Klammern für die Sicherheit WINDSOGSICHERUNG. DDH DACH-KONVENT FERTIGBAUTEILE DACHAUSBAU. Zwei Tage zwei Geschosse

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1 WINDSOGSICHERUNG Klammern für die Sicherheit DDH DACHAUSBAU Größte Vielfalt auf kleinstem Raum FERTIGBAUTEILE Zwei Tage zwei Geschosse DACH-KONVENT Berliner Gespräche

2 Technik Titelthema Klammern für die Sicherheit Windsogsicherung Windlasten und die sich daraus ergebenden Konsequenzen für die Lagesicherung sind ein wichtiges Planungsfeld für den Dachdecker. Dabei hängt die Windsogsicherheit wesentlich von der geografischen Lage, der Gebäudehöhe, der Dachbereichseinteilung und der Klammertragfähigkeit ab. Horst Pavel Dachziegel und Dachsteine werden nach der vereinfachten ZVDH-Tabellenermittlung in Größenkategorien (Anzahl/m 2 ) eingeteilt. Die Tragfähigkeit eines Systems hängt von der verwendeten Dachpfanne und der aus gewählten Sturmklammer ab. Fotos: Braas 10 DDH

3 Titelthema Die zunehmenden Sturmschäden als Folge der Klimaveränderung beschäftigen nicht nur die betroffenen Bauherren, sondern auch die Sachversicherer und das Dachdeckerhandwerk. Mit einer kurzfristig eingestellten Fachinformation Windlasten auf Dächern mit Dachziegel- und Dachsteindeckungen reagierte der ZVDH 2011 auf die gestiegenen Anforderungen der damaligen DIN Diese wurde zwischenzeitlich durch den Eurocode DIN EN Einwirkungen auf Tragwerke Allgemeine Einwirkungen Windlasten sowie den nationalen Anhang ersetzt. Mittlerweile ist die Fachinformation im ZVDH-Regelwerk auch in den Fachregeln für Dachdeckungen mit Dachziegeln und Dachsteinen aufgegangen. Diese allgemein anerkannten Regeln der Technik sind sowohl vom Planer als auch vom Dachdecker zu beachten. Als Grundlage der Bemessung gilt die Windlastkarte, welche in 4 Windlastzonen aufgeteilt ist. Je höher die Zahl, desto höher muss der Sicherungsgrad erfolgen. Planungsaufgabe Windsogsicherung Windlasten und die sich daraus ergebenden Konsequenzen für die Lagesicherung sind ein wichtiges Planungsfeld. Nach DIN EN 1991 sind für großflächige Bedachungen wie Flachdachabdichtungen oder Blechdächer die vollen Windlasten anzusetzen. Die Norm weist aber auch darauf hin, dass bei Dachdeckungen mit Dachsteinen und Dachziegeln die windlastreduzierende Wirkung der Deckfugen berücksichtigt werden kann. So gilt für diese Art der Dachdeckungen die von der Norm abweichende ZVDH- Regelung. Darauf beruhen auch die aktualisierten, spezifischen Angaben in den Verarbeitungsvorschriften der Hersteller von Dachziegeln und Dachsteinen. Einflussgrößen Die grundsätzliche Betrachtung der Einflussgrößen der DIN EN 1991 zur Ermittlung der Windsoglasten gilt dennoch weiterhin. Allerdings haben sich innerhalb der Einflussgrößen teilweise deutliche Änderungen ergeben. Die Windsogsicherheit hängt wesentlich von der geografischen Lage, der Gebäudehöhe, der Dachform und Dachneigung, der Dachbereichseinteilung sowie der Unterkonstruktion der Dachdeckung Die Tragfähigkeit eines Systems hängt von der verwendeten Dachpfanne und der ausgewählten Sturmklammer ab. Wichtig: Ab einer Dachneigung von 65 ist jede Dachpfanne zu befestigen DDH 11

4 Titelthema für besondere Strömungsverhältnisse in Flughafennähe und durch umliegende Hochhäuser sowie für Gebäude, die höher als 25 m sind, zu erbringen. Die Erstellung eines solchen Nachweises ist aufwendig und zeitintensiv. Hier unterstützen die Hersteller von Dachsystemen den Dachdecker mit entsprechenden Sondernachweisen. Grundsätzlich sind Ortgangpfannen, ebenso wie First-Pultabschluss- und Gratabschlüsse gegen Windkräfte einzeln mechanisch zu befestigen. Die verwendeten Befestigungsmittel müssen dabei eine Kraft von mindestens 0,60 kn/m aufnehmen können. Universalsturmklammern ermöglichen eine werkzeugfreie Montage. (Deckunterlage) und nicht zuletzt von der Klammertragfähigkeit ab. Windzonen Deutschland wird in 4 Windzonen eingeteilt. In den Zonen II, III und IV wird zudem zwischen Binnenland und Küste mit einer Breite des Küstenstreifens von 5 km unterschieden. Liegt ein Gebäude darüber hinaus höher als 800 m über NN, muss bei der Berechnung der Windlast ein Erhöhungsfaktor berücksichtigt werden. Auch muss das Mischprofil Küstenstreifen um große Seen mit mindestens 5 km freier Fläche, bis 5 km landeinwärts angewendet werden. Einzelnachweise sind für exponierte Lagen, Gebäude über m NN sowie Befestigung an den Dachkanten Grundsätzlich sind Ortgangziegel/-steine und Formziegel/-steine von First-, Pultabschluss- und Gratdeckungen gegen Windkräfte einzeln mechanisch zu befestigen. Die verwendeten Befestigungsmittel müssen dabei eine Kraft von mindestens 0,60 kn/m rechtwinklig zur Lage des Details aufnehmen können. Auch die First- und Gratlatten sind an der tragenden Unterkonstruktion so zu befestigen, dass eine rechtwinklige Kraft von mindestens 0,60 kn/m aufgenommen werden kann. Diese Befestigung erfolgt in der Regel durch Holzschrauben mit 24 mm Einschraubtiefe durch die vorgelochten Formsteine/-ziegel. Für andere Befestigungsmittel ist ein entsprechender Nachweis zu führen. Dachform und Dachbereiche Bei der Windsogberechnung für die Dachflächen wird grundsätzlich zwischen Satteldach, Walmdach und dem Pultdach unterschieden. Darüber hinaus wird das Dach in verschiedene Bereiche mit unterschiedlicher Windlast eingeteilt. Als Bereiche werden die unterschiedlich hoch belasteten Zonen am Ortgang, First und Pult sowie an Walm, Grat, Kehle, Traufe und Mansardknick betrachtet. Dies gilt auch für den Bereich rund um Dachaufbauten. Als Dachdurchdringungen gelten dabei Bauteile, die an mindestens einer Stelle mehr als 0,35 m über die Oberkante des Dachwerkstoffes hinausragen und die mindestens eine Seitenabmessung größer als 0,50 m aufweisen. Dachdurchdringungen können beispielsweise Kamine, Gauben, Dachfenster oder Loggien sein. Deckunterlagen reduzieren die Windlast Bei bestimmten Unterkonstruktionen kann die Windlast bei einer Ausführung 12 DDH

5 Titelthema mit einer geschlossenen Deckunterlage reduziert werden. Offene Deckunterlagen führen hingegen zu einem zusätzlichen Winddruck unter der Dachdeckung. Bei Unterspannungen kann die Windlast um 37,5 % (Faktor 0,625) reduziert werden, für geschlossene Deckunterlagen führt der Faktor 0,5 zu einer Reduzierung um 50 %. Voraussetzung hierfür sind zum Beispiel der Einsatz von Aufsparrendämmungen, luftdichte Ausführungen bei durchströmungshemmenden Schichten, Massivdächer oder Holzschalungen mit Unterdeckungen und Unterdächern. Für offene Deckunterlagen bei geschlossenen Gebäuden oder bei grundsätzlich offenen Gebäuden ist ein Einzelnachweis erforderlich. Dachdeckung und Klammertragfähigkeit Dachpfannen und Biberschwanzziegel werden nach der vereinfachten ZVDH- Tabellenermittlung in Größenkategorien (Anzahl/m 2 ) eingeteilt. Die Tragfähigkeit eines Systems hängt von der verwendeten Dachpfanne und der ausgewählten Sturmklammer ab. Der Nachweis erfolgt mit einem Systemtest nach DIN EN Um die ZVDH-Tabellenermittlung einfach zu halten, wurden 3 Kategorien für die Klammertragfähigkeit eingeführt. Für Biberschwanzziegel wurde eine eigene Kategorie eingeführt. Einteilung der Klammergruppe nach dem Abhebewiderstand: K-I 125N K-II 175N K-III 250N B-I 70N Diese Aufteilung ist aber nur notwendig, wenn die benötigte Windsogsicherung anhand der Tabellen in der ZVDH- Fachinformation ermittelt wird. Bei der Ermittlung der benötigten Verklammerung unterstützt zum Beispiel das Braas- Windsogberechnungsprogramm. So lässt sich die erforderliche Verklammerung schnell und unkompliziert ermitteln. Es werden dabei die verschiedenen Parameter wie Dachform und -neigung, Gebäudehöhe und Windzone berücksichtigt. Für den Verarbeiter ist eine Ermittlung günstig, da so die spezifischen Materialkenndaten der Systemprodukte genutzt Flughäfen Gefahr von Wirbelschleppen Wirbelschleppen gefährden die Bewohner in der Nähe von Flughäfen. So berichten die Zeitungen im Raum Wiesbaden/Frankfurt häufig von heruntergefallenen Dachpfannen, die als Folge von Wirbelschleppen durch startende und landende Flugzeuge die Sicherheit der Bewohner gefährden. Für den Flughafen Frankfurt wurde sogar für eine festgelegte Zone ein Dachklammerungsprogramm festgelegt. Allerdings rührt sich Bürgerprotest, da auch Gebäude außerhalb der Klammerzone von der Wirbelschleppengefahr betroffen sind. Unklar ist hier auch noch, wer für möglicherweise entstehende Personen- und Sachschäden zu haften hat. Grundsätzlich ist der Bauherr für die Verkehrssicherung verantwortlich. Dies zeigt einmal mehr die Bedeutung der Sicherung von Dachdeckungen. Statement Anderer Leute Kram wegzuräumen, macht keinen Spaß Dachdeckermeister Günther Langheim aus Emden ist Obermeister der Dachdecker-Innung für Ostfriesland: Die gestiegenen Anforderungen an die Windsogsicherung, die in unserem Regelwerk verankert sind, geben einen wichtigen Rahmen für das Dachdeckerhandwerk. Die Bedeutung der Windsogsicherung ist uns vor allem hier im Norden wieder einmal beim letzten Orkantief Christian vorgeführt worden. Der Sturm ist mit schon lange nicht mehr erreichter Stärke über Deutschland hinweggezogen. Wir haben dabei die Erfahrung gemacht, dass unsere neuen Dächer, die nach den neuen Anforderungen gerechnet und ausgeführt wurden, den Sturm [ohne Schäden] überstanden haben. Es sind aber auch viele nagelneue Dächer bei uns, teilweise großflächig, durch den Sturm beschädigt worden. Große Bereiche der Dachflächen sind weggeflogen, Dachrinnen wurden beschädigt und natürlich gab es auch Folgeschäden durch Einregnungen. Diese Dächer wurden allerdings kostengünstig und nicht fachgerecht von gewerkefremden Bauunternehmen erstellt. Natürlich reparieren wir die jetzt zu einem anständigen Preis. Aber für einen Handwerker ist das schon unbefriedigend, anderer Leute Kram wegzuräumen. Der Aufwand für den Dachdecker ist natürlich größer geworden. Ich nutze für die Berechnung zum Beispiel den Braas-Berechnungsservice im Internet. Ich erhalte einen Ausdruck, den ich meinen Mitarbeitern auf die Baustelle mitgeben kann. So wissen die, wie zu klammern ist, und ich hab die Gewissheit, dass wir entsprechend der Regel und somit ohne Mangel gearbeitet haben DDH 13

6 Technik werden können und das Ergebnis noch präziser als mit der vereinfachten Tabellenermittlung im Regelwerk des ZVDH ist. Ist eine Verklammerung erforderlich, so erfolgt dies nach dem Schema 1 : 3, 1 : 2 und 1 : 1. Ab einer Dachneigung von 65 ist jede Dachpfanne zu befestigen. Praxisgerechte Berechnungstools am Computer sowie als Apps auch für mobile Anzeigegeräte können im Normalfall die Ermittlung der Sicherungsmaßnahmen gegen Windsog gemäß den Fachregeln für Dachdeckungen mit Dachziegeln und Dachsteinen erleichtern. Alle relevanten Parameter eines Gebäudes gehen in die Berechnung ein. Das Ergebnis ist ein Befestigungsschema mit den entsprechenden und abgestimmten Sturmklammern. So werden mit einem Einzelnachweis, der gezielt und auf die Dachdeckung abgestimmt ist, wirtschaftliche Befestigungslösungen im System ermittelt und die regelkonforme Arbeit des Dachdeckers erleichtert. Wichtige rechtliche Aspekte Mit der Anpassung des Regelwerks an die gestiegenen Anforderungen sind auch die Leistungen des Verarbeiters anzupassen. So hat der ausführende Betrieb auf die neuen Anforderungen hinzuweisen. Gegebenenfalls sind gegenüber dem Bauherren oder Planer Bedenken anzumelden. Wünscht ein Kunde zum Praxis-Hinweis Vorsicht bei Freizeichnung/Freistellung Durch im Sturm herabstürzende Dachbauteile können Sachwerte beschädigt oder Personen verletzt oder gar getötet werden. Daraus resultieren unter Umständen auch finanzielle Haftungsansprüche Dritter. Bei einer fachregelwidrigen Ausführung können in der Folge nicht nur Ansprüche der Geschädigten gegen den Bauherrn oder Hausbesitzer sowie seine Versicherung selbst, sondern auch gegen die Beteiligten an der Bauausführung entstehen. Bei eigenem Verschulden werden auch der Planer sowie der ausführende Dachdecker in die Haftung genommen. Grundsätzlich gilt diese Haftung bei allen sicherheitsrelevanten Fachregelverstößen. Beispiele hierfür sind: mangelhafter, fehlender Brandschutz, fehlende Notentwässerung, fehlerhafte Dimensionierung von Bauteilen. Solche finanziellen Haftungsansprüche können aber dann durch die schriftliche Freistellung auf den Bauherrn übertragen werden. Ohne diese Freistellung durch den Bauherrn besteht in der Regel keine Deckung durch die Betriebshaftpflichtversicherung. Problematisch ist allerdings die strafrechtliche Verantwortung. Durch die bewusst fachregelwidrige Ausführung, auch auf ausdrücklichen Wunsch des Auftraggebers, bleibt die persönliche Verantwortung des Dachdeckers als nicht beeinflussbares Restrisiko unter strafrechtlichen Gesichtspunkten bestehen. So kann nach 319 Strafgesetzbuch (Baugefährdung) die gemeingefährliche Straftat eines Verstoßes gegen die allgemein anerkannten Regeln der Technik, mit der Gefährdung von Leib oder Leben eines anderen Menschen, mit Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder mit Geldstrafe bestraft werden. Gegen diese strafrechtliche Verantwortung kann sich keiner durch eine schriftliche Vereinbarung mit dem Bauherren freizeichnen lassen. In der Konsequenz kann so ein Auftrag nur abgelehnt werden. Beispiel aus Kostengründen eine Ausführung nach altem Regelwerk, so sind vom Dachdecker schriftlich Bedenken anzumelden. Die Möglichkeit einer Freizeichnung richtet sich dann vor allem auf einen Ausschluss der Gewährleistung für die fachregelwidrige Ausführung. In der Folge kann der Kunde oder sein Rechtsnachfolger dann keine Nachbesserung oder Wertminderung mehr verlangen. Autor Horst Pavel ist Leiter der Anwendungstechnik bei der Monier Braas GmbH in Oberursel. 14 DDH