Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Schwick Sehr geehrte Frau Prof. Dr. Nowacki Sehr geehrte Frau Dahlbüdding Sehr geehrte Damen und Herren
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- Lennart Busch
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1 Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Schwick Sehr geehrte Frau Prof. Dr. Nowacki Sehr geehrte Frau Dahlbüdding Sehr geehrte Damen und Herren als Vertreterin der Stadt Dortmund freue ich mich sehr, Sie hier in Dortmund begrüßen zu dürfen. Dortmund ist eine bunte und vielfältige Stadt, die seit zwei Jahrhunderten durch die Kohle- und Stahlindustrie vielfältige Erfahrungen und Kompetenzen mit der Integration von Menschen gesammelt hat. Hier sind Menschen aus rund 180 Nationen zuhause. Fast , nahezu 30 %, der Dortmunderinnen und Dortmunder haben eine Zuwanderungsgeschichte. Bislang haben wir in den vergangenen Jahrzehnten auch wenn es manchmal schwierig war- die Erfahrung gemacht, dass grade die Vielfalt der Menschen auch eine Stärke der Stadt ist. Ich bin mir sicher, dass auch die Menschen, die in Südosteuropa und anderen Staaten der EU in prekären bildungsfernen Verhältnissen gelebt haben und vor Armut und Diskreminierung zu uns nach Dortmund und in andere Städte gefohen sind - um hier wieder in marginalisierten Stadtteilen in katastrophalen Lebensverhältnissen zu leben-, Talente, Potenziale und Kompetenzen haben. Kompetenzen und Potentiale insbesondere bei den zugezogenen Kindern und Jugendlichen zu fördern, so dass sie als Erwachsene ihr Leben eigenverantwortlich leben können, ist eine grundlegende Aufgabe unserer Stadtgesellschaften und die einzige Chance, langfristig ein friedliches Miteinander in den Städten zu gewährleisten. In Dortmund hat sich im Zeitraum von 2006 bis 2014 die Zahl der gemeldeten Menschen aus Bulgarien und Rumänien verzehnfacht, in der Dortmunder Nordstadt haben wir eine Steigerung um das 38- fache. Allein von Januar bis Juni haben wir eine Steigerung der Kinder im Alter von 0 14 Jahren von 120%. Nach den Sommerferien im August müssen wir vier neue Auffangklassen für schulpflichtige Kinder einrichten. Ca. 150 Kinder stehen auf der Warteliste. Mir ist wichtig an dieser Stelle deutlich zu machen, dass nicht die zugewanderten Menschen das Problem für die Stadt darstellen sondern die Armut dieser Menschen, die sich in großer Zahl in 1
2 Kommunen wie Dortmund ansiedeln, die sich in sowieso bereits prekären Haushaltslagen befinden. Dort leben die Menschen dann in in bereits stark von Arbeitslosigkeit belasteten Stadtteilen. Die Fähigkeit, Sprache, Werte, Normen und ein soziales Miteinander in Deutschland zu lernen ohne die eigene Kultur aufzugeben gelingt nur, wenn die existentiellen Grundlagen nach Nahrung, Kleidung, Schutz und medizinischer Versorgung sicher gestellt sind. Die Menschen fliehen aus ihren Herkunftsländern innerhalb der EU, sind aber rechtlich gesehen keine Flüchtlinge! Hätten Sie diesen Status, hätten sie einen Anspruch auf Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, so dass zumindest die Kosten zum Lebensunterhalt sicher gestellt wären. So aber besteht die Gefahr, dass von Armut betroffene bildungsferne Menschen legal in Dortmund leben, sich aber illegal finanzieren mit all den Folgen, die bundesweit in den Medien skandalisiert werden und die Städte tatsächlich vor immense Problem stellen. Leben die Menschen mit ihren Kindern dann noch, -wie in Dortmund-, in heruntergekommenen Häusern ohne Krankenversicherungsschutz, hygienische Grundversorgung und ausreichend Nahrung, ist die Schwelle zu Kindeswohlgefährdungen gering. Hinzu kommen Ängste und Vorbehalte der Eltern vor staatlichen Hilfe- und Bildungssystemen. Ich weiß aus Berichten von Sozialarbeiter/innen der betroffenen Jugendhilfedienste und der freien Träger, die eine Sprechstunde für nicht krankenversicherte Kinder und schwangere Frauen im Gesundheitsamt betreuen, dass insbesondere die Mütter ein großes Interesse daran haben, dass es ihren Kindern gut geht und sie eine Chance in diesem Land haben. Hier müssen wir ansetzen, Kontakt zu den Familien zu bekommen. Die Grundrechte der UN-Kinderrechtskonvention und das Bundeskinderschutzgesetz gelten für alle Kinder, die in Deutschland leben. Wie Sie wissen, ist das Bundeskinderschutzgesetz im Jahr 2012 in Kraft getreten. Ziel des Gesetzes ist es, den Kinderschutz in Deutschland durch den Ausbau und die Erweiterung von Netzwerkstrukturen, die Frühen Hilfen und Ehrenamtsstrukturen umfassend zu verbessern. 2
3 Hier in Dortmund haben wir bereits vor dem Bundeskinderschutzgesetz und unabhängig von der Zuwanderung armer Menschen aus Südosteuropa sehr gute Netzwerkstrukturen zwischen Jugendhilfe, Schule und Gesundheitshilfe aufgebaut, die in der jetzigen Situation von hoher Bedeutung sind. Um die Situation aller hier lebenden Armutsflüchtlinge aus SOE zu verbessern und die Integration in unsere Stadtgesellschaft zu ermöglichen, haben wir in Dortmund in enger Kooperation zwischen dem Jugend- und Sozialdezernat gemeinsam mit den Wohlfahrtsverbänden und der Arbeitsagentur eine kommunale Gesamtstrategie mit den Handlungsfeldern: Lebensunterhalt und Teilhabe Integration in der Arbeitsmarkt Gesundheit Wohnen und Sicherheit und Ordnung Schulische und außerschulische Bildung Kinder und Jugendliche geschaffen. Fachkräfte und Entscheidungsträger der Verwaltungsspitze und der Wohlfahrtsverbände arbeiten verbindlich, flexibel und pragmatisch zusammen und bemühen sich, zeitnah auf aktuelle Herausforderungen zu reagieren. Bei der vorliegenden Problematik und der Not der Menschen in den Städten aber auch im Hinblick auf die Not und die Überforderung der betroffenen Kommunen mit der Situation würde ich mir wünschen, dass durch die Tagung heute auch eine bundesweite interkommunale Netzwerkbildung zum Kinderschutz in Kooperation mit den Ländern und dem Bund angestoßen wird. Denn: Eine Verbesserung der Situation für Kinder, Jugendliche und Familien in den belasteten Städten ist nur als Komplexleistung aller Hilfesysteme in einem engen Schulterschluss der Städte und mit Unterstützung der Politik möglich. Die von Seiten des Landes NRW bisher Verfügung gestellten 2 Mio für Projekte im vor- und außerschulischen Bereich sind ein kleiner Tropfen auf einen sehr heißen Stein. Wir haben ¼ dieses Tropfens für einen Zeitraum von drei Jahren für drei Kinderstuben, drei 3
4 Stellen für Fam.begleiterinnen und eine aufsuchende Beratung in Form eines Beratungsmobils erhalten. Die von Seiten des Bundes jetzt zugesagten zusätzlichen 25 Mio für die Kosten für Unterkunft und Heizung sind ein kleiner Schritt in die richtige Richtung. Wir müssen aber darauf achten, dass die Situation der Kinder und Jugendlichen nicht aus dem Blick gerät. Wir brauchen zusätzliche finanzielle Mittel für Eingliederungshilfen in das Bildungssystem Dringend benötigte Lehrer- u. Schulsoz.arbeiterstellen für Auffangklassen kostenlose Kita- u. Tagespflegeplätze niederschwellige Schutz- und Hilfeangebote für Kinder und Eltern Prävention von Missbrauch, Kinderprostitution, Kinderkriminalität Die komplizierte, bürokratisch aufwendige Projektförderung, finanziert aus verschiedenen Fördertöpfen, kommt der Forderung der Kommunen nach übergreifender und flexibel einsetzbarer finanzieller Unterstützung nicht nach. Hinzu kommt, dass unabhängig von der Projektförderung die Jugendhilfe zurzeit bundesweit unter Beschuss steht. Wir müssen aufpassen, dass aufgrund der schwierigen Haushaltssituation der Kommunen die Qualität der Hilfen im interkommunalen Vergleich nicht daran gemessen wird, wie wenig Hilfe eine Stadt gewährt.. Wollen wir Armutsflüchtlingsfamilien wirklich integrieren, müssen wir bei dem Schutz und der Förderung der Kindern und Jugendlichen beginnen und ihre Eltern, die in der Regel eine gute Zukunft für ihre Kinder wünschen, mit einbeziehen. Im Rahmen der Kinderschutzveranstaltung gibt es heute viele Gelegenheiten, Erfahrungen gelingender Hilfe bundesweit auszutauschen, Handlungsoptionen und dringende Bedarfe gemeinsam zu erarbeiten. Denn: Gelingender Kinderschutz und die Chance auf ein menschenwürdiges und Perspektiven bietendes Leben hängt vom Engagement aller Menschen in diesem Land ab. Nicht umsonst leben wir in Dortmund seit 2006 das Motto Kinderschutz geht uns 4
5 alle an!! Es freut mich daher sehr, dass Vertreterinnen und Vertreter unterschiedlicher Professionen und Institutionen aus verschiedenen Bundesländern in den Workshops einen aktiven Beitrag zur weiteren Stärkung des bundesweiten Kinderschutzes leisten werden. Hiefür möchte ich mich bereits jetzt bedanken! Ich bin mir sicher, dass Sie heute wichtige Kontakte knüpfen und einen wichtigen interdisziplinären Austausch haben werden. Der Dialog muss Land und Bund in die Verantwortungsübernahe für Kinder und Jugendliche mit einbeziehen. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine informative und nachhaltige Veranstaltung. Vielen Dank 5
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