Ansgar Zerfaß. Unternehmensführung und Öffentlichkeitsarbeit
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- Klaudia Krämer
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1 Ansgar Zerfaß Unternehmensführung und Öffentlichkeitsarbeit
2 Organisationskommunikation. Studien zu Public Relations/ Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikationsmanagement Herausgegeben von Günter Bentele Die Reihe Organisationskommunikation. Studien zu Public Relations/Öffent lich - keitsarbeit und Kommunikationsmanagement zielt darauf, wesentliche Beiträge zur Forschung über Prozesse und Strukturen der Kommunikation von und in Organisatio nen in ihrem gesellschaftlichen Kontext zu leisten. Damit kommen vor allem Ar beiten zum Tätigkeits- und Berufsfeld Public Relations/Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikationsmanagement von Organisationen (Unternehmen, politische Organisationen, Verbände, Vereine, Non-Profit-Organisationen, etc.), aber auch zur Werbung oder Propaganda in Betracht. Nicht nur kommunikationswissenschaftliche Arbeiten, sondern auch Beiträge aus angrenzenden Sozialwissenschaften (Soziologie, Politikwissenschaft, Psychologie), der Wirtschaftswissenschaften oder anderen relevanten Disziplinen zu diesem Themenbereich sind erwünscht. Durch Praxisbe - züge der Arbeiten sollen Anstöße für den Professionalisierungsprozess der Kommunikationsbranche gegeben werden.
3 Ansgar Zerfaß Unternehmensführung und Öffentlichkeitsarbeit Grundlegung einer Theorie der Unternehmenskommunikation und Public Relations 3., aktualisierte Auflage
4 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über < abrufbar. 1. Auflage 1996 (erschienen im Westdeutschen Verlag) 2. Auflage Juli 2004 Unveränderter Nachdruck Mai 2005 Unveränderter Nachdruck Oktober Auflage 2010 Alle Rechte vorbehalten VS Verlag für Sozialwissenschaften Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2010 Lektorat: Barbara Emig-Roller VS Verlag für Sozialwissenschaften ist eine Marke von Springer Fachmedien. Springer Fachmedien ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfälti gungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinn e der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Druck und buchbinderische Verarbeitung: MercedesDruck, Berlin Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN
5 Inhalt Einführung zur dritten Auflage Einleitung Problemstellung Gang der Untersuchung Praktische und theoretische Vororientierung Public Relations in der Unternehmenspraxis: Ein Fallbeispiel Unternehmenskommunikation im Hoechst-Konzern Public Relations als Quelle strategischer Bedrohungen Public Relations als strategischer Erfolgsfaktor Einsichten und Folgerungen Public Relations in der Theoriebildung: Konzepte und Kritiken Public Relations als öffentliches Kommunikationssystem: Die Ansätze von Ronneberger/Rühl und Merten/Westerbarkey Verständigungsorientierte Öffentlichkeitsarbeit: Die Ansätze von Pearson und Burkart Public Relations als Kommunikationsmanagement: Der Ansatz von Grunig et al Öffentlichkeitsarbeit als gesellschaftsorientierte Unternehmenskommunikation: Die Ansätze von Raffée/Wiedmann und Haedrich Perspektiven einer Neuorientierung Sozialtheoretische Grundlagen Soziales Handeln Akteure und Prozesse des sozialen Handelns Handeln und Verhalten Formen des Handelns Poietisches und soziales Handeln Akteure des sozialen Handelns... 93
6 2 Inhalt Strukturelle Regeln und Ressourcen des sozialen Handelns Regeln und Handlungsschemata Ressourcen und Handlungsvermögen Strukturen als Zusammenhänge sozialer Regeln und Ressourcen Organisationsformen und Sphären des sozialen Handelns Kultur, Persönlichkeit und Gesellschaft als Elemente der sozialen Welt Systeme als Organisationsformen sozialer Interaktionen Handlungsfelder als interdependente soziale Sphären Soziales Handeln und gesellschaftliche Integration Inhaltliche Dimensionen der Integration Mittelkonflikte und Handlungskoordination Zweckkonflikte und Interessenintegration Situationsdefinitionen und Handlungsinterpretationen Raumzeitliche Dimensionen der Integration Integration im Nahbereich Integration im Fernbereich: Zur Relevanz von generalisierten Interaktionsmechanismen, Vertrauen und Images Ansatzpunkte der sozialen Integration Situationsbezogene Integration Intentionale Integration Soziale Integration eine zusammenfassende Klassifikation Zusammenfassung des sozialtheoretischen Bezugsrahmens Kommunikationstheoretische Grundlagen Kommunikatives Handeln Akteure und Prozesse des kommunikativen Handelns Symbolisches und instrumentelles Handeln Kommunikative und symbolsystemische Handlungen Kommunikationsprozesse und ihre Akteure Strukturelle Regeln und Ressourcen des kommunikativen Handelns Kommunikationsschemata Kommunikative Kompetenz Organisationsformen und Sphären des kommunikativen Handelns Zum Verhältnis von Kommunikationssphären und -systemen Öffentlichkeiten als Arenen der Kommunikation Teilöffentlichkeiten als systemische Kommunikationsforen
7 Inhalt Kommunikation und soziale Integration Soziale Integration als dominantes Ziel von Kommunikationshandlungen Kommunikative Sozialintegration im Nahbereich Kommunikative Sozialintegration im Fernbereich Kommunikationsprozesse als Voraussetzung abstrakter Integrationsmechanismen Intentionale Integration durch generalisierte Kommunikation: Reputation und Wertsysteme Integration durch verfahrensregulierte Kommunikation Situationsbezogene Koordination mit kommunikativen Mitteln: Tauschvertrag und Administration Zusammenfassung des kommunikationstheoretischen Bezugsrahmens Betriebswirtschaftliche Grundlagen Betriebswirtschaftliches Handeln Akteure und Prozesse des betriebswirtschaftlichen Handelns Wirtschaftliches, betriebliches und betriebswirtschaftliches Handeln Betriebswirtschaftliches Handeln und strategischer Managementprozeß Unternehmen als Akteure des betriebswirtschaftlichen Handelns Strukturelle Regeln und Ressourcen des betriebswirtschaftlichen Handelns Regulative Strukturen des betriebswirtschaftlichen Handelns Betriebswirtschaftliche Ressourcen und unternehmerische Kompetenz Organisationsformen und Sphären des betriebswirtschaftlichen Handelns Zum Verhältnis von Organisationsformen und Umwelten der Unternehmenstätigkeit Unternehmen und Unternehmensgruppen als soziale Systeme Unternehmensumfelder als betriebswirtschaftliche Handlungssphären Zusammenfassung des betriebswirtschaftlichen Bezugsrahmens
8 4 Inhalt 6. Grundlegung einer Theorie der Unternehmenskommunikation Ansatzpunkte der internen Unternehmenskommunikation Verfassungskonstituierende Beziehungen und Organisationskommunikation Organisationsbeziehungen und Organisationskommunikation Ansatzpunkte der externen Unternehmenskommunikation Marktbeziehungen und Marktkommunikation Gesellschaftspolitische Beziehungen und Public Relations Zur Notwendigkeit einer integrierten Unternehmenskommunikation Zusammenfassung Perspektiven eines kommunikationswissenschaftlich und betriebswirtschaftlich aufgeklärten PR-Managements Grundkonzept und Leitideen des PR-Managements Methoden der PR-Analyse Stakeholder- und Kommunikationsfeldanalyse Thementracking Image- und Meinungsforschung Potentialanalyse Planung von PR-Programmen Grundlagen der PR-Planung PR-Rahmenkonzept PR-Programme Strategische PR-Programme Operative PR-Programme Realisierung von Kommunikationskonzepten Massenmediale PR-Konzepte Mediale PR-Konzepte PR-Konzepte für Präsenzveranstaltungen PR-Konzepte für episodische Kommunikationsprozesse Ansatzpunkte und Methoden der PR-Kontrolle Operative PR-Kontrolle Strategische PR-Kontrolle PR-Controlling Zusammenfassung Resümee
9 Inhalt 5 9. Unternehmenskommunikation revisited (Ergänzung zur zweiten Auflage 2004) Strategische Unternehmenskommunikation: Public Relations als Investition und Werttreiber Ökonomische Imperative Image und Reputation als Erfolgsfaktor Gesellschaftspolitische Imperative Corporate Citizenship und Sustainability als Herausforderung Strategische Steuerung mit der Corporate Communications Scorecard Integrierte Unternehmenskommunikation: Orchestrierung und Evaluation von PR-Kampagnen Netzwerk-Kommunikation das neue Handlungsfeld im Zeitalter der grenzenlosen Unternehmung Umsetzung der Integrierten Kommunikation mehr Prozessorientierung durch Crossmedia und Campaigning PR-Usability und Erfolgsprognosen als Ansatzpunkte der Evaluation Situative Unternehmenskommunikation: Neue Öffentlichkeiten, Stakeholder und PR-Tools Kommunikationsarenen im Internet zur Dynamik von digitalen Öffentlichkeiten und Communities Kommunikationspartner im Internet über virtuelle Bezugsgruppen und Meinungsmacher Herausforderung und Chancen der Online-PR Quo vadis? Perspektiven der Unternehmenskommunikation Literaturverzeichnis Kommentierte Auswahlbibliographie zur Unternehmenskommunikation
10 Einführung zur dritten Auflage Eine systematisch geplante, an strategischen Zielen ausgerichtete Kommunikation gilt heute als zentraler Baustein für den Unternehmenserfolg. Dazu haben negative Erfahrungen wie der rasante Verlust von öffentlichem Vertrauen in der globalen Wirtschaftskrise ebenso beigetragen wie die Einsicht, dass Firmenübernahmen und Börsengänge, aber auch die Einführung neuer Produkte und Dienstleistungen maßgeblich durch kommunikative Wirklichkeitskonstruktionen von Mitarbeitern, Kunden, Investoren und Multiplikatoren in Politik und Gesellschaft beeinflusst werden. Hinzu kommen der unübersehbare Kontrollverlust von Unternehmen durch die Ausbreitung partizipativer Kommunikationsformen im Internet und nachhaltige Verschiebungen etwa im Zusammenspiel von Public Relations und Marketingkommunikation, Medienarbeit und Journalismus sowie Print- und Bewegtbildkommunikation. Deshalb steigen die Budgets für Kommunikation seit Jahren kontinuierlich. Sie bleiben sogar in Krisenzeiten vergleichsweise stabil denn auch Restrukturierungen und Neupositionierungen müssen kommunikativ begleitet werden. Parallel schreitet der Aufbau professioneller Strukturen im Mittelstand und die Internationalisierung des Kommunikationsmanagements in Konzernen voran. Um so mehr mag es erstaunen, dass das Themenfeld in der Wissenschaft immer noch unzureichend erschlossen ist. Zwar gibt es inzwischen eine Fülle von Ratgebern für die Praxis und fundierte Publikationen zu zentralen Teilaspekten des Themas. Doch der interdisziplinäre Austausch zwischen Wirtschafts- und Kommunikationswissenschaften kommt im deutschsprachigen Raum und auch international nur langsam voran. Die Grundfragen drohen durch die Ausdifferenzierung des Feldes sogar mehr denn je aus den Augen zu geraten. Die in diesem Buch entwickelte Theorie der Unternehmenskommunikation ist deshalb heute ebenso aktuell wie bei ihrer Entstehung vor fünfzehn Jahren. Die systematische Grundlegung der (integrierten) Unternehmenskommunikation und davon abgeleitet der Teilbereiche Public Relations, Marktkommunikation und Interne Kommunikation vermittelt das kommunikationswissenschaftliche, betriebswirtschaftliche und soziologische Rüstzeug zur kritischen Auseinandersetzung mit der aktuellen Fachdiskussion. Führungskräfte in der Wirtschaft, Studierende und Wissenschaftler werden damit in die Lage versetzt, Forschungsergebnisse und Entwicklungen in der Praxis kritisch einzuordnen. Denn immer noch vernebeln ungeklärte Grundbegriffe und uneinheitliche Terminologien den Blick auf das Wesentliche. Das vorliegende Buch ist bewusst breit angelegt; die Grundlagenkapitel sind der Schlüssel zum Verständnis des theoretischen Gesamtkonzepts. Kapitel 1 bis 8 entsprechen in Text, Seitenumbruch und Rechtschreibung der Erstauflage Kapitel 9 und das aktualisierte Literaturverzeichnis wurden in der zweiten Auflage 2004 hinzugefügt. Diese Teile wurden ebenfalls unverändert über-
11 8 Einführung nommen, um das Auffinden von Textstellen und eine einheitliche Zitation zu ermöglichen. Die vorliegende dritte Auflage enthält statt der Vorworte eine inhaltliche Einführung; zudem wurde eine Auswahlbibliographie ergänzt. Wo steht die Forschung zur Unternehmenskommunikation heute? Im internationalen Kontext sind mindestens vier Richtungen von Bedeutung. Erstens gibt es in der Managementforschung jenseits der Beschäftigung mit dem Handwerkszeug der Business Communication und personenorientierter Leadership Communication kontinuierliche Auseinandersetzungen mit strategischen, an Unternehmenszielen orientierten Corporate Communications. Hierfür steht einerseits der populäre, aber theoretisch nicht fundierte Ansatz von Argenti, anderseits die im Umfeld des kommerziellen Reputation Institute entstandenen Konzepte von Van Riel und Fombrun. Letztere argumentieren ebenso wie das vorliegende Buch für eine integrierte Kommunikation; sie überzeugen durch eine differenzierte Analyse des Zusammenhangs von Unternehmenszweck, Identität und interner Zieldefinition, Kommunikationsaktivitäten und immateriellen Ressourcen. Allerdings konzentrieren sie sich einseitig auf die Reputation als Objekt der Kommunikationspolitik; andere und direktere Ansatzpunkte im Wertschöpfungsprozess bleiben außen vor. Zudem bleiben die sozialtheoretischen und kommunikationswissenschaftlichen Grundlagen (normative Rahmenbedingungen der Unternehmensführung, Kommunikationsprozesse und deren Wirkungen) ungeklärt. Ähnliches gilt zweitens für neuere Ansätze der Integrated (Marketing) Communications von Autoren wie Schultz, Kitchen und Pelsmacker. Sie gehen von der empirischen Notwendigkeit der Kommunikation in Unternehmen aus und verstehen Unternehmenskommunikation als Derivat der Marketingkommunikation: ein positives Image bei allen relevanten Anspruchsgruppen soll als Schutzschild wirken, Marken erhalten sowie die Kundenkommunikation befördern. Zu nennen ist drittens die internationale PR-Forschung. Sie wird weiterhin durch zwei einflussreiche Schulen geprägt: der funktionalistisch-normativen Excellence Theory von Grunig et al., die insbesondere in Schwellenländern und in Asien umfassend rezipiert wurde, stehen interpretative Theorien gegenüber, beispielsweise von Heath et al. Daneben treten kritische und postmoderne Konzepte, die PR im interkulturellen Kontext und in vielfältigen Gesellschaftsbeziehungen verorten, sich damit aber zunehmend von der Unternehmenskommunikation entfernen. Da die PR-Forschung betriebswirtschaftliche Grundlagen, beispielsweise Fragen der Kostenerfassung, Wertschöpfung und normativ-rechtlicher Grundlagen selbst bei Untersuchungen zur Corporate Social Responsibility-Kommunikation und zur PR-Evaluation kaum beachtet, ist die Aussagekraft entsprechender Theorien kritisch zu hinterfragen. Stärkere Impulse sind derzeit von der Forschung zur Organisational Communication zu erwarten. Diese international seit langem etablierte, im deutschsprachigen Raum aber kaum aufgegriffene Diskussionsrichtung konzentriert sich jenseits anwendungsorientierter Themen vor allem auf das Wechselspiel der kommunikativen Konstruktion von Organisationen (und ihren Umweltbeziehungen) und der systematischen Kommunikation von Organisationen als sozialen Akteuren.
12 Einführung 9 Dabei werden auch spezifische Fragen der Unternehmenskommunikation diskutiert. Christensen et al. zeigen beispielsweise die Grenzen tradierter Konzepte des Reputationsmanagements und der integrierten Marketingkommunikation auf. Daraus ergeben sich interessante und praxisrelevante Einsichten zu den Grenzen der Steuerung von Kommunikation, zur Notwendigkeit flexibler, polyphoner Vorgehensweisen und zu einem neuen Verständnis integrierter Kommunikation, das in vielerlei Hinsicht mit den in diesem Buch skizzierten Überlegungen übereinstimmt. Festzuhalten ist, dass die Forschung zur Unternehmenskommunikation auf internationaler Ebene weiterhin stark fragmentiert ist und im Gegensatz zur Praxis und zur Ausbildung auf Master-Ebene etwa in New York, Aarhus, Leeds und Leipzig bislang noch keinen einheitlichen Kanon an Fragestellungen, Methoden und Konzepten entwickelt hat. Ein vergleichbares Bild kennzeichnet die deutschsprachige Fachdiskussion. Grundlegende theoretische Auseinandersetzungen unter Bezugnahme auf wirtschaftswissenschaftliche, kommunikationswissenschaftliche und sozialtheoretische Erkenntnisse sind jenseits der vorliegenden Untersuchung nicht zu verzeichnen. Die hier vorgestellte Begrifflichkeit der Unternehmenskommunikation und ihrer Teilbereiche ist inzwischen zum Gemeingut geworden; sie wurde sowohl in Lehrbücher zum Beispiel von Mast und Weder übernommen als auch in zahlreichen eigenen Beiträgen und empirischen Studien zu spezifischen Aspekten wie Wertschöpfung durch Kommunikation, Innovationskommunikation und Online-Kommunikation elaboriert. Kennzeichnend für diese Richtung ist der Fokus auf eine strategische (das heißt an den Unternehmenszielen orientierte) und in mehrfacher Hinsicht integrierte (aber nicht vereinheitlichte) Kommunikation. Die Einbeziehung betriebswirtschaftlicher Aspekte sichert einen anwendungsorientierten Blick auf das Themenfeld. Bedeutsam ist zweitens die Integrierte Marketing- und Unternehmenskommunikation, die maßgeblich von Bruhn und Mitarbeitern vorangetrieben wird und vielfältige Bezüge zu anderen Konzepten der Kommunikationspolitik in der Marketingforschung (zum Beispiel zum stakeholderübergreifenden Corporate Brand Management von Esch et al. und zur Live Communication von Kirchgeorg et al.) aufweist. Diese Konzepte wurden in den letzten Jahren maßgeblich weiterentwickelt, empirisch unterfüttert und präzisiert. Sie bieten wichtige Erkenntnisse zur Planung, zur Gestaltung des Medienmix und zur Wirkungskontrolle. Die Notwendigkeit von Kommunikation aus wirtschafts- und gesellschaftstheoretischer Perspektive und die Eigenschaften von Kommunikationsprozessen werden jedoch selten thematisiert. Das verkürzte Kommunikationsverständnis der Betriebswirtschaftslehre, demzufolge objektive Informationen an die Adressaten übertragen werden und dort Verhaltensänderungen bewirken, verhindert eine umfassende Berücksichtigung kommunikativer Prozesse der Wirklichkeitskonstruktion (Framing, Agenda-Building) und überschätzt die Möglichkeiten rationaler Planung bei genuin zweiseitigen Prozessen der Bedeutungsvermittlung und Beeinflussung. Ein dritter bedeutsamer Bereich ist die deutschsprachige Forschung zur PR und Organisationskommunikation. Diese hat sich von traditionellen Fragen der Beziehung zwischen Presse- und Medienarbeit (häufig fälschlich als PR bezeichnet) und Journalismus sowie
13 10 Einführung des PR-Berufsfelds und seiner Ethik weiterentwickelt und erstreckt sich zunehmend auf Fragen des öffentlichen Vertrauens, des Reputations- und Issues- Managements sowie auf besondere Situationen (Krisen, Change-Prozesse) und Bezugsgruppen (Kunden, Mitarbeiter). Theoretisch interessant sind neuere Konzepte der Organisationskommunikation, die neben der Kommunikation in und von Organisationen (die im Fokus der strategischen Unternehmenskommunikation steht) auch die öffentliche Kommunikation über Organisationen einbeziehen und so ein erweitertes Forschungsfeld aufspannen. Das lenkt die Aufmerksamkeit auf eine bedeutsame Tatsache: die systematische Analyse der öffentlichen Meinungsbildung und die Einspeisung von Ideen und Kritik in den organisatorischen Entscheidungsprozess (inbound) ist für die Unternehmensführung ebenso bedeutsam wie die kommunikative Unterstützung bereits etablierter Unternehmensstrategien (outbound). In der engeren PR-Forschung spielen betriebswirtschaftliche Fragestellungen wie Kosten, Zielableitungen und der Wertschöpfungsbeitrags allerdings weiterhin keine Rolle. Damit bleiben wichtige Handlungsfelder der Unternehmenspraxis außen vor. Die skizzierten Forschungsperspektiven haben unterschiedliche Schwerpunkte, ergänzen sich aber in ihren Aussagen und Erkenntnissen. Dazu ist es allerdings unverzichtbar, die theoretischen Grundlagen zu klären und ein begriffliches Fundament zu legen, dass die Diskussionsstränge verschiedener Disziplinen sortiert und methodisch konsistent zusammenführt. Dazu bietet sich die im vorliegenden Buch vorgestellte Theorie an, die sich auf den methodischen Konstruktivismus und die Strukturationstheorie von Giddens stützt. Die Kernaussagen der Theorie der Unternehmenskommunikation werden in den nachfolgenden Kapiteln sukzessive entwickelt und erläutert: geplante Kommunikation von Unternehmen sollte strategisch, integriert und situativ ausgerichtet sein. Einige Folgerungen daraus habe ich in neueren Publikationen (vgl. die Auswahlbibliographie im Anhang) weiter ausgearbeitet. Zwei Aspekte sind dabei von besonderer Bedeutung. Einerseits führt die Professionalisierung des Kommunikationsmanagements zwangsläufig dazu, dass wie in anderen Unternehmensbereichen auch diese proaktive und umsetzungsorientierte Funktion durch einen auf Transparenz, Prozessoptimierung und Rationalitätssicherung spezialisierten Gegenpol ergänzt werden muss: das Kommunikations-Controlling. Die Einführung entsprechender Strukturen und Methoden ist eine notwendige Voraussetzung für die nachhaltige Etablierung der Kommunikation in der Unternehmensführung. Zweitens müssen eingeengte Vorstellungen vieler Praxisvertreter und Wissenschaftler überwunden werden, die je nach Perspektive nur Image und Reputation, Vertrauen, Marken, Beziehungen zu Kunden und anderen Anspruchsgruppen oder die öffentliche Akzeptanz als Zielhorizont der Unternehmenskommunikation nennen. Bei genauerer Betrachtung trägt die Unternehmenskommunikation jedoch in vier verschiedenen Dimensionen zur Steigerung des Unternehmenswerts und zur Legitimation konkreter Unternehmensstrategien bei. Erstens, indem Kommunikation die laufende Leistungserstellung unterstützt, beispielsweise durch die Beeinflussung von Kundenpräferenzen, Mitarbeitermotivation und öffent-
14 Einführung 11 licher Aufmerksamkeit. Zweitens, indem immaterielle Werte mit Kommunikationsbezug wie Marken, Reputation, Vertrauen oder eine innovationsfördernde Unternehmenskultur aufgebaut und weiterentwickelt werden. Diese beiden Dimensionen sind outbound -orientiert, dienen also als Schmiermittel zur Umsetzung von Unternehmensstrategien. Genauso wichtig sind freilich Kommunikationsaktivitäten, die inbound ausgerichtet sind und weniger Wirklichkeitskonstruktionen vermitteln als vielmehr Ideen und Interessen anderer einbeziehen sollen. Das betrifft drittens die Aufgabe, Handlungsspielräume zu sichern, beispielsweise durch ein systematisches Beziehungsmanagement, kommunikative Transparenz, Risiko- und Krisenkommunikation. Viertens trägt Kommunikation zur Wertschöpfung bei, wenn durch Dialogprozesse und Meinungsbeobachtung zunehmend auch im Internet und Social Web neue Ideen identifiziert oder absehbare Bedenken und Widerstände von Bezugsgruppen in die interne Entscheidungsfindung eingespeist werden. Wenn damit Impulse zur Neuausrichtung der Unternehmensstrategie und zur Differenzierung im Wettbewerb gegeben werden, ist der Beitrag zur Wertschöpfung ungleich höher als bei allen zuvor genannten Ansatzpunkten. Die Kategorisierung der verschiedenen Funktionen der Unternehmenskommunikation ermöglicht es, klare Ziele zu formulieren und geeignete Methoden zur Überprüfung der Zielerreichung zu definieren. Damit können zugleich Erkenntnisse der verschiedenen Forschungsstränge eingeordnet und fruchtbar gemacht werden. Mein Dank gilt allen, die durch ihre fachliche und persönliche Unterstützung zur Erstellung dieser Studie beigetragen haben, die während meiner Tätigkeit am Lehrstuhl für Unternehmensführung der Universität Erlangen-Nürnberg entstanden ist: für die Betreuung der Arbeit und stetige Förderung meiner Promotion und Habilitation Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Horst Steinmann und Prof. Dr. Dr. h. c. Winfried Schulz, Nürnberg; für inhaltliche Diskussionen Prof. James E. Grunig, Ph. D., University of Maryland, Prof. Dr. Andreas Georg Scherer, Universität Zürich, Prof. Dr. Albert Löhr, IHI Zittau, Dr. Carola Hennemann und Prof. Dr. Günter Bentele, Universität Leipzig; für die Unterstützung bei der Rekonstruktion der Fallstudie der damaligen Hoechst AG Ludwig Schönefeld M. A. und Dr. Friedmar Nusch; für die Auszeichnung der Arbeit mit dem Ludwig-Schunk-Preis für Wirtschaftswissenschaften der Universität Gießen, dem Albert-Oeckl-Preis der DPRG und dem Promotionspreis der Universität Erlangen-Nürnberg den jeweiligen Jurys. Meiner Frau Franziska-Beate, unseren Söhnen und unserer Tochter danke ich für die ungezählten Stunden, die den verschiedenen Auflagen dieses Buchs statt der Lebenswelt vorbehalten blieben. Schließlich gilt ein Dank allen Kolleginnen und Kollegen, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie Doktoranden und Studierenden, die sich kritisch mit diesen Überlegungen auseinander setzen und so am Projekt einer wissenschaftlich fundierten Unternehmenskommunikation mitwirken. Leipzig, im Februar 2010 Univ.-Prof. Dr. Ansgar Zerfaß
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