Aspekte und Probleme der Bestätigung wissenschaftlicher Theorien

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1 SS 2009 Einführung in die Theoretische Philosophie 345 Wissenschaftstheorie Aspekte und Probleme der Bestätigung wissenschaftlicher Theorien Das charakteristische Ziel der Wissenschaft ist die Angabe systematischer und zuverlässig untermauerter Erklärungen. (Ernest Nagel) SS 2009 Einführung in die Theoretische Philosophie 346 1

2 Empirische Evidenzen Welt??? Explanans (a) (b) Allgemeine Gesetzmäßigkeiten (im Idealfall: Theorie) Randbedingungen/ Hilfshypothesen In welchem Verhältnis müssen das Explanans und die Welt stehen, damit das Explanans empirisch signifikant und wahr ist? Explanandum Wie müssen Explanans und Explanandum aufeinander bezogen sein, damit man von einer Erklärung sprechen kann? Das, was die Theorie erklären bzw. voraussagen soll. Das Explanans einer Erklärung enthält sowohl allgemeine Gesetze als auch Sätze über das Gegebensein spezifischer Sachverhalte (Randbedingungen). Wie lassen sich allgemeine Gesetze bestätigen/verifizieren? SS 2009 Einführung in die Theoretische Philosophie 347 Das H-D-Modell Wie lassen sich Sätze bestätigen, wenn wir deren Wahrheit nicht direkt durch Beobachtung feststellen können? (Die Wissenschaft enthält fast ausschließlich Sätze dieses Typs!) Die klassische Antwort besteht in der H[ypothetisch]-D[eduktiven]-Methode: Eine Hypothese wird durch ihre beobachtbaren Konsequenzen bestätigt bzw. widerlegt. Wenn die beobachtbaren Konsequenzen eintreffen, dann gilt sie als (teilweise) bestätigt; sonst als widerlegt. Boyles Gasgesetz P x V = const. (bei T = const.) Der Druck eines Gases ist bei konstanter Temperatur umgekehrt proportional zu seinem Volumen. (Boyles Gesetz = Hypothese) Das Anfangsvolumen des beobachteten Gases ist 1 cbm. Der Anfangsdruck ist 1 atm. Der Druck wird auf 2 atm erhöht. Die Temperatur bleibt konstant. Konklusion: Das Volumen verringert sich auf 0,5 cbm. (beobachtbare Konsequenz) SS 2009 Einführung in die Theoretische Philosophie 348 2

3 Das H-D-Modell Testschema H (zu testende Hypothese) A (beobachtbare Anfangsbedingungen) K (beobachtbare Konsequenz) Genau genommen benötigt jeder Test in einem D-N-Modell weitere Hilfshypothesen, die sich auf die Beobachtbarkeit von Anfangsbedingungen und Konsequenz beziehen. Im Beispiel: Temperaturen und Drücke lassen sich nicht direkt beobachten. Wir brauchen Thermometer, Druckmesser, eine zuverlässige Gaskammer usw. Dies ist in fast allen Testsituationen der Fall. Das Schema muss also folgendermaßen erweitert werden: Erweitertes Testschema H (zu testende Hypothese) A (beobachtbare Anfangsbedingungen) HH (Hilfshypothesen) K (beobachtbare Konsequenz) SS 2009 Einführung in die Theoretische Philosophie 349 Probleme des H-D-Modells Das Problem der alternativen Hypothesen Immer wenn ein beobachtbares Resultat eines H-D-Tests eine gegebene Hypothese bestätigt, bestätigt dieser Test ebenso unendlich viele andere Hypothesen, die mit der gegebenen Hypothese inkompatibel sind. Jede beliebige (aber endliche) Anzahl von Tests lässt endlos viele weitere Kurven zu, die durch die Testpunkte bestätigt werden würden. Wie können wir sicher sein, dass ein Test als Bestätigung für eine bestimmte Hypothese gilt, wenn dieser Test viele weitere, inkompatible Hypothesen bestätigen würde? SS 2009 Einführung in die Theoretische Philosophie 350 3

4 Probleme des H-D-Modells Das Problem der statistischen Hypothesen Statistische Gesetzmäßigkeiten lassen sich in einem H-D-Modell nicht testen! Angenommen, wir möchten testen, ob der Gang zur Psychotherapie die Wahrscheinlichkeit der Genesung von einem bestimmten neurotischen Syndrom erhöht. Wie könnten wir das anstellen? Wir könnten ein Experiment mit zwei Gruppen von Personen mit dem entsprechenden neurotischen Syndrom durchführen; eine von beiden erhält eine Therapie, die andere nicht. Problem: Wir können aus dieser Hypothese nicht ableiten, dass die Mitglieder der Therapiegruppe tatsächlich genesen. Wir können lediglich ableiten, dass es wahrscheinlich ist, dass Anzahl der Genesenden in der Therapiegruppe größer ist als die Anzahl der Genesenden in der Gruppe ohne Therapie. Wir können aus der statistischen Hypothese auch nicht ableiten, dass die Anzahl der Genesenden in der Therapiegruppe tatsächlich höher ist als in der Vergleichsgruppe. Wir können lediglich ableiten, dass es wahrscheinlich so ist. Wahrscheinlichkeiten können in der Regel nicht objektiv gestestet werden. D.h., wir können in einem Einzelfall nicht entscheiden, ob es sich um einen bestätigenden (bzw. widerlegenden) Test handelt! SS 2009 Einführung in die Theoretische Philosophie 351 Hempels Rabenparadoxon Hypothesen werden durch positive Instanzen bestätigt. (H-D-Modell) Wenn wir jedes Mal, wenn wir Raben sehen, feststellen, dass sie schwarz sind, neigen wir dazu die Hypothese "Alle Raben sind schwarz" als bestätigt anzusehen. Werden nur wenige Raben beobachtet, ist dies eine schwache Bestätigung; werden dagegen Tausende oder Millionen schwarzer Raben gesehen, ist dies eine starke Bestätigung. Beobachtungen, die eine logisch äquivalente Aussage bestätigen, bestätigen auch die ursprüngliche Aussage. (Äquivalenzbedingung) Hypothesen können auf verschiedene Arten formuliert werden. Zwei logisch äquivalente Formulierungen einer Hypothese werden durch exakt dieselben Objekte bestätigt bzw. widerlegt. D.h., die Bestätigung hängt nicht von der Formulierung einer Hypothese ab. (P Q) ( Q P) (Gesetz der Kontraposition) Eine Aussage der Form P Q ist logisch äquivalent mit einer Aussage der Form ( Q P), d.h. beide Aussagen sind unter genau denselben Umständen wahr (bzw. falsch). SS 2009 Einführung in die Theoretische Philosophie 352 4

5 Hempels Rabenparadoxon Hypothesen werden durch ihre positiven Beobachtungen bestätigt. Beobachtungen, die eine logisch äquivalente Aussage bestätigen, bestätigen auch die ursprüngliche Aussage. (P Q) ( Q P) Alle Raben sind schwarz Alle nichtschwarzen Dinge sind keine Raben Aus den beiden plausiblen Prämissen (H-D-Modell und Äquivalenzbedingung) folgt: Alle Beobachtungen von nicht-schwarzen Objekten, die keine Raben sind, bestätigen die Hypothese "Alle Raben sind schwarz". Das heißt, die Beobachtung von bunten Kühen oder roten Autos bestätigt die Hypothese, dass alle Raben schwarz sind! Intuitiv empfindet man dies als paradox. ( Wir müssen nicht in den Regen hinaus, um Vogelkunde zu betreiben. ) SS 2009 Einführung in die Theoretische Philosophie 353 Hempels Rabenparadoxon Carl G. Hempel nahm an, dass hier kein Paradox, sondern eine psychologische Fehleinschätzung vorliegt und die Beobachtung von runden Bällen oder hohen Türmen tatsächlich die Hypothese "Alle Raben sind schwarz" (schwach) bestätigt. Die Wahrscheinlichkeit dafür, dass Raben schwarz sind wird durch die Beobachtung von nicht-schwarzen Nicht-Raben leicht erhöht. Ganz allgemein: jede Beobachtung, die einer Allaussage nicht widerspricht, bestätigt sie. Karl Popper vertrat die Ansicht, dass es für Hypothesen keine Bestätigung gibt. Popper ließ nur die Falsifikation von Hypothesen zu. All unser Bestreben muss es sein, Hypothesen durch negative Beispiele zu Fall zu bringen, zu falsifizieren. Allerdings kam Popper nicht umhin, durch die Hintertüre doch die Idee der Bestätigung zuzulassen. Er nannte sie den Bewährungsgrad einer Theorie. Je häufiger Falsifikationsversuche scheiterten, desto mehr hat sich eine Theorie bewährt (schwach bestätigt). SS 2009 Einführung in die Theoretische Philosophie 354 5

6 Hempels Rabenparadoxon J. L. Mackie versuchte das Raben-Paradox mit wahrscheinlichkeitstheoretischen Überlegungen aufzuweichen. Die Wahrscheinlichkeit für ein beliebiges Objekt ein schwarzer Rabe zu sein ist bei weitem geringer als ein nicht-schwarzer Nicht-Rabe zu sein. Deshalb bestätigt die Beobachtung eines schwarzen Raben die Hypothse ungleich schwerwiegender als die Beobachtung von nicht-schwarzen Nicht-Raben. W. V. O. Quine versucht Hempels Paradox aufzulösen, indem er die Bestätigung einschränkt. Er schlägt vor, nur die Beobachtungen als Bestätigung anzusehen, wo die Objekte natürliche Arten (natural kinds) sind. Natürliche Arten kommen in wissenschaftlichen, z.b. biologischen Gesetzen vor. Ausdrücke wie "Nicht-Raben" jedoch handeln nicht von natürlichen Arten und daher sind Hypothesen, in denen von Dingen wie Nicht-Raben die Rede ist gar keine Naturgesetze, für die es eine Bestätigung geben könnte. SS 2009 Einführung in die Theoretische Philosophie 355 Nelson Goodmans neues Rätsel der Induktion Nelson Goodman ( ) Goodman ist ein führender Vertreter der analytischen Philosophie in den Vereinigten Staaten. Er arbeitete zu erkenntnistheoretischen, wissenschaftstheoretischen, sprachphilosophischen und ästhetischen Themenstellungen. The Structure of Appearance (1951) Fact, Fiction, and Forecast (1955) Languages of Art (1968) Ways of Worldmaking (1976) SS 2009 Einführung in die Theoretische Philosophie 356 6

7 Nelson Goodmans neues Rätsel der Induktion Wir definieren das Prädikat grot, welches eine Eigenschaft bezeichnen soll, die ein Ding besitzt, wenn es vor Juli 2009 grün ist und danach rot: Juli 2009 grün Juli 2009 Alle Smaragde sind grün. Alle Smaragde sind grot. grot Beide Hypothesen werden bis Juli 2009 durch genau dieselben Evidenzen gestützt: Das Auffinden grüner Smaragde bis Juli 2009 bestätigt beide Hypothesen; das Auffinden andersfarbiger Smaragde würde beide widerlegen. Alle bisher gefundenen Smaragde waren grün bzw. grot. Beide Hypothesen gelten als exakt gleich gut bestätigt, ganz egal wie viele Testfälle wir heranziehen! Dennoch sind grün und grot zwei inkompatible Prädikate: Ein Ding kann nicht zugleich sowohl grün als auch grot sein! Denn nach 2009 ist ein grünes Ding grün und ein grotes rot. Beiden Hypothesen liefern unterschiedliche Voraussagen: Es können nicht beide zugleich wahr sein! SS 2009 Einführung in die Theoretische Philosophie 357 Nelson Goodmans neues Rätsel der Induktion Lässt sich Goodmans Paradox lösen, indem man darauf hinweist, dass das Prädikat grot im Unterschied zum Prädikat grün komplex ist? (Dürfen wir in unseren Hypothesen nur einfache und keine komplexen, zusammengesetzten Prädikate verwenden?) Welches Prädikat komplex und welches einfach ist, hängt davon ab, wo wir beginnen! Wir können den Fall auch so konstruieren, dass grün komplex und grot einfach ist. Beweis: Wir können grün unter Zuhilfenahme eines weiteren Prädikates, nämlich rün definieren. Ein Gegenstand sei rün, wenn er vor Juli 2009 rot und danach grün ist. Damit lässt sich grün definieren als eine Eigenschaft, die ein Gegenstand dann besitzt, wenn er vor Juli 2009 grot und danach rün ist. grot rün Juli 2009 grün (vor Juli 2009 grot, danach rün) SS 2009 Einführung in die Theoretische Philosophie 358 7

8 Nelson Goodmans neues Rätsel der Induktion Lässt sich Goodmans Paradox lösen, indem man darauf hinweist, dass sich das Prädikat grot im Unterschied zum Prädikat grün auf einen ganz bestimmten Zeitpunkt bezieht? Dürfen wir in unseren Hypothesen nur einfache und nicht zeitrelative Prädikate verwenden? Die Wissenschaft enthält sehr viele Hypothesen (Gesetze, Verallgemeinerungen), in denen unverzichtbare Begriffe vorkommen, die auf bestimmte Zeitpunkte oder Zeitspannen Bezug nehmen! im Mittelalter während der Pupertät in der Frühphase von Picassos Malerei innerhalb der ersten drei Sekunden nach dem Urknall SS 2009 Einführung in die Theoretische Philosophie 359 Nelson Goodmans neues Rätsel der Induktion Goodmans pragmatische Lösung: entrenchment (Verankerung) Wir benutzen das Prädikat grün und nicht das Prädikat grot in unseren wissenschaftlichen Hypothesen, weil grün in unsere wissenschaftliche Praxis tiefer eingebettet/ verankert ist als grot. Aber prinzipiell hätten wir es auch anders machen können. Entrenchment: Ein Begriff P ist zu einem Zeitpunkt t tiefer eingebettet/ verankert als ein Begriff Q, wenn P in der Zeit vor t häufiger verwendet wurde als Q. Das rein syntaktische H-D-Modell der Bestätigung wissenschaftlicher Hypothesen ist unzureichend, um die Bestätigungs-Beziehung angemessen zu charakterisieren! SS 2009 Einführung in die Theoretische Philosophie 360 8

9 Poppers Falsifikationismus Karl [Raimund] Popper ( ) Popper gilt als einer der einflussreichsten Autoren auf den Gebieten der Wissenschaftstheorie sowie der politischen Philosophie. Er kritisierte den Logischen Empirismus und dessen Sichtweise der wissenschaftlichen Methode. In die politische Theorie ist er als wichtiger Kritiker des Marxismus eingegangen. Popper wurde 1965 von der Queen Elizabeth II geadelt. Wichtigste Werke: Logik der Forschung (1934) The Open Society and Its Enemies (1945) Conjectures and Refutations (1965) Objective Knowledge (1972) The Self and Its Brain (1977) SS 2009 Einführung in die Theoretische Philosophie 361 Poppers Falsifikationismus Deduktion vs. Induktion Deduktion (deduktive Argumente) Induktion (induktive Argumente) Alle Menschen sind sterblich. Sokrates ist ein Mensch. Also: Sokrates ist sterblich. Deduktive Argument sind: Prämissen Konklusion Dieser beobachtete Rabe ist schwarz. Jener beobachtete Rabe ist schwarz. Also: Alle Raben sind schwarz. Induktive Argumente sind: nicht erkenntniserweiternd: Der Inhalt der Konklusion ist schon implizit in den Prämissen enthalten. (Wir lernen nichts dazu, wenn wir eine Konklusion ziehen.) notwendig wahrheitserhaltend: Wenn die Prämissen wahr sind, dann muss die Konklusion ebenfalls wahr sein. erosionsbeständig: Die Hinzufügung neuer Prämissen verändern nicht die Gültigkeit eines deduktiven Arguments. absolut: Die Gültigkeit eines deduktiven Arguments kennt keine Grade. erkenntniserweiternd: Der Inhalt der Konklusion geht über den Inhalt der Prämissen hinaus. (Sie ist stärker, allgemeiner. Wir lernen etwas neues hinzu.) nicht notwendig wahrheitserhaltend: Ein induktives Argument kann trotz wahrer Prämissen eine falsche Konklusion besitzen. nicht erosionsbeständig: Neue Prämissen unterminieren die Gültigkeit eines induktiven Arguments. graduell: Die Prämissen können die Konklusion in unterschiedlicher Stärke stützen. SS 2009 Einführung in die Theoretische Philosophie 362 9

10 Poppers Falsifikationismus Entdeckung und Bestätigung Wissenschaftliche Hypothesenbildung (Entdeckungszusammenhang) Bestätigung wiss. Hypothesen (Rechtfertigungszusammenhang) Dieser beobachtete Rabe ist schwarz. (Beobacht.) Jener beobachtete Rabe ist schwarz. (Beobacht.) Also: Alle Raben sind schwarz. (Hypothese) Das Aufstellen allgemeiner Hypothesen geschieht über induktive Verallgemeinerungen, die unsere Beobachtungen zusammenfassen. Hypothesenbildung beruht auf akkumulativer Beobachtung. Humes Induktionsskepsis: Es gibt keinerlei Rechtfertigung für induktive Schlüsse. Das Problem der alternativen Hypothesen: Ein und dieselben Beobachtungen rechtfertigen eine Vielzahl inkompatibler Hypothesen. Alle Raben sind schwarz. (Hypothese) Dies ist ein Rabe. (Randbedingung) Also: Er ist schwarz. (beobachtbare Konsequenz) Hypothesen werden anhand ihrer beobachtbaren Konsequenzen (graduell) bestätigt. Bestätigung lässt sich über viele Instanzen (induktiv) akkumulieren. Goodmans neues Rätsel der Induktion: Jede Bestätigung einer Hypothese gilt immer zugleich als eine Bestätigung vieler anderer inkompatibler Hypothesen. Hempels Rabenparadox: Hypothesen scheinen sich auch durch irrelevante Beobachtungen stützen zu lassen. SS 2009 Einführung in die Theoretische Philosophie 363 Poppers Falsifikationismus Vermutungen und Widerlegungen Wissenschaftliche Hypothesenbildung (Entdeckungszusammenhang) Bestätigung wiss. Hypothesen (Rechtfertigungszusammenhang) Wissenschaft beginnt nie mit Beobachtungen (induktiv), sondern immer mit Vermutungen / Hypothesen (deduktiv). The work of the scientist consists in putting forward and testing theories. The initial stage, the act of conceiving or inventing a theory, seems to me neither to call for logical analysis nor to be susceptible of it. The question how it happens that a new idea occurs to a man... may be of great interest to empirical psychology; but it is irrelevant to the logical analysis of scientific knowledge. (Popper, Logic of Inquiry) Beobachtungen können zwar nie die Wahrheit wissenschaftlicher Hypothesen begründen (Verifikation), wohl aber ihre Falschheit (Falsifikation). Die Beobachtung eines schwarzen Schwans falsifiziert die Hypothese ein für alle mal, dass alle Schwäne weiß sind. Poppers Bild: Der Wissenschaftler stellt Vermutungen auf und versucht diese durch Experimente und Beobachtungen zu widerlegen. Wenn eine Vermutung eine Reihe von Tests erfolgreich überstanden hat, dann kann sie vorläufig akzeptiert werden. Eine Theorie, ein Gesetz oder eine wissenschaftliche Hypothese sind nie mit Gewissheit wahr. Sie können sich bei der nächsten Testgelegenheit als falsch herausstellen. SS 2009 Einführung in die Theoretische Philosophie

11 Poppers Falsifikationismus Keplers Entdeckung der elliptischen Bahn der Planeten, ein Beispiel Kepler entdeckte, dass sich der Mars in einer elliptischen Bahn um die Sonne bewegt. Wie lässt sich das erklären? Kepler ging davon aus, dass der Orbit der Planeten die Sonne statt die Erde ist. Außerdem vermutete er, dass die Bewegung der Planeten entweder zirkulär oder zusammengesetzt aus wenigen zirkulären Bewegungen ist. Um die elliptische Bahn zu erklären bildete er drei Hypothesen: 1. Der Orbit des Mars ist ein Kreis um ein Zentrum C, welches sich ein wenig von der Sonne entfernt befindet. 2. Der Orbit des Mars setzt sich aus zwei Kreisen zusammen, deren zusammengesetzte Form eiförmig ist, wobei das spitze Ende den sonnennächsten Punkt des Mars bildet. 3. Der Orbit des Mars ist eine Ellipse mit der Sonne in einem der Zentren. Jede dieser Hypothesen, die Kepler nacheinander aufgestellt hat, hat er sorgfältig mit den empirischen Daten verglichen. Die ersten beiden Vermutungen musste er aufgrund ihrer Nichtübereinstimmung mit den verfügbaren Daten verwerfen; nur die dritte Hypothese widerstand allen ihm verfügbaren Kenntnissen über die Bewegung des Mars. Diese ist als das Keplersche Gesetz in die Wissenschaftsgeschichte eingegangen. Kepler hat (1) zunächst einfache Vermutungen angestellt. Er hat dann (2) die daraus folgenden Konsequenzen mit dem beobachteten Daten verglichen und schließlich (3) diejenigen Hypothesen verworfen, deren Konsequenzen nicht mit den beobachteten Daten im Einklang standen. Hypothesenbildung ist kreativ; Hypothesentesten ist falsifikatorisch! SS 2009 Einführung in die Theoretische Philosophie 365 Poppers Falsifikationismus Gut und schlecht bestätigte Vermutungen? Stellen wir uns vor, eine Theorie T sei zu einem Zeitpunkt t 1 von einem Wissenschaftler (Dr. E) aufgestellt worden. Zu t 1 gibt es noch keine Evidenzen für T, so dass es sich um eine reine Vermutung handelt. Zwischen t 1 und t 2 jedoch haben Dr. E und seine Kollegen gezeigt, dass sich mit T eine ganze Reihe von Beobachtungen erklären lassen. Außerdem haben sie T einer ganzen Reihe experimenteller Tests unterzogen, von denen sich jeder einzelne als Erfolg herausgestellt hat. Intuition: Für T hat es zu t 1 keine Rechtfertigung durch Evidenzen gegeben, aber zu t 2 liegen starke empirische Evidenzen für T vor, die uns rechtfertigen, T als eine gute Theorie in der Wissenschaftspraxis weiter zu verwenden. Aus Poppers These, dass es nur Widerlegungen, aber keine Bestätigung für eine wissenschaftliche Theorie geben kann, folgt, dass T zu t 1 eine ebenso unbestätigte Vermutung darstellt wie zu t 2. Das aber ist kontraintuitiv. Wir müssen zeigen können, wie wissenschaftliche Vermutungen durch Evidenzen, die sie bestätigen, gerechtfertigt werden können. Popper führte daher den Bewährungsgrad einer Theorie ein: Je häufiger eine Theorie dem Versuch der Widerlegung widerstanden hat, desto höher ist ihr Bewährungsgrad. Der Begriff des Bewährungsgrades entspricht genau unserem alten Begriff der (graduellen) Bestätigung einer Theorie (Hypothese), wodurch wir uns genau die Probleme wieder einhandeln, die Popper vermeiden wollte! SS 2009 Einführung in die Theoretische Philosophie

12 Poppers Falsifikationismus Die Asymmetrie zwischen All- und Existenzaussagen Alle Raben sind schwarz. Diese Allaussage lässt sich durch die Beobachtung von schwarzen Raben graduell (induktiv) bestätigen. Diese Allaussage lässt sich durch die Beobachtung eines einzigen nichtschwarzen Raben absolut (deduktiv) falsifizieren. Dies ist ein weißer Rabe. Nicht alle Raben sind schwarz. Es gibt schwarze Schwäne. Diese Existenzaussage lässt sich durch die Beobachtung von weißen Schwänen graduell (induktiv) falsifizieren. Diese Existenzaussage lässt sich durch die Beobachtung eines einzigen schwarzen Schwans absolut (deduktiv) verifizieren. Dies ist ein schwarzer Schwan. Es gibt schwarze Schwäne. Es gibt keinen intrinsischen Zusammenhang zwischen Verifikation/Bestätigung und induktiven (graduellen) Argumenten bzw. Falsifikation/Widerlegung und deduktiven (absoluten) Argumenten. Ob sich eine Hypothese absolut oder nur graduell bestätigen/falsifizieren lässt, hängt von ihrer logischen Form und nicht von der angewandten Methode ab. Verifikation und Falsifikation sitzen im selben Boot! SS 2009 Einführung in die Theoretische Philosophie 367 Poincarés Konventionalismus [Jules] Henry Poincaré ( ) Poincaré ist ein bedeutender Mathematiker, Physiker und Wissenschaftstheoretiker, welcher in Paris lehrte. Er interessierte sich für nicht-euklidische Geometrie, entdeckte einen Vorläufer der speziellen Relativitätstheorie und formulierte wichtige Gesetze in der Chaostheorie. In wissenschaftstheoretischer Perspektive gilt er als Begründer des Konventionalismus. Wichtigste Werke Science and Hypothesis (1902) The Value of Science (1905) Science and Method (1908) SS 2009 Einführung in die Theoretische Philosophie

13 Poincarés Konventionalismus Welchen Status haben die Axiome der Geometrie? Die geometrischen Axiome sind... weder synthetische Urteile a priori noch experimentelle Tatsachen. Es sind auf Übereinkommen beruhende Festsetzungen; unter allen möglichen Festsetzungen wird unsere Wahl von experimentellen Tatsachen geleitet; aber sie bleibt frei und ist nur durch die Notwendigkeit begrenzt, jeden Widerspruch zu vermeiden... Mit anderen Worten: die geometrischen Axiome... sind nur verkleidete Definitionen. (Poincaré, Science and Hypothesis) Historischer Hintergrund Kant betrachtete die Axiome der Euklidischen Theorie als synthetische Urteile a priori (d.h. als Urteile, die vor aller Erfahrung liegen und gleichzeitig als die Bedingung der Möglichkeit der räumlichen Erfahrung gelten). Die Weiterentwicklung der Geometrie durch Hilbert und Lobachevsky zeigte, dass sich alternative Geometrien entwickeln lassen, die dieselbe logische und mathematische Legitimität wie die Euklidische Geometrie besitzen. Poincaré arbeitete mit der Geometrie von Lobachevsky und fand verschiedene Anwendungen, die zeigten, dass diese sich auf einigen Gebieten besser eignet als die Euklidische Geometrie. SS 2009 Einführung in die Theoretische Philosophie 369 Poincarés Konventionalismus Welchen Status haben die Axiome der Geometrie? Alle geometrischen Systeme sind auf dieselbe Realität bezogen. Sie behandeln denselben Raum, obgleich sie sich in der sprachlichen Formulierung unterscheiden und von verschiedenen/ inkompatiblen Axiomen ausgehen. Die Wahl einer Theorie ist letztlich rein konventionell und basiert auf Prinzipien der theoretischen Ökonomie und Einfachheit. Der Grund, warum wir gewöhnlich die Euklidische Geometrie favorisieren, liegt darin, dass sie für die meisten Anwendungen die einfachste Theorie ist. In Bezug auf spezifische Anwendungen kann es aber sein, dass eine andere, alternative Theorie bequemer als die Euklidische ist. Beispielsweise nutzte Einstein im Jahre 1915 eine nicht-euklidische Geometrie um die Relativitätstheorie zu formulieren, da dies zu den einfachsten Resultaten führte. SS 2009 Einführung in die Theoretische Philosophie

14 Poincarés Konventionalismus Welchen Status haben wissenschaftliche Hypothesen im allgemeinen? Obwohl wissenschaftliche Theorien auf Erfahrung beruhen, so sind sie doch weder verifizier- noch falsifizierbar durch die Erfahrung allein! Wenn wir beispielsweise ein mathematisches Gesetz finden möchten, das eine gegebene Serie von Beobachtungen beschreiben soll, dann wird üblicherweise die einfachste Linie eines gegeben Graphen von Punkten interpoliert. Die tatsächliche Kurve, die wir in unserer Theorie mit mathematischen Mitteln konstruieren, hängt sowohl von der Erfahrung als auch von der Einfachheit der Kurve ab je einfacher die Kurve, desto mehr Punkte werden außerhalb dieser liegen. Die interpolierte Kurve das angenommene Gesetz ist keine direkte Generalisierung aus der Erfahrung, denn sie korrigiert die Erfahrung! Welche Linie wir wählen (welche Theorie wir favorisieren), hängt von unseren Entscheidungen ab! SS 2009 Einführung in die Theoretische Philosophie 371 Duhems Holismus Pierre [Maurice M.] Duhem ( ) Duhem war ein bedeutender Physiker und Mathematiker, der an der Universität von Bordeaux theoretische Physik lehrte. Auf dem Gebiet der Wissenschaftstheorie lieferte es sich einen heftigen Disput mit Poincaré. Seine bedeutendste Entdeckung, nämlich dass bei der empirischen Bestätigung einer Hypothese stets ein Gefüge weiterer Annahmen vorausgesetzt werden muss, ist als Duhem-Quine These in die Geschichte eingegangen. Wichtigste Werke The Aim and Structure of Physical Theory (1904/05) The Value of Science (1904/05) Physics of a Believer (1905) To Save the Phaenomena (1908) SS 2009 Einführung in die Theoretische Philosophie

15 Duhems Holismus H... sei eine Hypothese, die überprüft werden soll A 1, A 2, A 2... seien die entsprechenden Zusatzannahmen O... sei der Beobachtungssatz, der sich aus H und A 1, A 2, A 2 ableiten lässt. (H & A 1 & A 2 & A 2 ) O H-D-Testmodell Nun nehmen wir an, dass O nicht eintritt. Können wir daraus schließen, dass H falsifiziert wird? Offensichtlich nicht, denn nicht-o impliziert lediglich: nicht (H & A 1 & A 2 & A 2 ) Was äquivalent ist mit: (nicht H) oder (nicht A 1 ) oder (nicht A 2 ) oder (nicht A 3 ) Wir können aus dem Fehlschlagen eines empirischen Tests nur schließen, dass entweder unsere Hypothese oder eine oder mehrere Zusatzannahmen falsch sind. Weder die Beobachtung, noch die Logik kann uns zeigen welche der verschiedenen Annahmen wir verwerfen sollen! SS 2009 Einführung in die Theoretische Philosophie 373 Duhems Holismus Entscheidungsexperimente: Nehmen wir an, wir hätten zwei sich ausschließende Hypothesen H 1 und H 2, und nehmen wir weiter an, alle Zusatzannahmen, die wir machen müssen, um diese Hypothesen zu testen, lassen sich durch ein einziges Symbol A darstellen, dann haben wir die folgenden Annahmen: H 1 oder H 2 (H 1 und A) O 1 (H 2 und A) O 2 Nun machen wir einen Test und finden O 1 und nicht O 2. Daraus können wir schließen, dass: nicht (H 2 und A) (nicht H 2 ) oder (nicht A) Holismus: Wir wissen nicht, ob H 2 oder die Zusatzannahmen zur falschen Vorhersage führten. Aber: Wir waren in der Lage, eine korrekte Voraussage mit A zu machen! Unbestimmtheit: Das Argument gelingt nur, wenn wir wir wissen, dass nur eine der beiden Hypothesen korrekt ist. Wir können aber nie die Möglichkeit ausschließen, dass es weitere Hypothesen H 3,..., H n gibt, die inkompatibel mit H 1 und H 2 sind. Ein Entscheidungsexperiment ist nur möglich, wenn wir alle möglichen Hypothesen erschöpfend in Betracht gezogen haben. Dazu aber sind wir nie in der Lage. SS 2009 Einführung in die Theoretische Philosophie

16 Die Duhem-Quine These Kein Experiment ist in der Lage, eine einzelne Hypothese zu falsifizieren. Was auf dem Prüfstand der Erfahrung steht, ist immer eine ganze Theorie, bzw. eine Theorie zusammen mit einem ganzen Netz von Zusatzannahmen. Wenn sich aus der Theorie zusammen mit den Zusatzannahmen empirische Konsequenzen ableiten lassen, die unseren Beobachtungen oder unseren experimentellen Tests widersprechen, dann steht es uns frei, an einer beliebigen Hypothese festzuhalten und die Theorie an einer anderen Stelle so zu verändern, dass sie wieder mit den empirischen Daten im Einklang steht. SS 2009 Einführung in die Theoretische Philosophie 375 Kuhns Paradigmen und Revolutionen Thomas [Samuel] Kuhn ( ) Kuhn gilt als einer der wichtigsten amerikanischen Wissenschaftstheoretiker. Er lehrte in Berkeley und später am MIT Philosophie und Wissenschaftsgeschichte. Sein wichtigstes Werk Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen schrieb er schon als Student in Havard. Er gilt als einer der wichtigsten Kritiker des Falsifikationismus. Wichtigstes Werk The Structure of Scientific Revolutions (1962) SS 2009 Einführung in die Theoretische Philosophie

17 Kuhns Paradigmen und Revolutionen Der Grundzug von Kuhns Theorie ist die Betonung des revolutionären Charakters wissenschaftlichen Fortschritts, wobei eine Revolution in der Wissenschaft zur endgültigen Aufgabe einer theoretischen Struktur (eines Paradigmas) führt, die durch eine andere, mit ihr unvereinbare (inkommensurable) Struktur ersetzt wird. Kuhns Vorstellung von wissenschaftlichem Wandel Vor-Wissenschaft (keine Prinzipien, keine Methoden) Normale Wissenschaft (Prinzipien, Methoden, Schwierigkeiten) Krise (Schwierigkeiten nehmen überhand) Revolution (neue Prinzipien, neue Methoden) Normalwissenschaft (neue Prinzipien, neue Methoden, neue Schwierigkeiten) SS 2009 Einführung in die Theoretische Philosophie 377 Kuhns Paradigmen und Revolutionen Paradigmen und Normalwissenschaft Eine voll entwickelte Wissenschaft wird durch ein Paradigma geleitet: Normalwissenschaft ist ein Problemlösen, das sich nach den Regeln eines Paradigmas richtet. Die Probleme und Rätsel eines Paradigmas sind entweder theoretischer oder instrumenteller Natur (Berechnung der Planetenbewegungen vs. Präzisierung teleskopischer Betrachtungen). Das Scheitern bei der Lösung paradigmatischer Probleme wird als Wissenschaftlers und nicht als Scheitern des Paradigmas gewertet. Scheitern des Ein Normalwissenschaftler muss dem Paradigma, in welchem er arbeitet, unkritisch gegenüberstehen. Die Ausbildung eines Wissenschaftlers innerhalb eines wissenschaftlichen Paradigmas besteht im Lösen von Standardproblemen, der Anwendung der Theorie auf Standardsituationen sowie dem Ausführen von Standardexperimenten, die ihn mit den Methoden und Techniken des Paradigmas vertraut machen. Probleme, die sich einer Lösung widersetzen, werden eher als Anomalien im Paradigma statt als Falsifikationen des Paradigmas betrachtet. SS 2009 Einführung in die Theoretische Philosophie

18 Kuhns Paradigmen und Revolutionen Krise und Revolution Zu einer Krise kommt es, wenn: eine Anomalie die entscheidenden Grundlagen eines Paradigmas bedroht; eine Anomalie in Bezug auf soziale Erfordernisse dringlich ist; es zu viele Anomalien gibt oder die Zeitspanne ihrer Resistenz zu groß wird; sich ein ein rivalisierendes Paradigma einstellt. Die Paradigmen lösen sich nicht so voneinander ab, dass das eine die Anomalien des anderen löst, sondern dieser Prozess ist so zu beschreiben, dass ein neues Paradigma ganz andere Fragestellungen mit sich bringt, und damit die Problemstellungen des alten Paradigmas als obsolet oder müßig betrachtet. Rivalisierende Paradigmen erachten unterschiedliche Fragen als legitim oder bedeutsam! SS 2009 Einführung in die Theoretische Philosophie 379 Kuhns Paradigmen und Revolutionen Die Inkommensurabilität von Paradigmen Anhänger rivalisierender Paradigmen leben in verschiedenen Welten. Weil die Fragen, Problemstellungen und überhaupt die Ansicht, was eigentlich die Phänomene sind, die die Theorie zu erklären hat, für zwei rivalisierende Paradigmen so extrem unterschiedlich sind, kann es nach Kuhn kein logisches oder empirisches Argument geben, dass die Überlegenheit des einen über das andere Paradigma beweist und das darüber hinaus einen vernunftgeleiteten Wissenschaftler zwingen könnte, den Wandel zu vollziehen. Wenn zwei Paradigmen keine wissenschaftlichen Standards miteinander teilen, dann gibt es keine gemeinsamen Voraussetzungen, vor welchen sich stringente Argumentationen für und wider eine Theorie überhaupt entwickeln lassen. Rivalisierende Paradigmen sind einander inkommensurabel! SS 2009 Einführung in die Theoretische Philosophie

19 Feyerabend: Anything goes Paul [Karl] Feyerabend ( ) Der österreichische Philosoph Paul Feyerabend beschäftigte sich vorwiegend mit der Wissenschaftstheorie, Erkenntnistheorie und den sozialen Folgen der Wissenschaft. In seinem wichtigsten Werk (Wider den Methodenzwang) behauptete er, dass der Wissenschaftsfortschritt hauptsächlich durch Irrtümer, Irrationalitäten und abgelehnte Theorien zustande gekommen ist. Wichtigste Werke Wider den Methodenzwang (1974) Science in Free Society (1978) Wissenschaft als Kunst (1984) SS 2009 Einführung in die Theoretische Philosophie 381 Feyerabend: Anything goes Wenn die wissenschaftlichen Methodologien (Verifikationismus, Falsifikationismus, Holismus, Konventionalismus etc.) als Regeln aufgefasst werden, die vorschreiben, wie sich ein Wissenschaftler in einer realistischen Situation entscheiden soll, dann sind diese nach Ansicht Feyerabends nicht nur wirklichkeitsfern, sondern schädlich: Der Gedanke, die Wissenschaft könne und sollte nach festen und allgemeinen Regeln betrieben werden, ist sowohl wirklichkeitsfern als auch schädlich. Er ist wirklichkeitsfern, weil er sich die Fähigkeiten des Menschen und die Bedingungen ihrer Entwicklung zu einfach vorstellt. Und er ist schädlich, weil der Versuch, die Regeln durchzusetzen, zur Erhöhung der fachlichen Fähigkeiten auf Kosten unserer Menschlichkeit führen muss. Außerdem ist der Gedanke für die Wissenschaft selbst von Nachteil, denn er vernachlässigt die komplizierten physikalischen und historischen Bedingungen des Fortschritts.... Alle Methodologien haben ihre Grenzen, und die einzige Regel, die übrigbleibt, lautet Anything goes. (Paul Feyerabend, in: Wider den Methodenzwang) SS 2009 Einführung in die Theoretische Philosophie

20 Feyerabend: Anything goes Wissenschaft vs. Wissenschaftsmethodologie Scharlatan: Relativ ungebundene Einführung eines neuen, noch unentwickelten Standpunktes, ohne diesen anschließend auf die Probe zu stellen. Wissenschaftler: Relativ ungebundene Einführung eines neuen, noch unentwickelten Standpunktes, der anschließend der härtesten Prüfung unterzogen wird. Ein Wissenschaftler unterscheidet sich von einem Scharlatan weder darin, wie er zu seinen Thesen gekommen ist, noch in den Inhalten der vertretenen Theorie. Der Unterschied besteht darin, wie der Wissenschaftler mit seinen Hypothesen umgeht. Er ist bereit, sie in allen möglichen Fällen auf die Probe zu stellen; er arbeitet ihre Konsequenzen und internen Schwierigkeiten heraus; er berücksichtigt die Einwände gegen seine Ansicht und wird sie aufgeben, wenn sie der Kritik nicht standhält. In der Wissenschaft reicht es nicht aus, seinen Launen und Neigungen nachzugehen! SS 2009 Einführung in die Theoretische Philosophie 383 Feyerabend: Anything goes Inkommensurabilität der beobachtbaren Konsequenzen einer Theorie Feyerabends Sichtweise der Inkommensurabilität von wissenschaftlichen Theorien deckt sich nur zum Teil mit der Ansicht Kuhns. Seine Sichtweise leitet sich von der Vorstellung der Theorieabhängigkeit der Beobachtung ab. In einigen Fällen können sich die Prinzipien zweier rivalisierender Theorien so radikal voneinander unterscheiden, dass beide Theorien keine einzige Beobachtungsaussage gemeinsam haben! In solchen Fällen ist es nicht möglich, die beiden Theorien sinnvoll miteinander zu vergleichen. Sie sind daher inkommensurabel (nicht miteinander vergleichbar). Klassische Mechanik: Physikalische Objekte besitzen eine Form, eine Masse und ein Volumen und diese Eigenschaften können nur durch physikalische Wechselwirkungen verändert werden. Relativitätstheorie: Eigenschaften wie Form, Masse oder Volumen existieren nicht als solche. Sie werden zu Relationen zwischen physikalischen Objekten und einem Bezugsrahmen und können daher ohne eine physikalische Wechselwirkung verändert werden, indem man von einem Bezugsrahmen zum anderen wechselt. Jeder Beobachtungsaussage über Gegenstände in der klassischen Mechanik kommt eine grundsätzlich andere Bedeutung zu als einer ähnlichen Beobachtungsaussage innerhalb der Relativitätstheorie! SS 2009 Einführung in die Theoretische Philosophie

21 Wissenschaftstheorie Was ist eigentlich eine wissenschaftliche Theorie? SS 2009 Einführung in die Theoretische Philosophie 385 Was eigentlich ist eine wissenschaftliche Theorie Das Problem theoretischer Terme Das Problem der Bestätigung einer Hypothese kommt dadurch zustande, dass wissenschaftliche Hypothesen über ihre stützenden Belege hinausgehen. Eine Hypothese wie Alle Raben sind schwarz kann falsch sein, obwohl jeder bisher beobachtete Rabe schwarz war. Auch Theorien gehen über ihre Belege hinaus, und zwar noch viel weitgehender. Sie berufen sich zumeist auf ungewöhnliche und in vielerlei Hinsicht unbeobachtbare Entitäten, wie Neutrinos, Kräfte, Felder, Triebe oder Motive. Hier stellen sich nicht nur Probleme der Realität der eingeführten Entitäten, sondern auch Fragen hinsichtlich der empirischen Signifikanz der von einer Theorie postulierten Gegenstände. Existieren theoretische Gegenstände wirklich? Wie verhalten sich theoretische Gegenstände hinsichtlich der experimentellen Daten, die eine Theorie stützen bzw. widerlegen? SS 2009 Einführung in die Theoretische Philosophie

22 Der klassische (syntaktische) Ansatz Eine wissenschaftliche Theorie ist eine Menge von Sätzen, die in einer Sprache mit spezifischem Vokabular und klar angegebener Struktur formuliert sind. Rudolf Carnap ( ) Theoretische Prinzipien mathematisch formulierte Axiome der Theorie Beispiel: P x V = const. Korrespondenzregeln Verfahren der Messung der einzelnen Symbole Beispiel: p sei der Druck an einem Druckmessgerät Theoretische Terme Grundbegriffe der Theorie, die sich nicht auf Bebachtbares beziehen Beispiel: kinetische Energie, Positron Beobachtungsterme Ausdrücke, die einen empirischen Gehalt besitzen Beispiel: ist rot, wiegt 3 Tonnen SS 2009 Einführung in die Theoretische Philosophie 387 Der klassische (syntaktische) Ansatz Uninterpretierte Formelsysteme und Korrespondenzregeln Theorien als solche sind dem syntaktischen Ansatz zufolge uninterpretierte Mengen von Sätzen, die in bestimmten mathematischen oder logischen Beziehungen zueinander stehen. Korrespondenzregeln dienen als ein Mittel, durch das den theoretischen Termen in den Prinzipien der Theorie eine beobachtungsbezogene (oder messbare) Bedeutung verliehen wird. Erst dadurch wird den Theorien empirischer Gehalt verliehen. Operationalismus: Ein theoretischer Term ist synonym mit der Menge von Operationen, durch die er bestimmt oder gemessen wird. SS 2009 Einführung in die Theoretische Philosophie

23 Der klassische (syntaktische) Ansatz Verdienste der klassischen Position Klärung des Unterschieds zwischen einer Theorie als solcher (als uninterpretierte Menge von Prinzipien) und dem Bereich, der zur Anwendung einer Theorie gehört (Interpretation der theoretischen Terme mittels Korrespondenzregeln) Wenn man eine Menge von Erklärungsprinzipien als Theorie bezeichnet, so ist das unabhängig davon, in welchem Grade diese Prinzipien untermauert sind. Manche Theorien sind gut bestätigt, andere nicht. Erläuterung, wie Theorien, welche nicht theoretische Terme wie Kraft, Feld, das Unbewusste usw. verwenden, empirische Signifikanz erlangen können Eine Theorie hat nach der klassischen Auffassung nur dann empirische Signifikanz, wenn sie prüfbare Konsequenzen besitzt. Korrespondenzregeln bauen eine Brücke zwischen theoretischen Prinzipien und Fakten der Beobachtung. Anwendung des hypothetisch-deduktiven Theoriemodells Die Hypothesen (Prinzipien) einer Theorie sollen einerseits die beobachtungsbezogenen Konsequenzen erklären und werden umgekehrt durch diese bestätigt. Unterscheidung zwischen Entdeckungs- und Bestätigungsdimension: Die philosophische Analyse wissenschaftlicher Theorien muss sich ausschließlich um die Funktion der Hypothesen kümmern. Die Umstände, unter denen eine Theorie entdeckt und aufgestellt worden ist, gelten als belanglos. Worauf es ankommt, ist die begriffliche Struktur der Theorie und die Verfahren, mit deren Hilfe man sie auf die Probe stellen kann. SS 2009 Einführung in die Theoretische Philosophie 389 Der klassische (syntaktische) Ansatz Probleme der Unterscheidung zwischen Theorie und Beobachtung Was als die Daten einer Theorie gilt, das hängt von den Theorien im Hintergrund ab. Ohne Theorien gibt es in der Wissenschaft gar keine Beobachtungsdaten. Beobachtungsaussagen können nur so genau sein, wie das begriffliche Gerüst der Sprache (Theorie), das sie verwenden. In der Physik beispielsweise ist der Begriff Kraft ein präziser Ausdruck, weil er eine zentrale Rolle in der Newtonschen Mechanik spielt; in der Alltagssprache ist der Begriff Kraft nur ungenau, weil unsere Alltagstheorien mannigfaltig und ungenau sind. Präzise formulierte Theorien sind Voraussetzung für präzise Voraussagen. Jede Beobachtungsaussage ist fehlbar. Um die Wahrheit einer Beobachtungsaussage (wie Dies ist ein Stück Kreide. ) nachzuweisen, muss man sich auf eine oder mehrere Theorien stützen; und je zuverlässiger die Gültigkeit nachgewiesen werden soll, desto umfassender muss das herangezogene theoretische Wissen sein. Beobachtungsaussagen sind ebenso fehlbar wie die Theorien, derer sie bedürfen. SS 2009 Einführung in die Theoretische Philosophie

24 Der semantische Ansatz Modelle statt uninterpretierte Formelsysteme Bas van Fraassen *1941 Ein theoretisches Modell postuliert eine Menge von Gegenständen, deren Eigenschaften und Verhalten durch spezifische Gesetze wiedergegeben wird. Ein Newtonsches Teilchensystem ist ein Modell mit Teilchen als Massepunkten, das die drei Newtonschen Bewegungsgesetze erfüllt. Das Molekularmodell des Gases ist ein Modell, in dem die Moleküle durch elastische Kugeln wiedergegeben werden, die in einem abgeschlossenen Raum Masse und Bewegung haben und den Grundgesetzen der statistischen Mechanik unterliegen. Ein Modell ist eine idealisierte Wiedergabe eines realen, physikalischen Systems. Für ein Modell kann es verschiedene sprachliche Formulierungen geben. SS 2009 Einführung in die Theoretische Philosophie 391 Der semantische Ansatz Isomorphie (Strukturgleichheit) Nach der semantischen Auffassung bestehen Theorien aus Modellen sowie aus der empirischen Hypothese, dass die Modelle die Welt in bestimmten Hinsichten annähernd wiedergeben. Insofern diese Wiedergabe gelingt insoweit das Modell den Daten angemessen ist besitzt die Theorie erstens ein Erklärvermögen und kann zweitens durch die Daten gestützt werden. Modell M Idealisierte Gegenstände Beziehungen zwischen diesen Gegenständen Gesetze, die das Verhalten dieser Gegenstände bestimmen Isomorphie Erklärung Bestätigung Physikalische Struktur P Reale Gegenstände beobachtete Beziehungen zwischen diesen Gegenständen beobachtetes Verhalten dieser Gegenstände SS 2009 Einführung in die Theoretische Philosophie

25 Was eigentlich ist eine wissenschaftliche Theorie? Der syntaktische Ansatz Der semantische Ansatz Fundamental sind die uninterpretierten Sätze der Theorie. Eine Theorie gilt als bestätigt, wenn sich aus deren Prinzipien (ihre Hypothesen, Naturgesetze) mittels der Korrespondenzregeln em-pirische Konsequenzen ableiten lassen. Fundamental sind die Modelle, die durch die Sätze der Theorie spezifiziert werden. Eine Theorie gilt als bestätigt, wenn das durch Sätze der Theorie beschriebene Modell (weitgehend) isomorph zu einem realen, physikalischen System ist. Wissenschaftler konstruieren eine Wissenschaftler konstruieren abstrakte Wissenschaftssprache, ideale, abstrakte Modelle für reale aus der sich mittels weiterer Regeln Zusammenhänge in der Welt beobachtbare Konsequenzen ableiten (empirische Systeme). lassen. SS 2009 Einführung in die Theoretische Philosophie

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