1. Die Entstehung von Notenbanken oder Der innere Schweinehund

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1 1. Die Entstehung von Notenbanken oder Der innere Schweinehund Die Gründung von Notenbanken verdanken wir dem inneren Schweinehund. Natürlich nicht meinem, der mich in letzter Zeit erfolgreich vom Ausdauersport fernhält, und auch nicht Ihrem. Es geht vielmehr um den historischen inneren Schweinehund des Staates als Ganzes und darum, wie er überwunden wurde. Seit es Geld gibt, haben sich die jeweiligen Herrscher bzw. Staaten das Recht vorbehalten, ihr Geldwesen selbst zu regeln. Mit diesem Recht zur Geldausgabe war auch immer schon die Verlockung verbunden, für Zwecke des Staates erforderliches Geld einfach zusätzlich zum bereits vorhandenen Geldbestand zu drucken. Im Lauf der Geschichte fand der innere Schweinehund des Staates häufig ganz ausgezeichnete Argumente für eine übermäßige Geldvermehrung ( Wichtige Kriege müssen finanziert werden etc.) und oft genug ist man seinem Rat gefolgt. In der österreichischen Geschichte waren die Napoleonischen Kriege so eine Zeit, in der der innere Schweinehund oder vielleicht war es auch einfach nur die Verzweiflung? das Sagen hatte. Allerdings hatten seine Empfehlungen etwas später unweigerlich einen schweren Katzenjammer zur Folge, der sich dann als Geldentwertung und Abschwächung der Wirtschaft in Verbindung mit hoher Arbeitslosigkeit zeigte. Die Zeche hatte letztlich immer die breite Bevölkerung zu zahlen, weil ihre durch Arbeit mühsam aufgebauten Ersparnisse plötzlich so gut wie wertlos wurden. Die OeNB ist eine der ältesten Aktiengesellschaften Österreichs. 15

2 1. Die Entstehung von Notenbanken oder Der der innere Schweinehund Aus Schaden wird man klug und so haben einzelne Staaten ihren inneren Schweinehund überwunden und sich entschlossen, die Geldausgabe unabhängigen Notenbanken anzuvertrauen. In Österreich geschah das schon sehr früh. Die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) wurde bereits im Jahre 1816 als privilegirte oesterreichische National-Bank gegründet. Ihr berühmtester Aktionär war Ludwig van Beethoven. Sie ist übrigens eine der ältesten Aktiengesellschaften Österreichs. Noch heute, beinahe 200 Jahre nach ihrer Gründung, ist die OeNB nach wie vor dieser Die Oesterreichische Nationalbank Grundidee der Unabhängigkeit der Notenbanken verpflichtet, obwohl die Republik Österreich der größte Aktionär der Nationalbank ist und sie daher eigentlich vom Staat abhängig ist. Die Notenbank-Unabhängigkeit ist aber sowohl im Nationalbankgesetz als auch in dem in Maastricht abgeschlossenen Vertrag über die Europäische Union ausdrücklich festgehalten. Sie gilt für die Oesterreichische Nationalbank als einzelnes Institut, aber auch für das gesamte Eurosystem, das jene Länder umfasst, in denen der Euro bisher eingeführt wurde. Es besteht aus den nationalen Notenbanken dieser Länder also auch aus der OeNB und der Europäischen Zentralbank (EZB). Beginnen wir mit Geld. Am einfachsten ist es mit dem Geld, das man mit sich herumträgt, das man angreifen und anschauen kann. Das sind die Münzen und die Banknoten. Das Recht, Banknoten herzustellen bzw. herstellen zu lassen, liegt bei den Notenbanken. Im Fall des Euro-Währungsgebiets sind das inklusive der 2007 und 2008 hinzugekommenen Zentralbanken von Slowenien, Zypern und Malta sowie seit Anfang 2009 der slowakischen Zentralbank insgesamt 16 natio nale Noten banken. Die Münzen werden in Österreich von einer Tochtergesellschaft der Oesterreichischen Nationalbank, nämlich der Münze Österreich AG, hergestellt. Die Geschichte dieser Tochter Münze Österreich AG reicht interessanterweise viel weiter zurück als jene der Mutter Oesterreichische Nationalbank. Die ursprünglich in Krems angesiedelte babenbergische Münzstätte konnte mit Hilfe des Lösegeldes, das die Engländer für die Freilassung ihres Königs Richard Löwenherz bezahlen mussten, nach Wien verlegt werden. Das Recht, Münzen herzustellen und in Umlauf setzen zu lassen, auch Münzregal genannt, lag seit jeher beim Staat bzw. den jeweiligen Landesfürsten. Das blieb auch nach der Gründung von eige nen Notenbanken so: Über das in Münzform Die EZB in Frankfurt / Main hergestellte Geld bestimmten die Finanzminister, über die Banknoten die Notenbanken. In Österreich änderte sich das erst, als im Jahr 1989 das Hauptmünzamt an die Oesterreichische Nationalbank verkauft und im Lauf der Zeit in einen hochmodernen und profitablen Produktionsbetrieb umgewandelt wurde. Seit diesem Zeitpunkt steht die Münze Österreich AG im Eigentum der OeNB und seither ist sie daher auch Tochter der Nationalbank. In Österreich liegt das Recht zur Bargelderzeugung durch diese Beteiligung in einer Hand, nämlich bei der Nationalbank, während in vielen anderen Ländern die entsprechenden Münzstätten noch immer in staatlichem Eigentum stehen. Die Münze Österreich AG stellt verschiedene Arten von Münzen her. Dazu gehören vor Die Gefangennahme von Richard Löwenherz allem die Euro-Umlaufmünzen von 1 Cent bis 2 Euro. Insgesamt hat die Münze Österreich allein 2007 über 400 Millionen Stück solcher Münzen geprägt. Auf jeden Österreicher entfallen daher im Durchschnitt 50 dieser Münzen. Diese österreichischen Euro-Umlaufmünzen gelten gemeinsam mit denen der anderen Euro-Länder im gesamten 16 17

3 Euro-Währungsgebiet. Sie haben eine für alle Euro-Länder gleiche Wertseite und eine von Land zu Land unterschiedliche nationale Seite. Dadurch lässt sich bei diesen Münzen das jeweilige Herkunftsland feststellen. Die Münze Österreich erzeugt aber auch sogenannte Gedenkmünzen. Diese Münzen sind meist in Silber oder Gold geprägt und erinnern an berühmte Persönlichkeiten, Ereignisse oder Bauwerke des jeweiligen Ausgabelandes. Gedenkmünzen sind nur in diesem Ausgabeland gesetzliches Zahlungsmittel. So besteht z. B. für deut sche oder französische Euro-Gedenk münzen in Österreich kein An nahmezwang, für österreichi sche aber schon. Parallel zur Einführung der Euro-Münzen wurden die Schilling-Münzen von der Münze Österreich zurückgenommen. Bis Ende 2007 wurden fast 3 Milliarden Stück Groschen- und Schilling-Münzen von der Münze Österreich zum jeweiligen Nenn Gedenkmünzen der Münze Österreich wert eingelöst. Anschließend wurden diese Münzen unbrauchbar gemacht und schließlich zum Metallwert an Schrotthändler verkauft. Sollten bei Ihnen zu Hause noch solche Groschen- und Schilling-Münzen auftauchen, die unmittelbar vor der Euro-Einführung gültig waren, haben Sie die Möglichkeit, sie zum Nennwert bei den Kassen der OeNB einzulösen. Sie können sich diesbezüglich ruhig Zeit lassen, da diese Einlösungsmöglichkeit nicht befristet ist. Das gilt übrigens auch für die letzte Schilling-Banknotenserie. Im Gegensatz dazu sind Banknoten aus älteren Serien nur für bestimmte Zeit bei der OeNB einlösbar. Im Zweifelsfall lohnt es sich daher, sich bei der OeNB telefonisch oder über das Internet entsprechend zu informieren. Die Münzen des Euro-Gebiets haben mit ca. 75 Milliarden Stück eine rie sige Anzahl, aber ihr Gesamtwert von ca. 20 Milliarden (Mrd.) Euro liegt weit unter dem der Banknoten. Im gesamten Gebiet, in dem der Euro als Zahlungsmittel gilt, laufen insgesamt ca. 12 Milliarden Stück Banknoten im Euro-Währungsraum (Stand ) EU-Länder des Euroraums EU-Länder außerhalb des Euroraums Länder in Beitrittsverhandlungen Nicht-EU-Länder Belgien Deutschland Finnland Frankreich Griechenland Irland Italien Luxemburg Malta Niederlande Österreich Portugal Slowakei Slowenien Spanien Zypern Gegenwert von ca. 680 Mrd. Euro um. Der gesamte Bargeldumlauf beträgt Ende 2007 ca. 700 Mrd. Euro. Anders gesagt sind das Millionen (Mio.) Euro. Wenn es eine Stadt der Superreichen gäbe, die Einwohner hat, von denen jeder eine Million Euro in Bargeld hätte, dann wäre das der gesamte Bargeldumlauf im Euro-Währungsgebiet. Umlauf klingt dabei nach viel Bewegung, aber zum Umlauf zählen durchaus auch ruhende Bestände in den Tresoren der Banken oder in den Sparbüchsen der Kinder. Dieser gesamte Bargeldumlauf ist also fast unvorstellbar groß. Wird er aber auf die rund 320 Millionen Einwohner des Währungsgebietes des Euro aufgeteilt, kommen auf jeden Einzelnen im Durchschnitt ca Euro. Das ist schon viel besser vorstellbar, aber gleichzeitig auch verblüffend: Kennen Sie jemanden in Ihrem Bekanntenkreis, der über solche Bargeldbeträge verfügt? Eher nein? Ich auch nicht. Aber hier werden schließlich auch die Bargeldvorräte der Banken mitgezählt, aus denen Sie sich im Bedarfsfall Ihre Spareinlagen und Kontoguthaben in Bargeld auszahlen lassen können

4 Wie bekommen Sie überhaupt Banknoten? Wenn Sie sie nicht direkt von anderen Personen z. B. als Wechselgeld beim Einkaufen erhalten, dann haben Sie die Banknoten entweder beim Bankomat oder direkt in Ihrer Bankfiliale behoben. Ihre Bank hat sich ihrerseits die Banknoten und Münzen von der Nationalbank beschafft, die auch als Zentralbank oder als Notenbank bezeichnet wird. Die Banken sind daher das Bindeglied zwischen der Notenbank und Ihnen, wenn es um Bargeld geht. Insgesamt gibt es in Österreich ca Bankstellen. Das sind entweder Hauptanstalten oder Filialen. Genau genommen muss ich hier auch noch eine Tochtergesellschaft der Nationalbank, die Oesterreichische Banknoten- und Sicherheitsdruck GmbH (= OeBS) erwähnen. Sie stellt in Österreich die Banknoten her. Eine zweite wichtige Gesellschaft ist die Geld Service Austria (= GSA). Sie ist in Österreich für die Versorgung mit den erforderlichen Mengen von in- und ausländischen Banknoten sowie inländischen Münzen zuständig. Sie ist quasi das Sortier- und Versandhaus für bares Geld. Banknoten in schlechter Qualität werden von der GSA eingezogen und durch einwandfreie Banknoten ersetzt. Diese Gesellschaften verrichten ihre Arbeit von der Öffentlichkeit ziemlich unbemerkt, Die OeBS ist eine Tochter der Nationalbank. erbringen aber technische, logistische und mengenmäßige Höchstleistungen. Die von mir sehr geschätzten Mitarbeiter und auch das Management dieser Unternehmen mögen mir bitte verzeihen, wenn ich in diesem Buch aus Vereinfachungsgründen trotzdem meist nur von der Notenbank spreche. Die Notenbank ist eigentlich auch aus einem anderen Grund eine Vereinfachung: die Oesterreichische Nationalbank ist nämlich wie schon erwähnt Teil jenes Systems, zu dem noch andere Notenbanken und auch die Euro päische Zentralbank gehören. Aber davon später. Eines muss ich an dieser Stelle gleich klarstellen: Die Jeder Geldschein trägt einen Herkunftsbuchstaben. fertig gedruckten Banknotenvorräte, die die OeNB in ihren oder in den Tresorräumen ihrer für den Banknotendruck zuständigen Tochtergesellschaft OeBS oder auch der Geld Service Austria (GSA) vorrätig hält, sind kein Bargeld, sondern stellen nur streng verrechenbare Drucksorten dar. Das klingt absurd (solche Drucksorten hätte jeder gern), aber erst wenn diese Drucksorten die Notenbank verlassen und in Umlauf gesetzt werden, sind sie tatsächlich Geld, vorher nicht. Auf den einzelnen Banknoten ist übrigens durch einen Buchstaben ersichtlich, welche Notenbank zur Produktion dieser Banknoten berechtigt war. Ich darf Sie daher einladen, kurz Ihre Geldbörse zur Hand zu nehmen. Wenn Sie nun die Rückseite Ihrer Euro-Geldscheine betrachten, sehen Sie auf jeder Note diesen Herkunftsbuchstaben. Es ist ziemlich wahrscheinlich, dass unter Ihren Noten ein N, ein X oder vielleicht auch ein S vorkommt. Das sind nämlich die Buchstaben für Österreich, Deutschland und Italien. Ein L für Finnland oder ein T für Irland zu entdecken wäre wegen der größeren Entfernung dieser Länder hingegen eher eine Überraschung. Die folgende Tabelle zeigt Ihnen die Länder des Euroraums und ihre Banknoten- Buchstaben im Überblick. BELGIEN GRIECHENLAND DEUTSCHLAND SPANIEN FRANKREICH Z Y X V U IRLAND ITALIEN NIEDERLANDE ÖSTERREICH PORTUGAL T S P N M FINNLAND SLOWENIEN ZYPERN MALTA SLOWAKEI L H G F E 20 21

5 Luxemburg lässt seine Banknoten von Notenbanken anderer Länder drucken, die Noten tragen die Buchstaben der jeweiligen Herstellerländer. Ich muss freilich zugeben, dass diese Länderzuordnung nur grob zutrifft. Es kommt nämlich auch immer wieder vor, dass einzelne Notenbanken nicht alle Nenn werte selbst erzeugen, sondern sich aus Wirtschaftlichkeitsgründen auf einige davon spezialisieren. Die fehlenden Schon Napoleon fälschte Geld. Nennwerte bekommen sie dann im Sinn einer partnerschaftlichen Unterstützung von anderen Notenbanken zur Verfügung gestellt. Nur die Notenbanken des Euroraums dürfen also Euro-Banknoten erzeugen lassen. Die Staaten haben ihnen dieses exklusive Recht im Wege des Vertrags von Maastricht als Monopol übertragen. Niemand sonst darf Euro-Banknoten herstellen lassen und die Einhaltung dieser Bestimmung wird von den Notenbanken genauestens überwacht. Das ist auch gut so, denn die Verlockung, Geld zu fälschen, war und ist immer sehr groß. Die Nationalsozialisten fälschten massenhaft britische Pfund. Die Geldfälscherei ist keineswegs nur ein Phänomen der jüngeren Vergangenheit. Auch die Geschichte ist voll von spannenden Beispielen solcher Fälschungen. Nicht immer waren es nur Private, die durch Falschgeld zu schnellem Reichtum kommen Viele gefälschte Noten wurden im Toplitzsee versenkt. wollten. Manchmal war es auch ein Staat selbst, der durch Fälschung und massenhafte Verbreitung der Bank noten feindlicher Staaten deren Geldwesen zerrütten wollte. Beispielsweise ist Napoleon während der Besetzung Wiens in den Jahren 1805/1806 an die Druckplatten der Wiener Stadt-Banco-Zettel gelangt. Seinen ursprünglichen Plan, österreichische Geldscheine in großen Mengen fälschen zu lassen, um das Vertrauen der Bevölkerung in den Wert des Geldes zu zerstören, ließ er nach der Heirat mit der Tochter von Kaiser Franz II. (I.), Marie-Louise, wieder fallen. Daher gelangten nur wenige dieser Fälschungen zur Ausgabe. Am Druck waren sie natürlich überhaupt nicht zu erkennen, weil sie ja mit den echten Druckplatten erzeugt worden waren, sondern nur am Papier: Das Originalpapier war hellblau, das Fälschungs-Papier blassgrün. Ein weiteres Beispiel war die massenhafte Fälschung von britischen Pfundnoten im Konzentrationslager Sachsenhausen in Deutschland zur Zeit des Nationalsozialismus. Die Qualität dieser Fälschungen, die unter dem Decknamen Unternehmen Bernhard erzeugt wurden, war extrem gut. Allerdings war ihre Verbreitung glücklicherweise nicht so erfolgreich wie geplant. Letztlich sind zahlreiche dieser Noten im sagenumwobenen Toplitzsee versenkt worden. Jahrzehnte später wurden größere Bestände aus diesem im steirischen Salzkammergut gelegenen See geborgen und im Beisein von Vertretern der Bank of England vernichtet. Der mit einem Oscar ausgezeichnete Film Die Fälscher des österreichischen Regisseurs Stefan Ruzowitzky zeigt anschaulich die Erzeugung dieser Falsifikate. Wesentlich häufiger als Staaten traten und treten Private als Fälscher auf