Richtlinien zur Auslegung von Blindstromkompensationsanlagen
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- Ludo Sachs
- vor 7 Jahren
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1 Richtlinien zur Auslegung von Blindstromkompensationsanlagen Ihr Guide für die Auslegung von Blindstromkompensationsanlagen Kontaktadresse B&W TechComp Handels GmbH Wiesnergasse 37 A 3100 St. Pölten T: +43 (0) F: +49 (0) E: office@b w.at H: w.at
2 1) Verdrosselt oder unverdrosselt? Für die Beurteilung, ob Blindstromanlagen verdrosselt oder unverdrosselt eingesetzt werden können, gibt es in den TOR Hauptabschnitt D3 (Technisch Organisatorische Regeln) ganz klare Beurteilungsrichtlinien: Für Versorgungsgebiete mit einer Rundsteuerfrequenz (RSF) kleiner als 250 Hz kann bei einer Kompensationsleistung <= 35 % der Vertragsleistung und keinem hohen Oberschwingungspegel und für Gebiete mit einer RSF größer als 250 Hz bei einer Kompensationsleistung <= 10 kvar eine unverdrosselte Anlage verwendet werden! Wie aber die Formulierung schon deutlich zeigt (was ist kein hoher Oberschwingungspegel!?), geht generell die Richtung eindeutig zu verdrosselten Anlagen und zwar aus mehreren Gründen: Der Oberschwingungspegel ist nur schwer zu beurteilen und geht in Zukunft eher nach oben! Auf Grund der Frequenzabhängigkeit von Kondensatoren werden bei unverdrosselten Anlagen praktisch alle höherfrequenten Signale von den Kondensatoren abgesaugt, was zu einer thermischen Überlastung derselben führen kann (siehe auch Punkt 6!) Undefinierte Schaltzustände von Induktivitäten (z.b. Motoren) und Kapazitäten (z.b. unverdrosselte Anlagen) führen zu undefinierten Resonanzpunkten im Netz, die jederzeit durch vorhandene Oberschwingungen angeregt werden können und je nach Resonanzart zu sehr hohen Strömen oder Spannungen führen können! Rundsteuersignale von Energieversorgern können abgesaugt werden! FAZIT: Außer bei kleinsten und abgestimmten Direktkompensationen (< 10 kvar) empfehlen wir grundsätzlich verdrosselte Ausführungen! 2) Wie muss ich verdrosseln? Bei verdrosselten Kompensationsanlagen wird zu jeder Kondensatorstufe eine Drossel in Reihe geschaltet, es entsteht also ein Reihenschwingkreis. Der Kondensator wird auf die zu kompensierende Leistung dimensioniert (z.b. 50 kvar). Mit der Drossel wird dann die Reihenresonanzfrequenz des Schwingkreises festgelegt. Sinnvollerweise wird die Resonanzfrequenz dieses Schwingkreises so gewählt, dass er erstens möglichst unter der niedrigsten vorkommenden Oberschwingung liegt und zweitens nicht in der Nähe einer RSF. Wie man aus grundsätzlichen Überlegungen ableiten kann, wird ein Reihenschwingkreis oberhalb seiner Resonanzfrequenz induktiv und dadurch kann keine Resonanz mehr angeregt werden. Unterhalb seiner Resonanzfrequenz ist der Schwingkreis kapazitiv und dient zur Kompensation der Blindleistung.
3 Grundsätzlich gibt auch hier die TOR D3 ganz klare Vorgaben:
4 In Österreich haben sich im wesentlichen 2 Verdrosselungsgrade durchgesetzt: Mind. 14% für Versorgungsgebiete < 250 Hz (z.b. EVN, Energie AG, Wienstrom etc.) und 7% für Versorgungsgebiete > 250 Hz (z.b. Salzburg AG, STEWEAG, TIWAG etc.). Anmerkung: Für einige Versorger mit Rundsteuerfrequenzen zwischen ca. 160 und 190 Hz besteht noch die Möglichkeit des Einsatzes eines so genannten Kombifilters. Dies ist eine Mischverdrosselung zwischen 5,5 und 12,5% und hat den Vorteil, dass sie für die genannten Frequenzen ebenfalls hochohmig ist aber gleichzeitig eine netzreinigende Wirkung für die 3. und die 5. Oberschwingung besitzt. Hierbei muss aber auf die erhöhte Belastung durch diese abgesaugten Signale Rücksicht genommen werden! 3) Spannungsfestigkeit von Kondensatoren Der Spannungsfestigkeit der Kondensatoren muss in Zukunft mehr Bedeutung beigemessen werden und zwar aus folgenden Gründen: Durch die Serienschaltung einer Drossel mit einem Kondensator kommt es zu einer Spannungserhöhung am Kondensator, die mit folgender Formel einfach berechnet werden kann: U Kondensator = UN /(1 p (in %)) d.h. bei einer Verdrosselung von z.b. 7% ergibt sich eine Spannungserhöhung auf ca. 430V und bei 14% auf ca. 465V. Nun erlaubt aber die EN50160 dem Energieversorger die Spannung durchschnittlich um +/ 10% zu verändern, was dieser aus technischen Gründen (z. B. lange Leitungen) manchmal auch ausnützt. Ist nun z. B. die Spannung nur um 5% erhöht (auf dann 420V) ergibt sich bei 7% Verdrosselung eine Spannung am Kondensator von 451V und bei 14% steigt der Wert auf 488V. Dies bedeutet aber gleichzeitig, dass die Kondensatornennspannung für eine Dauerbelastung dieser Spannungen konzipiert werden müssen, um diesen Spannungen langfristig Stand zu halten. Das zweite Argument für eine höhere Nennspannung bei Kondensatoren ergibt sich aus der Tatsache, dass durch die steigende Anzahl von nichtlinearen Verbrauchern der Oberschwingungspegel zum Teil schon bemerkenswerte Ausmaße annimmt und daher je nach Netztopologie ein gewisser Pegel an höherfrequenten Spannungssignalen zu erwarten ist. Diese überlagern sich der 50 Hz Netzspannung und belasten (nicht nur) die Kondensatoren zusätzlich. Daher ergibt sich die Schlussfolgerung, dass eigentlich für verdrosselte Anlagen die Kondensatornennspannung immer mindestens 525 V betragen sollte.
5 4) Thema Oberschwingungen Infolge der Schaltoperationen von nichtlinearen Verbrauchern wie Thyristoren, Dioden Schaltnetzteilen etc. entnehmen diese dem Netz Ströme, die stark von der Sinusform abweichen. Zum Beispiel treten je nach Pulszahl eines Stromrichter bestimmte Oberschwingungsströme auf. Bei sechspulsigen Geräten erscheinen nur Netzharmonische mit der 5, 7, 11, 13, 17, 19, usw. fachen Netzfrequenz. Je höher die Pulszahl eines Stromrichters desto höher ist die Ordnungszahl der niedrigstfrequenten Oberschwingung. Andere Verbraucher, wie z.b. elektronische Vorschaltgeräte (EVG s) von Leuchtstofflampen erzeugen sehr stark die 3. Oberschwingung (150 Hz). Dieser nichtsinusförmige Strom verursacht an den Netzimpedanzen (Widerständen) einen nichtsinusförmigen Spannungsabfall. Es entstehen an den Netzimpedanzen Oberschwingungsspannungen, deren Amplitude gleich dem Produkt aus eingeprägtem Oberschwingungsstrom und der Impedanz Z des Netzes für die Frequenz des entsprechenden Stromes ist. Die Amplituden dieser Oberschwingung überlagern sich der Netzspannung. Sind nun Kondensatoren am Netz, so saugen sie diese Ströme ab bzw. verstärken zum Teil noch diese Effekte. Die zunehmende Belastung der Kondensatoren macht sich durch eine erhöhte Stromaufnahme bemerkbar. Eine erhöhte Stromaufnahme bedeutet eine thermische Überlastung und somit eine Verkürzung der Lebensdauer. Worst Case Szenario ist der Aufbau eines Schwingkreises mit seriellen oder parallelen Induktivitäten, der zu riesigen Strömen oder Teilspannungen führen kann. Auf Grund der immensen Zerstörungskraft solcher Effekte, sind diese unbedingt zu vermeiden! ABHILFE: Verdrosselung (siehe auch Punkt 1)
6 5) Schalthandlungen Ein Kondensator stellt im Einschaltaugenblick einen Kurzschluss dar. Dabei kommt es zu einer Einschaltstromspitze, welche den Kondensator belastet und angeschlossene Verbraucher in der Funktion stören kann. Zur Senkung dieser Einschaltstromspitze können Schütze mit voreilenden Kontakten verwendet werden. Bei verdrosselten Anlagen liegt die Drossel (Induktivität) in Reihe zum Kondensator und übernimmt die Funktion der Einschaltstrombegrenzung. Aus diesem Grund ist der Einsatz eines Kondensatorschützes mit voreilenden Kontakten nicht erforderlich. Sollte dennoch zusätzlich zur Drossel ein Kondensatorschütz mit voreilendem Kontakt eingebaut werden, so kommt es zu einer zusätzlichen Reduzierung der Einschaltstromspitze. Nichts desto trotz bedeutet jede Schalthandlung eine gewisse Belastung sowohl für das Netz als auch für die Kondensatoren und sollte nach Möglichkeit vermieden werden. Hier helfen moderne Regler, die die Anzahl der Schalthandlungen optimieren und überwachen, um immer einen aktuellen Zustand über diese zu erhalten! 6) Temperatur Die Temperatur ist des Kondensators Tod! Kondensatoren reagieren sehr empfindlich auf zu hohe Temperaturen (10 C Übertemperatur bedeuten 70% relative Lebensdauerminderung!) und müssen daher unbedingt vor diesen geschützt werden. Dabei darf nicht übersehen werden, dass die Anlagen selbst je nach Verdrosselungsgrad eine Verlustwärme von 5 7 Watt/kVAr produzieren. Neben fachgerechter Installation (Lüftung, keine zu hohe Packungsdichte in den Schränken, Klimatisierung von Verteilerräumen) ist die einzige Möglichkeit, die Anlagen ständig auf seine Temperatur zu überwachen und gegebenenfalls eine Notabschaltung durch zu führen!
7 7) Füllstoffe Moderne Kondensatoren sind heute in Trockentechnik ausgeführt, um allen Vorschriften genüge zu tun. Hier sind im wesentlichen zwei Gesetzesblätter ausschlaggebend: BGB 447. Verordnung 2002: Verbote und Beschränkungen teilflourierter und vollfluorierter Kohlenwasserstoffe sowie von Schwefelhexaflourid (HFKW FKW SF6 V). Diese besagt, dass seit Kondensatoren nicht mit SF6 Gasen gefüllt werden dürfen! BGB 210. Verordnung 1993: Verbot von halogenierten Biphenylen, Terphenylen, Naphtalinen und Diphenylmethanen. Diese besagt, dass der Betrieb von PCB hältigen Kondensatoren längstens bis gültig war. Hier ist noch einiges zu tun, da nach wie vor solche Kondensatoren am Markt auftauchen. Diese sind umgehend als Sondermüll zu entsorgen! 8) Wartung Thema Selbstheilung: Beim Selbstheilvorgang wird durch die im Kondensator gespeicherte Energie an der Durchschlagstelle ein kleiner Lichtbogen erzeugt. Der Lichtbogen verdampft die dünne Metallschicht in der Umgebung der Durchschlagstelle und löscht sich damit selbst. Dadurch ist die volle Isolation des Dielektrikums wieder sichergestellt. Diesen Vorgang nennt man selbstheilend. Die wirksame Fläche des Kondensators wird im ersten Moment durch die Selbstheilung praktisch nicht verringert. Die ideale Isolation gibt es nicht! D.h. es wird immer wieder Überschläge am Kondensator geben. Wie oft diese auftreten, hängt aber sehr stark von Umweltparametern wie Temperatur, Schalthäufigkeit, Störpegel am Netz etc. ab. Mittel und langfristig kann und wird sich daher sehr wohl eine Verringerung des C bemerkbar machen! Dies hat zum einen den Nachteil das die Kompensationsleistung nachlässt (bedeutet möglicherweise Blindstromkosten) zum anderen wird die Resonanzfrequenz des verstimmten Schwingkreises (z.b. 14% entspr. 134 Hz) verschoben. Kommt die veränderte Resonanzfrequenz nun in die Nähe einer am Netz von außen vorhandenen Oberschwingung, so kann dieser Schwingkreis angeregt werden! Je nach Resonanzart kommt es hier zu riesigen Überströmen oder Spannungen, die starke Zerstörungen hervorrufen können! Ein hoher Prozentsatz aller Brandunfälle in Blindstromanlagen ist auf hohe Übergangswiderstände durch lockere Kontaktstellen zurückzuführen. Daher ist es nicht nur aus wirtschaftlichen Gründen sondern vor allem auch aus technischen Gründen und Gründen der Betriebssicherheit dringend zu empfehlen, Blindstromanlagen regelmäßig zu warten, um solche Effekte weitest gehend zu vermeiden! B&W, März 2011
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