Home Fortbildung Fortbildungskalender. Patientenverfügung. Grundsätze und Empfehlungen für Ärztinnen und Ärzte "Sterben in Würde"

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1 Home Fortbildung Fortbildungskalender Patientenverfügung Grundsätze und Empfehlungen für Ärztinnen und Ärzte "Sterben in Würde" Die Grundsätze zur Sterbebegleitung und die Empfehlungen zur Patientenverfügung Broschüre der Bundesärztekammer und Kassenärztlicher Bundesvereinigung Die Ärzteschaft nimmt aktiv teil an der öffentlichen Diskussion über das ärztliche Handeln an denjenigen Patienten, die ihren eigenen Willen nicht mehr äußern können. Sie respektiert das grundgesetzlich garantierte Selbstbestimmungsrecht des Patienten als einen Grundpfeiler des ärztlichen Handelns. Um für Situationen vorsorgen zu können, in denen ein (künftiger) Patient seinen Willen bezüglich der ärztlichen Behandlung nicht mehr selbst äußern kann, stehen eine Reihe von rechtlichen "Hilfsmitteln" zur Verfügung: Es kann im voraus eine Vertrauensperson bestimmt werden, der gegenüber der (künftige) Arzt von der Schweigepflicht entbunden wird und die dem behandelnden Arzt Informationen zur Ermittlung des in der konkreten Situation maßgeblichen mutmaßlichen Willens geben soll. Der Vertrauensperson soll der Arzt auch eine Begründung für sein Tun oder Unterlassen geben. Die Benennung einer Vertrauensperson ist nicht an bestimmte Formvorschriften gebunden; wichtig ist allerdings, - 1/8 -

2 dass mit der Vertrauensperson die Situationen besprochen werden, für die der Betreffende Vorsorge treffen will. Soll die Person des Vertrauens ein eigenes Entscheidungsrecht haben, kann ihr dieses mit einer sogenannten Vorsorgevollmacht erteilt werden, die erst dann wirksam wird, wenn der Vollmachtgeber seine Geschäftsfähigkeit verliert. Voraussetzung für die Wirksamkeit der Vorsorgevollmacht ist, dass sie sich ausdrücklich auf den Bereich der gesundheitlichen Belange des Vollmachtgebers bezieht und möglichst detailliert diejenigen medizinischen Maßnahmen nennt, über deren Vornahme beziehungsweise Beendigung der Bevollmächtigte entscheiden können soll. (Vergleiche hierzu auch die "Checkliste" für die Inhalte von Patientenverfügungen Seite 3/4 dieses Schreibens, die auch für die Inhalte der Vorsorgevollmacht herangezogen werden kann.) Soll der Bevollmächtigte die ihm erteilten Rechte in dem gesetzlich definierten Rahmen einer Betreuung (gemeint ist hier nicht die Betreuung im umgangssprachlichen Sinne, sondern die Betreuung im Rechtssinne, das heißt als gesetzlicher Vertreter des Betreuten) wahrnehmen, empfiehlt sich die Betreuungsverfügung die allgemeine Regelungen enthält, die für den Fall der - 2/8 -

3 vormundschaftsgerichtlichen Anordnung einer Betreuung getroffen werden. Diese Instrumentarien werden hier nur der Vollständigkeit halber erwähnt, damit Sie den Stellenwert der Patientenverfügung, um die es hier schwerpunktmäßig gehen soll, einschätzen können. Detaillierte Informationen zu den vorgenannten rechtlichen Instrumentarien gibt es in einer Vielzahl von Broschüren von Kirchen, Verbraucherverbänden, Hospizvereinen usw.. Der Schwerpunkt der öffentlichen Diskussion liegt bei der sogenannten Patientenverfügung. Darunter versteht man eine meist schriftliche Willensäußerung des späteren Patienten an die späteren möglichen Ärzte, gegebenenfalls auch Vertrauenspersonen, Bevollmächtigte und Betreuer, die an die Stelle einer dann nicht mehr möglichen Entscheidung des Patienten treten soll. Die oft gehörte Bezeichnung "Patiententestament" meint dasselbe, ist aber irreführend. Derjenige, der die Verfügung ausstellt, will ja gerade regeln was vor seinem Tod mit ihm und nicht was nach seinem Tod mit seinem Vermögen geschehen soll. Die Bezeichnung "Patiententestament" könnte zu dem Schluss verleiten, dass die besonderen Formerfordernisse von Testamenten beachtet werden müssten. Dies ist aber nicht der Fall. Patientenverfügungen bedürfen keiner bestimmten Form, wenngleich sie meistens schriftlich abgefasst sind. Wirksam ist sowohl die in vollkommen freien eigenen Worten formulierte Erklärung als auch die vorgedruckte Erklärung, die handschriftlich unterzeichnet wird. - 3/8 -

4 Fachleute auf der Ebene sowohl der Bundesärztekammer als auch der Bayerischen Landesärztekammer sind nach intensiver Beratung zu der Auffassung gekommen, dass gegen die Erarbeitung eines Vordrucks für Patientenverfügungen durch Ärztekammern eine Reihe von gewichtigen Gründen spricht: Eine eigenständig formulierte Patientenverfügung bietet die Gewähr dafür, dass eine wirkliche gedankliche Auseinandersetzung mit dem Thema stattgefunden hat. Einem unterschriebenen Formular sieht man leider nicht an, wie lange der Unterzeichner darüber nachgedacht hat. Gerade ein Vordruck aus amtlicher Quelle birgt die Gefahr, dass er im Vertrauen auf den Urheber unterschrieben wird, ohne dass sich der Unterzeichner gründlich überlegt, ob er selber die beschriebenen Regelungen treffen möchte. Erfahrungsgemäß tritt auch bei derartigen Vordrucken nicht selten die Situation auf, dass vom Unterzeichner nicht gewünschte Alternativen aus "Respekt vor dem Vordruck" nicht durchgestrichen werden. Nicht umsonst misst unsere Rechtsordnung der Unterschrift unter einen von Fremden vorformulierten Text tendenziell weniger Geltungskraft zu als der selbst formulierten Erklärung. Wird einem Arzt bei der Behandlung eines entscheidungsunfähigen Patienten, den er bislang nicht - 4/8 -

5 Patienten, den er bislang nicht gekannt hat, eine Patientenverfügung vorgelegt, stellt sich für ihn die schwierige Frage, ob die konkrete Situation, in der sich der Patient befindet von der vorgelegten Patientenverfügung umfasst ist. Diese Frage lässt sich um so eher beantworten, je "persönlicher" die Patientenverfügung formuliert ist. Welche Punkte kann/soll eine Patientenverfügung enthalten Die Punkte 2 8 der nachfolgenden "Checkliste" sollen nur als Hinweise verstanden werden, was in jeder Patientenverfügung geregelt werden kann. Keinesfalls muss zu jedem der Punkte 2 8 eine Aussage getroffen werden, damit die Patientenverfügung wirksam ist. 1. Name und Anschrift des Patienten 2. Beschreibung des aktuellen Gesundheitszustandes (wesentliche Diagnosen) 3. Beschreibung der Situationen, für die die Verfügung gelten soll zum Beispiel: "Wenn medizinisch eindeutig festgestellt ist, dass ich mich unabwendbar im unmittelbaren Sterbeprozess befinde, bei dem jede lebenserhaltende Therapie das Sterben oder Leiden ohne Aussicht auf Besserung verlängern würde". Oder: "Wenn medizinisch eindeutig festgestellt ist, dass keinerlei Aussicht auf - 5/8 -

6 Wiedererlangung des Bewusstseins besteht." Oder: "Wenn medizinisch eindeutig festgestellt ist, dass ein Herz-Kreislauf-Stillstand eingetreten ist." Oder: Beschreibung der Arten der Behandlungsbegrenzung (zum Beispiel: "Keine Organtransplantation", "keine Reanimation", "keine Dauerbeatmung"...) und eine Aussage darüber, ob die Unterlassung lebensverlängernder Maßnahmen auch die Einstellung einer künstlichen Ernährung und/oder der Gabe von Flüssigkeit bedeuten kann. 5. Beschreibung der Art von Behandlung, die in dieser Situation wichtig ist (zum Beispiel "Ausschöpfung aller pflegerischen und lindernden medizinischen Behandlungsmöglichkeiten, selbst wenn durch die notwendige Schmerzbehandlung eine Lebensverkürzung nicht auszuschließen ist."...) 6. Ablehnung aktiver Sterbehilfe (diese wäre dem Arzt nach dem Strafgesetzbuch ohnehin verboten!) 7. Benennung von Vertrauenspersonen (evtl. auch eines vertrauten Arztes) mit denen der Inhalt der Patientenverfügung besprochen - 6/8 -

7 wurde. Diese Personen, unter Umständen auch ein weiterer Zeuge, sollen durch Unterschrift bestätigen, dass die Patientenverfügung diejenige des Betroffenen ist und dass zur Zeit der Abfassung keine Anhaltspunkte für Störungen der Einsichts- oder Entscheidungsfähigkeit vorgelegen haben. Auch eine gegebenenfalls vorgenommene Entbindung des Arztes von der Schweigepflicht gegenüber der Vertrauensperson sollte an dieser Stelle erklärt werden. 8. Ein Hinweis auf die Widerrufsmöglichkeit dieser Erklärung 9. Ort, Datum, Unterschrift des Patienten, gegebenenfalls auch der Vertrauenspersonen und des Arztes. Hinweise 1. Der Patient sollte bei seinen Ausweispapieren einen Hinweis bei sich tragen, dass eine derartige Patientenverfügung existiert sowie die Adresse der Vertrauenspersonen und des Arztes seines Vertrauens. 2. In Bayern besteht die Möglichkeit, ein Exemplar der Patientenverfügung beim Vormundschaftsgericht zu hinterlegen. 3. Um die Ernsthaftigkeit zu unterstreichen kann die Unterschrift alle ein bis zwei Jahre aktualisiert werden; gegebenenfalls können dann auch Textveränderungen - 7/8 -

8 vorgenommen werden. Bitte haben Sie auch Verständnis für die schwierige Situation des Arztes, der bei seiner ureigensten Aufgabe, "Leben zu erhalten, die Gesundheit zu schützen und wiederherzustellen, Leiden zu lindern und Sterbenden Beistand zu leisten" ( 1 Abs. 2 der Berufsordnung für die Ärzte Bayerns) den für den Fall der Entscheidungsunfähigkeit vorformulierten Willen seines Patienten berücksichtigen will und muss. Unterstützen Sie ihn bitte dabei, in dem Sie so ausführlich und so klar wie möglich mit eigenen Worten Ihren Willen formulieren. Scheuen Sie sich bitte auch nicht, Ihren Hausarzt in diesem Zusammenhang um Rat zu fragen. Die Bayerische Landesärztekammer hat im Februarheft (Nr. 2/2000) des Bayerischen Ärzteblattes Handreichungen für die bayerische Ärzteschaft veröffentlicht. Bayerische Landesärztekammer - 8/8 -