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- Hannah Flater
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2 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar. Die Informationen in diesem Produkt werden ohne Rücksicht auf einen eventuellen Patentschutz veröffentlicht. Warennamen werden ohne Gewährleistung der freien Verwendbarkeit benutzt. Bei der Zusammenstellung von Texten und Abbildungen wurde mit größter Sorgfalt vorgegangen. Trotzdem können Fehler nicht vollständig ausgeschlossen werden. Verlag, Herausgeber und Autoren können für fehlerhafte Angaben und deren Folgen weder eine juristische Verantwortung noch irgendeine Haftung übernehmen. Für Verbesserungsvorschläge und Hinweise auf Fehler sind Verlag und Herausgeber dankbar. Alle Rechte vorbehalten, auch die der fotomechanischen Wiedergabe und der Speicherung in elektronischen Medien. Die gewerbliche Nutzung der in diesem Produkt gezeigten Modelle und Arbeiten ist nicht zulässig. Fast alle Hardware- und Softwarebezeichnungen und weitere Stichworte und sonstige Angaben, die in diesem Buch verwendet werden, sind als eingetragene Marken geschützt. Da es nicht möglich ist, in allen Fällen zeitnah zu ermitteln, ob ein Markenschutz besteht, wird das -Symbol in diesem Buch nicht verwendet. Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil des Buches darf ohne Erlaubnis der Pearson Education Inc. in fotomechanischer oder elektronischer Form reproduziert oder gespeichert werden ISBN Print; PDF; epub 2013 Pearson Deutschland GmbH, Martin-Kollar-Str , München/Germany Alle Rechte vorbehalten A part of Pearson plc worldwide Korrektorat: Christian Schneider, München; Petra Kienle, München Herstellung: Claudia Bäurle, cbaeurle@pearson.de Satz: Cordula Winkler, mediaservice, Siegen ( Alle Bilder (außer anderweitig gekennzeichnet) sind von den Autoren Einbandgestaltung: Marco Lindenbeck, webwo GmbH, m.lindenbeck@webwo.de Druck und Verarbeitung: Firmengruppe APPL, aprinta druck, Wemding Printed in Germany
3 3 Belichtung und Belichtungs messung Messwinkel bei Spotmessung Die Indizierungen für die AF-Felder werden auch für die Spotmessung benutzt. Die Spotmessung misst aber eine größere Fläche, die außerdem kreisförmig ist. Messen Sie eine kleine Stelle, die von einer wesentlich helleren oder dunkleren Stelle umgeben ist, dann wird die Messung sicherlich nicht stimmen. Wenn die gemessene Stelle nicht zu klein ist, dann kann Einzoomen schon helfen. Möchten Sie ganz sicher gehen, denken Sie am besten an jeder Seite des AF-Feldes die gleiche Länge hinzu und machen aus dem Ganzen einen Kreis. gemessen wird. In unserem Beispiel möchten Sie wahrscheinlich auf das Gesicht scharf stellen und nicht auf die Jacke. (Bei 200 mm und f/2,8 macht das schon einen sichtbaren Unterschied.) Die Lösung ist dann eine Spotmessung kombiniert mit einer manuellen Einstellung der Belichtung. Sie lassen dabei Zeit und Blende, wie sie sind, und kontrollieren einfach gelegentlich die Belichtung, indem Sie den Bildausschnitt kurz ändern. Wenn es damit nicht ganz klappt, ist es gut zu wissen, dass es oft noch eine andere Lösung gibt. Über- und Unterbelichtung im RAW-Format Fotografieren Sie in RAW? Dann müssen Sie sich bei der Belichtung keine Sorgen machen. Selbst wenn Sie sich beim Belichten stark irren, kann Ihnen noch ein ganz gutes Foto gelingen. Der Spielraum bei RAW ist sehr groß. Hat Ihr Motiv einen Kontrastumfang von acht Lichtwerten (siehe Kasten), so können Sie bei ISO 200 drei Lichtwerte unter- und mindestens einen Lichtwert überbelichten. Allerdings müssen Sie bedenken, dass Unterbelichtung immer Rauschen hervorrufen wird. Ein Foto, das vier Lichtwerte unterbelichtet ist, wird noch sehr viel Bildinformation tragen, aber auf einem A4-Abzug schon ziemlich hässlich aussehen. Eine Unterbelichtung von vier Lichtwerten oder mehr sollten Sie also vermeiden. Einen oder zwei Lichtwerte können Sie bei RAW aber sehr leicht korrigieren, vor allem wenn die Kontraste nicht zu groß sind. Die beste Qualität erreichen Sie immer noch mit einer genauen Belichtung. 3.4 Zonensystem und DRE Wollen Sie möglichst frei sein in der Darstellung der Kontraste, dann brauchen Sie ein System. Für die analoge Fotografie gab es ein solches System schon lange: das Zonensystem von Fred Archer und Ansel Adams. Es wurde vor allem durch Adams bekannt, also nennen wir es Adams Zonensystem, auch wenn das nicht ganz korrekt ist. Mit Spotmessung und RAW ist es möglich, Ansel Adams Zonensystem in der digitalen Fotografie anzuwenden. Im Folgenden beschreibe ich ausführlich eine Anpassung des Zonensystems für die digitale Fotografie. Es ist meine eigene Anpassung, speziell geeignet für die professionellen Nikon-Modelle. Um es Ihnen und mir leicht zu machen, habe ich das System DRE genannt: Dynamische Reichweite Einfach oder Dynamic Range Easy. Es gibt zweifelsohne noch andere Anpassungen. Aber diese Anpassung funktioniert in der Praxis gut, auch wenn sie keine komplette Ausnutzung der Dynamik Ihrer Kamera garantiert. Dafür sind zu viele Variablen im Spiel, wie die Sucher andeutungen der AF-Felder, die häufigen Updates der Fotobearbeitungssoftware und nicht zuletzt die Farben Ihres Motivs. 110
4 Zonensystem und DRE Ansel Adams Das ursprüngliche Zonensystem von Ansel Adams war dazu gedacht, Fotostudenten beizubringen, wie sich in der Schwarzweißfotografie die großen Unterschiede zwischen hell und dunkel möglichst gut in Fotos darstellen lassen. Das Basisprinzip ist ganz einfach: Sie messen die Lichter im Bild, die Stellen von durchschnittlicher Helligkeit und die dunkelsten Stellen. Danach bestimmen Sie, wie Sie so belichten und Ihre Negative so entwickeln können, dass alles genau in den ziemlich eingeschränkten Kontrastumfang eines Negativs passt. Wenn Sie schließlich einen Abzug machen, tricksen Sie noch ein bisschen (Abwedeln und Nachbelichten), um den Kontrastumfang des Negativs an den kleineren Kontrastumfang des Fotopapiers anzupassen. Tipp: Belichtungsreihe Möchten Sie die Dynamik Ihrer Kamera wirklich voll ausnutzen, so machen Sie eine Belichtungsreihe. Das bietet den zusätzlichen Vorteil, dass Sie ein Bild mit hohem Kontrast umfang (HDR, High Dynamic Range) daraus machen können. In der digitalen Fotografie können Sie ähnlich vorgehen. Bei DRE erfolgt die Belichtungsmessung mit dem Spotmesser der Kamera, die Filmentwicklung findet in der RAW-Verarbeitung statt und das Tricksen erledigen Sie ebenfalls mit der Fotobearbeitungssoftware. So werden die in der Natur vorhandenen Unterschiede zwischen hell und dunkel von mehr als 1 : verringert auf 1 : 256 (8 Bit) und schließlich auf 1 : 40 beim Drucken. Der große Vorteil von DRE (und von jeder anderen digitalen Variante des Zonensytems) ist, dass wir zunächst nur die Belichtung richtig machen müssen. Die Negativentwicklung (bzw. RAW- Verarbeitung) können wir unendlich oft wiederholen, notfalls auchjahre später. Wann benutzen Sie DRE? DRE ist nur sinnvoll, wenn Sie mit großen Kon trasten arbeiten oder Helligkeitswerte ganz anders darstellen wollen. Bei Landschaftsaufnahmen ist das oft der Fall. Da haben Sie meistens auch die Zeit, eine solche Methode anzuwenden. Lichtwerte (EVs) Lichtwerte ermöglichen es, in der Fotografie Kombinationen von Blenden und Verschlusszeiten zu benennen und zu vergleichen. Auf Englisch werden sie Exposure Value (EV), also Belichtungswert, genannt. Ein Beispiel: 1/1000 sek bei f/4, 1/500 sek bei f/5,6, 1/250 sek bei f/8 und 1/125 sek bei f/11 führen alle zur gleichen Belichtung. Diese Kombinationen haben dementsprechend alle den gleichen Lichtwert. Lichtwerte sagen nichts aus über die Lichtmenge, nur über die Belichtung. Eine Lichtmenge, die bei ISO 100 eine Belichtung von Lichtwert 1 (1 sek bei f/1,4) ergibt, reicht bei ISO aus für Lichtwert 6 (1/30 sek bei f/1,4). Meistens benutzt man Lichtwerte nur, wenn man Unterschiede in der Helligkeit, also Kontraste, benennt. Man spricht dann zum Beispiel von einem Kontrastumfang von acht Lichtwerten, was acht Blendenwerten oder einer 256-fachen Verlängerung oder Verkürzung der Belichtungszeit gleichkäme. 111
5 3 Belichtung und Belichtungs messung Abbildung 3.21: In diesem Beispiel finden wir nur drei Zonen: das Weiß im Hintergrund (Zone 10), das Gelb der Filmpatrone (8), das Braun des Filmträgers (ca. 8) und das Schwarz auf der Filmpatrone (5). 200 mm 4 sek f/ Ein digitales Zonensystem: DRE Die Zonen, die Adams Zonensystem seinen Namen gaben, sind im Grunde kleine Schritte von der Dunkelheit ins Licht. Zone 0 ist ganz schwarz ohne Durchzeichnung, während Zone 10 (Adams schreibt X ) ganz weiß ist, ebenfalls ohne Durchzeichnung. Bei der digitalen Fotografie ist es wegen des geringen Über belichtungsspielraums nicht sehr praktisch, mit Zone 10 zu arbeiten. Auch Zone 0 lassen wir außer Betracht. Wir rechnen also mit den Zonen, die wir später bei der Bildbearbeitung noch sehen können, nämlich den Zonen, die noch durchgezeichnet sind. Was dann heller ist, wird Zone 10. Was dunkler ist als Zone 1, wird Zone 0. Beim Belichten und bei der späteren Verarbeitung der Fotos bestimmen Sie, wie die Schritte von dunkel nach hell verteilt werden. Das Schöne am digitalen Zonensystem ist, dass Sie damit genau das Foto produzieren können, das Sie sich bei der Aufnahme vorgestellt haben. Hierzu gehen Sie folgendermaßen vor: Schauen Sie sich Ihr Motiv an und überlegen Sie, welche Stelle später welchen Helligkeitswert bekommen soll. Machen Sie ein Foto, das nur Steinkohle zeigt, dann benutzen Sie beim letzten Schritt nur noch die dunkelsten Zonen. Wenn Sie ein Motiv sowohl mit extrem hellen als auch mit extrem dunklen Bereichen fotografieren, dann benutzen Sie alle Zonen und nennen die beiden Extreme 9 und 1. Genauso machen Sie es vielleicht auch in einer Situation mit geringem Unterschied zwischen Licht und Dunkel, weil Sie gerne ein kon trastreiches Foto hätten. Sie sind also vollkommen frei im Bestim- 112
6 Zonensystem und DRE men der Kontraste und Helligkeitswerte des Endergebnisses (nun ja, innerhalb der Grenzen der Dynamik der Kamera). Bei der Belichtung (und darum geht es in diesem Kapitel) brauchen Sie sich nur darum zu kümmern, dass die hellste und die dunkelste Stelle, die noch Zeichnung haben sollen (also Zone 1 und 9), gut belichtet sind. Histogramm und Zonen Das Histogramm ist übrigens eine sehr gute Hilfe, um sich die Zonen vorzustellen. Es zeigt, wo die Zonen lägen, wenn Sie im JPEG-Format fotografieren oder bei der RAW-Entwicklung in Nikon Capture NX nichts an den Einstellungen ändern würden. Es hat fünf senkrechte Linien, wenn Sie die Seiten als Linien mitzählen. Die mittlere Linie stellt dabei Zone 5 dar, rechts daneben finden wir die Linie für Zone 7 und ganz kurz vor dem rechten Rand die für Zone 9 (10 wäre dann der Rand). Links von der Mitte liegt die Linie für Zone 3 und kurz vor dem linken Rand beginnt Zone 1 (0 wäre dann der linke Rand). RAW hat aber eine größere Dynamik, als das Histogramm anzeigen kann. Sie können sich das so vorstellen, als hätten wir an den beiden Rändern ein bisschen mehr Spiel. Rechts, bei den Lichtern, ist das maximal eine Blende, links aber viel mehr. Nun ist wie gesagt das Histogramm nur die Darstellung der Standardentwicklung. Wählen Sie einen geringeren Kontrast in der Bildoptimierung und/oder schalten Sie ACTIVE D-LIGHTING ein, so werden Sie sehen, dass das Histogramm sich Abbildung 3.22: Bei einer anderen Belichtung und vor allem anderen Bearbeitung werden die gleichen Bildelemente jetzt in völlig anderen Zonen dargestellt. Das Weiß im Hintergrund wird jetzt Zone 5 (war 10), das Gelb der Filmpatrone wird jetzt im Druck ca. 2.5 (war 8), das Braun des Films ca. 1.5 (war 8) und das Schwarz auf der Film patrone 0.5 (war 5). Bei einem System wie DRE gibt es keine feste Beziehung mehr zwischen Helligkeitswerten in der Aufnahmesituation und deren Darstellung (angedeutet durch die Zonen) im endgültigen Foto. Sie können also fast beliebig dargestellt werden. 200 mm 1 sek f/22 113
7 3 Belichtung und Belichtungs messung ändert, vor allem bei den Zonen 1 3. Mit der Kombination aus Belichtung und RAW-Entwicklung können Sie alle Zonen aus dem Histogramm (die nur eine Art Vorschauzonen sind) verschieben, die dunklen aber stärker als die hellen. In der Praxis bleibt jedoch Zone 9 (die hellste Stelle mit Durchzeichnung) fast da, wo sie ist. Die anderen werden bei Szenen mit viel Kontrast nach rechts verschoben (damit Platz ist für einen größeren Belichtungsumfang), bei Szenen mit wenig Kontrast nach links. So könnte theoretisch das, was jetzt auf dem Histogramm Zone 5 darstellt, später Zone 8 werden (dann bekommen Sie also ein sehr dunkles, kon trastreiches Bild) oder auch Zone 4 (dann erhalten Sie ein helles, kontrastarmes Bild). Die Linien in den Histogrammen zeigen, wo die Zonen bei JPEGs und einer Standard-RAW-Entwicklung lägen. Die Spitzen in den Histogrammen stellen übrigens die Kirchtürme (links) und den Himmel (rechts) dar. Das Aufhellen der Schatten würde die Spitzen im Histogramm mehr nach rechts verschieben. Mittelgrau Beim Belichten und Entwickeln von Negativen und RAWs können wir praktisch gesehen 9 Zonen unterscheiden. Zone 5 ist dabei in der Mitte und in Schwarzweiß neutralgrau. In der Farbfotografie liegt sie genau zwischen hell und dunkel, eine Farbe wirkt dann richtig kräftig. Am Ende auf dem Abzug oder am Bildschirm nach der Bearbeitung sollte Zone 5 in der Regel auch wieder ungefähr neutralgrau werden, sonst sieht das Foto schnell unrealistisch aus. Sie werden sehen, dass die Nikons dazu neigen, Mittelgrau etwas heller zu machen. Im Allgemeinen ist das auch besser, denn das bietet die Möglichkeit, Fotos im Kontrast zu variieren, während der hellste Punkt gleich bleibt. Es gibt natürlich immer Ausnahmen. Manche Fotos sehen schöner aus, wenn sie etwas dunkler oder etwas heller werden. Extreme Beispiele sind Fotos, die wir auch High Key und Low Key nennen: sehr helle beziehungsweise dunkle Fotos, die gerade deswegen schön sind, weil sie von der Realität abweichen. Manchmal bei Nebel zum Beispiel ist es auch sehr schwer zu sagen, was Zone 5 ist. Die Kamera tendiert bei starkem Nebel dazu, fast die ganze Szene in Zone 5 unterzubringen, was keine gute Basis für die spätere Bildbearbeitung ist. Zone 9 ist sehr hell, hat aber noch Durchzeichnung, und Zone 1 ist schwarz, ebenfalls gerade noch durchgezeichnet. Es ist wichtig zu verstehen, dass Zonen nicht den Lichtwerten entsprechen. 114
8 Zonensystem und DRE Durch Anpassung der Filmentwicklung und der Belichtung erreichte Adams, dass der Kontrast auf das Negativ und schließlich auf den Abzug passte. In der digitalen Welt geschieht das auf ähnliche Weise. Das bedeutet in der Praxis, dass wir manchmal 14 Lichtwerte in unseren neun Zonen unterbringen, ein anderes Mal vielleicht aber nur 6. Abbildung 3.23: Bei starkem Nebel tendiert die Kamera dazu, fast die ganze Szene in Zone 5 unterzubringen, was keine gute Basis für die spätere Bildbearbeitung ist. 105 mm 1/320 sek f/9 115
9 3 Belichtung und Belichtungs messung Die Szene, die wir fotografieren, weist vielleicht starke Unterschiede zwischen hell und dunkel auf. Manchmal sind die Unterschiede sogar so groß, dass die Kamera sie nicht in einer Aufnahme wiedergeben kann (zum Beispiel zwanzig Lichtwerte). Deshalb ist es sehr wichtig zu wissen, wo die Grenzen liegen. Bei RAW, verlustfrei komprimiert und 14 Bit, sind das ungefähr 13 Lichtwerte, bei JPEG (und ACTIVE D-LIGHTING) ungefähr 12. Bei der Belichtung in RAW brauchen Sie sich nur darum zu kümmern, dass der hellste Bereich nicht überbelichtet ist, der Rest folgt später bei der Fotobearbeitung DRE Schritt für Schritt DRE kennt im Grunde zwei Vorgehensweisen: eine einfache und eine komplizierte. Die einfache Methode basiert auf der Lichterwarnung. Sie machen mehrere Aufnahmen und ändern dabei die Belichtung, bis Sie eine Reihe von Bildern haben - und zwar von dem Punkt, an dem die Lichterwarnung gerade noch nicht blinkt, bis 1,3 Lichtwerte darüber. Bei der RAW-Verarbeitung suchen Sie die beste Aufnahme heraus und arbeiten damit weiter (siehe Kapitel 9). Meistens ist dieser einfache Weg praktischer. Die kompliziertere Methode ist im Prinzip genauer, aber dafür schwerer zu verstehen bzw. zu behalten: 1. Suchen Sie die hellste Stelle Ihres Motivs, an der Sie gerade noch Durchzeichnung sehen wollen. Anders gesagt: die Stelle, die Zone 9 darstellen soll. 2. Dann stellen Sie die Belichtungskorrektur auf +3,0 wenn Sie ganz mutig sind auch auf + 3,3 (RAW) und die ISO-Empfindlichkeit auf 100. (Ist diese hellste Stelle pastellfarben und soll sie erkennbar bleiben, stellen Sie die Belichtungskorrektur kleiner ein, aber minimal auf +2,0.) 3. Wählen Sie die Spotmessung. 4. Ändern Sie den Bildausschnitt so, dass das aktive AF-Messfeld, also der Spotmesser, auf die eben gewählte Stelle zeigt. Ist diese Stelle kleiner als die dreifache Breite des AF-Feldes, zoomen Sie entweder ein oder wählen Sie zum Messen eine längere Brennweite. 5. Danach drücken Sie AE-L/AF-L, um die Belichtung zu speichern (die Taste darf nicht so eingestellt sein, dass sie auch die Scharfstellung speichert). 116
10 Zonensystem und DRE 6. Nun stellen Sie scharf (wobei Sie den Bildausschnitt wieder ändern können) und lösen Sie aus. Eigentlich sind Sie jetzt fertig. Jedoch müssen Sie bei der RAW- Verarbeitung noch eine (negative) Belichtungskompensation einstellen (mehr darüber erfahren Sie in Kapitel 9). Möchten Sie sicher gehen, dass die dunkelste Stelle auch durchgezeichnet ist, führen Sie eine zweite Messung durch. 7. Wählen Sie die manuelle Belichtungssteuerung, messen Sie die Belichtung wie soeben beschrieben und stellen Sie die Verschlusszeit und Blende ein, die Sie nun gemessen haben. 8. Danach ändern Sie die Belichtungskorrektur auf -5,0 (bei ISO 400 auf -4,5 und bei ISO 800 auf -4,0; höhere Empfindlichkeiten sind mit DRE nicht empfehlenswert). 9. Nun ändern Sie den Bildausschnitt so, dass das aktive AF-Feld auf die dunkelste Stelle zeigt, die noch Durchzeichnung haben soll. 10. Wenn jetzt die Belichtungsanzeige ungefähr 0 anzeigt, ist alles in Ordnung. Zeigt die Kamera jedoch eine Überbelichtung von einem oder mehr Lichtwerten, können Sie die Belichtung um einen Lichtwert verringern, um noch mehr Durchzeichnung in den Lichtern zu erhalten. Weist die Kamera hingegen auf eine Unterbelichtung von einem oder gar zwei Lichtwerten hin, dann müssen Sie damit rechnen, dass diese Stelle wenig Durchzeichnung haben wird und mehr Bildrauschen als wünschenswert. Machen Sie in diesem Fall mehrere Aufnahmen mit unterschiedlichen Belichtungen von immer genau dem gleichen Bildausschnitt (am besten mit Stativ). Von diesen Aufnahmen können Sie dann später ein HDR erstellen. Wenn Sie ein paarmal mit diesem System üben, werden Sie sehen, dass es einfacher ist, als es sich anhört. Letztendlich können Sie auf diese Weise jeden Teil des Bildes jeder Zone zuteilen, ganz wie Sie wünschen. In der Praxis werden Sie jedoch fast immer von den Zonen 9 oder 5 ausgehen. 117
11 3 Belichtung und Belichtungs messung Eingangs- und Ausgangsdynamik Der Expeed-Chip in der Kamera verarbeitet die rohen Pixel-Daten zu einem 8-Bit- JPEG (Foto: Nikon). Kontrast- und Belichtungsumfang sowie die Bit-Anzahl einer Aufnahme verursachen ziemlich oft Verwirrung. In der Fotografie beschäftigen wir uns im Grunde nur damit, Kontraste so wiederzugeben, dass man nicht das Gefühl bekommt, es sei etwas verlorengegangen. Bei einem (Negativ-)Film war das ganz klar: Die Gradationskurve eines Films war oben und unten flacher. Das bedeutete, dass die Filme in den hellsten und dunkelsten Bereichen des Bildes den Kontrast verringerten, aber ziemlich große Kontraste wiedergeben konnten. Die ersten digitalen Kameras erreichten in ihren Gradationskurven noch keine schönen Rundungen und benutzten nur JPEGs. Sie kannten auch noch keine Techniken wie ACTIVE D-LIGHTING, um Kontraste zu überbrücken. Weil JPEG ein 8-Bit-Format ist, betrug also anfangs die maximal zu verarbeitende Eingangsdynamik 1 : 2 8 = 1 : 256. Die in diesem Buch besprochenen Nikon-Kameras arbeiten aber mit einem 14-Bit-Expeed-Chip, der analoge Signale in 14 Bit umsetzt (falls eine kleinere Dateigröße gewünscht ist, auch in 12 Bit). Sie können im Prinzip Kontraste von minimal 1 : 2 14 = 1 : verarbeiten. (Minimal, da vor der Umsetzung in Bits auch Kontraste verringert werden können, sowohl im Objektiv als auch im Sensor und im Expeed-Chip.) Bei der RAW-Verarbeitung werden die 14-Bit-Dateien übrigens in 16 Bit umgerechnet. Für die Speicherung im JPEG-Format muss der Chip den Kontrast von 1 : auf 1 : 256 verringern. So sprechen wir von einem Eingangs- und einem Ausgangskontrast. (Theoretisch ist es etwas komplizierter, aber ich vereinfache es hier ein wenig.) Damit ist die Nikon D700 sogar mit JPEGs in der Praxis schon besser als Negativfilme und sehr viel besser als Diafilme. Die anderen Kameras sind noch besser. Beim Einsatz von RAW-Dateien arbeiten wir weiterhin mit 16 Bit. Der enorme Kontrast wird erst beim Drucken oder bei der Umsetzung in 8 Bit verringert. Auch wenn der Monitor keine 16 Bit wiedergeben kann und in den Schatten vieles als Reserve versteckt bleibt, ist der Kontrast da und kann bei der Verarbeitung benutzt werden. Sie haben mit RAW also einen höheren Kontrastumfang und viel mehr Kontrolle über die Art der Verarbeitung. Wichtiger noch ist, dass die Kontraste mit RAW auch viel schöner wiedergegeben werden können. Die dunkleren Bereiche weisen weniger Bildrauschen auf und alle Stellen haben mehr Details und Farbe. Nicht vergessen: Spot messung Vergessen Sie nicht, die Kamera auf Spotmessung einzustellen, sonst erhalten Sie völlig falsche Ergebnisse. Auch sollten Sie hinterher daran denken, wieder zurück auf Matrixmessung zu stellen. 118
12 Zonensystem und DRE Abbildung 3.24: Bei diesem Bild habe ich DRE benutzt, um dem rechten Fenster sofort die richtige Helligkeit zu geben (+1,7). Außerdem habe ich kontrolliert, ob andere Bereiche des Bildes nicht zu dunkel oder zu hell werden. 80 mm 1/25 sek f/2,8 Ansel Adams, 12 und 18% Grau In Artikeln und Büchern ist oft die Rede von 18 % Grau. Kodak hat diesen Wert vor langer Zeit berechnet, indem sie den durchschnittlichen Grauwert nahmen von allen Fotos, die Kodak-Kunden machten. Das war noch zu der Zeit, als man seine Kamera an Kodak schickte und sie mit den Abzügen zurückbekam. Ansel Adams wollte anscheinend lieber 12% statt 18% Grau und heute arbeiten alle Lichtmesser tatsächlich mit ca. 13 % Grau. Sie sehen das auch, wenn Sie ein Foto einer Kodak-Graukarte machen: Das Histogramm hat eine Spitze rechts von der Mitte. Viel macht das aber nicht aus. Wenn Sie sich sowieso auf das Vermeiden der Überbelichtung der Lichter konzentrieren, ist der Wert von Neutralgrau (12, 13 oder 18 %) nur für die Berechnung der ISO-Werte von Bedeutung. 119
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