlor-, Brom- und Iod-Atome haben die Oxidationszahl I; Ausnahme: z.b. BrO 3 (Regel 5d) 3.2 Redoxreaktionen Oxidation und Reduktion laufen stets gekoppelt ab; man nennt diese Reaktionen mit Elektronenübergang Redoxreaktionen. Oxidationsmittel ist der Stoff, der Elektronen aufnimmt und damit einen anderen Stoff oxidiert; er selbst wird reduziert. Reduktionsmittel ist der Stoff, der Elektronen abgibt und damit einen anderen Stoff reduziert; er selbst wird oxidiert. Ein Oxidationsmittel wird durch die Elektronenaufnahme zu seinem korrespondierenden Reduktionsmittel; sie bilden ein korrespondierendes Redox-Paar. Analoges gilt für das Reduktionsmittel, das zu seinem korrespondierenden Oxidationsmittel wird. An einer Redoxreaktion sind stets zwei korrespondierende Redox-Paare beteiligt.
7 7 3.3 Das Erstellen von Redox-Reaktionen 1. Schreibe Edukte und Produkte. 2. Bestimme die Oxidationszahlen OZ. 3. Ordne die Begriffe Oxidation und Reduktion zu. 4. Formulieren der Teilgleichungen a) Schreibe das jeweilige Redoxpaar mit Oxidationszahlen b) Gleiche die Anzahl der Teilchen auf beiden Seiten des Reaktionspfeiles aus. Gleiche die Änderung der Oxidationszahl durch Elektronen aus. c) Gleiche die Anzahl der echten Elementarladungen aus durch eine entsprechende Anzahl von H 3 O + -Ionen in saurer und neutraler Lösung bzw. OH - -Ionen in alkalischer Lösung. d) Gleiche die Atombilanzen durch eine entsprechende Anzahl von Wasser- Molekülen aus. 5. Formulieren der Redox-(Gesamt)gleichung: a) Multipliziere die Teilgleichungen so, dass die Anzahl der abgegebenen Elektronen der Oxidation gleich der aufgenommenen Elektronen der Reduktion ist. b) Addiere die Teilgleichungen zur Redox-Gleichung im kleinstmöglichen Teilchenanzahlverhältnis.
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