Allgemeine Hinweise zur Sprachprüfung

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1 Berufsmaturitätsschulen des Kantons Zürich Aufnahmeprüfung 2014 Deutsch Serie A Allgemeine Hinweise zur Sprachprüfung 1. Die Prüfungszeit beträgt 30 Minuten. 2. Es sind keine Hilfsmittel erlaubt. 3. Die maximale Punktzahl ist bei jeder Aufgabe angegeben (Total 24). Lesen Sie den folgenden Text sorgfältig durch und lösen Sie die gestellten Aufgaben. Streuselschnecke Julia Franck Der Anruf kam, als ich vierzehn war. Ich wohnte seit einem Jahr nicht mehr bei meiner Mutter und meinen Schwestern, sondern bei Freunden in Berlin. Eine fremde Stimme meldete sich, der Mann nannte seinen Namen, sagte mir, er lebe in Berlin, und fragte, ob ich ihn kennen lernen wolle. Ich zögerte, ich war mir nicht sicher. Zwar hatte ich schon viel über solche Treffen gehört und mir oft vorgestellt, wie so etwas wäre, aber als es soweit war, empfand ich eher Unbehagen. Wir verabredeten uns. Er trug Jeans, Jacke und Hose. Ich hatte mich geschminkt. Er führte mich ins Café Richter am Hindemithplatz und wir gingen ins Kino, ein Film von Rohmer. Unsympathisch war er nicht, eher schüchtern. Er nahm mich mit ins Restaurant und stellte mich seinen Freunden vor. Ein feines, ironisches Lächeln zog er zwischen sich und die anderen Menschen. Ich ahnte, was das Lächeln verriet. Einige Male durfte ich ihn bei seiner Arbeit besuchen. Er schrieb Drehbücher und führte Regie bei Filmen. Ich fragte mich, ob er mir Geld geben würde, wenn wir uns treffen, aber er gab mir keins, und ich traute mich nicht, danach zu fragen. Schlimm war das nicht, schließlich kannte ich ihn kaum, was sollte ich da schon verlangen? Außerdem konnte ich für mich selbst sorgen, ich ging zur Schule und putzen und arbeitete als Kindermädchen. Bald würde ich alt genug sein, um als Kellnerin zu arbeiten, und vielleicht würde ja auch noch eines Tages etwas Richtiges aus mir. Zwei Jahre später, der Mann und ich waren uns noch immer etwas fremd, sagte er mir, er sei krank. Er starb ein Jahr lang, ich besuchte ihn im Krankenhaus und fragte, was er sich wünsche. Er sagte mir, er habe Angst vor dem Tod und wolle es so schnell wie möglich hinter sich bringen. Er fragte mich, ob ich ihm Morphium besorgen könne. Ich dachte nach, ich hatte einige Freunde, die Drogen nahmen, aber keinen, der sich mit Morphium auskannte. Auch war ich mir nicht sicher, ob die im Krankenhaus herausfinden wollten und würden, woher es kam. Ich vergaß seine Bitte. Manchmal brachte ich ihm Blumen. Er fragte nach dem Morphium und ich fragte ihn, ob er sich Kuchen wünsche, schließlich wusste ich, wie gern er Torte aß. Er sagte, die einfachen Dinge seien ihm jetzt die liebsten - er wolle nur Streuselschnecken, nichts sonst. Ich ging nach Hause und buk Streuselschnecken, zwei Bleche voll. Sie waren noch warm, als ich sie ins Krankenhaus brachte. Er sagte, er hätte gerne mit mir gelebt, es zumindest gerne versucht, er habe immer gedacht, dafür sei noch Zeit, eines Tages - aber jetzt sei es zu spät. Kurz nach meinem siebzehnten Geburtstag war er tot. Meine kleine Schwester kam nach Berlin, wir gingen gemeinsam zur Beerdigung. Meine Mutter kam nicht. Ich nehme an, sie war mit anderem beschäftigt, außerdem hatte sie meinen Vater zu wenig gekannt und nicht geliebt. 1

2 Berufsmaturitätsschulen des Kantons Zürich Aufnahmeprüfung 2014 Deutsch Serie A A Textverständnis Total 12 Punkte Die Aufgaben 1 und 4 bis 6 müssen in vollständigen Sätzen beantwortet werden. 1. Geben Sie eine Inhaltsangabe in fünf Sätzen. 2. Was stimmt nicht? Kreuzen Sie alle falschen Antworten an. Die Ich-Erzählerin lernt einen neuen Verwandten kennen. Das Mädchen interessiert sich für den Mann. Das Mädchen ist unselbständig. Der Mann hat keine Freunde, die ihm helfen. 3. Welche der folgenden Beschreibungen treffen auf die Erzählerin zu? Sie ist ängstlich. Sie ist aufmerksam. Sie ist selbstständig. Sie ist bestimmt. 4. In welcher Weise nimmt das Mädchen den Mann wahr? 5. Erklären Sie die Bedeutung des Satzes: Ein feines, ironisches Lächeln zog er zwischen sich und die anderen Menschen. 2

3 Berufsmaturitätsschulen des Kantons Zürich Aufnahmeprüfung 2014 Deutsch Serie A 6. Woher kommt der plötzliche Sinneswandel beim Mann am Schluss des Textes? B Sprachbetrachtung Total 12 Punkte 1. Setzen Sie die fehlenden Kommas im untenstehenden Auszug ein. Wortlos war er auf das schmale dunkle Fensterbrett gestiegen als er des Engels Hand ergriffen hatte da war ihm als hätte es nie einen dicken Karl gegeben. Alles war vergessen versank unter ihm in ewigen Tiefen und als die beiden an der Milchstrasse vorbeischwebten fragte der kleine unruhige Bub: Ist es noch weit müssen wir noch lange weiterfliegen? 2. Bestimmen Sie die Wortarten der fett gedruckten Wörter. Der Engel lächelte wieder mild und weil er nie log [ ] Der Engel lächelte wieder mild und weil er 3. In welchem Fall stehen die fett gedruckten Ausdrücke? Nein, lächelte wieder der Engel, bald sind wir dort. Und weil Engel nie lügen, leuchtete bald durch die Finsternis eine weisse rechteckige Fläche, auf die sie zuflogen. Anfangs glaubte Hans, es wäre nur ein Blatt unliniertes Papier, doch kaum dass er dies gedacht hatte, erfasste sein Führer dessen Rand auch schon. wir die Finsternis ein Blatt unliniertes Papier dessen Rand 3

4 Berufsmaturitätsschulen des Kantons Zürich Aufnahmeprüfung 2014 Deutsch Serie A 4. Benennen Sie die fett gedruckten Wörter oder Wortgruppen als Satzglieder. Aus dem Blatt unliniertem Papier war eine grosse Wolke geworden, deren Oberfläche ein einziger herrlich angelegter Fussballplatz war; auf buntbewipelten Tribünen sassen Zuschauer. Das ganze Publikum erhob sich zum Gruss und aller Augen waren voll Güte auf ihn gerichtet. Der Aufseher führte ihn auf seinen Platz. Dort empfingen sie ihn. eine grosse Wolke Zuschauer auf seinen Platz ihn 5. Wandeln Sie im folgenden Textabschnitt die indirekte Rede in die direkte um. Beachten Sie, dass sowohl die Verbformen und die Pronomen als auch die Satzzeichen stimmen müssen. Peter sagt, das sei schon richtig. Er solle aber die Umstände bedenken. 6. Unterstreichen Sie die Hauptsätze. Die Anderen, die neben ihm lagen, waren ja meistens schon um ein oder zwei Jahre älter und andächtig horchte er. Ergriffen lauschte er trüben Weissagungen, bis ihn wieder ein wunderbar vollendet geköpfter Ball mit sich riss, dass sein Herz noch höher flog als der Ball, und dabei jauchzte er. 4

5 Berufsmaturitätsschulen des Kantons Zürich Aufnahmeprüfung 2014 Deutsch Lösung Serie A Allgemeine Hinweise zur Sprachprüfung L ö s u n g 1. Die Prüfungszeit beträgt 30 Minuten. 2. Es sind keine Hilfsmittel erlaubt. 3. Die maximale Punktzahl ist bei jeder Aufgabe angegeben (Total 24). Lesen Sie den folgenden Text sorgfältig durch und lösen Sie die gestellten Aufgaben. Streuselschnecke Julia Franck (2000) Der Anruf kam, als ich vierzehn war. Ich wohnte seit einem Jahr nicht mehr bei meiner Mutter und meinen Schwestern, sondern bei Freunden in Berlin. Eine fremde Stimme meldete sich, der Mann nannte seinen Namen, sagte mir, er lebe in Berlin, und fragte, ob ich ihn kennen lernen wolle. Ich zögerte, ich war mir nicht sicher. Zwar hatte ich schon viel über solche Treffen gehört und mir oft vorgestellt, wie so etwas wäre, aber als es soweit war, empfand ich eher Unbehagen. Wir verabredeten uns. Er trug Jeans, Jacke und Hose. Ich hatte mich geschminkt. Er führte mich ins Café Richter am Hindemithplatz und wir gingen ins Kino, ein Film von Rohmer. Unsympathisch war er nicht, eher schüchtern. Er nahm mich mit ins Restaurant und stellte mich seinen Freunden vor. Ein feines, ironisches Lächeln zog er zwischen sich und die anderen Menschen. Ich ahnte, was das Lächeln verriet. Einige Male durfte ich ihn bei seiner Arbeit besuchen. Er schrieb Drehbücher und führte Regie bei Filmen. Ich fragte mich, ob er mir Geld geben würde, wenn wir uns treffen, aber er gab mir keins, und ich traute mich nicht, danach zu fragen. Schlimm war das nicht, schließlich kannte ich ihn kaum, was sollte ich da schon verlangen? Außerdem konnte ich für mich selbst sorgen, ich ging zur Schule und putzen und arbeitete als Kindermädchen. Bald würde ich alt genug sein, um als Kellnerin zu arbeiten, und vielleicht würde ja auch noch eines Tages etwas Richtiges aus mir. Zwei Jahre später, der Mann und ich waren uns noch immer etwas fremd, sagte er mir, er sei krank. Er starb ein Jahr lang, ich besuchte ihn im Krankenhaus und fragte, was er sich wünsche. Er sagte mir, er habe Angst vor dem Tod und wolle es so schnell wie möglich hinter sich bringen. Er fragte mich, ob ich ihm Morphium besorgen könne. Ich dachte nach, ich hatte einige Freunde, die Drogen nahmen, aber keinen, der sich mit Morphium auskannte. Auch war ich mir nicht sicher, ob die im Krankenhaus herausfinden wollten und würden, woher es kam. Ich vergaß seine Bitte. Manchmal brachte ich ihm Blumen. Er fragte nach dem Morphium und ich fragte ihn, ob er sich Kuchen wünsche, schließlich wusste ich, wie gern er Torte aß. Er sagte, die einfachen Dinge seien ihm jetzt die liebsten - er wolle nur Streuselschnecken, nichts sonst. Ich ging nach Hause und buk Streuselschnecken, zwei Bleche voll. Sie waren noch warm, als ich sie ins Krankenhaus brachte. Er sagte, er hätte gerne mit mir gelebt, es zumindest gerne versucht, er habe immer gedacht, dafür sei noch Zeit, eines Tages - aber jetzt sei es zu spät. Kurz nach meinem siebzehnten Geburtstag war er tot. Meine kleine Schwester kam nach Berlin, wir gingen gemeinsam zur Beerdigung. Meine Mutter kam nicht. Ich nehme an, sie war mit anderem beschäftigt, außerdem hatte sie meinen Vater zu wenig gekannt und nicht geliebt. 1

6 Berufsmaturitätsschulen des Kantons Zürich Aufnahmeprüfung 2014 Deutsch Lösung Serie A A Textverständnis L ö s u n g Total 12 Punkte Die Aufgaben 1 und 4 bis 6 müssen in vollständigen Sätzen beantwortet werden. 1. Geben Sie eine Inhaltsangabe in fünf Sätzen. Ein Mädchen erhält einen Anruf von einem unbekannten Mann. Sie trifft sich mit ihm. Zwei Jahre später erkrankt der Mann. Sie besucht ihn, er wünscht sich Morphium, doch bringt sie ihm Streuselschnecken. Der Mann stirbt, man erfährt, dass es ihr Vater war. 2. Was stimmt nicht? Kreuzen Sie alle falschen Antworten an. Die Ich-Erzählerin lernt einen neuen Verwandten kennen. Das Mädchen interessiert sich für den Mann. Das Mädchen ist unselbständig. Der Mann hat keine Freunde, die ihm helfen. 3. Welche der folgenden Beschreibungen treffen auf die Erzählerin zu? Sie ist ängstlich. Sie ist aufmerksam. Sie ist selbstständig. Sie ist bestimmt. 4. In welcher Weise nimmt das Mädchen den Mann wahr? Sie nimmt ihn eher distanziert aber aufmerksam wahr. Sie geht nicht auf ihn zu, sondern beobachtet ihn. 5. Erklären Sie die Bedeutung des Satzes: Ein feines, ironisches Lächeln zog er zwischen sich und die anderen Menschen. Der Mann selbst hat eine Distanz zwischen sich und der Welt. Das Lächeln schützt ihn davor, sich mit ihnen wirklich abgeben zu müssen, da er sich eventuell nicht verstanden fühlt. Die Ironie relativiert das, was er wahrnimmt. 2

7 Berufsmaturitätsschulen des Kantons Zürich Aufnahmeprüfung 2014 Deutsch Lösung Serie A 6. Woher kommt der plötzliche Sinneswandel beim Mann am Schluss des Textes? Der Tod kommt immer zu früh und erinnert daran, was man alles noch machen könnte. Der Sinneswandel setzt mit den Streuselkuchen ein, die sie ihm bringt. Die Streuselkuchen sind warm, erinnern wohl ans Leben. Die Einfachheit und die Streuselkuchen wie auch der nahende Tod überzeugen ihn. Er merkt, dass er den Tod nicht abwenden kann und ihn nur das Akzeptieren der Realität(Streuselkuchen statt Morphium) bleibt. B Sprachbetrachtung L ö s u n g Total 12 Punkte 1. Setzen Sie die fehlenden Kommas im untenstehenden Auszug ein. 8 Kommas: 2 P. 7-6: 1 ½ P. 5-6: 1 P. 3-2: ½ P. weniger: 0 P. Wortlos war er auf das schmale, dunkle Fensterbrett gestiegen, als er des Engels Hand ergriffen hatte, da war ihm, als hätte es nie einen dicken Karl gegeben. Alles war vergessen, versank unter ihm in ewigen Tiefen(,) und als die beiden an der Milchstrasse vorbeischwebten, fragte der kleine, unruhige Bub: Ist es noch weit, müssen wir noch lange weiterfliegen? 2. Bestimmen Sie die Wortarten der fett gedruckten Wörter. Der Engel lächelte wieder mild und weil er nie log [ ] Je falsch oder nicht bestimmte Wortart ¼ Punkt Abzug. Der Pronomen, best. Art. mild Adjektiv Engel Nomen und Partikel / Konjunktion lächelte Verb weil Partikel / Konjunktion wieder Partikel, Adverb er Pronomen / Personalpr. 3. In welchem Fall stehen die fett gedruckten Ausdrücke? Nein, lächelte wieder der Engel, bald sind wir dort. Und weil Engel nie lügen, leuchtete bald durch die Finsternis eine weisse rechteckige Fläche, auf die sie zuflogen. Anfangs glaubte Hans, es wäre nur ein Blatt unliniertes Papier, doch kaum dass er dies gedacht hatte, erfasste sein Führer dessen Rand auch schon. wir Nominativ ein Blatt unliniertes Papier Nominativ die Finsternis Akkusativ dessen Rand Akkusativ 3

8 Berufsmaturitätsschulen des Kantons Zürich Aufnahmeprüfung 2014 Deutsch Lösung Serie A 4. Benennen Sie die fett gedruckten Wörter oder Wortgruppen als Satzglieder. Aus dem Blatt unliniertem Papier war eine grosse Wolke geworden, deren Oberfläche ein einziger herrlich angelegter Fussballplatz war; auf buntbewipelten Tribünen sassen Zuschauer. Das ganze Publikum erhob sich zum Gruss und aller Augen waren voll Güte auf ihn gerichtet. Der Aufseher führte ihn auf seinen Platz. Dort empfingen sie ihn. eine grosse Wolke Subjekt auf seinen Platz Präpositionalglied u.a. Zuschauer Subjekt ihn Akkusativobjekt 5. Wandeln Sie im folgenden Textabschnitt die indirekte Rede in die direkte um. Beachten Sie, dass sowohl die Verbformen und die Pronomen als auch die Satzzeichen stimmen müssen. Abzug für fehlenden Doppelpunkt, Anführungszeichen, für Verbformen, Ausrufezeichen (je ½ Punkt) Peter sagt, das sei schon richtig. Er solle aber die Umstände bedenken. Und Peter sagt: Das ist schon richtig. Bedenke aber die Umstände! Auch richtig Bedenken Sie 6. Unterstreichen Sie die Hauptsätze. Je nicht bestimmten oder falsch bezeichneten Teilsatz ½ Punkt Abzug. Die Anderen, die neben ihm lagen, waren ja meistens schon um ein oder zwei Jahre älter und andächtig horchte er. Ergriffen lauschte er trüben Weissagungen, bis ihn wieder ein wunderbar vollendet geköpfter Ball mit sich riss, dass sein Herz noch höher flog als der Ball, und dabei jauchzte er. 4