BGH-Leitsatz-Entscheidungen
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- Arwed Esser
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1 BGH-Leitsatz-Entscheidungen Heute neu: 1. PAngV: Werbung ohne Preis kein Angebot Urteil vom , Az: I ZR 29/15 2. BGB, ZPO: Hemmung der Verjährung Urteil vom , Az: III ZR 89/15 3. RDG: Abtretung von Rechten aus Kapitallebensversicherung Urteil vom , Az: IV ZR 340/13 4. GO BY: Handeln des Bürgermeisters ohne Gemeinderatsbeschluss Urteil vom , Az: V ZR 266/14 5. ZPO: Reichweite der Tatsachenpräklusion Beschluss vom , Az: V ZR 4/16 6. ZPO: Vorzeitige Entscheidung über Wiedereinsetzungsantrag Beschluss vom , Az: VI ZB 27/15 7. ZPO: Anforderungen an Unterschrift Beschluss vom , Az: VI ZB 16/16 8. BGB: Hemmung bei Wiederaufnahme von Verhandlungen Urteil vom , Az: IX ZR 58/16 9. ZPO: Gerichtsstand bei Prospekthaftung im weiteren Sinne Beschluss vom , Az: X ARZ 180/ BGB: Auskunftsanspruch gegenüber Jugendamt Beschluss vom , Az: XII ZB 345/ BGB, FamFG: Abänderung einer vollstreckbaren Jugendamtsurkunde Beschluss vom , Az: XII ZB 422/ BGB: Reichweite des (qualifizierten) Einwilligungsvorbehalts Beschluss vom , Az: XII ZB 458/ FamFG: Neue Anhörung bei neuem Gutachten im Beschwerdeverfahren Beschluss vom , Az: XII ZB 32/ StAG: Unrichtige Angaben im Einbürgerungsverfahren Beschluss vom , Az: 1 StR 177/ StGB: Wohnmobil als Wohnung Beschluss vom , Az: 1 StR 462/16 b.b.h. Fortbildungswerk Steuern und Wirtschaftsrecht Seite - 1 -
2 16. WpHG: Lücke in der Ahndbarkeit von Insiderhandel Beschluss vom , Az: 5 StR 532/16 Urteile und Beschlüsse: 1. PAngV: Werbung ohne Preis kein Angebot Urteil vom , Az: I ZR 29/15 PAngV 1 Abs. 1 Satz 1 Fall 1, 4 Abs. 1 ; UWG 5a Abs. 2 ; Richtlinie 98/6/EG über den Schutz der Verbraucher bei der Angabe der ihnen angebotenen Erzeugnisse; Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken Art. 3 Abs. 4, Art. 7 Abs. 1 a) Die Bestimmung des 1 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 PAngV hat ihre (alleinige) unionsrechtliche Grundlage in der Richtlinie 98/6/EG. b) Eine Werbung, in der kein Preis für das beworbene Produkt angegeben ist, kann nicht als Angebot im Sinne der Richtlinie 98/6/EG und - entsprechend - im Sinne von 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV angesehen werden. c) Die Vorschrift des 4 Abs. 1 PAngV erfasst nicht die reine Werbung im Schaufenster durch Präsentation der Ware ohne Preisangabe. d) Die der Umsetzung des Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2005/29/EG dienende Bestimmung des 5a Abs. 2 UWG ist hinsichtlich des in der Richtlinie 98/6/EG geregelten Aspekts eines in einer Werbung angegebenen oder anzugebenden Verkaufspreises einer Ware nicht anwendbar. 2. BGB, ZPO: Hemmung der Verjährung Urteil vom , Az: III ZR 89/15 BGB 204 Abs. 1 Nr. 1, 206; ZPO 185 Nr. 1 Die Hemmung der Verjährung kann trotz unwirksamer öffentlicher Zustellung der Klageschrift in Betracht kommen, wenn die Bewirkung der öffentlichen Zustellung aufgrund entsprechender Äußerungen des zuständigen Richters für den Gläubiger unabwendbar war (Fortführung von Senat, Urteil vom 29. Juni III ZR 92/87, NJW 1990, 176, 178 und BGH, Urteil vom 19. Dezember VIII ZR 282/00, BGHZ 149, 311, 326 ). 3. RDG: Abtretung von Rechten aus Kapitallebensversicherung Urteil vom , Az: IV ZR 340/13 BGB 134 RDG 2 Abs. 2, 3 Zur Wirksamkeit der Abtretung von Rechten aus einer Kapitallebensversicherung an b.b.h. Fortbildungswerk Steuern und Wirtschaftsrecht Seite - 2 -
3 ein Unternehmen, das sich geschäftsmäßig mit der Rückabwicklung solcher Versicherungsverträge befasst (hier: "Auslegungs- und Änderungsvereinbarung"). 4. GO BY: Handeln des Bürgermeisters ohne Gemeinderatsbeschluss Urteil vom , Az: V ZR 266/14 GO BY Art. 38 Abs. 1 Die organschaftliche Vertretungsmacht des ersten Bürgermeisters einer bayerischen Gemeinde ist im Außenverhältnis allumfassend und unbeschränkt; infolgedessen wird die Gemeinde auch durch solche Rechtshandlungen des ersten Bürgermeisters berechtigt und verpflichtet, die dieser ohne die erforderliche Beschlussfassung des Gemeinderats vorgenommen hat. 5. ZPO: Reichweite der Tatsachenpräklusion Beschluss vom , Az: V ZR 4/16 ZPO 322 Abs. 1 Eine aus der Rechtskraft abgeleitete Tatsachenpräklusion erfasst nur Vortrag, der zu dem rechtskräftig Festgestellten in Widerspruch steht. 6. ZPO: Vorzeitige Entscheidung über Wiedereinsetzungsantrag Beschluss vom , Az: VI ZB 27/15 GG Art. 103 Abs. 1 ZPO 234 Abs. 1, 236 Abs. 2 B, C, 574 Abs. 2 Nr. 2 Über einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand darf das Gericht nicht vor Ablauf der Wiedereinsetzungsfrist entscheiden. Eine vorzeitige Entscheidung kann den Anspruch des Antragstellers auf rechtliches Gehör verletzen und die Zulassung der Rechtsbeschwerde begründen (im Anschluss an BGH, Beschluss vom 17. Februar V ZB 310/10, NJW 2011, 1363). 7. ZPO: Anforderungen an Unterschrift Beschluss vom , Az: VI ZB 16/16 ZPO 85 Abs. 2, 130 Nr. 6, 519 Abs. 4 Zu den Anforderungen an eine Unterschrift im Sinne des 130 Nr. 6 ZPO (im Anschluss an BGH, Beschluss vom 3. März VI ZB 71/14, VersR 2015, 1045). 8. BGB: Hemmung bei Wiederaufnahme von Verhandlungen Urteil vom , Az: IX ZR 58/16 BGB 203 Satz 1 b.b.h. Fortbildungswerk Steuern und Wirtschaftsrecht Seite - 3 -
4 Die Wiederaufnahme abgebrochener Verhandlungen führt nicht zu einer auf den Beginn der Verhandlungen rückwirkenden Hemmung der Verjährung. 9. ZPO: Gerichtsstand bei Prospekthaftung im weiteren Sinne Beschluss vom , Az: X ARZ 180/16 ZPO 32b Abs. 1 Wird der einzige Beklagte nicht als Prospektverantwortlicher im Sinne des 32b Abs. 1 Nr. 1 ZPO, sondern wegen Ansprüchen aus Prospekthaftung im weiteren Sinne in Anspruch genommen, ist der ausschließliche Gerichtsstand des 32b Abs. 1 ZPO nicht eröffnet (im Anschluss an BGH, Beschluss vom 30. Juli X ARZ 320/13, WM 2013, 1643). 10. BGB: Auskunftsanspruch gegenüber Jugendamt Beschluss vom , Az: XII ZB 345/16 BGB 1686 a) Der Auskunftsanspruch nach 1686 BGB setzt nicht voraus, dass der Auskunftsverpflichtete die Obhut über das Kind ausübt. Grundsätzlich kommt daher auch ein auf Umgangskontakte beschränkter Elternteil als Anspruchsgegner in Betracht. b) 1686 BGB kann in entsprechender Anwendung einem Elternteil auch einen Auskunftsanspruch gegenüber Anspruchsgegnern gewähren, die nicht Elternteil, aber in ihrer rechtlichen oder tatsächlichen Stellung einem solchen vergleichbar sind (hier: Jugendamt). c) Ein berechtigtes Interesse im Sinne des 1686 BGB besteht dann, wenn der Elternteil keine andere zumutbare Möglichkeit hat, sich über die Entwicklung und die persönlichen Verhältnisse des Kindes zu unterrichten. Eine solche anderweitige Möglichkeit kann gegebenenfalls der Umgang mit dem Kind darstellen, aber auch in sonstigen Informationsquellen bestehen, wenn diese eine ausreichende Kenntnis von den persönlichen Verhältnissen des Kindes vermitteln. d) Zum Umfang der Informationen, die der Auskunftsberechtigte nach 1686 BGB beanspruchen kann. 11. BGB, FamFG: Abänderung einer vollstreckbaren Jugendamtsurkunde Beschluss vom , Az: XII ZB 422/15 BGB 313, 1601, 1606 Abs. 3 Satz 1 FamFG 238 SGB VIII 59, 60 b.b.h. Fortbildungswerk Steuern und Wirtschaftsrecht Seite - 4 -
5 a) Die Beteiligten eines Unterhaltsverhältnisses sind nicht daran gehindert, im gegenseitigen Einvernehmen einen bestehenden gerichtlichen oder urkundlichen Unterhaltstitel außergerichtlich durch einen neuen Vollstreckungstitel im Sinne von 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO zu ersetzen. b) Beruht die Erstellung einer vollstreckbaren Jugendamtsurkunde auf einer Unterhaltsvereinbarung der Beteiligten, sind diese an den Inhalt der Vereinbarung materiellrechtlich gebunden; eine Abänderung der Urkunde kommt für beide Beteiligte grundsätzlich nur in Betracht, wenn dies wegen nachträglicher Veränderungen nach den Grundsätzen über die Störung der Geschäftsgrundlage geboten ist (Fortführung der Senatsurteile BGHZ 189, 284 =FamRZ 2011, 1041und vom 2. Oktober XII ZR 346/00 -FamRZ 2003, 304). c) Begehrt der früher allein barunterhaltspflichtige Elternteil nach Eintritt der Volljährigkeit des Kindes unter Hinweis auf die nunmehrige Mithaftung des früheren Betreuungselternteils Herabsetzung des zur Zeit der Minderjährigkeit titulierten Kindesunterhalts, muss grundsätzlich das volljährig gewordene Kind die gemäß 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB auf seine Eltern entfallenden jeweiligen Haftungsanteile im Abänderungsverfahren darlegen und beweisen. 12. BGB: Reichweite des (qualifizierten) Einwilligungsvorbehalts Beschluss vom , Az: XII ZB 458/15 BGB 1903 Abs. 1 und Abs. 3 a) Zu einer Willenserklärung, die eine geringfügige Angelegenheit des täglichen Lebens - wie etwa den Erwerb geringer Mengen Alkoholika - betrifft, bedarf der Betroffene auch bei bestehendem Einwilligungsvorbehalt für die Vermögenssorge nicht der Einwilligung seines Betreuers, es sei denn, das Betreuungsgericht hat hierfür gemäß 1903 Abs. 3 Satz 2 BGB eine gesonderte Anordnung getroffen (qualifizierter Einwilligungsvorbehalt). b) Auch eine Anordnung nach 1903 Abs. 3 Satz 2 BGB muss verhältnismäßig sein. Deshalb hat der Tatrichter vor allem zu prüfen, ob der qualifizierte Einwilligungsvorbehalt geeignet und erforderlich ist, um den bezweckten Erfolg zu erreichen (hier: den Betroffenen daran zu hindern, Alkohol zu erwerben). 13. FamFG: Neue Anhörung bei neuem Gutachten im Beschwerdeverfahren Beschluss vom , Az: XII ZB 32/16 FamFG 68 Abs. 3 Satz 2, 319 Abs. 1 Zieht das Beschwerdegericht in einer Unterbringungssache für seine Entscheidung mit einem neuen oder ergänzenden Sachverständigengutachten eine neue Tatsachengrund- b.b.h. Fortbildungswerk Steuern und Wirtschaftsrecht Seite - 5 -
6 lage heran, die nach der amtsgerichtlichen Anhörung datiert, so ist eine erneute Anhörung des Betroffenen geboten (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 2. September XII ZB 138/15 -FamRZ 2015, 1959). 14. StAG: Unrichtige Angaben im Einbürgerungsverfahren Beschluss vom , Az: 1 StR 177/16 StAG 42, 12a Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Eine Strafbarkeit nach 42 StAG ist nicht gegeben, wenn im Einbürgerungsverfahren unrichtige oder unvollständige Angaben über inländische Strafverurteilungen gemacht werden, die gemäß 12a Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 StAG bei der Einbürgerung außer Betracht bleiben. 15. StGB: Wohnmobil als Wohnung Beschluss vom , Az: 1 StR 462/16 StGB 244 Abs. 1 Nr. 3 Wohnmobile und Wohnwagen sind jedenfalls dann, wenn sie Menschen zumindest vorübergehend zur Unterkunft dienen, Wohnung im Sinne des 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB. 16. WpHG: Lücke in der Ahndbarkeit von Insiderhandel Beschluss vom , Az: 5 StR 532/16 WpHG 38 Abs. 3 Nr. 1, 39 Abs. 3d Nr. 2 ; StGB 2 Abs. 3 ; OWiG 4 Abs. 3 ; StPO 354a Durch die Neufassung von 38 Abs. 3 Nr. 1, 39 Abs. 3d Nr. 2 WpHG zum 2. Juli 2016 ist es zu keiner Lücke in der Ahndbarkeit von Insiderhandel und Marktmanipulation gekommen. b.b.h. Fortbildungswerk Steuern und Wirtschaftsrecht Seite - 6 -
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