OWi Orientierungswissen: Kompetenzorientierte Lernzielformulierung ihr planerischer Sicherheitsgurt

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1 OWi Orientierungswissen: Kompetenzorientierte Lernzielformulierung ihr planerischer Sicherheitsgurt Kompetenz (lat. competere = zusammenkommen, zutreffen, passen, zu etwas fähig sein) Kompetenzen sind die bei Individuen verfügbaren oder durch sie erlernbaren kognitiven Fähigkeiten und Fertigkeiten, um bestimmte Probleme zu lösen, sowie die damit verbundenen motivationalen, volitionalen [vom Willen bestimmten; d. V.] und sozialen Bereitschaften und Fähigkeiten, um die Problemlösungen in variablen Situationen erfolgreich und verantwortungsvoll nutzen zu können [ ] Die individuelle Ausprägung der Kompetenzen wird durch folgende Facetten bestimmt: Fähigkeit, Wissen, Verstehen, Können, Handeln, Erfahrung und Motivation [ ]. Quelle: Deutsche Gesellschaft für Geographie (Hrsg.): Bildungsstandards im Fach Geographie für den Mittleren Schulabschluss mit Aufgabenbeispielen. 6. Auflage. Bonn: Selbstverlag Deutsche Gesellschaft für Geographie (DGfG), 2010, S. 8 f. Formulierung kompetenzorientierter Lernziele Grundsätze Die Formulierungen der Lernziele sollten möglichst einfach und klar sein. Es sollen die zentralen Schwerpunkte formuliert werden im Sinne eines Schwerpunktlernzieles. Es gibt keine Grob- oder Feinlernziele, keine Haupt- oder Teillernziele, sondern nur ein Schwerpunktlernziel" mit ggf. einem weiteren wichtigen Lernziel (z. B. wenn neben dem Inhalt auch eine Methode im Zentrum der Stunde steht). Die inhaltliche Konkretisierung (Was genau soll wie erläutert, gewusst, beurteilt werden? ) ergibt sich aus den im Stundenentwurf mitgelieferten erwarteten Arbeitsergebnissen, also z. B. aus dem geplanten Tafelbild. Vorgehen bei der Formulierung Um kompetenzorientiert und aussagekräftig Lernziele zu formulieren, geht man am besten schrittweise vor: Eingangsformel Die Schülerinnen und Schüler lernen / erweitern ihre Fähigkeit / üben / werden dazu hingeführt / festigen / wenden an / übertragen usw. Die Eingangsformel bringt den Grad zum Ausdruck, mit dem die Kompetenz in dieser Stunde erreicht werden soll. Lernen stellt einen geringeren Erreichungsgrad dar als Fähigkeiten erweitern". Dadurch wird z. B. der Stundentyp erkennbar: Einstiegsstunde in ein Thema oder Übungsstunde. Kompetenzbezug Im Folgenden werden beispielhaft Auszüge aus den Kompetenzbeschreibungen des Kernlehrplans S I (G8) Erdkunde angeführt. Diese Kompetenzbeschreibungen dienen als Pool, um den Kompetenzbezug der Lernzielformulierung herzustellen. Beispiele:... zeigen Zusammenhänge zwischen den naturgegebenen Gegebenheiten, einzelnen Produktionsfaktoren und der landwirtschaftlichen Nutzung auf. (Sachkompetenz Jahrgangstufe 5/6, K 4)... stellen einen Zusammenhang zwischen der Entwicklung des Ferntourismus und den daraus resultierenden ökologischen, physiognomischen und sozioökonomischen Veränderungen in Tourismusregionen von Entwicklungsländern her. (Sachkompetenz Jahrgangstufe 7-9, K 10)... beherrschen die Arbeitsschritte zur Informations- und Erkenntnisgewinnung mithilfe fachrelevanter Darstellungs- und Arbeitsmittel (Karte, Bild, Film, Statistische Angaben, Graphiken und Text) zur Erschließung unterschiedlicher Sachzusammenhänge und zur Entwicklung und Beantwortung raumbezogener Fragestellungen. (Methodenkompetenz Jahrgangstufe 7-9, K 3)... fällen unter Berücksichtigung unterschiedlicher Perspektiven begründete Urteile und vertreten sie argumentativ. (Urteilskompetenz Jahrgangstufe 7-9, K 5) Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der spezifische Gegenstand/Inhalt Aufnahme findet sowie dass ggf. sprachlich bzw. inhaltlich modifiziert werden muss. Für die Oberstufe liegen zudem bisher keine entspre-

2 chenden Kompetenzformulierungen vor, so dass hier eigenständig Formulierungen entwickelt werden müssen (Ausgangspunkt: Lehrplan S II + Vorgaben für das Zentralabitur + KLP S I). Hinweise: Es soll eine Schwerpunktsetzung erfolgen, die auf nur eine Kompetenz Bezug nimmt. Die Formulierungen aus dem Kernlehrplan lassen sich je nach Stundenausrichtung noch reduzieren (siehe Beispiele unten). Soll ein weiterer Kompetenzbezug angestrebt werden, wird dieser entweder in der (Schritt ) deutlich gemacht (Bsp. 1), oder, falls ein weiterer Schwerpunkt der Stunde beschrieben werden soll, kann dieser in einem weiteren wichtigen Lernziel artikuliert werden. Dies geschieht nach dem gleichen Formulierungsprinzip wie oben beschrieben. (Bsp. 2) Da man davon ausgehen kann, dass es nicht möglich ist, eine Einzel-Kompetenz innerhalb von einer Unterrichtsstunde vollständig umzusetzen bzw. zu erlernen, sollte dort, wo es angebracht erscheint der Kompetenzbezug entsprechend der Stundenintention reduziert werden (Beispiel 3). (= Hauptaktivität der Schüler und Schülerinnen): An die allgemeine Beschreibung der angestrebten Kompetenzen (für SI: laut Kernlehrplan) schließt sich eine konkretisierende, operationalisierte Darstellung der Hauptaktivitäten der SuS an, durch welche die zuvor benannten Kompetenzen erreicht werden sollen. Hierbei werden die Operatoren der auch für das Abitur verbindlichen Operatorenliste Erdkunde verwandt. Beispiele:... indem sie... [genaue Angabe des Inhaltes/Gegenstandes] benennen / beschreiben / vergleichen / entwickeln / zusammenstellen / erläutern / erklären / zuordnen / einsetzen / formulieren / beurteilen / kritisch Stellung nehmen usw. Hinweise: Hier müssen die Hauptaktivitäten der SuS, die mit der spezifischen konkreten Stunde verbunden sind, durch Operatoren sowie Raum- und Themenbezug konkret formuliert werden. Es sollte erkennbar sein, worin der konkrete Lernertrag der Stunde liegt: Was können oder wissen die SuS am Ende der Stunde mehr als vor der Stunde. Es soll allerdings darauf verzichtet werden, den Lernprozess zu formulieren. (Also nicht:... indem sie arbeitsteilig verschiedene Materialien auswerten und ihre Ergebnisse der Klasse präsentieren... ) Formuliert man Lernziele nach diesem schrittweisen Prinzip, so ist darauf zu achten, dass keine Informationsdoppelungen entstehen, die möglichst sehr konkret ausgewiesenen Operatoren dem Zuwachs der gekennzeichneten Kompetenz(en) wirklich dienlich sind sowie der Gegenstand/ Inhalt mit benannt wird. Beispiele Beispiel 1: einen Zusammenhang zwischen der Entwicklung des Ferntourismus und den daraus resultierenden ökologischen und sozioökonomischen Veränderungen in Tourismusregionen von Entwicklungsländern herzustellen, indem sie positive und negative Folgen des Tourismus auf Bali erläutern und bewerten. Kompetenzbezug (Kompetenzorientierte Formulierung aus dem KLP S I, hier Sachkompetenz Jahrgangstufe 7-9, K 10)

3 (hier auch: Ergänzung der Schwerpunktsetzung der Kompetenzorientierung aus dem KLP S I durch die Urteilskompetenz, ohne diese aber explizit als KLP-Zitat zu formulieren) Beispiel 2: Die Schülerinnen und Schüler erweitern ihre Fähigkeiten Interessen und Raumansprüche verschiedener Gruppen bei der Nutzung und Gestaltung des Lebensraumes ernst zu nehmen und abzuwägen, indem sie positive und negative Folgen des Golftourismus in der Gemeinde Calvia auf Mallorca erläutern und kritisch zum Golftourismus in der Gemeinde Calvia Stellung nehmen. Kompetenzbezug (Kompetenzorientierte Formulierung aus dem KLP S I, hier Urteilskompetenz Jahrgangstufe 7-9, K 4) Weiteres wichtiges Lernziel: Die Schülerinnen und Schüler üben in einer simulierten (Pro- und Kontra-)Diskussion Lösungsansätze zu Raumnutzungskonflikten argumentativ abgesichert zu vertreten, indem sie in einer Podiumsdiskussion die Interessen unterschiedlicher betroffener Gruppen aus der Gemeinde Calvia auf Mallorca darstellen und für diese eintreten. Anmerkungen zur Komposition des weiteren wichtigen Lernzieles: Kompetenzbezug (Kompetenzorientierte Formulierung aus dem KLP S I, hier Handlungskompetenz Jahrgangstufe 7-9, K 2) Beispiel 3: unter Berücksichtigung der idiographischen Gegebenheiten der Arabisch-Persischen-Golfregion die mit Eingriffen von Menschen in geoökologische Kreisläufe verbundenen Risiken zu erörtern, indem sie negative Folgen des thermalen Verfahrens sowie des Umkehrosmose-Verfahrens der Meerwasserentsalzung benennen und erläutern. Kompetenzbezug (Kompetenzorientierte Formulierung aus dem KLP S I, hier Sachkompetenz Jahrgangstufe 7-9, K 3; Achtung: Raumbezug wurde konkretisiert Kompetenzbezug wurde reduziert, da die Formulierung im KLP inhaltlich mehr umfasst, als es dem Stundenziel entspricht!) Weiteres wichtiges Lernziel: Die Schülerinnen und Schüler üben geographische Sachverhalte unter Verwendung der Fachbegriffe sachlogisch strukturiert, anschaulich und im Zusammenhang darzustellen, indem sie die Auswirkungen und Folgen der Meerwasserentsalzung für die Meereslebewesen im Bereich der Meerwasserentsalzungsanlagen in einem Strukturbild verdeutlichen. Anmerkungen zur Komposition des weiteren wichtigen Lernzieles: Kompetenzbezug (Kompetenzorientierte Formulierung aus dem KLP S I, hier Methodenkompetenz Jahrgangstufe 7-9, K 9 [reduziert]) (hier wäre laut Operatorenliste der Operator darstellen angemessen gewesen; da dieser aber innerhalb der Lernzielformulierung doppelt auftreten würde, muss er durch einen anderen Operator ähnlicher Bedeutung ersetzt werden).

4 Check Up kompetenzorientiertes Lernziel formuliert? Entscheiden Sie bei den nachfolgenden Beispielen aus SI-Stunden, ob es sich um korrekt formulierte Lernziele handelt. Überarbeiten Sie ggf. die Lernzielformulierung. Nr. Beispiel (1) (2) (3) (4) (5) einen Zusammenhang zwischen dem Bedürfnis nach Freizeitgestaltung sowie der Erschließung, Gestaltung und Veränderung von Erholungsräumen herzustellen, indem sie Parallelen zwischen der Entwicklung der Touristenzahlen in Sulden (Südtirol/Italien) und der baulichen Entwicklung des Ortes im Zeitraum 1945 bis 2009 erläutern. (Kl. 5) Die Schülerinnen und Schüler stellen den durch demographische Prozesse, Migration und Globalisierung verursachten Wandel in städtischen und ländlichen Räumen dar, indem sie die Abwanderung aus Altenburg (Thüringen) beschreiben und bewerten. (Kl. 7) Die Schüler sollen das PATECORE-Projekt zur Desertifikationsbekämpfung in Burkina Faso erläutern und im Hinblick auf eine nachhaltige Landnutzung bewerten. (Kl. 9) Zusammenhänge zwischen den naturgeographischen Gegebenheiten, einzelnen Produktionsfaktoren und der landwirtschaftlichen Nutzung beim Getreide- und Zuckerrübenanbau in der Soester Börde aufzuzeigen. (Kl. 5) Die Schülerinnen und Schüler erkennen die baulichen Veränderungen in Sulden (Südtirol/ Italien) aus zwei Bildern. (Kl. 5) ggf. überarbeitete Version So i. O. den durch Migration verursachten Wandel in städtischen Räumen darzustellen, indem sie die Abwanderung aus Altenburg (Thüringen) und deren Auswirkungen auf das Dienstleistungs- und Einzelhandelsangebot der Stadt beschreiben und bewerten. Die Schülerinnen und Schüler festigen ihre Fähigkeit konkrete Maßnahmen der Raumgestaltung im Hinblick auf ihren Beitrag zur Sicherung oder Gefährdung ein nachhaltigen Entwicklung zu beurteilen, indem sie das PATECORE- Projekt zur Desertifikationsbekämpfung in Burkina Faso erläutern und im Hinblick auf seinen Beitrag zur Ermöglichung einer nachhaltigen Landnutzung im Sahel Burkina Fasos bewerten. Zusammenhänge zwischen den naturgeographischen Gegebenheiten und der landwirtschaftlichen Nutzung aufzuzeigen, indem sie den Getreide- und Zuckerrübenanbau in der Soester Börde erläutern und dessen regionale Konzentration aus den Boden- sowie Klimagegebenheiten der Soester Börde erklären. Die Schülerinnen und Schüler üben aus Bildern themenbezogen Informationen zu gewinnen, indem sie durch einem Vergleich zweier Bildern aus Sulden (Südtirol/Italien) aus den Jahren 1945 sowie 2009 die bauliche Entwicklung des Ortes anleiten und beschreiben. (6) Die Schüler und Schülerinnen können die ra- Die Schülerinnen und Schüler werden

5 (7) sche Ertragsabnahme auf innertropischen Feldern in Amazonien materialgestützt im Think-pair-share-Verfahren aus dem kurzgeschlossenen Nährstoffkreislauf ableiten. (Kl. 7) In der Stunde soll das Raum-Modell der Blauen Banane erläutert werden. Die Aussagegrenzen des Raum-Modells sollen dadurch verdeutlicht werden, dass man herausstellt, dass die Aktivräume Slowenien und Dresden stellvertretend für sich rasch entwickelnden Regionen im ehemaligen Ostblock von Modell nicht erfasst werden. (Kl. 9) dazu hingeführt, naturgeographische Strukturen und Prozesse (hier: Boden und Vegetationsformen) zu beschreiben und deren Einfluss auf die Lebens- und Wirtschaftsbedingungen der Menschen zu erklären, indem sie die Kennzeichen der Tropischen Roterde sowie den kurzgeschlossenen Nährstoffkreislauf im Regenwald darstellen und hieraus die Ertragsabnahme auf den Feldern in A- mazonien begründen. Die Schüler und Schülerinnen werden dazu hingeführt, einfachen Modellen die allgemeingeographischen Kernaussagen und die Zusammenhänge verschiedener räumlicher Elemente zu entnehmen, indem Sie das Raum- Modell der Blauen Banane aus dem Jahre 1989 beschreiben, Aktivräume innerhalb der Blauen Banane benennen und die Aussagegrenzen des Modells am Beispiel von Slowenien und Dresden aufzeigen. (Kl. 9)