Konservierungsmaßnahmen an organischen Objekten

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1 Landschaftsverband Rheinland (Antrag Nr ) Konservierungsmaßnahmen an organischen Objekten Im Zuge archäologischer Grabungen im Braunkohletagebau kommt es in den letzten Jahren vermehrt zur Bergung von Materialien organischen Ursprungs, wie zum Beispiel Objekten aus Textil oder Leder. Dieses Fundmaterial wird häufig in Verfüllungen von Gräben angetroffen. Es kann in mit Wasser gesättigten Böden unter Sauerstoffabschluss Jahrhunderte überdauern; man spricht hier von archäologischem Nassleder. Die Erhaltung von organischem Material ist auch im Permafrost oder bei Trockenheit in Wüsten möglich, da in diesem Klima kaum ein Abbau von organischen Substanzen, den Collagenfasern stattfindet. Ebenfalls erhalten sich Lederobjekte in der Nähe von Metallobjekten, wenn eine Mineralisierung der Lederfasern, beziehungsweise eine Konservierung der Lederanhaftungen durch zum Beispiel aus Bronzelegierungen herausgelöste Kupfersalze stattgefunden hat. Lederobjekte verändern sich während der Lagerung im feuchten Boden und werden dort, abhängig von der Zusammensetzung des Sediments mehr oder weniger stark abgebaut. Archäologisches Nassleder ist nach der Bergung sehr fragil und anfällig für Schimmelpilzbefall. Die Funde werden feucht geborgen, hierin liegt auch das Problem dieser Materialgruppe. Sobald diese Objekte mit dem Luftsauerstoff in Berührung kommen, beginnt abhängig vom umgebenden Sediment und der Temperatur meist die Aktivität mikrobieller Besiedlung zum Beispiel Schimmel. Ein längeres Überleben der Funde im bergungsfrischen Zustand ist nur in Kühlräumen mit Temperaturen unter 4 C, wie zum Beispiel im Kühlraum der Restaurierungswerkstatt im LVR-LandesMuseum Bonn, gewährleistet. Trocknet das Leder nach der Bergung wird es brüchig, unflexibel und schrumpft sehr stark. Um die unkontrollierte Austrocknung des Leders zu verhindern wird es mit einem hygroskopischen Konservierungsmittel zum Beispiel Polyethylenglykol (PEG) getränkt und anschließend gefriergetrocknet. Das Objekt wird nach der Tränkung eingefroren. Im Gefriertrocknungsprozess verdampft das Eis. Das Konservierungsmittel verbleibt im getrockneten Leder und bewirkt eine Stabilisierung des Materials. Lederobjekte sind auch im konservierten/getrockneten Zustand sehr empfindlich. Sie müssen druckfrei in einer formstabilen Verpackung bei einem Klima von 20 C und 50% rel. Luftfeuchtigkeit gelagert werden. All diese Aspekte treffen auch auf die im Rahmen der Grabung auf dem Rittergut Pesch geborgenen Lederfunde zu (Abbildung 1). Insgesamt wurden bei der Grabung 171 Tüten mit Lederfragmenten, der Textilhandschuh und 25 Tüten bearbeitete Holzfragmente ins LVR-LandesMuseum Bonn eingeliefert und im Kühlraum der Restaurierungswerkstatt bei 4 C eingelagert. Da in Anbetracht der Masse eine zeitnahe Konservierung des gesamten Materials nicht möglich war, bot es sich an, besondere Objekte zur Konservierung auszuwählen. Es sollte verdeutlicht werden, wie wichtig eine zeitnahe Konservierung dieser Objekte ist und welche Informationen diesen Funden zu Material und Herstellungstechnik und Verwendung noch zu entnehmen sind. Die Objekte müssen im trockenen, konservierten Zustand sein, um sie überhaupt lagern und auch ausstellen zu können. So befinden sich zurzeit die Holzfunde, es handelt sich um mehrere Löffel, Teile von Tellern, Fragmente eines Kamms und eines Holzschuhs in einer Konservierungslösung, in der die Objekte einige Monate verbleiben müssen. (Abbildung 2) Der Handschuh wurde im Rahmen einer Bachelorarbeit (Frances Bartzok-Busch) der FH- Köln, Fachrichtung Textilrestaurierung/-konservierung technologisch untersucht und

2 - 2 - anschließend in den Restaurierungswerk-stätten des LVR-LandesMuseums Bonn konserviert. Es handelt sich um einen mit Federn gefütterten Handschuh in schlichter Verarbeitung, da-rum liegt die Deutung als Arbeitshandschuh nahe. Anhand der Begleitfun-de ist er auf des 16./17. Jahrhundert zu datieren. Zu diesem Fund gibt es kein vergleichbares Exemplar aus dieser Zeit. (Abbildung 3) Zusammen mit einer Diplomantin (Juliane Bausewein) der Fachrichtung Konservierung und Restaurierung der FH-Erfurt, die sich im Rahmen ihrer Diplomarbeit mit dem Aspekt der Fundmassenbewältigung beschäftigt hat konnte eine größere Menge - bis jetzt circa 30% - des organischen Materials dieser Grabung konservatorisch bearbeitet werden. Bei den vorhandenen Lederresten handelt es sich meist um Teile von Schuhen. Es gibt auch einige wenige Fragmente, die mit eingestanzten Mustern, beziehungsweise Prägungen verziert sind, diese stammen wahrscheinlich von Kleidungsstücken, sowie Fragmenten eines Täschchens. (Abbildung 4+5) Zwei nahezu vollständige Schuhe (Abbildung 6) wurden restauriert, aus jeweils fünf, bzw. acht Fragmenten zusammengefügt, in der Feuchtkammer zurückgeformt und auf einem Balsaholzkern montiert. Bei dem bisher konservierten (getrockneten) Material könnte es sich um circa Schuhe beziehungsweise Schuhfragmente handeln. Eine genaue Schätzung der Anzahl möglicher Schuhe kann jedoch erst vorgenommen werden, wenn alle Lederfunde aus Haus Pesch konserviert und sortiert sind. Dann würden alle vorhandenen Fragmente auch aus benachbarten Stellen vorliegen. Die Ergebnisse der Restaurierungsarbeiten aus den Werkstätten des LVR-LandesMuseums Bonn liefern zusammen mit den Untersuchungen der Archäologen und anderer beteiligter Wissenschaftler interessante und wichtige Aufschlüsse über die Bewohner und das Leben auf dem Rittergut Haus Pesch. Regine Vogel, Restauratorin für Archäologisches Kulturgut, LVR-LandesMuseum Bonn, Rheinisches Landesmuseum für Archäologie, Kunst- und Kulturgeschichte

3 Abbildung 1: Erkelenz-Pesch, Haus Pesch. Grabenseitige Außen- sowie Grundmauern des Herrenhauses nach Freilegung; in der Mitte Keller des zuvor unbekannten spätmittelalterlichen Wohnturms. (Foto A. Schuler) Abbildung 2: Teile von Holzobjekten wie zum Beispiel Löffel, Teile von Tel-lern uns Schalen im gereinigten, fundfrischen Zustand vor Einbringung in die Konservierungslösung. (Foto R. Vogel)

4 - 4 - Abbildung 3: Oberseite des Textil-Handschuhs nach der Reinigung mit Wasser und Rekonstruktion der Faltungen nach F. Bartzok-Busch. (Foto Chr. Schumacher /Zeichnung T. Harms) Abbildung 4: Vorreinigung und Sortierung von 32 Tüten mit grabungsfrischen Lederfunden in zahlreichen Fragmenten. Vorbereitung der Fragmente zur Behandlung mit dem Konservierungsmittel. (Foto R. Vogel)

5 - 5 - Abbildung 5: Inhalt von 32 Tüten nach Tränkung und Gefriertrocknung im lagerfähigen Zustand. (Foto J. Bausewein) Abbildung 6: Die 2 konservierten und rekonstruierten Schuhe nach der Restaurierung. (Foto J. Bausewein)