Bauen mit kernfreiem Laubholz

Transkript

1 bernath+widmer Ferienheim Büttenhardt Bauen mit kernfreiem Laubholz

2 Bauen mit kernfreiem Laubholz Das Bauen mit kernfreiem Laubholz bietet eine ökologische und einfache Alternative zu bekannten Holzbausystemen. Das Bauholz wird aus dem nahe gelegenen Wald, der bis anhin nur Brennholz abwarf, geerntet. Aus dem Baumbestand eines durchschnittlichen Schweizer Mischwaldes, kann hochwertiges Laubholz für einen massiven Holzbau gewonnen werden. Dadurch sind nur kurze Transportwege nötig und die Wert schöpfung bleibt in der Region. Das Bauen mit kernfreiem Holz entspricht dem Zeitgeist, der uns zu ökologischem Denken und zu neuen innovativen Lösungen auffordert.

3 Bauholz aus dem eigenen Wald Im Schweizer Wald wachsen jährlich 7 Millionen Tonnen Rundholz nach. Lediglich 1 Million davon wird zu Bauholz verarbeitet, während an die 2,5 Millionen Tonnen für Industrieprodukte oder Brennholz verwendet werden. Ein Drittel des für die Möbelindustrie und für das Baugewerbe aufbereiteten Holzes wird aus Laubbäumen gewonnen. Wegen des hohen Preises findet hartes Laubholz nur selten Verwendung für die Konstruktion von Gebäuden. Für eine gewinnbringende Bauholzernte sind in der Schweiz zuwenige Baumstämme mit grossen Durch messern vorhanden. Dennoch bietet Laubholz hervorragende Eigenschaften und garantiert je nach Holzart eine hohe Dauerhaftigkeit bei der Verwendung im Aussenbereich.

4 Bohrung in Längsrichtung Durch die Bohrung der Balken in Längsrichtung wird der Kern entfernt. Der Baumstamm muss also nicht aufgesägt werden und bereits bei geringem Stammdurchmessern kann wenigstens ein Balken zugeschnitten werden. Auf diese Weise gewinnt man hochwertiges Bauholz aus Rundholz, das bis anhin lediglich zu Brenn- oder Industrieholz verarbeitet wurde. Kernfreie Balken trocknen deutlich schneller und haben weniger Schwindrisse, was die Dauerhaftigkeit erhöht und die Verarbeitung vereinfacht.

5 Baumaterial der Waldbesitzer Die Verwendung von kernfreiem Laubholz ist vor allem für Waldbesitzer, Private wie auch Gemeinden interessant. Aus dem eigenen Wald kann hochwertiges Bauholz geschlagen werden. Für ein geplantes Eigenheim oder für eine gemeinnützige Einrichtung ist somit ein grosser Teil des benötigten Baumaterials bereits in der näheren Umgebung vorhanden und kann in den meisten Fällen günstig und mit einem wählbaren Anteil an Eigenleistung gewonnen werden. Die Bauherrschaft erhält aus ihrem Wald ein Bauwerk aus hochwertigem, edlem und dauerhaftem Laubholz.

6 Schweizer Mischwald Der Schweizer Wald besteht aus 12 Arten von Nadelbäumen und über 40 Arten von Laubbäumen. Aus einem mittelländischen Mischwald können von den Laubhölzern vorwiegend Buche, Eiche und Ahorn geschlagen werden und von den Nadelhölzern vorwiegend Fichte (Rottanne), Tanne (Weisstanne), Föhre und Lärche. Die Holzarten haben unterschiedliche Eigenschaften und müssen optimal und in Kombination verbaut werden.

7 Ökologisches, nachhaltiges Bauen Bauen mit eigenem Laubholz bedeutet geringe Umweltbelastung bei der Herstellung und Verarbeitung und es eignet sich bestens für den Minergie-P-ECO Standart. Kurze Wege von der Holzgewinnung über die Verarbeitung bis zur Baustelle sind aus wirtschaftlicher und öko logischer Sicht sehr sinnvoll. Das einfach rückbaubare Bausystem mit guter Wärmedämmung aus Holzfasern erfüllt erhöhte energetische Anforderungen. Es benötigt keine verleimten Höl zer oder Industrieplatten, was ein natürliches, gesundes Raumklima mit hoher Behaglichkeit garantiert. Herstellung und Verarbeitung sind unabhängig von der Holzindustrie und können von Kleinunternehmen aus der nahen Umgebung bewältigt werden, was schliesslich der regionalen Wertschöpfung zu gute kommt.

8 Bohrloch als Verbindung Die Möglichkeit der Kernbohrung erschliesst eine Reihe leistungsfähiger Lösungen für Verbundelemente. Durch die gebohrten Balken können beispielsweise Zugstangen eingezogen werden, um bei Fachwerkkonstruktionen die Spannweiten zu vergrössern. Die einzelnen Balken werden stumpf aneinandergereiht und zusammengezogen. Dabei besteht zusätzlich die Möglichkeit, den Träger vorzuspannen, um eine möglichst geringe Durchbiegung zu gewährleisten. Gebäude mit grösseren Dimensionen können so problemlos realisiert werden.

9 Prototyp Ferienheim Büttenhardt [SH]

10 Der Bau in der Landschaft Das Ferienheim ist Teil eines Bauernhofes und liegt abgelegen, nördlich von Büttenhardt (SH) in einer grossen Waldlichtung. Innerhalb der Anlage wird das Ferienheim, aufgrund seiner Stellung, als Kopfbau wahrgenommen. Die Hauptfassade ist gegen Südwesten ausgerichtet und empfängt die Besucherinnen und Besucher des Gutshofes.

11 Aufleben alter Tradition Das alte Ferienheim Büttenhardt ist in der Region nach wie vor bekannt. Nach den Kriegsjahren durften viele Kinder ihre Ferien dort verbringen. Im Neubau werden heute Jugendliche betreut, die ein «Timeout» benötigen. Sie werden für einige Wochen aus ihrer sozialen Umgebung genommen, um im Ferienheim einen geregelten Tagesablauf mit einfachen Beschäftigungen zu erfahren. In den zwei Obergeschossen befinden sich sechs Schlafzimmer mit Wohnräumen und Nasszellen. An der Teeküche können sie Gerichte und Getränke selbständig zubereiten. Das Gehöft liegt in einem Erholungsgebiet. An Wochenenden bietet das kleine Restaurant mit besonnter Loggia den Ausflüglern einen Ort zum Verweilen.

12 Freies Erdgeschoss Sämtliche Lasten werden im Erdgeschoss auf die äussere Fassadenabwicklung abgetragen. Der grosse erdgeschossige Mehrzweckraum ist dadurch stützenfrei und kann flexibel genutzt und möbliert werden. Die mitt leren Querwände in den Obergeschossen funktionieren über zwei Geschosse als Hauptträger. Ober- und Untergurte werden mit einer im Balkenloch geführten Zugstange zusätz lich vorgespannt.

13 Traditionelle Konstruktion Die vorgeschlagene Konstruktion ist eine Art Bohlenständerbau wie er im 17. bis 19. Jahrhundert in verschiedenen Teilen der Schweiz zur Anwendung kam. Der Bohlenständerbau war eine Weiterentwicklung des traditionellen Blockbaus. Indem die Gebäudelasten durch eine Ständerkonstruktion übernommen werden, konnten die Wandausfachungen aus dünneren Bohlen gefertigt werden, was den Holzverbrauch reduzierte. Zudem waren sie billiger als Steinhäuser, konnten auch demontiert und an einem anderen Ort wieder aufgebaut werden.

14 Der Bohlenständerbau Der Bohlenständerbau ist wie der Blockbau eine massive Holzkonstruktion mit einfachem Wandaufbau, der ohne hinterlüftete Fassade auskommt. Er hat die gleichen bauphysikalischen Eigenschaften, aber dank des Ständerbaus sind nur geringe Setzungen zu erwarten. Auf aufwändige Anschlussdetails bei Fenstern und Türen wie sie beim Blockhaus nötig sind, kann verzichtet werden. Das gesamte äussere Tragwerk wurde sinnigerweise aus der sehr resistenten Eiche (Dimension: 20 x 20 cm) erstellt und mit Föhren-Bohlen (Bohlendicke: 8 bis 14 cm) ausgefacht.

15 Forstarbeiten Während zweier Vollmondphasen wurde das gesam te Bauholz im umliegenden Wald innerhalb weniger Tage gefällt. Dies geschah im Sinne einer schonenden Waldpflege wobei der Wald ausgedünnt und nur einzelne Bäume gefällt wurden. Um den Waldboden zu schonen, wurden Bäume am Waldrand ausgesucht. So musste der Wald nicht mit schweren Maschinen befahren werden.

16 Mobile Säge Während vier Wochen wurde das gesamte Rundholz direkt auf dem Bauplatz zugeschnitten. Zwei mobile Bandsäger sägten die Stämme mit Zugabe der Schwundmasse zu Balken, Bohlen und Brettern.

17 Bohren in Längsrichtung Mit einer eigens entwickelten Bohrmaschine konnten die Balken in Längsrichtung gebohrt werden. Die maximale Bohrlänge beträgt 2,6 Meter. Somit können 5,2 Meter lange Balken gebohrt werden. Der Raster des Ständerbaus und die Einteilung des Grundrisses basieren auf dieser Massvorgabe.

18 Trocknung an der Luft Vom Frühling bis in den Spätherbst trocknete das Bauholz an der Luft. Normalerweise wird die Trocknungsdauer mit 1cm pro Jahr berechnet. Bei 26 cm Seitenlänge hätte demnach die Trocknung 13 Jahre gedauert. Dank dem Loch trockneten die Laubhölzer sicht lich schneller und nach acht Monaten war die relative Holzfeuchte bereits unter 25 Prozent. Damit die nötige Feuchte von 16 Prozent bis im Januar erreicht werden konnte, wurde das Holz zusätzlich während dreier Wochen in eine Vakuumtrocknungs anlage gelegt.

19 Werkplanung Die Werkplanung und die gesamten Holzbauarbeiten leitete ein auf Blockholzbauten spezialisierter Zimmermann. Mit einem CAD-Programm wurden die Konstruktions- und Detailpläne gezeichnet und für jeden Balken ein Werkstattplan erstellt. Für den späteren effizienten und reibungslosen Ablauf bei der Endmontage wurden Wände und Decken in grössere Elemente aufgeteilt.

20 Abbund Für den Abbund konnte in einer leer stehenden Halle eine Zimmerei eingerichtet werden. Die Hölzer wurden sorgfältig sortiert und je nach Beschaffenheit der Oberfläche und Rissbildung zu Elementen zusammengesetzt.

21 Aufrichte Für die Aufrichte ist eine logistische Planung des Bauablaufs entscheidend. Die tonnenschweren Elemente mussten auf der Baustelle in einer vorgegebenen Abfolge montiert werden. Innert weniger Tage wurde der Holzbau auf einem betonierten Untergeschoss millimetergenau zusammengesetzt und verschraubt.

22 Der Innenausbau Nach Fertigstellung des Rohbaus, wurden die Fenster und die inneren Verkleidungen montiert. Dank der dazwischen eingelegten Holzwolldämmung erfüllt die Gebäudehülle die thermischen Minergie-Vorgaben.

23 Projektteam Das Ferienheim in Büttenhardt ist ein Pilotprojekt. Dank der engagierten Zusammenarbeit und Unterstützung aller beteiligten Fachplaner und der Bauherrschaft konnte erstmals ein Holzbau mit kernfreiem Laubholz realisiert werden. Das Team entwickelte und optimierte ein Holzbausystem, das für weitere Projekte zur Anwendung kommen kann.

24 Bauherr Architektur, Holzbauplanung und Bauleitung Statik/Tragwerk Ausführende Holzbaufirmen Beat Mader Ferienheim 47 CH-8236 Büttenhardt bernath+widmer Architekten ETH HTL SIA Geibelstrasse 35 CH-8037 Zürich Hermann Blumer, dipl. Bauing. ETH/SIA Création Holz Tobelackerstrasse 6 CH-9101 Herisau Brädäx Blockbauzimmerei Blumenrainstrasse 7 CH-9050 Appenzell Bergauer Holzbau GmbH Reibäckerli Büttenhardt Entwicklung Bohrmaschine und Initiant Heiri Bührer, Maschinenbau Dorfstrasse Bibern

25 Adresse Bauzeit Bauholz netto Berechnungen Beat Mader Ferienheim Büttenhardt Forstarbeiten zur Gewinnung des Bauholzes November 2007 Einschnitt vor Ort mit mobilen Bandsägern März 2008 Trocknung und Lagerung April-Dez Abbruch und Baumeisterarbeiten Sockelgeschoss Sept.-Dez Abbund Holzbau Januar 2009 Aufrichte Juni 2009 Innenausbau Juli-Dez Eröffnung Mai 2010 Eiche Ständerbau/Statik aussen, Geflecht EG 26.5 m3 Buche Deckenbalken, Schrägboden, Böden, Treppe 44.0 m3 Fichte Unterkonstruktionen, Dachstuhl 56.5 m3 Föhre Ausfachungen Fassade 10.5 m3 Total m3 Volumen SIA m3 Gebäudegrundfläche [GGF] (nur Neubau) m2 Bruttogeschossfläche [BGF] 492 m2 Nettogeschossfläche [NGF] 396 m2 Kubikmeterpreis BKP 2 / SIA

26 Für detaillierte Auskünfte und Besichtigungen stehen wir gerne zur Verfügung. bernath+widmer Architekten ETH HTL SIA Geibelstrasse 35 CH-8037 Zürich Tel.: Fax: Mail:

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