Verwendung von Keimzellen und Embryonen für andere als Fortpflanzungszwecke Eizellspende und Eizellhandel. Sigrid Graumann
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- Holger Pfeiffer
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1 Verwendung von Keimzellen und Embryonen für andere als Fortpflanzungszwecke Eizellspende und Eizellhandel Sigrid Graumann
2 Vorgehen 1. Ethische Kriterien 2. Praxis und Regulierung der Eizellspende 3. Risiken und Belastungen der Eizellspende 4. Eizellspende und Eizellhandel 5. Abschließende Beurteilung
3 Vorbemerkungen Eizellspende ist durch das Embryonenschutzgesetz in Deutschland verboten Grund: Kindeswohl, Verhinderung gespaltener Mutterschaft Das Verbot wird aktuell wieder kontrovers diskutiert
4 Vorbemerkungen These: Der Grund für das Verbot ist empirisch nicht haltbar, eine Zulassung der Eizellspende wäre aber mit Blick auf die Spenderinnen ethisch problematisch Ich konzentriere mich im Folgenden auf die Spenderinnen!
5 1. Ethische Kriterien Voraussetzungen für die ethische Legitimität einer medizinischen Behandlung: Freie und informierte Einwilligung liegt vor Beitrag zum gesundheitlichen Wohlergehen überwiegt voraussichtlich Risiken und Belastungen Wohlergehen der Patientin steht im Mittelpunkt, nicht Interessen Dritter oder Gemeinwohl
6 1. Ethische Kriterien Besonderheiten bei der IVF: Unerfüllter Kinderwunsch als solcher ist keine Krankheit subjektives Leiden Bei erfolglosen Behandlungen ist der Beitrag zum Wohlergehen der Frau nicht gegeben/fraglich Legitimität der IVF hängt vor allem am eigenen Wunsch und an der freien und informierten Einwilligung
7 1. Ethische Kriterien Besonderheiten bei der Eizellspende: Risiken und Belastungen der Eizellgewinnung trägt die Spenderin Beitrag zum Wohlergehen kommt der Empfängerin zu Ethische Legitimität der Eizellgewinnung hängt alleine an der freiwilligen und informierten Einwilligung der Spenderin; Leiden am unerfüllten Kinderwunsch der Spenderin ist dafür irrelevant
8 2. Praxis und Regulierung der Eizellspende Indikationen für IVF mit gespendeten Eizellen: Störung/Ausfall der Ovarialfunktion (z.b. durch Bestrahlung oder vorzeitige Menopause) Mögliche Weitergabe erblicher Erkrankungen fehlgeschlagene IVF-Versuche und/oder geringe Erfolgsaussichten wegen höherem Alter der Frau Kinderwunsch postmenopausaler Frauen Klonforschung (z.b. UK)
9 2. Praxis und Regulierung der Eizellspende Erhebliche Unterschiede in Praxis und Regulierung (ESHRE 2006, EU-Kommission 2006) Verbot, Erlaubnis oder fehlende Regelung Anonymität der Spende Regelung der Aufwandsentschädigung Voraussetzungen der Spenderin (z.b. Gesundheitliche Eignung, Aufklärung, Beratung) Kontrolle: Lizensierung, Register
10 2. Praxis und Regulierung der Eizellspende Verboten: Norwegen, Italien, Deutschland, Österreich, Schweiz Erlaubt: Dänemark, Belgien, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Lettland, Niederlande, Schweden, Slowenien, Slowakei, Spanien, Tschechien, Ungarn Nicht geregelt: Irland, Litauen, Luxemburg, Malta, Polen
11 2. Praxis und Regulierung der Eizellspende Beispiel Großbritannien: Reguliertes System keine anonyme Eizellspende egg sharing wenige altruistische Spenderinnen: 2005 wurden 926 Spenden registriert, Entschädigung pro Ernte Pfund HFEA stellt Informationen über Risiken und Belastungen für Spenderinnen bereit öffentliche Debatte über Risiken und Belastungen sowie über Rechte der Kinder (Recht auf Kenntnis der eigenen Herkunft) Eizellmangel trotz Zulässigkeit der Eizellspende
12 2. Praxis und Regulierung der Eizellspende Beispiel Deutschland: Verbot der Eizellspende durch ESchG Kundinnen für Eizelltourismus Vermittlung von Eizellspenden über das Internet und über deutsche Ärzte (trotz Verbot) Zielländer u.a.: Spanien, Ukraine, Russland, Polen, Tschechien, Südafrika Information, Beratung, Vor- und Nachbehandlung häufig in deutschen Praxen
13 2. Praxis und Regulierung der Eizellspende Beispiel Spanien: liberale gesetzliche Regelung anonyme Eizellspende (EU-Geweberichtlinie?) gesellschaftliche Tabuisierung des Themas Spenderinnen werden z.b. über Radiowerbung oder direkt an Universitäten angesprochen Spenderinnen erhalten Aufwandsentschädigung von Euro größte Zahl an Anwendungen in Europa derzeit Nr. 1 für Eizelltourismus in Europa
14 2. Praxis und Regulierung der Eizellspende Beschränkung auf egg sharing Dänemark Niederlande Kanada Israel Probleme: Höhere Stimulation, höhere Risiken, v.a. ärmere Frauen Geringere Erfolgsraten für Spenderinnen (Thum et al 2003)
15 2. Praxis und Regulierung der Eizellspende Selbst-rekrutierte Spende Frankreich Probleme: Risiken und Belastungen der Eizellspende trägt die Spenderin ohne Beitrag zu eigenem Wohlergehen Mögliche Mutterrollenkonflikte: 90 % der Spenderinnen kommen aus der Familie oder dem engen Freundeskreis (Karpel et al 2004)
16 2. Praxis und Regulierung der Eizellspende Altruistische Spende Theoretisch alle anderen EU-Länder (EU- Geweberichtlinie) Aber: Aufwandsentschädigung liegt im Ermessensspielraum der Mitgliedsstaaten und dient de facto vielfach als ökonomischer Anreiz (z.b. Spanien)
17 2. Praxis und Regulierung der Eizellspende Kommerzielle Spende Was ist kommerziell? Hier: wenn über Bezahlung zur Spende motiviert wird! Kann verdeckt (Aufwandsentschädigung) oder offen geschehen! USA (Aufwandsentschädigung US $; Studien zeigen neben altruistischen Motiven finanzielle Interessen) Viele (ost-)europäische Länder (Aufwandsentschädigungen betragen oft mehrere Monatsgehälter)
18 3. Risiken und Belastungen der Eizellspende Risiken der Hormonstimulation Überstimulationssyndrom 0,5-10 % (je nach Studie) schwere Form bis 2% (HFEA 2006, Paper 294: 4-5): Milde Form: Kopfschmerzen, Übelkeit, Schwellung der Eierstöcke Schwere Form: Flüssigkeitsansammlungen in Bauchraum und Lunge, Nierenversagen, Schlaganfall Risiko bei jüngeren Frauen und geringem Körpergewicht sowie bei höherer Stimulation erhöht Kontrovers: hormonabhängige Karzinome
19 3. Risiken und Belastungen der Eizellspende Risiken der Eizellpunktion Blutungen Organverletzungen Infektionen Infertilität in Folge von Vernarbung der Eierstöcke (bei mehrfachen Spenden, Einzelfallstudien)?
20 3. Risiken und Belastungen der Eizellspende HFEA: Die Eizellspende ist ein medizinischer und operativ invasiver Prozess, der körperlich anstrengend, schmerzhaft und stressreich sein kann und ( ) nicht frei von realen und potenziellen gesundheitlichen Risiken ist.
21 4. Eizellspende und Eizellhandel Was ist Eizellhandel wenn über Weitergabe der Eizellen Gewinn erwirtschaftet wird wenn gezielt Spenderinnen (z.b. Werbekampagnen) rekrutiert und Kundinnen geworben werden (z.b. gezielte Angebote für Frauen aus anderen Ländern) kann offen oder verdeckt sein finanzielle Interessen der Kliniken können mit dem Schutz der Rechte der Spenderinnen in Konflikt geraten
22 4. Eizellspende und Eizellhandel Kundinnen kommen aus reicheren Ländern mit Verbot (D, I) oder Regulierung (UK) der Eizellspende Angebote in ärmeren Ländern mit liberaler oder fehlender Regulierung Armutsgefälle in den europäischen Ländern und zwischen den europäischen Ländern begünstigt den offenen und verdeckten Eizellhandel
23 4. Eizellspende und Eizellhandel Spenderinnen sind meist sehr junge Frauen keine Studien über die gesundheitlichen, psychischen und sozialen Folgen für die Spenderinnen keine Studien über Auswirkungen auf die eigene Fruchtbarkeit der Spenderinnen (nur Einzelfallstudien!) Informationslage über Eizellspende und Eizellhandel in Europa unzureichend und teilweise widersprüchlich (EU- Kommission 2006)
24 4. Eizellspende und Eizellhandel Organisierter Eizellhandel: z.b. zwischen Großbritannien und Rumänien kontrolliert durch HFEA, organisierte Eizellspende-Reisen z.b. von Italien nach Russland Verdeckter Eizellhandel: vermittelt über Ärzte und Patientenorganisationen (Internet)
25 4. Eizellspende und Eizellhandel Journalistische Berichte: familiärer Druck auf junge Frauen, Eizellen für Verwandte zu spenden (z.b. Spanien) mangelhafte Aufklärung über Risiken und Belastungen (z.b. Russland, aber auch Spanien) keine Informationen über Risiken und Belastungen, teils schwere Gesundheitsschädigungen der Spenderinnen bei fehlender medizinischer Nachbetreuung (z.b. Rumänien)
26 4. Eizellspende und Eizellhandel Journalistische Berichte: Spenderinnen fühlen sich von Ärzten nur als Objekt behandelt Spenderinnen berichten von Belastung durch das Wissen, dass irgendwo ein Kind von ihnen leben könnte Eizelldiebstahl: egg sharing ohne Wissen und Zustimmung der Spenderin (z.b. Russland) Ausbeutung der Spenderinnen (z.b. Ukraine: Behandlung kostet Euro, Spenderin erhält 300 Euro)
27 5. Abschließende Beurteilung Ohne finanzielle Anreize spenden Frauen ihre Eizellen (an fremde Frauen) normalerweise nicht Eizellspenden sind mit dem Kommerzialisierungsverbot (EU-Geweberichtlinie) nicht zu vereinbaren! Eizellspenden sind im Kontext sozialer Ungleichheit zu sehen: arme Spenderinnen reiche Empfängerinnen
28 5. Abschließende Beurteilung Die Risiken und Belastungen der Eizellspende trägt die Spenderin, ohne dass dies durch eine Beitrag zu ihrem gesundheitlichen Wohlergehen gerechtfertigt werden könnte. Die Legitimität der Eizellspende beruht alleine auf der freien und informierten Einwilligung der Spenderin und nicht auf dem Beitrag zur Erfüllung des Kinderwunsches der Empfängerin!
29 5. Abschließende Beurteilung Informiertheit könnte nur gewährleistet werden, wenn das notwendige Wissen über gesundheitliche, psychische und soziale Folgen für Spenderinnen überhaupt vorhanden wäre und wenn eine unabhängige Aufklärung und Beratung erfolgen würde Eine ausreichende Datenbasis für eine gute Aufklärung fehlt aber!
30 5. Abschließende Beurteilung Die Freiwilligkeit der Spende ist durch Abhängigkeit von Ärzten (egg sharing) und durch Armutsgefälle verbunden mit direkten oder indirekten finanziellen Anreizen gefährdet!
31 5. Abschließende Beurteilung Solange Informiertheit und Freiwilligkeit nicht gewährleistet sind und solange die Ausbeutung von Frauen nicht ausgeschlossen werden kann, halte ich die Eizellspende ethisch und politisch für nicht vertretbar!
32 Danke für Ihre Aufmerksamkeit!
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