Die Einwilligungserklärung 1 Stand Juni 2010
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- Kilian Dresdner
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1 Die Einwilligungserklärung 1 Stand Juni 2010 Christina Bankhardt Vor der Aufzeichnung von Gesprächen und der Erhebung personenbezogener Daten empfiehlt es sich aus juristischer Sicht, stets die Einwilligung der Betroffenen einzuholen; vor allen Dingen dann, wenn Gesprächsausschnitte, die nicht hinreichend anonymisiert werden können, später in Publikationen verwendet werden sollen; vgl. 40 Abs. III Nr. 1 BDSG 2 : 40 BDSG: Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten durch Forschungseinrichtungen I. Für Zwecke der wissenschaftlichen Forschung erhobene oder gespeicherte personenbezogene Daten dürfen nur für Zwecke der wissenschaftlichen Forschung verarbeitet oder genutzt werden. II. Die personenbezogenen Daten sind zu anonymisieren, sobald dies nach dem Forschungszweck möglich ist. Bis dahin sind die Merkmale gesondert zu speichern, mit denen Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren Person zugeordnet werden können. Sie dürfen mit den Einzelangaben nur zusammengeführt werden, soweit der Forschungszweck dies erfordert. III. Die wissenschaftliche Forschung betreibenden Stellen dürfen personenbezogene Daten nur veröffentlichen, wenn 1. der Betroffene eingewilligt hat oder 2. dies für die Darstellung von Forschungsergebnissen über Ereignisse der Zeitgeschichte unerlässlich ist. Personenbezogene Daten sind gemäß 3 Abs. I BDSG Angaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (Betroffener), wie z.b. Name, Alter, Geburtsdatum, Familienstand und Anschrift einer Person oder auch Angaben zu Geschlecht, Gewicht usw. Je nach Forschungszweck kann es erforderlich sein, besondere Arten personenbezogener Daten zu erheben. Darunter fallen gemäß 3 Abs. IX BDSG Angaben über die rassische und ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder philosophische Überzeugungen, Gewerkschaftszugehörigkeit, Gesundheit oder Sexualleben. Beim Betroffenen eine Einwilligung für die Datenerhebung, -verarbeitung und -nutzung einzuholen, stellt immer das mildeste Mittel dar. Denn nur dann hat der Betroffene überhaupt die Möglichkeit, sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung, das jedem Einzelnen ermöglichen soll, selbst zu bestimmen, welche Daten er von sich selbst preisgeben möchte 3, auszuüben. Im Falle verdeckter Aufnahmen ist zu beachten, dass eine Grundrechtsausübung der informationellen Selbstbestimmung der Betroffenen unmöglich und dieses Vorgehen zur Erforschung eines linguistischen Phänomens (nahezu) nicht zu rechtfertigen ist Die Bereitstellung dieser Informationen ist keine Rechtsberatung und erfolgt ohne Gewähr. Es wird keine Gewährleistung für die gelieferten Informationen übernommen und die Haftung für Schäden, die sich aus deren Gebrauch ergeben, ausgeschlossen. Es wird darauf hingewiesen, dass sich die Ausführungen hier auf das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) beziehen; ggf. tritt an die Stelle der Anwendung des BDSG die Anwendung des jeweiligen Landesdatenschutzgesetzes. Der Einfachheit halber wird hier auf die Unterscheidung zwischen öffentlichen und nicht-öffentlichen Stellen verzichtet. Dieser Paragraph privilegiert die Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten durch Forschungseinrichtungen, für die das BDSG Anwendung findet. Privilegiert sind z.b. institutionell angebundene Wissenschaftler der Max-Planck- oder Helmholtz-Institute sowie diejenigen der Fraunhofer- Gesellschaft, nicht aber der einzelne Wissenschaftler selbst (vgl. Simitis (2006b), 40 Rn. 29). vgl. Jarass (2007), Art. 2 Rn. 44; BVerfGE 65, 1/43. Gemäß 201 StGB ist die Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes strafbar.
2 Die Anforderungen für die Wirksamkeit einer Einwilligung ergeben sich u.a. aus 4a BDSG: 4a Einwilligung I. Die Einwilligung ist nur wirksam, wenn sie auf der freien Entscheidung des Betroffenen beruht. Er ist auf den vorgesehenen Zweck der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung sowie, soweit nach den Umständen des Einzelfalles erforderlich oder auf Verlangen, auf die Folgen der Verweigerung der Einwilligung hinzuweisen. Die Einwilligung bedarf der Schriftform, soweit nicht wegen besonderer Umstände eine andere Form angemessen ist. Soll die Einwilligung zusammen mit anderen Erklärungen schriftlich erteilt werden, ist sie besonders hervorzuheben. II. Im Bereich der wissenschaftlichen Forschung liegt ein besonderer Umstand im Sinne von Absatz 1 Satz 3 auch dann vor, wenn durch die Schriftform der bestimmte Forschungszweck erheblich beeinträchtigt würde. In diesem Fall sind der Hinweis nach Absatz 1 Satz 2 und die Gründe, aus denen sich die erhebliche Beeinträchtigung des bestimmten Forschungszwecks ergibt, schriftlich festzuhalten. III. Soweit besondere Arten personenbezogener Daten ( 3 Abs. 9) erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, muss sich die Einwilligung darüber hinaus ausdrücklich auf diese Daten beziehen. Da eine Einwilligungserklärung auf das jeweilige Projekt abgestimmt individuell entwickelt werden muss, wird hier keine Mustereinwilligung zur Verfügung gestellt, sondern die einzelnen Komponenten einer wirksamen Einwilligung vorgestellt (Formulierungshilfen finden Sie hier): 1. Schriftform Die schriftliche Fixierung der Einwilligung soll den Betroffenen vor einer übereilten oder unbedachten Einwilligung schützen. Eine Einwilligung ist nämlich nur dann rechtskonform, sofern der Betroffene die gesamte Tragweite seiner Einwilligung überblicken kann 5. Nur wenn er erkennen kann, zu welchem Zweck seine Daten erhoben und wie sie verarbeitet und genutzt werden, kann er wirksam einwilligen. Die Einwilligung dient aber auch dem Wissenschaftler zu Beweiszwecken 6. Der Wissenschaftler kann dadurch belegen, dass der Betroffene über den Zweck der Datenerhebung, -verarbeitung und -nutzung aufgeklärt wurde und sich damit einverstanden erklärte. 4a Abs. II BDSG enthält eine Ausnahmeregelung für Zwecke der wissenschaftlichen Forschung. Eine Einwilligung kann auch in anderer Form als der Schriftform eingeholt werden, sofern durch die Schriftform der Forschungszweck erheblich beeinträchtigt würde 7. Die Gründe für die Entscheidung, auf eine schriftliche Einwilligung zu verzichten, sollten schriftlich dokumentiert werden. 2. Vor der Datenerhebung Die Einwilligung ist darüber hinaus grundsätzlich vor der Gesprächsaufzeichnung einzuholen ( 183 BGB definiert Einwilligung als vorherige Zustimmung). 8 Da das Wissen über den genauen Forschungszweck den Gesprächsverlauf und das Kommunikationsverhalten der Interviewten beeinflussen kann, könnte in Ausnahmefälle der Forschungszweck gefährdet sein, wenn die vgl. Gerling (2008), S vgl. Holznagel/Sonntag (2003), S Problematisch an der Schriftform könnte sein, dass u.u. potentielle Interviewte für Gesprächsaufnahmen nicht zur Verfügung stehen, da bestimmte soziale Gruppen eine gewisse Skepsis gegenüber Kleingedrucktem hegen (vgl. Metschke/Wellbrock (2002), S. 29). Weiterhin wäre denkbar, dass Gesprächsaufnahmen in Kulturkreisen geplant sind, denen die Schrift grundsätzlich fremd ist (vgl. Gerling (2008), S. 734: er geht auf Datenerhebungen bei Naturvölkern ein). Probleme, eine schriftliche Einwilligung einzuholen, könnten sich auch bei Projekten ergeben, die vorwiegend mit Telefoninterviews arbeiten. vgl. Gola (2007), 4a Rn. 2, 15; Simitis (2006a), 4a Rn. 27ff.
3 Einwilligung im Vorhinein eingeholt wird. Auch in diesem Fall sollten die Gründe für die Entscheidung, die Einwilligung erst nach der Gesprächsaufzeichnung einzuholen, schriftlich dokumentiert werden. 3. Informed Consent Nicht allein aus juristischen Gründen, sondern auch aus ethischen Erwägungen heraus, sollte grundsätzlich mit informierten Einwilligungen (informed consent) 9 gearbeitet werden. Denn nur wenn ein Betroffener die genauen Umstände der Datenerhebung, -verarbeitung und -nutzung kennt, kann er selbst entscheiden, welche Informationen er über sein Verhalten von sich selbst preisgeben möchte. Informierte Einwilligungen enthalten Angaben über den Träger und Leiter eines Forschungsvorhabens, Informationen über die Erhebung, den Forschungszweck und die weitere Verarbeitung der Daten. Die Einwilligungserklärung sollte so formuliert sein, dass sämtliche später erwünschten Nutzungsszenarien abgedeckt sind. Im Nachhinein eine Einwilligung für abweichende Nutzungen zu erhalten, z.b. wenn sich der Forschungszweck im Laufe eines Projektes etwas verschiebt, kann ggf. schwierig oder gar unmöglich werden. Einwilligungen, bei denen ein Betroffener nicht erkennen kann, zu welchem Forschungszweck seine Daten verwendet werden sollen, sind unwirksam. 10 Die Verwendung abgestufter Einwilligungserklärungen könnte hier eine mögliche Lösung sein. Eine informierte Einwilligung gibt außerdem Auskunft über den Personenkreis, der von den personenbezogenen Daten Kenntnis erhält; hier kommen Projektleiter, Projektmitarbeiter, Transkribenten sowie Kooperationspartner oder sonstige Personen und Einrichtungen, an die die Daten weitergegeben werden sollen, in Betracht. Gemäß 4a Abs. III BDSG ist in einer Einwilligung ein besonderer Hinweis auf die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung besonderer Arten personenbezogener Daten enthalten. Weiterhin sollte der Zeitpunkt der Löschung personenbezogener Daten in einer informierten Einwilligung möglichst konkret benannt werden. 11 Dieser liegt in aller Regel am Projektende. 12 In einer informierten Einwilligungserklärung sind weiterhin ein Hinweis auf die Freiwilligkeit der Teilnahme und die Möglichkeit des Widerrufs zu finden. 13 Freiwilligkeit bedeutet, dass auf den Betroffenen kein Zwang ausgeübt werden darf, sonst ist die Einwilligung unwirksam. Bei nichteinwilligungsfähigen Personen (z.b. Kinder, Aphasiker) ist (auch) die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters einzuholen 14. Literatur Bundesverfassungsgericht (1983): Urteil vom 15. Dezember 1983 aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 18. und 19. Oktober 1983 (1 BvR 209, 269, 362, 420, 440, 484/83) vgl. Holznagel/Sonntag (2003), S. 695f; Metschke/Wellbrock (2002), S. 25ff; Gola (2007), 4a Rn. 10ff. vgl. Metschke/Wellbrock (2002), S. 28. vgl. Metschke/Wellbrock (2002), S. 27. Dieser Punkt ist für empirisch arbeitende Linguisten im Hinblick auf die Verifikation und Replizierbarkeit von Forschungsergebnissen ebenso wie für eine Nachnutzung linguistischer Forschungsdaten sehr problematisch. vgl. Gola (2007), 4a Rn. 17ff. Allerdings verpflichtet die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters den Betroffenen nicht unbedingt zur Teilnahme - ein Kind kann z.b. die Teilnahme an einer Befragung verweigern, auch wenn seine Eltern dem zugestimmt haben (vgl. Metschke/Wellbrock (2002), S. 30f). Es ist daher empfehlenswert, über die Einwilligungserklärung des gesetzlichen Vertreters hinaus, z.b. bei Aufnahmen in Schulen, auch die Einwilligung der Kinder einzuholen. Gerade bei Aufzeichnungen in Schulen kann es außerdem erforderlich sein, die Zustimmung von Schulleiter, Schulverwaltung, Lehrer, Ministerien, Schüler und Eltern einzuholen. Darüber hinaus wird von Schulbehörden mitunter auch die Zustimmung der Datenschutzbehörden gefordert (vgl. DFG (1996), S. 50).
4 Volkszählungsgesetz In: Entscheidungen des Bundesverfassungsgericht, Jg. 65, S zitiert als BVerfGE 65/1 Deutsche Forschungsgemeinschaft (1996): Forschungsfreiheit. Ein Plädoyer für bessere Rahmenbedingungen der Forschung in Deutschland. Weinheim. zitiert als DFG (1996) Gerling, Rainer W. (2008): Einwilligung und Datenweitergabe in der Forschung. In: Datenschutz und Datensicherheit, 11 (2008), S Gola, Peter (2007): 4a. Einwilligung. In: Gola, Peter / Schomerus, Rudolf (Hg.): BDSG Bundesdatenschutzgesetz. Kommentar. 9. Aufl. München. Holznagel, Bernd / Sonntag, Matthias (2003): Die Einwilligung des Betroffenen. In: Handbuch Datenschutzrecht. Die neuen Grundlagen für Wirtschaft und Verwaltung. Hrsg. von Roßnagel, Alexander. München. S Jarass, Hans D. (2007): Art. 2 GG. Leben, Freiheit, Unversehrtheit. In: Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland. Kommentar. Hrsg. von Jarass, Hans D. / Pieroth, Bodo. 9. Aufl. München. Metschke, Rainer / Wellbrock, Rita (2002): Datenschutz in Wissenschaft und Forschung. 3. Aufl. Berlin. Simitis, Spiros (2006a): 4a. Einwilligung. In: Bundesdatenschutzgesetz. Hrsg. von Simitis, Spiros. 6. Aufl. Baden-Baden. Simitis, Spiros (2006b): 40. Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten durch Forschungseinrichtungen. In: Bundesdatenschutzgesetz. Hrsg. von Simitis, Spiros. 6. Aufl. Baden- Baden.
5 Christina Bankhardt Stand Juni 2010 Die Bereitstellung dieser Informationen ist keine Rechtsberatung und erfolgt ohne Gewähr. Es wird keine Gewährleistung für die gelieferten Informationen übernommen und die Haftung für Schäden, die sich aus deren Gebrauch ergeben, ausgeschlossen. Es wird darauf hingewiesen, dass die vorgeschlagenen Formulierungen an das jeweilige Projekt angepasst werden müssen. Allgemeine Informationen Formulierungsvorschlag Briefkopf mit Kontaktdaten Träger des Forschungsvorhabens Leiter des Projektes Forschungszweck Informationen über die Erhebung und die weitere Verarbeitung der Daten Personenkreis, der von den personenbezogenen Daten Kenntnis erhält Sehr geehrte Teilnehmer/innen, wir bitten Sie um Ihre Einwilligung für die Teilnahme am Projekt *** der Universität ***. Dazu möchten wir Ihnen einige Informationen zum Projekt geben: Das Projekt wird von Prof. Dr. *** geleitet. Ziel des Projektes ist es, *** zu erforschen. Die Gespräche werden mithilfe von Video-/Audiogeräten aufgezeichnet und anschließend von Projektmitarbeitern verschriftlicht. Außerdem ist es für die Erreichung des Forschungszwecks erforderlich, Daten zu Ihrer Person und sprachlichen Biographie zu erheben. Diese Daten werden auf elektronischen Datenträgern und in Papierform gespeichert. Die personenbezogenen Daten werden von den Projektmitarbeitern maskiert, bevor sie für Auswertungen im Forschungsprojekt zugänglich gemacht werden. In den Audio-/Videoaufnahmen und Transkripten werden alle Namen durch Pseudonyme ersetzt, weitere individuelle Angaben werden so verfremdet, dass kein Rückschluss auf Personen, Orte und Institutionen bzw. Organisationen mehr möglich ist. Die Verschriftungen der Gespräche (Transkripte) werden ebenso wie die Gesprächsaufzeichnungen zusammen mit den Daten zu Ihrer Person und sprachlichen Biographie über eine Datenbank für die Projektmitarbeiter zur Verfügung stehen. Sie dürfen ausschließlich zur Erreichung des Forschungszwecks verwendet und nicht an Dritte zu anderen Zwecken weitergegeben werden. Die Ergebnisse des Forschungsprojektes werden in wissenschaftlichen Publikationen veröffentlicht. Zeitpunkt der Löschung Freiwilligkeit und Widerruf Die personenbezogenen Daten werden nach Abschluss des Projektes zum *** gelöscht. Ihre Einwilligung ist freiwillig, es entstehen Ihnen keine Nachteile, wenn Sie nicht einwilligen. Die Einwilligung kann jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden. Sie können die Löschung Ihrer personenbezogenen Daten verlangen. Ich habe die Informationen über das Forschungsvorhaben gelesen und bin mit der vorgesehenen Verarbeitung und Nutzung meiner Daten einverstanden. Ort, Datum Unterschrift (ggf. Unterschrift des gesetzlichen Vertreters)
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