Erfahrungsbericht Moskau WS 2011/SS 2012

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1 Erfahrungsbericht Moskau WS 2011/SS 2012 Am 1. September 2011 ging mein großes Abenteuer Russland los. Ein Jahr studieren an Moskaus renommiertester Uni, der Lomonossow Universität. Wie ein solcher Aufenthalt, in einem kulturell so spannenden Land aussieht, erfahrt Ihr jetzt in meinem Bericht. Die Vorbereitungen Zu Beginn hatte ich kaum eine Ahnung was mich dort erwarten wird. Nachdem ich die Zusage der Universität Jena erhalten hatte, lief der Mailverkehr zwischen meiner Koordinatorin, Frau Olga Koriagina sehr schleppend. Im Juli dann die erlösende der Universität. Meine Einladung um das Visum zu beantragen war in dieser enthalten. Weiterhin ein Willkommens-Paket. Ein Lageplan der Uni, ein Metro-Plan, sowie ein 4-seitiges Informationsblatt in englischer und russischer Sprache über die ersten Tage in Moskau. Weiterhin konnte man sich für die verschiedensten englischsprachigen Vorlesungen in der Wirtschaftswissenschaft einschreiben. Diese schickt man dann zu ihr zurück und die Angaben sind noch unverbindlich. Sobald man das Visum hat, liegt Moskau nichts mehr im Wege. Denn alles Weitere ergibt sich dann vor Ort. Wichtig ist, dass ihr Frau Koriagina eure vollständigen Flugdaten schickt, damit Ihr am Flughafen abgeholt werdet. Wichtig: Denkt nicht, dass die Abholung organisiert sein wird. Ihr müsst euch schon drauf einstellen, dass man Euch nicht mit Namensschildern empfangen wird. Was die Suche nicht wirklich erleichtert. Der Erste Tag Die Person, die euch abholen wird, hat gleichzeitig auch euren wichtigen Passierschein. Den benötigt Ihr, um ins Gebäude zu gelangen. Bitte nicht erschrecken: Das Unigebäude ist strengstens bewacht und Ihr müsst zwei Mal euren Propusk (Passierschein) vorzeigen. Auf jeder Etage im Wohnheim befindet sich noch zusätzliches Wachpersonal und in allen Ecken sind Kameras angebracht. Gewöhnt euch lieber gleich dran, denn das wird euch euer ganzes Auslandsstudium über begleiten. In jeder Fakultät, in jedem öffentlichen Gebäude, der Metro und in jeder Straßenecke. Die Person die euch nun bis ins Gebäude gebracht hat, übergibt euch dann euren Zimmerschlüssel. Ich kann euch nur eins über die Zimmer sagen: Vergesst jeglichen europäischen Komfort! Die Zimmer sind zwar sehr gut eingerichtet, zumindest ist das nötigste vorhanden, allerdings sehr dreckig. Die Möbel sind sehr alt und

2 die Bäder in einem schlechteren Zustand. Die Zimmer sind recht klein, aber daran gewöhnt man sich. Vergleicht man die Zimmer zum pompösen Äußeren der Universität, dann fallen diese sehr kläglich aus. Aber jeder hat sein eigenes Zimmer und man teilt sich das Bad mit noch einer Person. Küchen sind in allen Fluren enthalten und der Herd ist Gasbetrieben. Einen Kühlschrank gibt es nicht, den muss man von anderen Studenten abkaufen oder käuflich erwerben (bei Aschan oder Metro, auf beide gehe ich später ein). Töpfe und andere Dinge zum Kochen muss man auch dazu kaufen. Es ist lediglich ein Kissen, eine Decke, Bettbezug und ein Handtuch in den Zimmern vorzufinden. Für die erste Nacht vollkommen ausreichend. Solltet Ihr schon im Laufe des Tages angekommen sein, empfehle ich euch einen kleinen Rundgang durch das Hauptgebäude. Ihr werdet erstaunt sein, was Ihr dort alles vorfindet. Aufbau Universitätshauptgebäude Im Inneren des Hauptgebäudes sind zu allererst eure Zimmer untergebracht. In verschiedene Sektoren unterteilt: Б, В, Г Im Sektor A, welcher sich in der Mitte befindet, sind Büros untergebracht und es werden dort auch Vorlesungen gehalten. Weiterhin findet man auch ein Museum in diesem Sektor. Unweit vom Sektor A, findet man einen großen Konzertsaal. Tickets kann man kostenlos bei unserer Koordinatorin Frau Koriagina erhalten. Per Mail informiert sie, sobald dort Veranstaltungen stattfinden. Rund um den Sektor A sind verschiedene Läden verteilt: ein Blumenladen, Schreibwarenladen, Kopierecke, Lebensmittelstände. Man findet im Unigebäude verschiedenste Lebensmittelgeschäfte, die rund um die Uhr geöffnet haben. In den unteren Etagen findet man zwei Mensen. Die eine ist eine Mensa mit ausgewählten Zutaten und befindet sich im Sektor Б. Die zweite eine ganz normale und befindet sich im Sektor В. Kennzeichnend für die russische Esskultur sind die kleinen Portionen und man wählt selbst aus einer Vielzahl an Komponenten. Normalerweise bestellt man sich eine kleine Schüssel Suppe, einen kleinen Teller Salat und stellt sich selbst ein Hauptgericht zusammen. Die Desserts (vor allem Buttertorten) sind reine Kalorienbomben und sehr lecker. Aus dem Samowar kann man sich dann noch einen leckeren Tee holen. Wer genug vom Mensaessen hat, der kann auch in ein kleines Restaurant gehen. Dieses befindet sich auch im Sektor В, gegenüber der Mensa. Dort kann man aus einer Vielzahl an Gerichten wählen, unter anderem Pizza, Nudeln, Bortsch, Pelmeni, Salate (oft mit viel Fleisch und Mayonaise; Vegetarier haben es wirklich schwer in Russland). Die Preise sind dann natürlich auch teurer. Mensaessen kostet um die 3 Euro, und dort muss man mit 5 Euro rechnen.

3 Der zweite Tag Am zweiten Tag hatte ich gleich morgens ein Treffen mit unserer Koordinatorin. Im Hauptgebäude sind die verschiedensten Büros und die Bürokratie kann nun beginnen. Zum Glück habt Ihr eine sehr gute Koordinatorin dabei und das Ausfüllen der Dokumente läuft problemlos, da Sie auch sehr gut Englisch spricht. Während die Frauen in den Büros kein Wort Englisch reden. Also solltet Ihr nicht gute Russisch-Kenntnisse haben, dann geht dort immer in Begleitung hin. Dort wird dann ein Studentenausweis für euch gemacht, alles natürlich handschriftlich und daher dauert es auch. In Russland herrscht nicht nur Putin, sondern auch die Bürokratie. Wichtige Stempel bekommt man nur in entsprechenden Büros und das dauert. Ihr übt euch dort also in Geduld. Ihr bekommt auch dort euren Propusk ausgestellt. Frau Koriagina begleitet euch auch beim Passbilder machen. Noch an diesem Tag erhaltet Ihr euren Studentenausweis. Diesen benötigt Ihr um in die Gebäude der Fakultäten zu gelangen und auch als Preisnachlass für Museen. Am Nachmittag hatte Sie dann ein kleines Kennenlern-Treffen organsiert. Zunächst hat Sie uns das Wichtigste über das Studium und das Leben in Moskau erzählt. Alles in englischer Sprache, damit es auch jeder versteht. Im Anschluss nahm Sie uns dann in ein nahegelegenes Cafe mit und hatte auch russische Studenten eingeladen. Dort konnte man sich dann kennenlernen. Man sieht fast alle ausländische Studenten jeden Tag, da wir alle in denselben Etagen untergebracht sind. Mit den russischen Studenten bleibt man in Kontakt, wenn man russische Vorlesungen belegt. Russen sind sehr interessiert an Ausländern und so kommt man leicht mit Ihnen in Kontakt. Die Vorlesungen Einige wird sicherlich interessieren, wie eine Vorlesung in Russland aussieht. Zunächst wird Olga Koriagina mit euch einen Stundenplan erstellen. Nennt Ihr einfach eure Präferenzen und Sie wird diese berücksichtigen. Generell bekommt man in Russland weniger ECTS, also belegt man auch mehr Module. Wer Sprachprobleme hat, der belegt lieber englische Vorlesungen. Im Folgenden nun die Modulauswahl in englischer Sprache: Economic History, Free Economic Zones and Offshore Territories, International Financial Reporting Standards, Introduction to Industrial Economics, International Economics, International Tax Planning, Labour Economics, Management, Technical Analysis. Diese entsprechen in der Art und Weise der Vorlesungen eher dem europäischen Standard. Generell zählt am Ende in jeder Vorlesung die Mitarbeit mit hinein. Auf eine kontinuierliche Arbeitsweise legt man also viel Wert. Oft müssen verschiedene Projekte und Hausaufgaben angefertigt werden, die mit in die Endnote zählen. Zu guter Letzt wird eine 90-minütige Klausur geschrieben.

4 Ich empfehle allerdings jedem Studenten auch eine Vorlesung in russischer Sprache zu belegen. Frau Koriagina wird euch aus einer Vielzahl an Modulen, die passenden heraussuchen. Die Art und Weise im Umgang zwischen Studenten und Professoren ist anders als in Deutschland und zu jeder Vorlesung werden Seminare angeboten, in denen man Fallanalysen bespricht. Das macht das Studieren in Russland viel praxisorientierter. Wem die Vorlesungen nicht ausreichen, kann auch zu verschiedenen Gastvorträgen an der Universität gehen. Einfach Frau Koriagina fragen, wann etwas stattfindet. Ich habe mich dazu entschieden, als studentische Hilfskraft an einem Lehrstuhl zu arbeiten. Ich empfehle das Jedem, der mehr erfahren möchte vom universitären Alltag. Gute Sprachkenntnisse sind Voraussetzung für eine Zusage am Lehrstuhl. Für die Bewerbung habe ich einen Lehrstuhl angesprochen und einen Lebenslauf zukommen lassen. Danach wurde ich zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen, um zu testen wie gut meine Russisch- Kenntnisse sind. Ich hatte Zugang zu vielen interessanten Vorträgen und der russischen Lebensweise. Freizeitangebote Moskau hat eine Menge zu bieten und es ist wirklich für Jeden etwas dabei. Es gibt zahlreiche Museen, Galerien, Parkanlagen und nicht zu vergessen die prunkvollen Kirchen. Das Nachtleben reicht von chic und reich über alternativ zu rock. Das Sprachenzentrum an der Universität organisiert jedes Semester geführte Touren durch die DUMA (erste Kammer des Parlaments). Ihr bekommt über eure Sprachenlehrer rechtzeitig bescheid um euch anzumelden. Wer eine Pause von Moskau braucht, der kann auch den äußeren Ring um Moskau bereisen, dem Goldenen Ring. Das sind kleinere Städte, die bekannt sind für ihre Kirchen und Kreml-Anlagen. Diese sind zum Beispiel: Sergijew Possad, Jaroslawl, Wladimir, Susdal, Rostow Weliki. All diese Städte sind nicht sehr weit von Moskau und man kann sie mit der Elektitschka oder dem Zug bereisen. Bei der Organisation können andere ausländische Studenten oder eure Koordinatorin helfen. Ein Erlebnis ist es, mit einem russischen Zug zu reisen. Die Tickets kauft man an den Bahnhöfen (Wichtig: mit Reisepass!). Eine Fahrt ist auch nicht teuer, zum Beispiel zahlt man nach St. Petersburg, wählt man die schlechteste Preiskategorie Platzkart, für eine Fahrt ungefähr 800 Rubel (20 ). Die schlechteste Preiskategorie ist vollkommen okay für eine solche Fahrt, da es bloß offene Kabinen sind und man sich ein Abteil mit 6 Menschen teilt. Nach St. Petersburg fährt man nur eine Nacht und verbringt die Fahrt somit sowieso schlafend, sofern man eben eine Nachtfahrt bucht. Olga Koriagina wird euch bei der Auswahl einer passenden Unterkunft in St. Petersburg helfen. Sehr zu empfehlen ist das Cuba-Hostel. Das liegt mitten im Zentrum

5 und ist wirklich billig und sauber. Wenn man im Wintersemester dort ist, sollte man bis Ende Oktober dort hin fahren, da die Winter dort früh beginnen und sehr kalt sind. Möchte man im Sommersemester Petersburg besuchen, dann am besten im Juni, wenn die Weißen Nächte sind. Es gab auch Studenten, die mit der transsibirischen Eisenbahn von Moskau über Irkutsk bis nach Peking gefahren sind. Um Russland zu entdecken, bietet sich eine solche Fahrt an. Man kann auch bis ans Ende Russlands, nach Wladiwostok fahren. Solltet Ihr also Zeit (20 Tage ungefähr bis Wladiwostok; es sind auch schon ein paar Tage Aufenthalt in den größeren Städten, wie Kazan, Jekaterinenburg, Irkutsk, dem Baikal-See eingerechnet) haben, dann nichts wie auf! Denn Auslandsstudium beinhaltet auch das Kennenlernen der jeweiligen Kultur. Ich hoffe meine Ausführungen werden Euch den Einstieg ein wenig erleichtern und ich wünsche Euch eine Menge schöner neuer Erfahrungen! Oder wie die Russen sagen würden: Все будет хорошо!/alles wird gut!