Transkript

1 Abschlussbericht Vom bis zum habe ich ein Praktikum bei German Industry and Commerce (GIC/AHK) Shanghai in der Abteilung Recruitment und Training absolviert. Das Praktikum fand ich durch einen Zufall: ich lernte die Mutter einer dort arbeitenden Abteilungsleiterin kennen, die mich an ihre Tochter weiterempfahl. Als ich mich bewarb, war in der Abteilung dieser Frau kein Praktikantenplatz frei. Intern wurde meine Bewerbung jedoch weitergeleitet, woraufhin ich zwei andere Angebote bekam. Nachdem von allen Seiten geklärt war, in welcher Abteilung ich letztendlich arbeiten könnte, meldete sich die für meine Einstellung verantwortliche Person leider für vier Wochen nicht mehr. Auch auf dringende Anfragen per mit höchster Priorität reagierte sie nicht. Nach einiger Zeit versuchte ich anzurufen, konnte aber auch so niemanden erreichen. Da wichtige Fragen wie zum Beispiel genauer Start und Ende des Praktikums eineinhalb Monate vor etwaigem Beginn immer noch nicht feststanden und ich davon auch die Buchung meines Fluges abhängig machte, war ich kurz davor abzusagen. Ich kam zu diesem Zeitpunkt sehr ins Zweifeln, ob es eine gute Idee ist, für eine Abteilung zu arbeiten, die ihre potentiellen Praktikanten so lange warten lässt und nicht auf dringende Fragen antwortet. Der Eindruck, den ich von meinem zukünftigen Arbeitgeber gewann war, dass sich niemand wirklich um Praktikanten kümmert. Ich hoffte jedoch, dass sich dieser erste Eindruck im Laufe des Aufenthalts in Shanghai wieder auflösen würde. Eineinhalb Monate vor meiner geplanten Abreise bekam ich dann schließlich die Bestätigung des Praktikums, den genauen Eintrittstermin und Antworten auf meine anderen Fragen. Dass sich bis dahin der Flugpreis um ca. 200 verteuerte, was nicht einmal einem Monatsgehalt der zukünftigen Praktikantenstelle entsprach, trug zu meinem negativen ersten Eindruck selbstverständlich auch bei. Ich erwartete jedoch, dass das Praktikum und die Erfahrungen, die ich in Shanghai sammeln würde, all die negativen Punkte des Beginns wettmachen würden und dass ich sowohl Neues lernen würde als auch netzwerken könnte, was hilfreich für meine zukünftige Karriere sein könnte. Ein Praktikum bei der AHK Shanghai im Lebenslauf stehen zu haben, war mir der Aufwand im Vorfeld und die Kosten dann doch wert. Ebenso dachte ich, dass ich durch die Arbeit in der Recruitment & Training Abteilung auch einen besseren Einblick in mein Wunscharbeitsfeld Personal erhalten könnte. Als Studentin der Sinologie war natürlich auch die Reise nach China ein großes Argument für dieses Praktikum. Ich wollte im Land alte Freunde besuchen und meine Sprachkenntnisse vor Ort auffrischen. Nachdem ich drei Jahre zuvor schon einmal in China gewohnt hatte, wusste ich in etwa, was landes- und kulturbezüglich auf mich zukommen würde und brauchte keine spezielle Vorbereitung mehr. Ich machte mich lediglich über meine Adresse schlau, d.h. wie die Adresse in

2 Chinesisch geschrieben wird, denn die erste Beschreibung meines zukünftigen Mitbewohners war auf Englisch, was in China relativ nutzlos ist. Ohne Zeichen dauert alles länger und die Wahrscheinlichkeit, von einem Taxifahrer eine ungewollte Stadtrundfahrt zu bekommen ist höher. Außerdem brachte ich schon von Deutschland aus in Erfahrung, wie und wie lange ich von der Wohnung zum Arbeitsplatz brauchen würde. Die Internetseite war dafür sehr hilfreich. Gewohnt habe ich bei einem Bekannten meiner Eltern, der als Auslandsentsandter in Shanghai ist und eine entsprechend große Wohnung hat, deren Gästezimmer ich für die Zeit meines Praktikums nutzen konnte. Von anderen Praktikanten erfuhr ich, dass über studivz und facebook auch häufig WGs gefunden werden können. An meinem ersten Arbeitstag wurde ich von einer Frau, die in der Personalabteilung arbeitet, im Haus herumgeführt. Mir wurden die verschiedenen Abteilungen und der Aufbau der AHK erklärt. Außerdem wurde ich mit Abläufen bekannt gemacht, die mich als Praktikantin erwarten würden. Nach der generellen Einführung durch die Personalerin bekam ich auch durch einen Projektmanager meiner Abteilung eine kurze Einführung in die Aufgaben der Abteilung, die bevorstehenden Projekte und die laufenden Geschäfte. Außerdem gab er mir sehr viele Broschüren und Präsentationen, um die Abteilung und die AHK insgesamt besser kennenzulernen. Er kümmerte sich zudem darum, dass andere Praktikanten mich in den Mittagsverteiler mit aufnehmen, was bedeutet, dass sich die Praktikanten zum Mittagessen immer per verabredeten und ich ab dem ersten Tag auch in diesen verteiler aufgenommen wurde. Durch die anderen Praktikanten erfuhr ich noch weitere Details über die AHK und die Arbeit dort. Nach dem Mittagessen hatte ich somit bereits ein klareres Bild über meinen Arbeitgeber, als ich es mir zuvor mittels homepage aneignen konnte. Jedoch hatte ich keine Aufgabe, an der ich gleich hätte arbeiten können. Bis ich eine Arbeit bekam, vergingen ca. drei weitere Tage, denn bis auf mir Gedanken machen über die Broschüren und weitere potentielle Dienstleistungen hatte ich anfangs nichts zu tun. Nach mehreren Nachfragen wurde ich dann mit der Marktstudie vertraut gemacht. Diese sogenannte Studie handelte vom beruflichen Aus- und Weiterbildungsmarkt in China, sowie welche kommerziellen Anbieter und Potentiale es im chinesischen Bildungssektor gibt. Meine Aufgabe war es schließlich, nach Quellen zu suchen zu Informationen, die ein nicht mehr in der AHK beschäftigter Mitarbeiter bereits gesammelt hatte, jedoch ohne Quellenangabe. Aufgrund der Tatsache, dass dieser Mann Chinese war und die Informationen ins Deutsche übersetzt hatte, war es für mich relativ aussichtslos, dazu Originalquellen zu finden. Nach zwei Tagen sah meine Abteilungsleiterin dies ebenso und betraute mich mit der Aufgabe, ausländische Bildungsanbieter auf dem chinesischen Markt zu suchen. Somit verbrachte ich die nächste Woche damit, Suchmaschinen danach zu durchsuchen.

3 Nach der Recherche wurde mir dann aufgetragen, die Informationen in Textform zu schreiben. Darauf folgte wieder eine Zeit der Informationsrecherche und schließlich die Überarbeitung der Texte meiner Kollegen und der Abteilungsleiterin. Am Ende meiner dritten Woche in Shanghai war die Marktstudie beendet und mir wurde die Aufgabe zugewiesen, für ein chinesisches Ministerium bestimmte Informationen über das deutsche Ausbildungssystem zu sammeln und in Englisch zu verdeutlichen. Die Erstellung dieser Präsentation dauerte in etwa eine Woche und wurde komplett von mir übernommen. Im Anschluss daran war Nationalfeiertag und die damit verbundenen freien Tage der Golden Week. Meine Chefin hatte nach den offiziellen Ferien noch etwa eine Woche Urlaub. In dieser Zeit hatte ich nichts zu tun. Bis auf das Protokollieren von wöchentlichen Abteilungsleitersitzungen saß ich im wahrsten Sinne des Wortes nur rum und konnte nichts tun. In meiner Abteilung gab es keine Aufgaben und auch für andere Praktikanten konnte ich nichts übernehmen. Nach einiger Zeit konnte ich schließlich in einer anderen Abteilung für eine andere Praktikantin Aufgaben übernehmen. In dieser Abteilung gab es nur zwei Praktikanten, die häufig so viel zu tun hatten, dass sie 70 Stunden die Woche arbeiteten. Dort wurde ich dann mit der Betreuung verschiedener Events betraut. Die Aufgaben waren nicht anspruchsvoll (Namensschilder alphabetisch auslegen und anschließend einsammeln, Notizen zum Vortrag machen), aber wenigstens hatte ich etwas zu tun. Im Anschluss an jeden Event sollte ein Artikel in Englisch verfasst werden, was das Anspruchsvollste an der ganzen Tätigkeit war. Dennoch war ich froh um jede Aufgabe. Als der Urlaub meiner Abteilungsleiterin beendet war, konnte sie aufgrund von Krankheit für eine weitere Woche nicht zur Arbeit kommen. Auch in dieser Zeit war meine einzige Beschäftigung die Betreuung der Events der anderen Abteilung und die Erstellung der wöchentlichen Protokolle. Für die letzte Woche meines Praktikums war meine Chefin wieder anwesend, konnte mir aber auch dann keine wirkliche Tätigkeit geben. Im feedback-gespräch am Ende des Praktikums sprach ich dies auch als größten Negativpunkt des Praktikums an, was jedoch bereits bekannt war, weil ich immer wieder nach Aufgaben gefragt und häufig über die sehr geringe Arbeitsauslastung gesprochen hatte. Beim feedback- Gespräch erfuhr ich auch, dass meine wiederholten Nachfragen am Anfang zur Bestätigung des Praktikums negativ aufgefasst worden waren (vier s in vier Wochen). Insgesamt war das Praktikum enttäuschend. Bis auf Internetrecherche, Texte schreiben und Korrekturlesen, Protokollschreiben und so etwas wie Hostessenservice wurden mir keine Aufgaben gegeben. Ich habe somit weder etwas Neues gelernt, noch konnte ich mein Wissen anwenden (wenn man von der Recherche absieht). Was ich bis zum Ende nicht verstanden habe war, warum ich überhaupt eingestellt wurde, nachdem weder eine Tätigkeit für mich geplant war, noch ich im Laufe des Praktikums eine Aufgabe bekam, die annähernd einer Praktikantin am Ende ihres Studiums gerecht geworden wäre. Außerdem ist mir

4 unklar, weshalb in manchen Abteilungen die Praktikanten so ausgebeutet werden (monatliches Gehalt zwischen 180 und 230 Euro bei so vielen Überstunden), wenn in anderen Abteilungen Praktikanten wie ich völlig unausgelastet sind. Die Betreuung vor und während des Praktikums war alles andere als ausreichend und insgesamt hat sich der erste Eindruck bekräftigt anstatt sich aufzulösen. Auch von den acht anderen Praktikanten, die zur gleichen Zeit wie ich dort waren, waren fünf weitere ebenfalls unzufrieden mit ihrer Beschäftigung. Sollte ich mein Praktikum weiterempfehlen, könnte ich das nicht guten Gewissens tun. Ich habe zwar gemerkt, dass es stark abteilungsabhängig ist, wie sehr Praktikanten eingespannt werden und entsprechend zufrieden sind. Ich bin mir auch dessen bewusst, dass folgende Begleitumstände ebenso für das Missglücken des Praktikums verantwortlich waren: kurzer Zeitraum, Zeit der Umstrukturierung durch relativ neue Abteilungsleiterin und neuen Delegierten, Feiertage, Urlaub der Chefin und Krankheit. Allerdings hätte ich trotz dieser Umstände eine sinnvollere Tätigkeit machen können. So kenne ich dies jedenfalls von meinen bisherigen Praktika. Die geringe Bezahlung und die quasi nicht vorhandene Hilfe bei der Organisation des Praktikums (Wohnung, Flug, Infos etc.) steuern ebenso dazu bei, dass ich dieses Praktikum niemandem empfehlen würde. Vom Gütesiegel fair company ist die AHK sehr weit entfernt. Damit der Betrieb so laufen kann wie bisher, ist die AHK aber immer auf der Suche nach Interessenten. Die meisten meiner Erwartungen an das Praktikum haben sich also enttäuscht. Fachlich hat es mir nicht sehr viel gebracht, da ich weder mit anspruchsvollen Aufgaben betraut wurde, noch Einblick in den Recruitment- und Personalentwicklungsbereich gewinnen konnte. Netzwerken konnte ich jedoch ein wenig und ich hoffe auch, dass sich das Praktikum im Lebenslauf gut macht. Praktikantin bei der AHK zu sein hat mir also nur bedingt etwas gebracht, aber da die Arbeitsatmosphäre und das Betriebsklima im Büro sehr gut waren, hat es doch Spaß gemacht, die Kollegen zu treffen, auch wenn ich wusste, dass mir wieder ein sinnloser Tag bevor steht. Mit zwei Mitarbeiterinnen meiner Abteilung habe ich mich sehr gut verstanden und wir hoffen, auch in Zukunft in Kontakt zu bleiben. Und auch die Praktikanten anderer Abteilungen kamen sehr gut miteinander aus, so dass wir auch nach Feierabend gemeinsam Zeit verbrachten. Für das Auffrischen meiner Chinesischkenntnisse war die Zeit etwas knapp. Ich habe sehr viel mit Chinesen gesprochen und wieder viel gelernt, aber ich hatte auch den Eindruck, genau dann abreisen zu müssen, sobald ich wieder das gewisse Gefühl für die Sprache entwickelt hatte. Viele Chinesen sind unglaublich hilfsbereit auf eine Art und Weise, die ich in Deutschland noch nie erlebt habe. Durch alleine reisen und in der Stadt spazieren gehen habe ich so viele nette Menschen kennengelernt, die mir auf unterschiedlichste Art alle sehr geholfen haben oder helfen wollten. Ich kann deshalb nur empfehlen, auch öfter etwas ohne andere Ausländer zu machen, um in Kontakt mit Einheimischen zu kommen, was dann relativ einfach ist. Und wirklich negative

5 Erfahrungen habe ich in insgesamt ca. 15 Monaten Chinaaufenthalt nicht gemacht. Ich fühlte mich in diesem Land bisher immer sicher und willkommen. Wenn man darüber hinweg sehen kann, dass es nicht so sauber und hygienisch zugeht wie in Deutschland und wenn es einem egal ist, ob man manchmal angestarrt wird und immer handeln muss, dann ist China ein sehr empfehlenswertes Land. Ich mag es so sehr wegen den Menschen, die ich dort kennengelernt habe und die mir so selbstlos mit den einfachsten Mitteln geholfen haben, auf die ich nie gekommen wäre. Außerdem bin ich Fan chinesischen Essens und auch der Tatsache, dass man in China immer überall für wenig Geld etwas zu essen bekommt. Mit Straßenküchen hatte ich bisher auch noch nie ernsthafte Probleme und kann sie daher jedem wärmstens empfehlen. Ich bin mit meiner Einstellung wenn viele Einheimische dort ihr Essen kaufen, kann es nicht schlecht sein bisher gut zurecht gekommen. Auf der Internetseite fand ich viele Tipps zur Freizeitgestaltung. Hilfreich ist die Seite auch für diejenigen, die kein Chinesisch können, da es dort einen Taxi-Print-Out gibt, d.h. man kann sich die Wegbeschreibung und Adresse auf Chinesisch ausdrucken, wenn man dies braucht. Wenn man abends ausgeht, lernt man sowieso viele Ausländer kennen, aber wem das nicht reicht: Einmal im Monat findet in Shanghai ein sogenannter Praktikantenstammtisch statt, bei dem sich alle Praktikanten der Stadt treffen können. Nähere Infos dazu findet man bei den Events auf der AHK-homepage. Im Nachhinein bin ich um die Erfahrung reicher, dass die AHK Shanghai nicht auf meiner Wunsch-Arbeitgeberliste für die Zukunft steht. Ich habe auch erfahren, wie hinderlich politische Abstimmungen sein können, explizit unter den einzelnen AHK Niederlassungen in China. Dadurch habe ich auch einen weiteren Blickwinkel erhalten, was man bei Änderungen bereits bestehender Dinge, z.b. Marketingmaterial, alles beachten muss. Und dass in größeren Unternehmen manches etwas länger dauert als bei kleinen Betrieben, aber weniger auf die Ausgaben geachtet wird. Durch den Aufenthalt in China ist die Zeitverschwendung durch das Praktikum weniger schlimm. Das Außenrum des Praktikums war es wert, dorthin zu fliegen. Chinesisch lernen macht jetzt auch wieder mehr Spaß und ich bin überzeugter denn je, zu einem Arbeitgeber zu wollen, der alle Angestellten, auch Praktikanten fair behandelt. Von der Organisation von Student und Arbeitsmarkt war ich positiv überrascht. Herr Hoch hat sich sehr um mich und meinen Antrag für den Fahrtkostenzuschuss gekümmert. Z.B. hat er eine Benachrichtigungs an mich versandt, wann er wegen Urlaub nicht erreichbar sein wird, so dass ich den Beantragungsschluss nicht versäume, was ich von anderen Institutionen der Uni noch nicht erlebt habe. Auch auf Fragen kam sehr schnell eine umfangreiche Antwort. Vielen Dank für die Hilfe und dass alles geklappt hat! RF