Die Spitalapotheke und ihre Funktion im Arzneimittelvertrieb
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- Bettina Fürst
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1 Die Spitalapotheke und ihre Funktion im Arzneimittelvertrieb spitäler fmi ag, weissenaustrasse 27, ch-3800 unterseen, Dr. pharm. Enea Martinelli Chefapotheker spitäler fmi ag 1
2 Die Spitalapotheke im HMG Keine Definition der Spitalapotheke im Heilmittelgesetz Die Spitalapotheke ist lediglich im Zusammenhang mit der (Lohn-) Herstellung erwähnt. Auf Verordnungsstufe ist die Spitalapotheke im Zusammenhang mit dem Import von nicht zugelassenen Arzneimitteln erwähnt. - > Die gesetzliche Definition der Spitalapotheke ist auf Stufe Kanton geregelt, d.h. 26 mal verschieden oder gar nicht. 2
3 Gesetzliche Definition Spitalapotheke Stufe Kanton Bsp. Kanton Bern Spitalversorgungsverordnung vom Verordnung über die beruflichen Tätigkeiten im Gesundheitswesen 3
4 Praktische Konsequenz I Spitalapotheken dürfen Spitalpatienten versorgen (spital-stationär) Spitalapotheken dürfen spital-ambulante Patienten versorgen (Bsp. Zytostatika-Infusion ambulant im Spital) Spitalapotheken dürfen keine ambulanten Patienten versorgen (keine Vollversorgung ambulanter Patienten; Ausnahme im Kanton Bern : Erstabgabe) 4
5 Praktische Konsequenz II Spitalapotheken können für den ambulanten Sektor kaum eine Konkurrenz darstellen (Ausnahme ambulante Anwendung im Spital Bsp Zytostatika) Ihre Tätigkeit bleibt auf Institutionen beschränkt (d.h. stationäre Einrichtungen wie Spitäler und Heime). 5
6 Exkurs Zytostatika 6
7 Zentrale-Zytostatika Herstellung (Bsp. Velcade ) Haltbarkeit der rekonstituierten Lösung gemäss Hersteller : 8 Stunden (Arzneimittelkompendium der Schweiz 2005) Haltbarkeit gemäss Literatur : 5 Tage im Kühlschrank (Ann Pharmacother Sep;39(9): ); Entnahme unter sterilen Bedingungen ; d.h Reinraum (Untersuchung limitiert auf 5 Tage) 28 Tage im Kühlschrank (Krankenhauspharmazie 2005;26; (Entnahme unter sterilen Bedingungen; d.h. Reinraum) Aufgrund der Vorgaben im Kompendium wird die Verlängerung der Haltbarkeit zum sog. technischen off-label use -> Herstellung -> erfordert eine Herstellungsbewilligung zur Herstellung von Zytostatika 7 7
8 Dosierung / Grundkosten Velcade "normale Dosis" : 1,3 mg/m 2 Zyklus : Gabe an Tag 1, 4, 8, 11; dann 10 Tage Pause 3 Zyklen; bei nur teilweiser Remission 8 Zyklen ALT-Tarif pro Fertigspritze : 50 Taxpunkte a 1.08 = 54.- für die Herstellung einer Fertigspritze mit kantonaler Herstellungsbewilligung nach GMP-Zytostatika Kosten pro 3,5 mg Flasche : PP EP
9 Einsparungen mit der Herstellung Bei 3 Zyklen m 2 Dosis (mg) Zubereitung Herstellung inkl. Tarif Kostenreduktion durch Methode der Herstellung ' ' ' % ' ' ' % ' ' ' % ' ' ' % ' ' ' % ' ' ' % Bei 8 Zyklen m 2 Dosis (mg) Zubereitung Herstellung inkl. Tarif Kostenreduktion durch Methode der Herstellung ' ' ' % ' ' ' % ' ' ' % ' ' ' % ' ' ' % ' ' ' % 9 9
10 10
11 Risiken an den Schnittstellen; Informationstransfer Zwischen Abteilungen im Spital: Notfall Röntgen OP IPS Station Zwischen Institutionen: Spital Reha-Klinik Pflegeheim Zwischen ambulantem und stationärem Sektor: Hausarzt Spital Offizin-Apotheke 11
12 Risiken an den Schnittstellen 12 12
13 Eintritt, Austritt und Übertritt ( Medication reconciliation ) Problemzonen für die Therapieoptimierung Compliance, Concordance (Therapietreue) Adaptierte Dosierung (Leber-, Nierenfunktion, Alter) Interaktionen (chemisch, physikalisch, pharmakologisch) 13 13
14 Beispiel eines Falles Hausarzt : Omezol + Amlodipin Mepha 2. Zentrumsspital : Zurcal + Norvasc -> Patient zuhause : Omezol + Amlodipin Mepha + Zurcal + Norvasc 3. Regionalspital : Pantozol + Amlodipin Mepha -> Patient zuhause : Omezol + Amlodipin Mepha + Zurcal + Norvasc + Pantozol + Amlo Eco 14
15 Praktische Konsequenz spitäler fmi ag Austrittsverordnungen nur noch mit INN resp. DCI Namen (es werden keine Marken mehr verordnet) Patienten werden angehalten ihre Medikamente IMMER am gleichen Ort zu beziehen (Apotheke, Hausarzt, Versand) Abgabe einer Medikamentenkarte mit Dosierung und Indikation 15
16 Regionale Kooperation Einsitz eines Hausarztes in der Arzneimittelkommission fmi Information der regionalen Ärzte/Apotheker über die Entschiede der Arzneimittelkommission Gefragtes Informationszentrum für Ärzte / Apotheker (Website der Spitalapotheke inkl. elektronische Arzneimittelliste mit Zusatzinformationen; Wissensdatenbank) Herstellung von Spezialanwendungen (Schmerzpumpen, Infusionen etc.) 16
17 Die Funktion der Spitalapotheke im Wandel Von der Beschaffungsstelle (Einkauf + Herstellung) zur Managementstelle des Medikationsprozesses D.h. der Spitalapotheker hat den Überblick vom Listenenscheid über die Beschaffung bis zur Anwendung. -> Beeinflusst die korrekte Umsetzung der ärztlichen Verordnung auf der Station. 17
18 Zielbereiche der Risikomanagement-Aktivitäten zur Vermeidung medikamentöser Komplikationen GSASA; Gesellschaft Schweizerischer Amts- und Spitalapotheker; Risikomanagement
19 Lieferant Verwaltung Apotheke Pflege Arzt Patient Der Medikationsprozess im Spital A 1 Visite Essen Pflege Betreuung Blutentnahme Untersuchungsvorber. 9 Medikamente verabreichen KG Spezialist nein med. Therapie ja später zu A Kardex Kurven Labor C Kontrolle Stationsapotheke Medi- Bestellung für Lager / lauf. Therpie Listen-Medi ja nein ja 2 Verordnung Rücksprache Station/Arzt Grund / Ersatz? Ersatz B Einlagerung Stationsapotheke Wareneingangskontrolle Medi- Transport nein 3 Verordnung in Kardex abschreiben Verabreichungszeiten 3 festlegen Medi abbolen Medi bereitstellen KMT IPS OHC Chir 3 Pflegehandlungen, Dokumentation Verordnung übertragen: Kardex/ Verlaufsblatt 3 4 Abschreiben für Medi- Zubereitung Medi vorrätig Medi-Best. in Apotheke Listen-Medi ja nein nein Rücksprache Station/Arzt ja ja Grund / Ersatz? Ersatz Medi abbolen nein Zubereitung der Medi nach abgeschr. Verordnung 8 Medi abbolen Medi bereitstellen Wareneingangskontrolle Verlaufsblatt / Cardex: Abgabe eintragen Medikamentenverrechnung: teurer Medi auf Leistungsblatt Medi bereitstellen Medi bestellen Rechnungskontrolle 5 Medi bereitstellen Medi bestellen 6 Rechnungskontrolle Rechnungskontrolle / Zahlungsfreigabe Rechnungskontrolle / Zahlungsfreigabe Statistik / Verrechnung Medi bereitstellen 7 Medi bereitstellen 19
20 Apotheke Arzt Patient Im Vergleich : Der ambulante Medikationsprozess Medi einnehmen Visite Medi abgeben Gang Verordnung Beratung Validierung Medi abgeben 20
21 Medikationsprozess: Ist Soll Optimale Pharmakotherapie Richtiges Medikament und Arzneiform Richtige Dosierung Richtiger Patient Richtige Qualität Richtiger Zeitpunkt zt reale Pharmakotherapie Falsches Medikament (Form) Kontraindikationen nicht beachtet Interaktionen nicht beachtet Eingabe-, Übertragungsfehler Falsche Dosis (zuwenig/zuviel) Eingabe-, Übertragungsfehler Rechenfehler Falscher Patient Unklare Kommunikation Nicht korrekte Applikation Unsachgemässes Handling Nicht adäquate Zubereitung Falscher Zeitpunkt (nüchtern) Verspäteter Therapiebeginn (Versorgungskette) Eingabe-, Übertragungsfehler Fido Möll
22 Wo im Medikationsprozess? Verordnungsfehler: Falsches Arzneimittel Falsche Dosis Kontraindikationen nicht beachtet Interaktionen nicht beachtet Übertragungs-, Interpretationsfehler: Unklare Kommunikation Arzt - Pflege Abgabefehler (Verordnung io): Zubereitunsgfehler Verteilungsfehler (Patient / Medi falsch) Anwendungsfehler (Verordnung io): Auslassung, Zusatzdosis, falsche Zeit Unkorrekte Applikation (falsche Rate) - Haefeli WE., Arzneimittel Verabreichung & Einnahme, Therap. Umschau 63, 6 (2006) Krähenbühl S.; Medikationsfehler & UAW s in Spitäler; Vortrag Basel
23 Otero MJ, Schmitt E. Clarifying terminology for adverse drug events. Ann Intern Med 2005; 142(1):
24 Wie häufig sind Medikationsfehler? Bei 5-10% aller Applikationen im Spital kommen Medikationsfehler vor (Daten aus 29 Studien) Krähenbühl A, Schlienger R, Lampert M et al. Drug Safety 2007; 30 (5): Fido Möll
25 State of prescription 2004 z. Vf. gestellt durch M. Oertle, STS AG 25
26 Art & Anteile von Medikationsfehler Fehlerart Anteile Land Quelle: Autor (Jahr) Verordnungsfehler 14.4% 39% 48% 15-21% Übertragungsfehler 11% 23-26% Abgabefehler 12.5% Anwendungsfehler (inkl. Zubereitung) 14% 21-22% 3% 38% 33-37% NL UK, US US US US US US US US UK US US Van den Bemt (2000) Leape (1999) Pepper (2006) MedMarx (2004) Leape, Bates (1995) MedMarx (2004) Kistner (1994) Leape, Bates (1995) MedMarx (2004) Taxis (2003) Leape, Bates (1995) Medmarx (2004) Fido Möll
27 Auswirkungen der Fehler: UAW s Bei ca. 6% der Patienten während einer Hospitalisation kommen UAW s (ADR) vor (Daten aus 46 Studien) Krähenbühl A, Schlienger R, Lampert M et al. Drug Safety 2007; 30 (5): Fido Möll
28 Medikationsfehler und Folgen Bei 5-10% aller Applikationen gibt es Medikationsfehler Ca. 3-5% der Medikationsfehler führen zu UAW s (ADR s). Aber viele Near Misses Wichtigkeit des CIRS Bei ca. 5-10% aller hospitalisierten Patienten gibt es UAW s Ca. 0.3% aller UAW s enden tödlich Ca. 60% von UAW s sind vermeidbar! - Classen DC.; Adverse drug events and medication errors : the scientific perspective. In: Proceedings of Enhancing Patient Safety Foundation; 1998: Oertle M., Schweizerische Aerztezeitung 84, 41 (2003) Fido Möll Leape LL et al.; N Engl J Med 24, 6 (1991)
29 Bei > 5% aller Applikationen im Spital liegt ein Fehler vor Bedeutung dieser Fehler Bei einer Ø Aufenthaltsdauer von ca. 7 Tagen & einer Behandlung mit ca. 7 Medikamenten = rund 50 Medikamentenapplikationen / Hospitalisation entspricht 2 Medikationsfehler/Hospitalisation Erfassungsmässig erleiden 6% aller Patienten bei ihrem Aufenthalt eine unerwünschte Arzneimittelreaktion (grosse Streuung) 3-5% aller Medikationsfehler führen zu einer UAW Jeder Patient (5-10%) erleidet eine UAW Zahlen stimmen recht gut Bei 3% aller Patienten endet eine UAW fatal (tödlich) 0.3% aller Medikationsfehler enden somit tödlich 1 UAW kostet Ø $4000 und verlängert die Hospitalisation um Ø 3 Tage. Bei Patienteneintritte / Jahr ergibt dies (rechnerisch) eine Fehlermenge von rund / Jahr (Basis = 3 Quellen) 3% von diesen ergeben 1200 UAW s / Jahr. 60% davon sind verhinderbar = 700 UAW s / Jahr 700 x Fr. = rund 3 Mio Fr. Mehrkosten bei Patienten / Jahr 29 29
30 Vermeidungsstrategien (proaktive) Improved pharmacological education of health professionals (nurses, pharmacists, physicians) Computerization of the medication process: could prevent 40% 2 - Prescribing aids - Improved transcription - Improved monitoring of patients Clinical pharmacists on the ward: could prevent 64% 2 - Identification of reporting of medication errors/adverse events - Control for drug-drug interactions - Dose adaptation in patients with impaired renal and/or liver function - Monitoring of complex therapies Critical incident reporting systems (CIRS) Krähenbühl A, Schlienger R, Lampert M et al. Drug Safety 2007; 30 (5): Rothschild JM et al; Arch Intern Med 2002; 162: Fido Möll
31 Kosten sind am effizientesten zu kontrollieren BEVOR sie entstehen Effekt der klinischen Pharmazie : Pharmacist Participation on Physician Rounds and Adverse Drug Events in the Intensive Care Unit JAMA. 1999;282: The presence of a pharmacist on rounds as a full member of the patient care team in a medical ICU was associated with a substantially lower rate of ADEs caused by prescribing errors. Nearly all the changes were readily accepted by physicians. Estimated financial impact: $ ,- a year 31
32 spitäler fmi ag, weissenaustrasse 27, ch-3800 unterseen, PERSONAL PHARMACY NURSING CARE PHYSICIANS LABORATORY Beschaffung MATERIAL LOCAL INVENTORY INFORMATIC MAT FOR DRUG PREPARATION MAT FOR LABORATORY Medikamente : Ca.4% des Spitalbudgets FINANCIAL LOSS ON INVESTMENT Anwendung 30% des Budgets 32
33 1,5 Millionen Einzeldosierungen Annahme im Schnitt 1 Minute pro Dosierung = 1,5 Mio Minuten = Stunden = ca. 13 Stellen Kostendimension der Medikamentenvorbereitung (die Medikamente sind so jedoch noch nicht bestellt, dokumentiert, abgerechnet etc.); Schätzungen gehen davon aus, dass rund 20 30% der Ressourcen des Pflegedienstes mit der Vorbereitung von Medikamenten direkt oder indirekt zu tun haben 33
34 34 34
35 35 35
36 Schätzung der Häufigkeiten Experimentell erhobene Resultate Dispensierungsfehler 3% Fehler bei der Auswahl 2% Verdünnungsfehler 3% Rechenfehler 10% Performance der Kontrollen 85% 36
37 Pannenbaum i.v. Medikament : zu verdünnen Folien mit freundlicher Genehmigung in deutsch adaptiert von Prof. P. Bonnabry, Chefapotheker, Universitätsspital Genf 37
38 Pannenbaum i.v. Medikament verdünnt FSP Folien mit freundlicher Genehmigung in deutsch adaptiert von Prof. P. Bonnabry, Chefapotheker, Universitätsspital Genf 38
39 Pannenbaum Vorbereiten von Medikamenten Folien mit freundlicher Genehmigung in deutsch adaptiert von Prof. P. Bonnabry, Chefapotheker, Universitätsspital Genf 39
40 Pannenbaum Vorbereiten von Medikamenten Folien mit freundlicher Genehmigung in deutsch adaptiert von Prof. P. Bonnabry, Chefapotheker, Universitätsspital Genf 40
41 Folien mit freundlicher Genehmigung in deutsch adaptiert von Prof. P. Bonnabry, Chefapotheker, Universitätsspital Genf 41
42 Obwohl die Spitalapotheken auf eidgenössischer Ebene kaum definiert sind, gibt es sie... Immer mehr Die Grenzen zwischen stationär, spital-ambulant, ambulant sind von Kanton zu Kanton unterschiedlich definiert. Abhängig von der kantonalen Gesetzgebung nimmt die Spitalapotheke auch auf den ambulanten Bereich Einfluss. Die Funktion der Spitalapotheke wandelt sich stark : Weg von der Einkaufsstelle hin zum Partner in der korrekten Umsetzung ärztlicher Verordnungen. Dies beinhaltet alle Stufen des Prozesses vom Einkauf bis zur Anwendung. Fazit Die Spitalapotheke ist aus dem modernen Spitalbetrieb nicht mehr wegzudenken. 42
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