Den Alltag leben! Hauswirtschaftliche Betreuung. Prof. Dr. Ulrike Pfannes, HAW Hamburg. Fachtagung der LAG Hauswirtschaft Baden-Württemberg
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- Heini Berger
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1 Den Alltag leben! Betreuung Prof. Dr. Ulrike Pfannes, HAW Hamburg Fachtagung der LAG Hauswirtschaft Baden-Württemberg 9. März 2013 in Göppingen
2 Themen werden zunehmend in den Medien aufgenommen und mit modernen Verpackungen umhüllt. Kochshows, Reinigungsnanny, Ernährungscoach-Sendungen, Publikumszeitschriften wie z.b. LandLust, LandLiebe und Bücher zur Haushaltsführung z.b. bei Tchibo oder GU illustrieren dies eindrücklich. Auch der Do-it-Yourself-Trend (DIY) knüpft an vielfältigen hauswirtschaftlichen Themen an und verspricht: Individualisierung und Selbstverwirklichung, eine Personalisierung von Leistungen oder selber machen macht glücklich und zufrieden. Hauswirtschaft verpackt als Lifestyle-Aktivität findet viele Interessierte! Mit der n Betreuung liegt die Domäne Hauswirtschaft genau im Trend der Zeit: nicht nur in Privaten Haushalten sondern auch in sozialen Einrichtungen und Diensten muss im Alltag selbst aktiv werden ermöglicht und professionell unterstützt werden. Die Sicherheit der hauswirtschaftlichen Versorgung ist nach wie vor wichtig, aber sie muss ergänzt werden um Betreuungsaspekte und das nicht nur von Seiten z.b. der Pflege und der Pädagogik. Es ist also von der Domäne Hauswirtschaft fachlich zu fundieren: Was hat Hauswirtschaft mit Betreuung zu tun? Wo und wie kann Hauswirtschaft einen Betrag zur Befähigung von Menschen mit Hilfebedarf im Alltag leisten? Wo kann Hauswirtschaft zur Weiterentwicklung von sozialen Organisationen beitragen? Charakterisierung der n Betreuung Normalität, Teilhabe, Stärkung der Selbständigkeit, Individualität, Mitwirkung und Beteiligung sind Eckpunkte in den Entwicklungsprozessen sozialer Einrichtungen und Dienste. In vielen sozialen Arbeitsfeldern z.b. in der Alten-, Jugend- und Behindertenhilfe werden Ansätze entwickelt, die die Nutzer/-innen als aktiv Beteiligte im Prozess der Gestaltung ihres eigenen Alltages und damit ihrer Lebensqualität sehen. Damit ist auch die Hauswirtschaft gefordert, die neuen Ansätze in ihrem Bereich zu berücksichtigen. Eine Antwort der Hauswirtschaft ist die Betreuung. Als Beispiele für Betreuung können genannt werden: Alltagsbegleitungen in Wohngruppen, Haus- und Wohngemeinschaften für Menschen mit einer Demenz und Assistenz von Menschen mit Behinderungen. Der Trend geht von zeitfüllenden Beschäftigungen hin zu aktiven sinnstiftenden Tätigkeiten, die mit der Lebenswelt der Nutzer/-innen eng verknüpft sind.
3 Die Grundlagen bilden personenbezogene Daten, der Wohn- und Lebenskontext, die Lebens- sowie die Krankengeschichte und die Erfassung der vorhandenen Kompetenzen. Das spezifische Arbeiten, d.h. die gemeinsame Bewältigung einer konkreten Versorgungsaufgabe im Alltag, kann durch folgende Schritte gekennzeichnet werden: den Nutzern/-innen Raum geben dabei sein zu können, Kontaktaufnahme, die Nutzer/-innen mit einbeziehen, Aufgaben übertragen und selbständiges Erledigen unterstützen. Der Grad der Beteiligung hängt von den spezifischen Möglichkeiten der Nutzer/-innen ab. Hierdurch wird auch eine Individualisierung der hauswirtschaftlichen Leistungen in Abstimmung mit Vorlieben und Abneigungen nach je unterschiedlichem Bedarf ermöglicht. Voraussetzungen für Betreuung Die Umgestaltung in den sozialen Einrichtungen und Diensten erfordert, dass die n Leistungen so nahe bei den Nutzern/-innen wie möglich erbracht werden mit der entsprechenden räumlichen und technischen Ausstattung. Das gibt die Chance der aktiven Beteiligung durch diese und somit die Möglichkeit, Mitverantwortung für ihre eigene Versorgung wahrzunehmen und diese als sinnstiftend zu erleben. Für den Bereich der Altenhilfe gibt es mittlerweile Untersuchungen, die diesen Ansatz als sehr positiv belegen. Das nachfolgende Beispiel illustriert den Ansatz für den Bereich Wäsche. Ausgangspunkt: eine Wäscheaufgabe des Alltags Ziel: Erledigung der Aufgabe Aufgabe Betreuenden der Den Nutzern/-innen Raum geben, dabei zu sein Kontakt aufnehmen Die Nutzer/-innen mit einbeziehen Aufgaben übertragen Selbständiges Erledigen unterstützen Gestaltungsprinzip - findet öffentlich statt - die Ausführungen beschreiben und erläutern - vertraute Geräte und Verfahren einsetzen - Fragen stellen zur Aufgabe - sich über das Thema unterhalten - zur Unterstützung auffordern - kleine Aufgaben übergeben - zu Handreichungen auffordern - die Tätigkeiten delegieren - ggf. die Ausführung unterstützen - einzelne Aufgaben in die Verantwortung übergeben - Situationen zur Zusammenarbeit fördern Wäsche (Beispiele) Wäschekino : Nutzer/-innen können an der Wäscheversorgung Anteil nehmen: sowohl im Wohnbereich als auch in der Zentralwäscherei ist das Zuschauen erwünscht. Die spezifischen Erfahrungen, Kenntnisse, Fertigkeiten der Nutzer/-innen zur Wäsche werden erfragt und aufgenommen und es wird das Interesse an der Mitarbeit erkundet. Nutzer/-innen helfen beim Wäscheaufhängen z.b. indem sie die Wäschestücke und Wäscheklammern reichen. Die Nutzer/-innen legen ihre Wäsche zusammen bzw. helfen beim Einräumen in den Schrank. Eine Nutzer-/in übernimmt das Bügeln der gesamten Wäsche für die Wohngruppe auf Dauer. Nutzer/-innen können stundenweise in der Zentralwäscherei mitarbeiten. Grad der Beteiligung der Nutzer/-innen im Rahmen der hauswirtschaftlichen Betreuung am Beispiel Wäsche (Pfannes / Schukraft 2013)
4 Dies fordert von den Personen, die diese Aufgabe wahrnehmen, Qualifikation in unterschiedlichen Feldern. Kenntnisse und Fertigkeiten in professioneller Hauswirtschaft, die Auseinandersetzung mit der jeweiligen zu betreuenden Zielgruppe (z.b. Kinder, Alte, Behinderte), Berücksichtigung der Biographie, methodisches Vorgehen und Kommunikation. Der/die Betreuer/-in hat dabei die Rolle des Vorbildes, der Expertin/des Experten, der Fachkraft, mit der gemeinsam sinnstiftend gearbeitet wird. Dies erfordert die strukturelle und konzeptionelle Verankerung der n Betreuung in der Einrichtung und die systematische Vernetzung mit weiteren Angeboten anderer Professionen (z.b. Pflege, Heilerziehungspflege, Pädagogik, Sozialarbeit). Die Betreuung muss im jeweiligen Hauskonzept explizit angelegt sein und im Hauswirtschaftskonzept fachlich fundiert und dargelegt werden. Ziel der n Betreuung Nutzern/-innen wird ein möglichst selbstbestimmtes Leben ermöglicht: sie sollen an persönlich bedeutsamen Lebensbereichen gestaltend teilnehmen, an den Versorgungshandlungen des Alltags aktiv mitwirken und ihren individuellen Lebensstil verwirklichen können. Betreuung ist immer verknüpft mit den hauswirtschaftlichen Versorgungsaktivitäten, bei denen am Ende Nutzer/-innen und Verantwortliche das Versorgungsziel gemeinsam erreichen. Dies geht ausdrücklich deutlich über Beschäftigungsangebote hinaus. Je nach Handlungsfeld und Kontext ist eine zielgruppen- und einrichtungsspezifische Gestaltung der n Betreuung erforderlich. Charakteristika und Alleinstellungsmerkmal Betreuung Betreuung befähigt Menschen mit Hilfebedarf, die Versorgungsaufgaben des Alltags so eigenständig wie möglich wahrzunehmen. Betreuung ist kein Angebot mit einem definierten Zeitpunkt und Ort wie z.b. Beschäftigungsangebote, sondern findet integriert in die Abläufe der alltäglichen nutzernahen Versorgung statt. Diese findet mit direkter unmittelbarer Beteiligung der Nutzer/-innen statt und die Resultate fließen sinnstiftend in deren Alltag ein. Die oft unerschlossenen Potentiale der n Versorgung werden damit (wieder) genutzt. Dieser partizipative Ansatz ermöglicht die nachhaltige Aktivierung der Nutzer-/innen. Betreuung setzt bei den Möglichkeiten und Wünschen der Nutzer/-innen mit Hilfebedarf an und entwickelt personen- und situationsorientierte Angebote verknüpft mit den konkreten Versorgungsaufgaben.
5 Versorgung Betreuung Therapie Das Kontinuum in der Hauswirtschaft reicht von der Versorgung über die Betreuung bis zur Therapie. Die Übergänge sind fließend und abhängig vom jeweiligen Hilfebedarf der Personen. Die derzeit vielfach praktizierte Reduktion der hauswirtschaftlichen Aktivitäten (Verpflegung, Reinigung, Wäscheversorgung, Hausgestaltung) auf den Versorgungsaspekt, die effizient und effektiv weitgehend bewohnerfern und ohne deren Beteiligung erbracht werden, schöpft die vielfältigen Möglichkeiten der Hauswirtschaft nicht aus. Hier liegen noch viele unerschlossene Potentiale - aktivierende, sinnliche, sensorische, motorische, gesundheitliche, sinnstiftende -, die gehoben werden können. Mit Blick auf die Organisationsentwicklung sozialer Einrichtungen liefert dieser Ansatz einen wichtigen Beitrag zur Normalisierung, Mitwirkung und Beteiligung für die Nutzer/-innen. Hauswirtschaft als Kernleistung und Basis des Alltags ist in sozialen Einrichtungen und Diensten immer selbstverständlich vorhanden und kann damit idealer Anknüpfungspunkt für integrierte Betreuungsangebote sein. Das Kontinuum der Hauswirtschaft Versorgung Betreuung - Therapie Hilfebedarf ist nicht Vorraussetzung Hilfebedarf ist Vorraussetzung Versorgung Bereitstellung und Service effizient und Bedarfe und Wünsche effektiv erstellt berücksichtigt Versorgung incl. Service Betreuung Gemeinsames sinnstiftendes hauswirtschaftliches Handeln Versorgung incl. Service Therapie gezielte Verhaltensänderung Zunehmende Individualisierung und Beteiligung Zunehmende Kommunikation und Interaktion dgh 2011 Handlungsfelder und Zielgruppen r Betreuung: Kinder und Jugendliche: Kompetenzen in der hauswirtschaftlichen Versorgung vermitteln und grundlegende Entwicklungsprozesse fördern. Familien: Alltags- und Haushaltsführungskompetenzen vermitteln. Ältere Menschen: Dienstleistungen als fördernde Hauswirtschaft erbringen. Menschen mit Behinderung: Dienstleistungen als fördernde und unterstützende Hauswirtschaft erbringen Literaturempfehlung (download): Den Alltag leben! Betreuung - ein innovativer Weg für soziale Einrichtungen und Dienste Deutsche Gesellschaft für Hauswirtschaft e.v. (Hg.), Geschäftsstelle: Allensteiner Straße 16, Osnabrück, Tel.: ; dgh@dghev.de;
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