20. Brandenburgischer Ingenieurkammertag
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- Steffen Weber
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1 20. Brandenburgischer Ingenieurkammertag Lärm verändert Landschaft in Bezug auf Schulen, Kitas, Sport- und Mehrzweckhallen, deren Lärmabstrahlung nach außen sowie Aspekte der Raumakustik Akustikbüro Dahms Rosa-Luxemburg-Str. 4d Potsdam Dipl.-Ing. Dieter Brockmeyer Leiter des Fachgebietes Bau- und Raumakustik Prüfstellenleiter der VMPA Schallschutzprüfstelle nach DIN 4109 tel fax Messstelle nach 26 BImSchG für Schall- und Schwingungen
2 Relevanz unterschiedlicher Lärmarten Beispiel einer Betroffenheitsanalyse aus Baden-Württemberg für 2004 Aufschlüsselung nach Lärmarten
3 Außenbereich einer Schule Hörbeispiel Schallabstrahlung eines Schulhofes Pausenzeiten Hörbeispiel
4 Mehrzweckhalle mit schlechter Schalldämmung Hörbeispiel Test für eine Veranstaltung Messung innen und außen Terzspektrum unbewertet, Messungen Innen und Außen sowie deren Differenz 120 Innen Außen Diff Innen-Außen Leq [db] SUM(A) SUM(LIN) Frequenz [Hz] Hörbeispiel
5 Schallabstrahlung von Gebäuden Die Schallabstrahlung von Gebäuden wird im Wesentlichen durch die bauliche Hülle und dort durch die Bestandteile mit der schwächeren Schalldämmung bestimmt. Im gezeigten Beispiel ist dies das gekippte Fenster eines lauten Raumes. Dieses bestimmt hier die komplette Schallabstrahlung.
6 Schulsport - Vereinssport Schulsport wird (gegenüber anderem Sport) in der Sportanlagenlärmschutzverordnung (18. BImSchV) durch die Anweisung privilegiert, dass die Behörde von der Festsetzung von Betriebszeiten absehen soll. Bei Kombination von Schul- und Vereinssport werden Teilzeiten mit Schulsport vollständig außer Acht gelassen.
7 Rechtliche Privilegierung von Kindern Im Juli 2011 hat der Bundestag mit großer Mehrheit das Zehnte Gesetz zur Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes Privilegierung des von Kindertageseinrichtungen und Kinderspielplätzen ausgehenden Kinderlärms beschlossen. Dieses Gesetz ergänzt den 22 des BImSchG [Lit. 2] um den folgenden Passus: (1a) Geräuscheinwirkungen, die von Kindertageseinrichtungen, Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen wie beispielsweise Ballspielplätzen durch Kinder hervorgerufen werden, sind im Regelfall keine schädliche Umwelteinwirkung. Bei der Beurteilung der Geräuscheinwirkungen dürfen Immissionsgrenz- und -richtwerte nicht herangezogen werden. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass in der Diskussion vor und nach der Abstimmung immer wieder von verschiedener Seite betont wurde, dass diese Änderung des Gesetzes klarstellen solle, dass die von Kindern ausgehenden Geräusche sozialadäquat und gewollt sind und somit zum Wohnumfeld gehören.
8 Zwischenfazit - Geräusche von Kindern sind erwünschte Lebensäußerung. - Die Betroffenheit ist wesentlich geringer als bspw. bei Straßenlärm. - Die Schallabstrahlung von Gebäuden nach außen ist baulich gut regelbar. Ich möchte daher den Begriff Landschaft auf Landschaft im Kopf erweitern! Daraus resultieren folgende Fragen: - Wann werden Nutzgeräusche IN Kita und Schule zu Lärm? - Welche Folgen hat das? - Was können wir dagegen tun? Unter diesem Vorzeichen möchte ich zur Raumakustik in Bildungsstätten Stellung nehmen.
9 Einige Thesen: Ein Raum wird geschaffen, um eine gewünschte und geplante Nutzung zu ermöglichen. Im Bildungswesen ist dies häufig die Durchführung von Unterricht. In (raum-)akustischer Hinsicht funktioniert dies leider häufig nicht. Ein wesentlicher Grund dafür ist die häufig nicht ausreichende Information der (Planungs-)Beteiligten hinsichtlich der (Raum-)akustik.
10 Arbeitsbereich des Ohres, etwas detaillierter Die folgende Grafik zeigt den Frequenz- und Pegelbereich der für Musik und Sprache relevant ist. Wesentlich ist der Unterschied zwischen Vokalen und Konsonanten.
11 Wie wird Information mit Schall übertragen Informationen, ob musikalischer oder sprachlicher Art, nutzen den Arbeitsbereich des Ohres weitgehend aus. Ein Stimmbeispiel soll verdeutlichen, wie sich die Wahrnehmung verändert, wenn zunächst Wir können feststellen: Die hohen Frequenzen sind als Träger von Information der Frequenzbereich viel wichtiger als die tiefen Frequenzen. In den Bässen steckt aber viel mehr Schallleistung. und dann die Dynamik Wir können weiter feststellen: Auch die Dynamik des Signals ist für die Informationsübertragung sehr wichtig. des Signals beschränkt wird. In beiden Fällen leidet die Erkennbarkeit des ursprünglichen Signals durch die Veränderung.
12 Wie wird Information mit Schall übertragen Informationen, ob musikalischer oder sprachlicher Art, nutzen den Arbeitsbereich des Ohres weitgehend aus. Wir haben die Bedeutung vom Frequenzbereich der Dynamik kennengelernt. und was passiert, wenn der Raum das Signal verändert? Hören wir uns einige Beispiele an! Auch der Raum hat durch Veränderung des Signals erheblichen Einfluss auf die Sprachverständlichkeit!
13 Nachhallzeit und deren Messung, was ist das? Die Nachhallzeit beschreibt die Zeit, die in einem gegebenen Raum benötigt wird, damit ein impulsartiges Geräusch um 60 db leiser wird. Sprich: Knall Stoppuhr wann ist es 60dB leiser? Die Messung erfolgt in Terzen (mind. 21 Frequenzbänder) und für mindestens 6 Abklingvorgängen an 3 Mikrofonpositionen. Eine Nachhallzeit im engeren Sinne gibt es nur in Räumen, deren Verhältnis von längster zu kürzester Dimension einen Wert von 4 nicht überschreitet, also nicht in Flachräumen. Für die Fälle gibt es andere Parameter.
14 Die Nachhallzeit als ein Maß für die Raumakustik Hörbeispiele Impulse
15 Anforderungen an die Raumakustik Aus der Baugenehmigung einer Schule im Land Brandenburg, 2012: Die DIN MUSS als anerkannte Regel der Technik angesehen und somit beachtet werden.
16 Anforderungen nach DIN Die DIN Hörsamkeit in kleinen bis mittelgroßen Räumen aus 2004 unterscheidet zwischen Anforderungen in Räumen über: mittlere bis größere Entfernungen geringere Entfernungen (Gruppe A) und (Gruppe B) Die wesentlichen Kenngrößen und Definitionen sind: 1.Volumenkennzahlen nach Hauptnutzung des Raumes 2.Nachhallzeiten für unterschiedliche Nutzungen 3.Differenz zwischen Sprachschalldruckpegel und Störschalldruckpegel 4.Definition unterschiedlicher Nutzungen (Musik, Sprache, Unterricht, Sport) 5.Geometrische Gestaltung und Verteilung schallabsorbierender Flächen für kleinere Räume (bis 250 m³) sowie mittelgroße Räume und Hallen (250 m³ bis m³) 6.Maßnahmen für Hörsamkeit über geringe Entfernungen (Gruppe B)
17 Anforderungen: Volumenkennzahlen für unterschiedliche Nutzungen Hauptnutzung des Raumes für Volumenkennzahl [m³ / Platz] Sprachdarbietung 3 bis 6 Musik- und Sprachdarbietung 5 bis 8 Musikdarbietung 7 bis 12
18 Anforderungen: Nachhallzeiten für verschiedene Nutzungsarten des Raumes in Bildungsstätten Für Nutzungen Sport, Musik, Sprache und Unterricht Sollwert TSoll der Nachhallzeit für unterschiedliche Nutzungsarten nach DIN ,6 2,4 2,2 Nachhallzeit Tsoll in s 2,0 1,8 1,6 1,4 Unterricht Sprache Musik Sport 1 Sport 2 1,2 1,0 0,8 0,6 Obergrenze Unterrichtsraum, besser: 0,5 s (dazu später mehr) 0,4 0,2 0, Raumvolumen in m³ Anforderung für Hörgeschädigte: 20 % strenger!
19 Anforderungen:Frequenzbereiche der Nachhallzeit nach Nutzungsart Musik ( ), Sprache ( ) und gemeinsamer Bereich ( ) Anzustrebender Bereich der Nachhallzeit in Abhängigkeit von der Frequenz nach Bild 3 der DIN ,8 1,6 1,4 T / Tsoll 1,2 1,0 0,8 0,6 0,4 0,2 0, Frequenz in Hz Quelle: DIN 18041:
20 Räume der Gruppe A bis 250 m³ In die Gruppe A gehören häufig auch Unterrichtsräume, die besonders wichtig für Bildung und Sprachentwicklung sind. Folgende Grafik in Anlehnung an DIN zeigt günstige und ungünstige Verteilungen von schallabsorbierenden Flächen in Unterrichts- und Sitzungsräumen auf. a ungünstig b günstig c günstig
21 Klassenzimmer mit unterschiedlicher Raumakustik Die folgenden Grafiken zeigen die deutlichen Auswirkungen der Raumakustik auf den Unterricht und dessen Verlauf: Bei geringem Nachhall nehmen leise Anteile zu, insbesondere bei Gruppenarbeit. Ist die Nachhallzeit zu lang, steigt das Grundgeräusch über den Vormittag hinweg deutlich an. Kitas aus: Lärm in Bildungsstätten Lärm inqa.de 2010und Schulen, 20. Ingenieurkammertag
22 Gruppenarbeit in Unterrichtsräumen Um die Gruppenarbeit akustisch zu verbessern, soll in Unterrichtsräumen, die häufig für Gruppenarbeit genutzt werden, auf den klassischen Deckenreflektor verzichtet werden und die Länge auf l 9 m begrenzt werden. Die folgende (modifizierte) Grafik (ursprünglich aus DIN 18041) zeigt dies auf: a ungünstig b auch absorbierend günstig c günstig
23 Beispiele für Planungen und deren Nachhallzeiten Unterrichtsraum, Beispiel 1, absorbierende Decke nach Sanierung:
24 Beispiele für Planungen und deren Nachhallzeiten Unterrichtsraum, Beispiel 1, absorbierende Wand und Decke nach Sanierung: Nachhallzeit vorher: ca. 2,0 s! akzeptabel: bis 0,7 s jetzt:
25 Reflektionseigenschaften der Raumbegrenzungsflächen Ateliers am Kuckucksruf, Potsdam, Versammlungs- und Konferenzraum:
26 Reflektionseigenschaften der Raumbegrenzungsflächen Erläuterungen der DIN Quelle: DIN 18041:
27 Reflektionseigenschaften der Raumbegrenzungsflächen Universität Potsdam, Raum H 03, reflektierende und absorbierende Bereiche:
28 Kammermusiksaal der Universität Potsdam, Golm
29 Kammermusiksaal der Universität Potsdam, Golm Die raumakustische Abstimmung beim Kammermusiksaal ist Ergebnis einer intensiven Diskussion mit und zwischen den Nutzern. Der Saal wurde präsentiert am Tag der Architektur 2013 Zielgrößen der raumakustischen Abstimmung waren Nachhallzeit T, Seitenschallgrad LF und Klarheitsmaß C80.
30 Kammermusiksaal der Universität Potsdam, Golm 2,5 1,5 1,0 0,5 Die Nachhallzeit sollte breitbandig zwischen 1,2 s und 1,3 s liegen. Das Ziel wurde erreicht Frequenz [Hz] ,0 80 Messung Ausgangszustand Messung nach Umbau Simulation, nach Umbau 50 Nachhallzeit [s] 2,0
31 Was ist eigentlich Sprachverständlichkeit Die Sprachverständlichkeit braucht die hohen Frequenzen und die Dynamik. Unser Sprachbeispiel von vorhin sieht im Zeitverlauf so aus: Es zeigt sich eine hohe Dynamik. Diese wird insbesondere bei hohen Frequenzen durch Hall und Störgeräusche eingeschränkt. Das Ergebnis solcher Einschränkungen haben wir vorhin angehört.
32 Was ist eigentlich Sprachverständlichkeit Der Zusammenhang lässt sich auch folgendermaßen darstellen: gute Sprachverständlichkeit: mit Hall: mit Störgeräusch: Grafik: IFAA und TAC, Prof. Dr. Alfred Schmitz ( Schlussfolgerung: Durch Störeinflüsse wird die Dynamik beschränkt. Dies mindert die Silben-, Wort- und Satzverständlichkeit.
33 Was ist eigentlich Sprachverständlichkeit Die Begriffe Silben-, Wort- und Satzverständlichkeit gehören zusammen: Ein Beispiel aus Tabelle A.2 der DIN 18041: Eine Silbenverständlichkeit von knapp 50 % führt zu einer Wortverständlichkeit von etwas über 70 % was wiederum eine Satzverständlichkeit von ca. 90 % zur Folge hat Dieser Zusammenhang gilt so nur für: gesund Hörende UND Muttersprachler. Übrigens: Ein Muttersprachler ist mindestens 12 Jahre alt, da jeder Mensch vorher noch zu viel Mühe auf die Silben- und Worterkennung verwenden muss. Aus diesem Grund ist eine gute Raumakustik in Grundschulen und Kitas besonders wichtig.
34 10. Zusammenfassung Schall ist auch im Bildungsbereich ein vielfältiges und komplexes Thema: Für Schulen, Kitas und Sportstätten ist u. U. eine Betrachtung der Schallausbreitung notwendig. Lärm von Kindern wird als erwünschte Lebensäußerung gesehen. In Bildungsstätten ist eine gute Raumakustik grundlegend, damit der Raum der (Sprach-)Bildung nicht im Wege steht. In Räumen, die der Musikdarbietung oder anderen kulturellen Anlässen dienen, ist dieser Zusammenhang deutlich mehr akzeptiert. Wird dies beachtet, kann der Raum die gewünschte und geplante Nutzung optimal unterstützen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Lärm in Bildungsstätten arbeitsschutzrechtliche und andere gesetzliche Bestimmungen
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