SCHLESWIG-HOLSTEINISCHES LANDESSOZIALGERICHT BESCHLUSS
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- Bärbel Bruhn
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1 L 2 SB 172/11 B PKH S 10 SB 446/06 PKH SG Lübeck SCHLESWIG-HOLSTEINISCHES LANDESSOZIALGERICHT BESCHLUSS In dem Beschwerdeverfahren - Klägerin und Beschwerdeführerin - g e g e n Land Schleswig-Holstein, vertreten durch das Landesamt für soziale Dienste Schleswig- Holstein - Außenstelle Lübeck -, Große Burgstraße 4, Lübeck, - - Beklagter und Beschwerdegegner - hat der 2. Senat des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts am 13. Juli 2011 in Schleswig durch beschlossen: den Vorsitzenden Richter am Landessozialgericht, den Richter am Sozialgericht, den Vorsitzenden Richter am Landessozialgericht Auf die Beschwerde der Beschwerdeführerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Lübeck vom 19. Mai 2011 abgeändert. Die Kosten der Prozessführung in Höhe von 226,10 EUR sind in fünf Raten in Höhe von 45,00 EUR zuzüglich einer Restrate von 1,10 EUR jeweils zum 1. eines Monats erstmals zum 1. August 2011 zu erstatten. Die weitergehende Beschwerde der Beschwerdeführerin wird zurückgewiesen.
2 2 G r ü n d e I. Der Beschwerdeführerin war mit Beschluss des Sozialgerichts Lübeck vom 24. April 2007 Prozesskostenhilfe für die Durchführung des Verfahrens S 10 SB 446/06 gewährt worden. Die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens waren mit Beschluss des Gerichts vom 21. April 2008 auf 226,10 EUR festgesetzt worden. Das Sozialgericht Lübeck hat eine Überprüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgenommen und mit Schreiben vom 29. April 2011 die Beschwerdeführerin aufgefordert, diese anhand des Erklärungsvordrucks gemäß 117 Abs. 3 ZPO darzulegen. Dem ist die Beschwerdeführerin nachgekommen. Mit Beschluss vom 19. Mai 2011 hat das Sozialgericht die Entscheidung über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe vom 24. April 2007 aufgehoben und der Beschwerdeführerin aufgegeben, die Prozesskosten in Höhe von 226,10 EUR, zahlbar in Raten in Höhe von 60,00 EUR und einer Restrate von 36,10 EUR zu erstatten. Das Sozialgericht ist dabei von einem Nettoeinkommen der Beschwerdeführerin und ihres Ehemannes in Höhe von 1.715,09 EUR ausgegangen und hat folgende Abzüge vorgenommen: 1. Miete (warm) 520,00 EUR 2. Steuern der Klägerin 15,29 EUR 3. Steuern des Ehemannes 73,53 EUR 4. Sozialversicherung der Klägerin 15,29 EUR 5. Sozialversicherung des Ehemannes 18,15 EUR 6. Versicherungen der Klägerin 74,96 EUR 7. Versicherungen des Ehemannes 45,64 EUR Zwischensumme 762,86 EUR.
3 3 Es hat ein abgerundetes Einkommen von 952,00 EUR errechnet, das den Freibetrag nach 115 ZPO von 800,00 EUR um 152,00 EUR überstiegen hat. Das Sozialgericht hat nach der Tabelle zu 115 Abs. 2 ZPO daraus monatliche Raten in Höhe von 60,00 EUR abgeleitet. Gegen den ihrem Prozessbevollmächtigten am 24. Mai 2011 zugegangenen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Beschwerdeführerin, die am 14. Juni 2011 beim Sozialgericht Lübeck eingegangen ist. Zur Begründung führt die Beschwerdeführerin aus, das gemeinsame Bruttoeinkommen betrage 1.715,09 EUR, nicht das Nettoeinkommen. Ihre Steuern beliefen sich auf 61,96 EUR und ihre Versicherungsbeträge auf 36,96 EUR statt auf 74,96 EUR. II. Die Beschwerde der Beschwerdeführerin ist zulässig. Sie ist fristgerecht eingegangen und statthaft. Gemäß 172 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) findet gegen die Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden dieser Gerichte die Beschwerde an das Landessozialgericht statt, soweit nicht im SGG etwas anderes bestimmt ist. Dies ist nicht der Fall. Insbesondere steht 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26. März 2008 (BGBl. I Seite 444) der Beschwerde nicht entgegen. Die Norm schließt die Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe aus, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Der Wortlaut des 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG erfasst nur die Ablehnung von Prozesskostenhilfe, nicht aber eine nachträgliche Änderung der Ratenzahlungsbestimmung wegen einer Änderung der persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse.
4 4 Eine Anwendung der Norm auf diese Fälle in erweiternder Auslegung oder analoger Anwendung der Bestimmung ist nicht angezeigt und nicht gerechtfertigt (ebenso LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 16. Juni 2008 L 5 B 163/08 AS -; LSG Baden- Württemberg, Beschluss vom 1. Oktober 2009 L 11 R 898/09 PKH -; LSG Schleswig-Holstein vom 29. September L 3 AL 178/10 B PKH -; LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 12. Mai 2011 L 7 R 11/11 B PKH sowie Beschluss vom 27. Mai 2011 L 5 KR 114/11 B PKH -). Der Gesetzesbegründung zu 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG (BT-Drucks. 820/07, Seite 29 zu Nr. 29 Buchst. b) ist nicht zu entnehmen, dass der Gesetzgeber die Regelung auch auf die Fälle einer Änderung der Ratenzahlungsbestimmung anwenden wollte. Dieser Fall ist mit einer Ablehnungsentscheidung im Rahmen des Bewilligungsverfahrens für die Prozesskostenhilfe auch nicht vergleichbar, sodass die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung eine planwidrige Regelungslücke und gleichartige Sachverhalte nicht gegeben sind. Denn die wirtschaftlichen Verhältnisse der beiden Fallkonstellationen unterscheiden sich wesentlich. Wird die Prozesskostenhilfe abgelehnt, kann der mittellose Kläger noch selbst entscheiden, ob er angesichts des selbst zu tragenden Kostenrisikos das Verfahren durchführen will. Bei der nachträglichen Entscheidung über eine Änderung oder Auferlegung der Ratenzahlung hat er diese Verfahrensalternativen nicht mehr. Dies rechtfertigt es, seinen Rechtsschutz bei der nachträglichen Entscheidung sowohl bei völliger Aufhebung der Prozesskostenhilfe als auch bei der Auferlegung von Ratenzahlungen umfänglicher auszugestalten. Die Beschwerde ist auch hinsichtlich der Höhe der auferlegten Raten begründet. In den wirtschaftlichen Verhältnissen der Beschwerdeführerin ist seit der Bewilligung der Prozesskostenhilfe eine wesentliche Änderung im Sinne des 120 Abs. 4 Satz 1 ZPO eingetreten. Nach dieser Vorschrift kann das Ge-
5 5 richt die Entscheidung über die zu leistenden Zahlungen ändern, wenn sich die für die Prozesskostenhilfe maßgebenden persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich geändert haben. Wesentlich ist eine derartige Änderung dann, wenn der wirtschaftliche und soziale Lebensstandard prägend verändert wird (Philippi in Zöller, ZPO 26. Aufl., 120 Rz. 21 m. w. N.). Die Frage, wann eine Änderung wesentlich ist, muss unter Berücksichtigung des Einzelfalls unter Beachtung sämtlicher den Einzelfall prägender Faktoren beantwortet werden. Eine Festlegung auf einzelne Faktoren ist hierzu nicht angebracht. Jedoch ist eine Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse jedenfalls dann wesentlich, wenn sich unter Berücksichtigung der Vermögens- und Einkommensverhältnisse des mittellosen Empfängers der Prozesskostenhilfe nach der Tabelle zu 115 Abs. 2 ZPO originär eine Ratenzahlung ergibt oder wenn bei der Bewilligungsentscheidung angesichts der geänderten wirtschaftlichen Verhältnisse Raten in anderer Höhe festzusetzen wären (OLG Brandenburg vom 12. Februar BF 94/95 FamRZ 1996, 1291; Hartmann in Baumbach pp., ZPO 68. Aufl., 120 Rz. 21). Mit der Tabelle zu 115 Abs. 2 ZPO hat der Gesetzgeber in generalisierender Weise eine Zumutbarkeit des einzusetzenden Einkommens definiert und dargestellt, bei welchen Einkommensgrenzen eine Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse in der Weise wesentlich ist, dass eine andere Monatsrate angemessen ist. Die Änderung bei der Beschwerdeführerin ist wesentlich in diesem Sinne, da zum Zeitpunkt der Bewilligung der Prozesskostenhilfe am 24. April 2007 noch keine Raten festzusetzen waren, nunmehr aber angesichts des von der Beschwerdeführerin mitgeteilten Einkommens sich aus der Tabelle Raten ergeben. Nach der Regelung des 120 Abs. 4 Satz 1 ZPO kann die Entscheidung des Gerichts über die zu leistenden Zahlungen geändert werden. Dies beinhaltet nicht nur den Fall, dass im Rah-
6 6 men der Bewilligungsentscheidung über die Prozesskostenhilfe auferlegte Raten ihrer Höhe nach geändert werden, sondern auf der Grundlage dieser Regelung können auch nachträglich erstmalig Ratenzahlungen auferlegt werden (OLG Bamberg vom 23. Mai WF 38/89, JurBürO 1989, 1589; OLG Karlsruhe vom 25. August WF 72/93, FamRZ 1994, 1268, Hartmann in Baumbach a.a.o., 120 Rz. 23; Philippi in Zöller a.a.o., 120 Rz. 20). Denn auch die Entscheidung darüber, dass keine Raten zu zahlen sind, wie sie hier erfolgt ist, stellt eine Entscheidung über die Bewilligung von Monatsraten dar. Im Übrigen wäre es eine sachlich nicht zu begründende Besserstellung der Empfänger von Prozesskostenhilfe, die ursprünglich gar keine Raten zu zahlen hatten, gegenüber den Empfängern, denen bereits mit der Bewilligungsentscheidung eine Ratenzahlung auferlegt worden war, obwohl beide eine Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse in gleichem Ausmaß erfahren haben könnten. Daher ist es nicht zu beanstanden, dass mit der angefochtenen Entscheidung des Sozialgerichts vom 19. Mai 2011 der Beschwerdeführerin erstmalig Raten auferlegt worden sind. Allerdings ist die Höhe der Ratenzahlung lediglich mit 45,00 EUR pro Monat anzusetzen. Das berücksichtigungsfähige gemeinsame Einkommen der Beschwerdeführerin und ihres Ehemannes beläuft sich auf (784,30 EUR + 930,79 EUR) 1.715,09 EUR. Ob dies als Netto- oder Bruttoeinkommen zu benennen ist, wie die Beschwerdeführerin beanstandet, ist unerheblich, da es sich bei diesem Einkommen um die (Renten-)Einnahmen der Beschwerdeführerin und ihres Ehemannes handelt, von dem die gesetzlich festgelegten Abzüge vorzunehmen sind. Diese errechnen sich nach den eigenen Angaben der Beschwerdeführerin wie folgt: 1. Miete (warm) 520,00 EUR
7 7 2. Steuern Beschwerdeführerin 61,96 EUR (statt 15,92 EUR) 3. Steuern Ehemann 73,53 EUR 4. Sozialversicherung Beschwerdeführerin 15,29 EUR 5. Sozialversicherung Ehemann 18,16 EUR 6. Versicherungen Beschwerdeführerin 36,96 EUR (statt 74,96 EUR) 7. Versicherungen Ehemann 45,64 EUR Summe 771,53 EUR. Das abgerundete verbleibende Einkommen beläuft sich somit auf 943,00 EUR und übersteigt den Freibetrag gemäß 115 ZPO um 143,00 EUR. Nach der Tabelle zu 115 Abs. 2 ZPO sind danach monatliche Raten in Höhe von 45,00 EUR zu zahlen. Gegen diese Entscheidung ist eine Beschwerde nicht zulässig, 177 SGG.
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