Predigt über Lukas 8, Verse 4-15 (Gleichnis vom Sämann) am 07. Februar 2010 in der Martin-Luther-Kirche Wolfenbüttel
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- Philipp Glöckner
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1 Predigt über Lukas 8, Verse 4-15 (Gleichnis vom Sämann) am 07. Februar 2010 in der Martin-Luther-Kirche Wolfenbüttel Gnade sei mit Euch und Friede von Gott unserem Vater und unserem Herrn Jesus Christus, Amen. Liebe Gemeinde, was mir zunächst bei dem für den heutigen Sonntag, für den Sonntag Sexagesimae, - d.h. 60 Tage vor Ostern - empfohlenen Predigttext in den Sinn gekommen ist, ist die Frage, warum der Sämann, der Bauer, eigentlich so töricht ist, den teuren und kostbaren Samen so verschwenderisch auszustreuen. Er sieht doch, dass da ein Weg ist und ein Gelände mit Felsen und Dornen! Das Aussäen scheint also ziemlich nachlässig zu sein, denn auch, wenn man weiß, dass im Altertum erst gesät und dann mit einem Holzpflug die Erde nicht umgepflügt, sondern geritzt wurde, hätte der Sämann ja wissen müssen, unter die Dornen komme ich mit meinem Pflug nicht, in felsigem Gelände lohnt sich kein Pflügen und was ich auf den Weg gestreut habe, wird zertreten oder von den Vögeln geholt werden! Liegen wir mit solchen Gedanken richtig? Liebe Brüder und Schwestern, wir haben ein Gleichnis gehört eine Parabel von denen Jesus besonders im Lukasevangelium eine Vielzahl erzählt. Wir denken an das Gleichnis vom verlorenen Sohn, von den an- 1
2 vertrauten Pfunden, vom Feigenbaum, vom Pharisäer und Zöllner, vom ungerechten Haushalter, vom barmherzigen Samariter und einige mehr. Jesu Predigt ist die Predigt vom Reich Gottes. Und er sagt: Das Reich Gottes ist wie..., wie ein Senfkorn, wie ein Sauerteig. Jesus kleidet seine Predigt in immer neue Bilder, um den Menschen von damals das Wesen Gottes zu erklären. Wir werden kein einziges Gleichnis recht verstehen, wenn wir also nicht zunächst darauf achten, wer diese Gleichnisse erzählt: Jesus ist der Erzählende, der Verkündigende. In unserem Gleichnis ist er es, der das Wort ausstreut und zwar so verschwenderisch und nicht sparsam, wie das vielleicht ein Finanzreferent denken würde. Wo immer Jesus auftritt, predigt er, heilt er, legt er sich mit den Autoritäten an, opfert er sich am Ende selber. Ganz anders als wir es vielleicht denken und tun. Da sind die Gottesdienste auch hier in den schönen Kirchen Wolfenbüttels und auf den Dörfern umher schlecht besucht, die Pfarrer oft ratlos und resigniert, wenn 7 oder 8 Besucher gekommen sind und sie fragen sich am Ende: Lohnt sich da all die Liebesmühe? Ist es nicht törichte Verschwendung der Kräfte, sich am Samstag hinzusetzen und über den empfohlenen Predigttext zu brüten, den Bezug des Predigttextes zum heutigen Leben zu suchen und zu wissen, morgen sind doch wieder nur ein paar Treue da und nicht die, die das Wort eigentlich hören sollten! Liebe Freunde, ich wollte auch mal Pfarrer werden wie mein Vater, der ein großartiger Prediger war und die Kirche meistens voll hatte, weil er die Menschen mitriss, aber mich mit ihm vergleichend habe ich gemeint, 2
3 diese Gabe nicht zu haben. Ich kann das nicht! Zum Sämann muss man geschickt sein, sonst wird zu viel daneben gehen! Ich bin erst vor einigen Jahren Prädikant geworden, weil ich nicht anders konnte, obwohl ich ja eigentlich genug zu tun hatte und habe. Nein, habe ich mir gesagt, auch das Gleichnis vom Sämann macht doch gerade Mut! Nicht nur vielen Pfarrerinnen und Pfarrern geht einiges daneben, nein, es geht Jesus selbst einiges daneben! Es werden ihm nicht alle folgen! Die Verstocktheit Israels, über die sich Jesus an vielen Stellen so beklagt, wird bleiben. In den Versen 10 folgende wird dies angedeutet, sie werden eine Predigt hören, aber nicht verstehen, sie werden es hören, aber der Teufel wird kommen und ihnen das Wort aus dem Herzen reißen, damit sie nicht glauben und nicht selig werden! Nur bei wenigen wird die Saat aufgehen, sagt Jesus, aber dann wird hundertfache Frucht entstehen. Seltsam mutet es an, dass selbst die Jünger das Gleichnis zunächst nicht verstehen. Sie fragen, was das Gleichnis bedeutet. Und nun eine sehr merkwürdige Antwort Jesu: Euch ist s gegeben, die Geheimnisse des Reiches Gottes zu verstehen, den anderen aber in Gleichnissen, damit sie es nicht sehen, auch wenn sie es sehen, und nicht verstehen, auch wenn sie es hören. Wieso erzählt Jesus Gleichnisse, wenn er davon ausgeht, dass auch die Bilder, die er in seinen Gleichnissen malt, nicht verstanden werden, ja selbst von den Jüngern nicht verstanden werden. Werden sie von uns verstanden? Die Jünger werden erst sehr viel später verstehen: Sie werden sich an das Wort Jesu erinnern: Euch ist s gegeben, die Geheimnisse des Reiches Gottes zu verstehen. 3
4 Die Jünger werden nicht nur verstehen, dass der Sämann, der das Wort ausstreuende Sämann der verkündigende Jesus ist, sondern dass der verkündigende Jesus zugleich der verkündigte Christus ist, der Gesalbte Gottes, von dem es im Johannesevangelium heißt: Er ist das fleischgewordene Wort Gottes. Und das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns. Liebe Brüder und Schwestern, in der Barmer Erklärung von 1933 heißt es unvergleichlich: Jesus Christus, wie er uns in der Heiligen Schrift bezeugt wird, ist das eine Wort Gottes, das wir zu hören und dem wir im Leben und im Sterben zu vertrauen und zu gehorchen haben. Jesus selbst ist das Samenkorn, das sich ausstreut und in den Tod gibt, um Frucht zu bringen, d.h. Glauben zu erwecken an den allmächtigen Vater, der Macht hat über den Tod, an den Gott des Lebens, der aus einem in gute Erde gebrachtes Korn hundertfaches Leben erweckt. Warum ist heute liebe Freunde die Christenheit so schlapp und so lethargisch, so unüberzeugt? Traut sich die Kirche nichts zu, weil so viel daneben geht, oder sie zu viel Dreck am Stecken hat? Jesus weiß, dass seine Jünger schwache Leute sind. Der eine wird ihn verleugnen, der andere wird ihn verraten und wieder andere haben nur die Sorge, wo sie im Reich Gottes sitzen werden. Jesus weiß, dass viele verstockt sind und bleiben und skeptisch und gleichgültig und ablehnend und sogar feindlich. Die Sämänner sind schwach, das Land oft schlecht, aber der Samen ist gut. Das Wort Gottes ist stärker und bleibt stärker als alle die es nicht aufgehen lassen wollen. Es ist stärker als der allmächtig erscheinende Tod, 4
5 der auch keine Saat aufgehen lassen will. Und der Teufel, das Böse, dass das Wort immer wieder bekämpft. Warum das so ist, das ist das Geheimnis Gottes. Warum er seine Macht und Allmacht nicht allen Geschöpfen offenkundig darstellt, ist sein Geheimnis. Es lohnt sich deshalb auch nie, liebe Freunde, danach zu fragen, warum Gott so viel Leid zulässt, wie jetzt in Haiti, wobei wir nebenbei auch immer fragen müssen, was Menschen verursachen. Wir werden allerdings auf menschliche Fragen keine für Menschen logische Antwort erhalten. Selbst der Sohn am Kreuz fragt: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen? Uns bleibt nur zu denken, dass aus allem Schlimmen, aus allem Leid auch Gutes entsteht. Vielleicht braucht es manchmal sogar erst Katastrophen, dass Menschen wach werden, so wie Deutschland nach der schlimmern Hitler-Diktatur, dass Menschen erkennen, dass es Gottes Wille ist, den Nächsten zu lieben und sich um ihn zu kümmern, denn Gott will doch, dass allen Menschen geholfen wird. Aber warum dann so viele Tote, so viele, so viele, so viele? Ist das Gottes Wille? Liebe Freunde, ich gebe zu, auf diese Frage weiß auch ich keine Antwort. Ich kann auch verstehen, dass viele Menschen sagen, lass mich mit deinem Gott in Ruhe! Ich selber habe in vielen Situationen auch gezweifelt, ich kann nur dankbar dafür sein, dass mich das Gestrüpp des Unglaubens nicht überwuchert hat und ich herausgekommen bin aus schlimmen Stunden. Wir Christen können also nicht sicher sein, gutes Land zu sein. Ob wir das sind, wird die Frucht zeigen in der Ernte und 5
6 diese Frucht werden wir nicht selbst begutachten, sondern der Sämann. Amen. Und der Friede Gottes, der höher ist, als all unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne bei Christus Jesus, unserem Herrn, Amen. 6
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