- Leseprobe - Blindstromkompensation in der Praxis. 1 Grundlagen. Blindstromkompensation 04004

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1 Blindstromkompensation Seite 1 Blindstromkompensation in der Praxis In Stromrechnungen von Industriekunden tauchen nicht selten græßere Betråge an Blindarbeit auf, die ab einer bestimmten Hæhe auch berechnet werden. Dieser Beitrag zeigt Ihnen, um was es sich bei der Blindarbeit handelt und warum es sinnvoll ist, diese in gewissem Rahmen zu kompensieren. Mit dem inbau einer Blindstromkompensationsanlage kænnen nicht Begriff Kompensation 1 Grundlagen nur Kosten komplett eingespart werden, sondern auch die Netzbelastung und Stromverluste reduziert werden. Ferner verbessert die Blindstromkompensation die Netzqualitåt und hilft, die Netzspannung konstant zu halten. Autor: -Mail: Christian Wiedemann christian.wiedemann@kbr.de In der Praxis tauchen oft viele Fragen in Bezug auf die Blindstromkompensation in den gewerblichen und industriellen Stromnetzen auf. Auf folgende Fragestellungen wollen wir in diesem Beitrag eingehen: Warum wird eine Blindstromkompensation benætigt? Wie wird diese ausgelegt? Was muss man beim inbau und Betrieb einer solchen Anlage beachtet werden? In der Technik versteht man unter dem Begriff Kompensation, dass verschiedene Græßen gegeneinander wirken und sich mæglichst aufheben. Ziel ist es, den unerwçnschten ffekt einer stærenden physikalischen Græße durch ntgegenstellen einer zweiten aufzuheben. In unserem Fall wollen wir die dem nergienetz entnommene induktive Leistung durch eine kapazitive Blindleistung kompensieren. Praxis nergiemanagement

2 04004 Blindstromkompensation Seite 2 lektrische nergie, die durch Kraftwerke oder regenerative Methoden erzeugt wird, wird abhångig vom Verbraucher græßtenteils in nutzbare nergie wie z. B. Licht, Wårme oder Bewegungsenergie umgewandelt. Bestimmte Verbraucher entnehmen dem nergieversorgungsnetz zusåtzlich eine induktive Blindleistung, die fçr die rzeugung eines Magnetfelds benætigt wird. Typische induktive Verbraucher sind Motoren und Transformatoren. Die aufgenommene Wirkleistung, die sich aus dem Produkt von Spannung und Strom ergibt, wird vom nergieversorger als verbrauchte nergie in kwh verrechnet. Anders verhålt es sich mit der Blindleistung. Diese pendelt zwischen rzeuger und Verbraucher und wird in diesem Sinne nicht verbraucht (s. Abb. 1). Abb. 1: nergieçbertragung ohne Kompensation 2 Warum verrechnet der nergieversorger die Blindarbeit? Das Maß fçr die Belastung von Netztransformatoren, Freileitungen und Kraftwerken wird in Scheinleistung (S) ausgedrçckt. Diese errechnet sich aus der Wirkleistung (P) und der Blindleistung (Q). Praxis nergiemanagement

3 Blindstromkompensation Seite 3 S = + Aus der Formel kann ersehen werden, dass die Ûbertragungseinrichtungen des Netzbetreibers durch die Blindleistung zusåtzlich belastet werden. Um die stromabhångigen Verluste gering zu halten und einen ækonomischen nergietransport zu gewåhrleisten, schreiben die Netzbetreiber einen minimalen Leistungsfaktor cosj vor. Dieser beschreibt das Verhåltnis von Wirk- zu Scheinleistung. cos = In den nergiezåhlern fçr Gewerbe und Industriebetriebe wird außer der Wirkarbeit auch die induktive Blindarbeit gemessen und laut Stromlieferungsvertrag verrechnet. In den meisten Fållen darf die Hålfte der bezogenen Wirkarbeit im Abrechnungszeitraum als Blindarbeit dem nergieversorgungsnetz kostenfrei entnommen werden. Das entspricht einem cosj von 0,9. Die Blindarbeit, die çber die Freigrenze hinaus aus dem Netz entnommen wird, muss vom ndverbraucher bezahlt werden (s. Abb. 2). 3 Weitere insatzmæglichkeiten einer Blindstromkompensation Die Hauptaufgabe einer Kompensation besteht also darin, die Blindstromkosten, die vom nergieversorger verrechnet werden, auf null zu senken. Praxis nergiemanagement

4 04004 Blindstromkompensation Seite 4 Abb. 2: Auszug aus einer Stromrechnung mit Angabe der Blindarbeit in kvarh in weiterer Grund ist die Stromentlastung durch eine Blindleistungskompensation. Sehen wir uns die Formel fçr die Wirkleistung an: = cos 3 Stellen wir diese auf den Strom um, erhalten wir folgende Abhångigkeit: I = Der Strom ist also abhångig vom Leistungsfaktor cosj. Berechnen wir die Stromreduzierung anhand eines Beispiels: Beispiel In einer Hauptverteilung ist das Zuleitungskabel zu einer Unterverteilung mit 250 Avorgesichert. Nun soll ein weiterer Praxis nergiemanagement

5 Blindstromkompensation Seite 5 Verbraucher mit einer Stromaufnahme von 35 A angeschlossen werden. s wurden folgende Werte gemessen: U = 400 V I = 238 A cosj =0,72 = 3 = ,72 3 = W rhæht man durch eine Kompensation den Leistungsfaktor auf cosj 0,97, so reduziert sich der Strom von 238 A auf: I = =., = 176 A Durch den insatz einer Blindstromkompensation kann die Stromaufnahme um 62 A verringert werden. Jetzt kann der weitere Verbraucher mit 35 A angeschlossen werden, ohne die Sicherung zu çberlasten. Abb. 3: nergieçbertragung mit Kompensation Praxis nergiemanagement

6 04004 Blindstromkompensation Seite 6 4 CO 2 -Reduzierung durch Blindstromkompensation Durch den insatz von Blindstromkompensationsanlagen werden die Netzverluste in den vorgelagerten Netzen reduziert. Der heutige Stand in Deutschland ist eine Teil-Blindleistungskompensation mit einem Leistungsfaktor cosj von 0,9. Das bewirkt eine jåhrliche Senkung der Netzverluste um ca. 9 Mrd. kwh. Dies entspricht der Stromerzeugung von etwa 6 Kohlekraftwerken und einer CO 2 -missionsreduzierung von etwa 5 Mio. Tonnen jåhrlich. Wçrde der komplette Blindleistungsbedarf kompensiert werden (cosj = 1), kænnten die Netzverluste um weitere 4,3 Mrd. kwh reduziert werden. Zusåtzlich wçrde die CO 2 -mission um weitere 2,4 Mio. Tonnen reduziert werden. 5 Netzqualitåt verbessern 5.1 Blindstromkompensation als passiver Filter Die Blindstromkompensation wird auch fçr die Verbesserung der Netzqualitåt eingesetzt. In modernen Industrieanlagen werden immer mehr Verbraucher mit Leistungselektronik (z. B. Frequenzumrichter, elektronische Netzteile) eingesetzt. Diese nichtlinearen Verbraucher zeichnen sich durch eine geringere nergieaufnahme aus und kænnen effizienter geregelt werden. Sie haben jedoch keine sinusfærmige Stromaufnahme mehr. Dadurch werden Netzrçckwirkungen in Form von Oberschwingungsspannungen induziert. Verbraucher, die am gleichen Netz angeschlossen sind, kænnen dadurch gestært werden. Praxis nergiemanagement