Bildung kommt von Bildschirm wenn sie von Büchern käme, hiesse sie Buchung. Dies ein Zitat vom deutschen Kabarettisten Dieter Hildebrandt.
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- Lukas Weiss
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1 Liebes Tagungspublikum Bildung kommt von Bildschirm wenn sie von Büchern käme, hiesse sie Buchung. Dies ein Zitat vom deutschen Kabarettisten Dieter Hildebrandt. Es gibt einen fundamentalen Unterschied zwischen der Auseinandersetzung des Kindes mit dem Bildschirm bzw. mit einem Buch. Der Bildschirm fasziniert durch bewegte Bilder, auch wenn die Zusammenhänge für das Kind nicht ersichtlich sind. Damit sich hingegen der Inhalt eines Buches dem Kind erschliesst, braucht es einen Menschen als Vermittler, der die Geschichte erzählt. Damit geschieht Bildung oder eben frühe Förderung auf der Basis von Beziehung. BE- Tagung Zug Bildung hat für mich viel mit Vorbild zu tun. Wir können uns unserer Vorbildfunktion nicht entziehen, sobald wir mit Kindern zusammen sind. Kleine Kinder treten in Beziehung, bebildern ihr Leben, imitieren, vergleichen, stellen Bezüge her. Ob ein Vorbild zur Frühförderung beiträgt, hängt von seiner Qualität ab. Das heisst, Frühförderung beginnt nicht bei den Kindern, sondern bei den Bezugs- und Betreuungspersonen. Frühkindliche Bildung, Betreuung und Erziehung Gesundheitliche und physische Entwicklung Emotionales Wohlbefinden Positiver Zugang zum Lernen Kommunikationsfähigkeiten Bildung Tagung Zug Tagungsbeobachtung Dr. med. Cornelia Conzelmann 1/6
2 Die umfassende Tour d Horizon von Frau Stamm hat unter anderem gezeigt, dass die Schweiz in Bezug auf FBBE auf den unteren Rängen liegt, was die pädagogische Qualität sowie das Erreichen benachteiligter Kinder betrifft. Bildung im Vorschulbereich Aneignung von Welt durch das Kind: Zuerst Erfahrung dann Wissen Tagung Zug Frühe Bildungsförderung ist nicht vorgezogene Schulung, sondern die bewusste Anregung aller kindlichen Sinne durch Erwachsene im Sinne einer ganzheitlichen Förderung. Der kognitive Bereich ist ein Teil davon. Diese Förderung ist nicht an eine Institution gebunden, sondern kann durch alle Bezugspersonen um das Kind herum erfolgen. Sie lohnt sich volkswirtschaftlich, falls die Qualität der Betreuung gut ist. Dies bedingt qualifiziertes Personal mit ausreichendem Stellenplan sowie eine intensive Partnerschaft mit den Eltern. Forschungsergebnisse geben ein differenziertes Bild: - Die Qualitätsdimensionen Struktur und Prozess haben einen unterschiedlichen Einfluss je nach Alter der Kinder - Zeitintensive ergänzende Betreuung in KiTas ist in sehr frühem Alter nicht unbedingt die beste Variante - Die Kontinuität der Betreuungspersonen ist umso bedeutsamer, je jünger das Kind. Und hier sind wir an einem Punkt, der nicht nur eine Angelegenheit der Kitas ist, vielmehr der Gesellschaft insgesamt. Ich möchte hier den Aspekt der Orientierungsqualität hineinbringen, nämlich die Frage, an welchen Werten wir uns orientieren, wenn wir kleine Kinder in unserer Welt empfangen. Tagungsbeobachtung Dr. med. Cornelia Conzelmann 2/6
3 Politik und Gesellschaft Trägerschaften Infrastruktur, Personal, Rahmenbedingungen Orientierungsqualität Strukturqualität Betreuungspersonen Eltern Prozessqualität Kind Tagung Zug Unterstützen wir junge Familien genügend, z.b mit leicht zugänglichen Begleitungsund Beratungsangeboten, mit angemessenem Elternschaftsurlaub, welcher eine Wahlfreiheit ermöglicht? Oder eben mit angemessenen Rahmenbedingungen für die Betreuungsangebote? Nach meiner Wahrnehmung hat die Entwicklung neuer subjektiver Überzeugungen in Bezug auf Bildung bei den Fachpersonen in den Kitas längst eingesetzt, währenddem ewiggestrige politische Instanzen unter dem Vorwand der Verschulung der Kindheit die Wirksamkeit der frühen Bildung in Abrede stellen. Frau Stamm hat das Dilemma der Zielgruppenproblematik angesprochen und ist zum Schluss gekommen, dass frühe Förderung allen Kindern zu gut kommen soll und sich nicht auf kompensatorische Programme beschränken soll. Meiner Ansicht nach muss frühe Förderung, in einem breiten Sinne verstanden, darauf angelegt sein, alle Kinder zu erreichen nicht weil alle sie dringend benötigen, sondern weil wir nur mit universellen Angeboten überhaupt alle Kinder erreichen können, eben auch jene mit besonderen Bedürfnissen. Wer teilt die Familien in belastete und nicht belastete ein? Was ist mit den häufiger werdenden Situationen, bei denen Kaderfrauen und männer bis zur Geburt vollen Erwerbs-Arbeitseinsatz leisten um dann mit den so ganz anderen Herausforderungen, die ein Kind an sie stellt, völlig überfordert zu sein? Nehmen sich Eltern selber überhaupt als belastet wahr? Und wenn sie es tun, werden sie sich dann outen und von sich aus Hilfe beanspruchen? Tagungsbeobachtung Dr. med. Cornelia Conzelmann 3/6
4 Frühförderung für wen? Familien mit multiplen Belastungen und knappen Ressourcen Familien mit Kindern mit besonderen Bedürfnissen Alle Familien Tagung Zug England hat Grundangebote geschaffen, die auf eine stigmatisierungsfreie Nutzung durch alle Familien ausgelegt sind. Dadurch werden jene Kinder und Eltern, die einen zusätzlichen Unterstützungsbedarf haben, früh erkannt. Sie fallen weniger durch die Maschen, als wenn man sie mit primär risikofokussierten Angeboten zu erreichen versucht. Dieses Vorgehen bezeichnet England mit dem Ausdruck progressiver Universalismus : Wenn alle Familien Hausbesuche durch die Mütter- und Väterberatung erhalten, wenn in einladenden Zentren wie z.b. Familientreffs, Elterncafés Dienstleistungen für alle Familien angeboten werden, wenn alle Eltern regelmässig Sprechstunden der KinderärztInnen aufsuchen, wenn für alle Familien Spielgruppen und Tagesheime erschwinglich sind: Dann sind die Voraussetzungen geschaffen, dass Eltern die Türen öffnen und Beratung akzeptieren, ohne sich zuerst eingestehen zu müssen, dass sie solche nötig hätten. Wohl die grösste Bildungsrevolution in der Geschichte war die Einführung der allgemeinen Schulpflicht. Ich möchte mitnichten eine Vorschulpflicht, vielmehr eine Verpflichtung des Staates, viel mehr zu einem in jeder Hinsicht gesunden Lebensstart aller Kinder und ihrer Familien beizutragen. Dabei könnten auch Anreizsysteme analog dem finnischen Beispiel geprüft werden. Tagungsbeobachtung Dr. med. Cornelia Conzelmann 4/6
5 Tagung Zug Mit dieser Baby-Ausstattung beschenkt der finnische Staat alle Familien, sofern sich die Mutter vor Ende des 4. Schwangerschaftsmonats bei der Neuvola meldet, ein Vorsorgeambulatorium für Schwangere und Vorschulkinder. Wenn wir den Eltern durch solche Gesten Wertschätzung entgegenbringen, können wir viel eher gegenseitige Verbindlichkeit einfordern. Vor einem solchen Hintergrund ist auch Elternarbeit in der Krippe leichter möglich. Wir haben heute Morgen auch von einer ganzen Reihe von Bildungsprojekten in Kitas und Städten gehört alle richten sich an die erwachsenen Bezugspersonen, geben ihnen Anhaltspunkte, die frühe Bildung in den ganz normalen Krippenalltag einzubauen von Verschulung der Kinder ist gar keine Rede. Vielleicht sind die einzelnen Methoden nicht entscheidend, vielmehr ist entscheidend, mit welcher Haltung und Überzeugungen den Kindern und Eltern gegenüber die Inhalte umgesetzt werden. Fragen wir Eltern nach ihren Erfahrungen, Sichtweisen oder auch Befürchtungen, bevor wir sie beraten? Sind wir bereit, auch von den Eltern zu lernen und sie als gleichwertige PartnerInnen wahrzunehmen? In erfrischender Weise hat uns KonflikTüre Stolpersteine aufgezeigt: Beziehen wir alle Beteiligten, d.h. Mitarbeitende und Eltern in unser Handeln und unsere Entscheidungen mit ein? Wie kommunizieren wir mit den Eltern? Gelingt es uns, Brücken zu bauen? Erleben wir die Ansprüche an frühe Förderung als additiv (auch das noch) oder können wir sie integrieren? Und was brauchen wir dazu? Wie lösen wir zukünftige Herausforderungen, sodass wir uns nicht nur durchboxen müssen? Die vielen Inputs im World Café haben mir gezeigt, dass Sie als Fachleute aus der Praxis in ganz ähnliche Richtungen denken wichtig ist, darüber zu kommunizieren und zu lobbyieren, sich Gehör zu verschaffen: Tagungsbeobachtung Dr. med. Cornelia Conzelmann 5/6
6 - Berufsbildung: Welche Fachkompetenzen und Methoden bilden die Grundlage für frühkindliche Bildung und Betreuung? - Welche Zeiteinheiten (Minimalbelegung, Jahresplanung) sind vorzusehen? - Eintritt jederzeit möglich: erschwert Jahres- und Bildungsplanung - Teilzeitpensen der Kinder und des Personal - Wie können wir mit dem Interessenskonflikt zwischen der pädagogischen Qualität und der von Eltern / Arbeitgebern gewünschten Flexibilität umgehen? - Wie kann der grossen Nachfrage nach Buschiplätzen pädagogisch angemessen begegnet werden? - Mit welchen Elternbeiträgen und weiteren Massnahmen kann eine soziale Durchmischung erreicht werden? - Wie bauen wir ein Vertrauensverhältnis zu den Eltern auf? - Wie kann Partizipation von Kindern und Eltern umgesetzt werden? - Wie können die Vernetzung mit Fachstellen und die Übergänge zum formalen Bildungsbereich gestaltet werden? Für mich lautet die Antwort auf die Tagungsfrage: Ja, Frühförderung in der KiTa ist eine grosse Chance für die Kinder, für die Betreuungspersonen, für die Eltern und die Gesellschaft: Ohne diese Chance würde die Arbeit in den KiTas zur Last. Die Rolle der Tagesbetreuungseinrichtungen Wandel von Betreuungseinrichtungen mit Bildungsauftrag hin zu Bildungseinrichtungen mit Betreuungsauftrag Tagung Zug Für die Rahmenbedingungen, die Strukturen und die Prozesse in den Einrichtungen stellt sie jedoch eine Herausforderung dar. Bei entsprechender politischer Wertschätzung wird der Umgang damit die entsprechenden Berufsfelder bereichern. Tagungsbeobachtung Dr. med. Cornelia Conzelmann 6/6
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