Wissenschaftlicher Stand der Erkenntnis - Backen mit geringer Proteinkonzentration Dr. agr. Ludger Linnemann*

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1 Wissenschaftlicher Stand der Erkenntnis - Backen mit geringer Proteinkonzentration Dr. agr. Ludger Linnemann* - alle hier vorgestellten Ergebnisse stammen wenn nicht anders angegeben vom Autor - Vortrag, anlässlich der AKTION GRUNDWASSERSCHUTZ, Regierung Unterfranken, Würzburg * Forschungsring e.v., Darmstadt 1 und Institut für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung II

2 Objektive Kriterien der Mehlqualität Marktanforderungen-Rohprotein* Handelsmehle [ml/100g Mehl] Unter bis bis 660 Über 660 über 701 Bewertung Backverhalten nicht befriedigend befriedigend hoch sehr hoch gute Aufmischqualität Weizenklasse/ Anforderung/Preis [Rohprotein / je T.] B-Weizen [12,0% / 17 ] A-Weizen [13,0% / 18 ] E-Weizen [14,5% / 19 ] * Börsennotierung Getreide, Landw. Wochenblatt, 4/

3 Einfluss des Backtests auf die Beurteilung der Endproduktqualität auf die Anforderungen an die Mehlqualität Bio-Weizen Konv. Weizen BIO-Weizen Handelsmehle Handelsmehle Ataro/Wiwa/Aszita Sortenmischung Sortenmischung 1/1/1 Parameter Rapid-Mix-Test Rapid-Mix-Test Optimierter Backtest Rohprotein (%, TS) 11,8* 13,7* 10,2 Brot-Volumen (ml/100 g Mehl) 611* (befriedigend) 668* (sehr hoch) 759 (hohe Aufmischqualität) Kleberqualität in ml Volumen je %Protein 51,8 48,8 74 *Mittlere Weizenmehl-Qualität (2006 bis 2010) von Handelsmehlen der Besonderen Ernteerhebung Mühlenproben n=50 (MRI Detmold, 2010) 3

4 Teigrheologisches Optimum Optimierter-Backtest & Kleberqualität Aszita = 671 ml Capo = 830 ml Pollux = 829 ml 4

5 Was ist unter Kleberqualität zu verstehen? ml Sediment / 1 % Rohprotein E-Weizen B-Weizen Qualität Gerade theoretisch ( ) -Sedimentation nimmt proportional je % Protein zu = genetisch fixierte Protein-Qualität Gerade gemessen ( ) -Sedimentation nimmt überproportional je % Protein zu = Einfluß umweltbedingter Qualitätsfaktoren Rohprotein [%] 5

6 Umweltbedingte Variabilität & Kleberproteinqualität Links: Veränderung der Kleberprotein Zusammensetzung Rechts: Veränderung der Glutenin-Zusammensetzung 6

7 Jahresbedingte Variabilität der Kleberqualität Beispiel: Glutenin-Makropolymer E-Weizen cv Bussard 1995 warm 10,5 RP % 1996 kalt 10, warm 74 SDSS 1996 kalt 36 7

8 Vergleich zwischen RMT & Optimierter-Backtest BIO-Weizen, Kirchberg Volumen [ml/100 g Mehl] Protein (% TM) Naturastar Zuchtstamm Hermes Butaro Aszita Clivio Pollux Ataro Wiwa Curier Tengri Sorten RMT Optimierter-Backtest 660 ml Volumen Protein (%) 8

9 Statistische Auswertung ÖKO-Sortenversuchen Ernte 2008 & 2009 (3 Orte, n = 52) Rohprotein erklärte: Feuchtkleber erklärte: 39 % des Volumens 23 % des Volumens 9

10 Methoden mit Bezug zur Kleber-Qualität weisen engen Zusammenhang mit dem Volumen auf! SDS-Sediment erklärte: Makropolymer erklärte: 69 % des Volumens Glutenin- 70 % des Volumens 10

11 Ist der Optimierte-Backtest praxisrelevant? Praxisversuch Kaiserbrötchen Herzberger Bäckerei Fulda, 2008 Öko-Weizensorten: 1= Ataro 2= Wiwa 3= Wiwa/Ataro (50/50) 4= Wiwa/Ataro mit Backmittel Ökostolz 5=Goldblume/Ludwig (20/80) 6 = Hermes 11

12 Praxisrelevanz des Optimierten-Backtest (OBT) Backmittel 1: Acerola, Malzmehl, Enzyme, Lezithine Backmittel 2: Ökostolz: Acerola, Dinkelmehl Sorte Rohprotein (%, TS) herzberger Volumen (ml /100g Mehl) OBT Volumen (ml /100g Mehl) Ataro/Wiwa (1/1) 11, Ataro/Wiwa Ökostolz 11, Wiwa 11, Ataro 11, Ataro/Wiwa/Aszita 10, Goldblume/Ludwig (2/8) 10,

13 Was haben Bäcker mit Weizendüngung und Trinkwasserschutz zu tun? Bäckereien stellen hohe Anforderungen an die Mehlqualität, um hohe Volumenausbeuten zu realisieren. Orientierung am RMT bzw. an Protein. Hohe Korn-Proteinwerte = hoher Stickstoff-Düngung trägt zur Belastung des Trinkwassers bei. Optimierter Backtest OBT legt nahe, dass je nach Sorte etwa 11 % Mehl-Protein zur Erfüllung der Anforderungen an die Volumenausbeute ausreichen. Hierzu können zudem neue Sorten verwendet werden, die auf mittlerem Proteinniveau höchste Proteinqualität (Brotvolumen / Rohprotein %) zeigen. 13

14 Die Nachhaltigkeitsstrategie des Bundes Seit 2002 existiert eine Nationale Strategie zur Steigerung der Nachhaltigkeit in allen Bereichen. Verbraucherumfragen zufolge besteht ein Bedarf an nachhaltig erzeugten Lebensmitteln. Es wird jedoch der Nachweis anhand von eindeutigen Indikatoren und Kriterien vom Bund verlangt. Hot Spot Analyse über die gesamte Wertschöpfungskette betrachtet weist aus: Das größte Potenzial zur Steigerung der Nachhaltigkeit bezogen auf das Endprodukt Backwaren liegt im Bereich der landwirtschaftlichen Rohstoff-Erzeugung - Düngung & Trinkwasserreinigung sowie weite Transportwege (Import) belasten die Bilanz. 14

15 Stickstoff-Düngeversuch & Optimierter-Backtest - Sorten mit hoher Kleberqualität OBT-Volumen 660 ml Brotvolumen Rohprotein (%, TM) Volumen [ml/100g Mehl] Protein (% TM) E-Weizen Event A-Weizen Mirage B-Weizen Tobak 0 15

16 Stickstoffdüngeversuch ,9-15,7 % Mehl-Protein Proben: 2 Orte, Sorten, 3 N-Stufen; n = (JKI (JKI # 2012) Klasse Mehl-Protein [%] RMT-Volumen* [ml/100 g Mehl] OBT-Volumen [ml/100 g Mehl] E- 11,1 650 hoch 810 Aufmischqualität A- 11,5 628 befriedigend 744 Aufmischqualität B- 10,7 595 nicht befriedigend 700 sehr hoch # Institut für Pflanzenbau & Bodenkunde Braunschweig *Max Rubner-Institut Detmold 16

17 Höchste Kleberqualität = geringste Proteinkonzentrationen ml Volumen/% -Mehl-Rohprotein y = -4,224x + 115,69 r = -0,87 0,0 5,0 10,0 15,0 20,0 Rohprotein (%) im Mehl (T550) Sorten mit hoher Kleberqualität 17

18 Beziehung zwischen Mehl-Protein bzw. Glutenin- Makropolymer (GMP) und dem Brotvolumen ml Brotvolumen (T550) y = 20,451x + 518,29 R 2 = 0, Rohprotein [%] im Mehl (T550) ml Brotvolumen (T550) y = 105,38x + 479,48 R 2 = 0, ,0 1,0 2,0 3,0 4,0 5,0 mg GMP/100 mg Mehl (T550) 18

19 Zusammenfassung und Aussichten Backqualität von Weizen ist besser als gedacht. Feuchtkleber, Rohprotein und Extensogramm: keine engen Beziehungen zum Brotvolumen nachweisbar. Kleberqualität ist sortenspezifisch fixiert: Sorten garantieren gleichmäßige Mehlqualität. Backen mit reduzierten Proteingehalten: Nachhaltigkeit vom Anbau zum Endprodukt kann nachweisbar ausgelobt werden. Umsetzungsmöglichkeiten: Vertragsanbau & Mühlen- Infrastruktur aufbauen, Sortenwahl (nur E-, A-Sorten) und reduzierte Düngung kombinieren, Nachhaltigkeit am Endprodukt ausweisen: Vermeidung von Stickstoffeinträgen ins Trinkwasser. 19

20 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit Bei Fragen und Anregungen wenden Sie sich bitte an: Dr. agr. Ludger Linnemann Forschungsring e.v., Darmstadt Kontakt: Telefon: