Geld der letzte Massstab für Wirtschaft, Werte, Sicherheit?
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- Maike Kruse
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1 Akademie Berlingen Vortrag vom 2. April 2014 Beat Kappeler Geld der letzte Massstab für Wirtschaft, Werte, Sicherheit? Die Kaufkraft westlicher Währungen fiel seit 1914 gewaltig, gemessen an den Detailhandelspreisen, nämlich bei Lira und Franc auf einen halben Tausendstel, beim Dollar auf einen Vierzigstel, beim Franken auf ein Zehntel. Der Grund ist relativ einfach einzusehen das Geld wurde seines Wertankers beraubt und ist reines fiat money, also Geld, das durch die Notenbanken und das Banksystem in Umlauf gesetzt wird. Es ist selbst nicht mehr Wert, sondern nur Wertmassstab. Für Gold wie Papier gilt der scheinbare Zirkelschluss Ludwig von Mises, wonach Geld für das Publikum jenen Wert hat, den das Publikum ihm zuschreibt (wofür es Geld annimmt und ausgibt). Das war Geld als Gold Vor 1914, und in der Schweiz bis zur Abwertung des Frankens 1936, konnte das Publikum die ausgegebenen Noten in Goldmünzen umtauschen. Dieser Goldstandard galt im 19. Jh. (zeitweise mit dem Silber), und die Noten wurden in CH und USA beispielsweise durch private Banken ausgegeben (in der Schweiz durch bis zu 33 Notenbanken). Der Staat definierte nur den Goldgehalt der Währungseinheit und gab die Goldmünzen aus. Im volkswirtschaftlichen Zusammenhang zwang der Goldstandard zu Solidität, Kredite mussten von jemandem angespart werden, die Banken konnten kaum Geld durch Kredittätigkeit schöpfen. Die Bilanz der Notenbanken bestand auf der Aktivseite aus Gold und Wechseln, auf der Passivseite aus den ausgegebenen Noten. Als 1907 die SNB und 1913 die Federal Reserve geschaffen wurden, erhielten sie das Notenmonopol. Die privaten Banken dagegen begannen immer stärker, gegen die Einlagen Kredite auszugeben, sodass das System als ganzes Buchgeld schöpfte (Einlage von Noten auf Bank 1, Kredit an jemanden, der seinen Lieferanten auf Bank 2 bezahlt, dort entsteht wieder eine Einlage, darauf wird Kredit erteilt, dieser geht auf Bank 3 etc.). Die Banken haben aber kurzfristig abrufbare Einlagen damit, und sind längerfristig mit Krediten gebunden eine Fristeninkongruenz, welche nach Notenbanken als letzter Garant rief. 1
2 Gold fällt weg In der Zwischenkriegszeit versuchten manche Länder nochmals den Goldstandard einzuführen, doch verursachte er Deflationen, und unterdessen waren die Preise und Löhne sticky, unflexibel nach unten, geworden. Die Lehre von John M. Keynes kehrte ausdrücklich vom Gold ab ( barbaric relic ) und befürwortete ein staatsdefizitfinanziertes demand management der Volkswirtschaften. Was die österreichische Schule der Nationalökonomie forderte, nämlich anzusparen, dann zu investieren, wurde umgekehrt zu Kredit aufnehmen, Nachfrage und Umsätze auszulösen und zu hoffen, dass sich die Ersparnis daraus einstellt. Diese würde dann die Kredite abbezahlen. Doch meistens diente der income stream daraus (Haushaltseinkommen, Firmengewinne, Staatsseinnahmen) nicht dazu, sondern man nahm neue Kredite auf, sodass man gerade die Zinsen bezahlen, nicht aber abbezahlen konnte. Schliesslich führte die Finanziarisierung der Volkswirtschaften dazu, die Zinsen auch als neue Kredite aufzunehmen. Gemäss Hyman P. Minsky steigerte sich die Kreditwirtschaft so von hedging zu speculative ins Ponzi - System. Der Gold- Devisen- Standarf 1944/47 Nach dem Krieg war alles Gold in den USA (oder bei der SNB), und man einigte sich in Bretton- Woods auf ein System, wo der Dollar weltweit Zahlungsmittel und Reservemittel in den Notenbanken war, diese letzteren aber konnten ihre Dollars gegen Gold bei den USA eintauschen. Ihr nationales Geld gaben sie aufgrund der Dollarreserven aus. Indirekt waren daher die Währungen durch Gold gedeckt, aber nicht für den Bürger am Bankschalter. Damit genügend Dollar in der Welt waren, mussten die USA ein Handels- und Kapitalverkehrsdefizit haben. Die Erosion des Ankerlandes war eine Funktionsbedingung des Systems. Man schob ausserdem noch künstliches Verrechnungsgeld des Int. Währungsfonds nach (Sonderziehungsrechte). Aber schon in den 60er Jahren zerbrach das Vertrauen, weil weniger Gold als Dollar da waren, die Notenbanken konnten den Goldkurs nicht mehr auf 35 Dollar pro Unze halten (Bruch des Goldpools in 1968) und im August 1971 hob der US- Präsident Nixon den Umtausch der Notenbank- Reserven in Gold auf. Der Papierstandard 2
3 Seither geben die Notenbanken die Noten nach Ermessen aus manchmal nach Zielen der Inflationsrate, des Wechselkurses, der geschätzten nötigen Geldmenge. Nach dem Konkurs der Lehman Brothers 2008 versuchten die Notenbanken der USA, Britanniens, der Eurozone und Japans die letzte Garantie des Banksystems zu spielen und überschwemmen seither die Währungsräume mit Liquidität. Diese wird meist geschaffen, indem Staatsobligationen (in den USA auch Hypothekenverbriefungen) aufgekauft werden. Die Notenbanken sind die grössten Einzelgläubiger der Staaten geworden. Doch seither haben die Notenbanken die Zwecke drastisch erweitert Häusermarkt stabilisieren, Hypothekenvergabe und Geschäftskredite dank Tiefstzinsen anzufachen, Beschäftigung steigern, Wachstum generieren, Kredittätigkeit der Banken ankurbeln, die verlorenen Haus- und Papiervermögen wiederherstellen, Währungskurs abschwächen, die Staatsschulden des Euroraums auszukaufen (EZB- Draghi- Versprechen 2012). Die Geldmengen wuchsen aber mit der Geldschöpfung nach 2008 massloss, sie entfachten weltweit eine asset bubble, trieben also die Vermögenswerte hoch (Rohstoffe, Oel, Immobilien, Aktien und Obligationen). Dies war beabsichtigt: einen Anlagennotstand bei Festverzinslichen zu schaffen, der die Anleger in reale Investitionen und risikovollere Anlagen treibt. Die Notenbanken versuchen damit auf die besondere zusätzliche Lage der westlichen Volkswirtschaften zu reagieren auf die dreifache Ueberschuldung der Haushalte/Hausbesitzer, der Banken, der Staaten. Insgesamt hängt nunmehr eine unbeschränkte Geldschöpfung zur Monetisierung der Staatsschulden des Westens und Japans in der Luft. Die Notenbanken garantieren die Nominalwerte, der auf Wertpapieren aufgedruckt sind, nicht unbedingt deren Sachwert oder Konvertibilität oder Transferabilität oder Fristen oder Zinsen. Die Schweizerische Nationalbank Verständlicherweise nahmen Akteure das billige Geld auf und investierten es kurzfristig in den Währungen Asiens und Lateinamerikas, die sich dadurch aufwerteten, sowie in den Schweizer Franken. Ein Währungskrieg entstand. Gleichzeitig fiel der Euro in Krise. Die Schweizerische Nationalbank reagierte mit ebensolcher Geldschöpfung durch den Aufkauf von Dollars und Euro. Schliesslich fixierte sie den Euro- 3
4 /Frankenkurs bei Die Botschaft lautet der Franken ist eine banale Währung, man kann mit ihm nie mehr einen Gewinn machen. Die Folgen Die Notenbanken werden die nächsten Monate, Jahre mit financial repression begleiten. Dazu zählt eine leichte Inflation (beabsichtigt, angekündigt) und Zinsen, die nicht darüber liegen. Sodann verfügen viele Staaten Anlagevorschriften für Versicherungen, Pensionskassen, Banken im eigenen Währungs- oder Staatsgebiet (captive investors), oder sie verfügen im Extremfall Kapitalverkehrskontrollen (Zypern). Im Euro wurden die Grundfehler nicht behoben. Austritte nach politischen Rebellionen sind denkbar. Am wahrscheinlichsten ist eine schleppende Verschlechterung auch in Italien und Frankreich, Stagnation in Spanien, fiskalische Rückfälle in Portugal und Griechenland, weshalb die EZB Staatsanleihen südeuropäischer Staaten aufkaufen wird. Wenn die Notenbanken mit allen Tricks und Kniffen die Nominalguthaben damit auch die Nominalschulden fest garantieren, müssen keine Werte direkt abgeschrieben werden, die Bilanzen bleiben mehr oder weniger intakt, die Bilanz- Rezession unterbleibt in grösserem Stil. Die Schulden werden mit aller Macht auf die Zeitachse geschoben. Die Rahmensetzung durch die Politik bleibt damit das unvorhersehbare Element bei allem Euroland, US- Budget, Finanzmarktregulierungen, Besteuerung aller Art. Aber auch in positivem Sinne die Politik kann dank diesem Zeitgewinn die wirklichen Probleme zu lösen versuchen den Arbeitsmarkt flexibilisieren, die Wirtschaftsstrukturen verbessern, die Staatsbudgets ins Lot bringen. Wenn dies gelingt, kann der Staat eines Tages seine ablaufenden Schuldpapiere in den Kellern der Notenbanken zurück zahlen. Diese Papiere verschwinden damit, die Geldmenge kehrt in die Notenbanken zurück, die Notenbankbilanz verkürzt sich wieder auf beiden Seiten. In diesem Falle kann auch die SNB von ihrem Kurs abrücken und wieder selbständig werden. Pessimisten erwarten allerdings, dass die Politiker sich gerade durch den Zeitgewinn von Reformen dispensiert fühlen. Frankreich ist ein Beispiel dafür. Elektronisch notierte Werte Materiell gesehen ist Geld nicht mehr Papiergeld, sondern besteht aus elektronischen Notierungen irgendwo. Desgleichen alle Wert papiere Aktien, Obligationen. Desgleichen Grundbücher und Korrespondenzen über alle diese Werte. Die Staaten haben erstens grössere Bartransaktionen 4
5 verbtoe und sich zweitens das Recht auf unbeschränkte Einsicht über die elektronischen Notierungen erzwungen. Sie können auch Amputationen verfügen (Zypern 2013). Sie können Währungsumtausche verlangen. Sie können Kapitalverkehrskontrollen einführen (Zypern, Euro- Grenze an der Grenze) und so ein Völkergefängnis veranstalten. Verfasser: Beat Kappeler Dr. h.c., Autor NZZ am Sonntag Wyhalenstr Hinterkappelen bekappeler@sunrise.ch Neueste Publikation: Wie die Schweizer Wirtschaft tickt. Die letzten 50 Jahre und die nächsten... NZZ libro Verlag 2011 Herbst 2014: Leidenschaftlich nüchtern, NZZ libro Verlag 5
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