Video-Thema Begleitmaterialien

Transkript

1 MIT DER KAMERA IM KUHSTALL Die Landwirtin Anita Lucassen stellt bei MyKuhTube.de Videos ins Netz und feiert damit Erfolge. In den Filmen berichtet sie über die Arbeit mit ihren Kühen und ihren Alltag auf einem Bauernhof. Die Videos sind schon über eine Million Mal angeklickt worden. Ihr Ziel: Die Verbraucher sollen ein positiveres Bild von ihrem Beruf bekommen. Denn viele ihrer Arbeitsmethoden werden von Tierschützern kritisiert. MANUSKRIPT Hallo, da bin ich wieder, Anita aus dem Oldenburger Münsterland. Die Landwirtin ist genervt vom schlechten Image der Bauern. Deshalb dreht Anita Lucassen Videos in ihrem Kuhstall. Ihre Mission: ein positives Bild schaffen von Landwirten wie sie. Was mich am meisten stört, ist, dass die Landwirte pauschal an den Pranger gestellt werden, dass durch negative Beispiele wir Landwirte skandalisiert und als Umweltverschmutzer und Tierquäler dargestellt werden. Die Videos veröffentlicht sie auf der Internetplattform MyKuhTube. Alle sollen sehen, dass es ihren Tieren gut geht. Das muss ohne großes Werbebudget gehen. Hallo, da bin ich wieder, Anita aus dem Oldenburger Münsterland. Heute möchte ich euch zeigen, wie der Ablauf beim Melken ist. Dass die Kühe zurzeit ein wenig zappelig sind, liegt daran, dass die Fliegen sie im Moment immer wieder zwicken. Ihr Mann Michael Lucassen übernimmt ihre Arbeit, wenn sie dreht. MICHAEL LUCASSEN: Na ja, unser Problem ist, glaub ich, wir sind ne schwindende Gesellschaft, die Landwirtschaft an sich. Wir werden immer weniger Betriebe. Und die Bevölkerung entfernt sich immer mehr von der Landwirtschaft. Dadurch, dass [wir] immer weniger werden und in den Dörfern auch immer weniger Betriebe existieren, wird es immer schwieriger, den Verbrauchern das nahezubringen. Die 39-Jährige ist auf einem Bauernhof mit Milchkühen groß geworden. Seit mehr als zehn Jahren führt sie zusammen mit ihrem Ehemann ihren eigenen Betrieb. Sie hat 320 Tiere. Seite 1/5

2 Dafür braucht sie 105 Hektar Land. Viele Flächen sind hinzugepachtet. Das kostet im Jahr mindestens Euro. Die Tiere stehen das ganze Jahr im Stall und bekommen eine spezielle Fütterung aus Mais gemischt mit Kraftfutter. Kritiker nennen das Massentierhaltung. Ja, wir sind hier in einer Region, wo sehr hohe Pachtpreise sind, und wir haben hier eine intensiv geführte Herde, die eine Milchleistung von etwa Liter pro Jahr hat. Der deutsche Durchschnitt liegt bei etwa Liter pro Jahr um das mal in Relation zu setzen, und wir könnten halt eben diese Pachtpreise nicht erwirtschaften, wenn wir nicht diese hohe Milchleistung hätten Liter pro Jahr, pro Kuh. Tierschützer fordern: mehr Weidehaltung! Doch nur ein kleiner Teil der Herde ist draußen. Für die Hochleistungskühe ist das Gras viel zu mager. Sie sehen sich nicht als ein Teil der Agrarindustrie, sondern als ein Familienunternehmen, mit einem Angestellten und einem Lehrling. Monatelang waren die Milchpreise im Keller, oft unter 30 Cent pro Liter. Wie soll ein Unternehmen da wirtschaftlich sein, fragen sie? Bei ihrer Familie bleibt wenig hängen, manchmal unter 2000 Euro im Monat. Heute bin ich hier mit euch bei den Kälberhütten und möchte euch zeigen, wie die Kälber eigentlich aus dem Nuckel-Eimer saufen. Hier haben wir ein Kälbchen, das schon fleißig am Trinken ist. Ihre Videos zeigen: Mit Romantik hat die moderne Tierzucht wenig zu tun. Anita Lucassen befruchtet zum Beispiel ihre Kühe künstlich. Herdenmanagement: für jede Kuh einen passenden Bullen. Das Erbgut von 25 männlichen Vererbern kauft sie ein. Diese Kühe bekommen bald Kälber. Ziel ihrer Zucht sind gesunde Hochleistungskühe, die viel Milch geben und möglichst ohne Hörner geboren werden. Für Naturschützer ein Bruch der Ethik. Die Landwirtin denkt da praktisch, denn die Hörner einer Kuh können gefährlich sein. Und man steht gerade daneben und hat dann das spitze Horn im Brustkorb das ist mindestens n blauer Fleck, wenn nicht ne sehr heftige Prellung bis hin halt zu tödlichen Verletzungen, die dadurch passieren können. Die Videos der Landwirtin sind im Internet schon über eine Million Mal angeklickt. Das zeigt, die Menschen interessieren sich dafür, woher ihr Essen kommt. Autoren: Karl Harenbrock/Diana-Isabel Scheffen Redaktion: Ingo Pickel Seite 2/5

3 GLOSSAR von etwas genervt sein keine Lust mehr auf etwas haben; wegen etwas ärgerlich sein Image (n., aus dem Englischen, nur Singular) der Ruf; der Eindruck, den die Leute allgemein von etwas/jemandem haben Mission, -en (f.) hier: die selbst gewählte Aufgabe, andere von etwas zu überzeugen pauschal hier: allgemein; verallgemeinernd; ohne Unterscheidung jemanden an den Pranger stellen jemanden öffentlich stark kritisieren jemanden/etwas skandalisieren aus etwas einen Skandal machen; jemanden/etwas sehr schlecht darstellen Tierquäler, - /Tierquälerin, -nen jemand, der Tiere sehr schlecht behandelt jemanden/etwas als etwas darstellen sagen, dass jemand/etwas etwas ist Internetplattform, -en (f.) eine Internetseite vor allem für den gegenseitigen Austausch von Informationen oder Medien Werbebudget, -s (n.) das Geld, das für Werbung ausgegeben werden kann Ablauf, Abläufe (m.) hier: die Reihenfolge verschiedener Tätigkeiten melken hier: die Milch eines Tieres (oft einer Kuh) mithilfe der Hände oder einer Maschine herausfließen lassen zappelig umgangssprachlich für: unruhig; ungeduldig zwicken hier umgangssprachlich für: leicht wehtun schwinden immer weniger werden jemandem etwas näher bringen jemandem etwas Unbekanntes erklären oder zeigen Hektar, - (m.) ein Maß für eine große Fläche Land (1 Hektar = Quadratmeter) etwas pachten jemanden Geld dafür geben, dass man etwas (z. B. Land, ein Grundstück, ein Lokal) nutzen darf; etwas mieten und daraus Gewinn machen können speziell hier: besonders Seite 3/5

4 Kraftfutter (n., nur Singular) ein besonderes Futter für Tiere, das viel Energie gibt Massentierhaltung (f., nur Singular) viele Tiere haben und sie auf engem Raum unter schlechten Bedingungen leben lassen intensiv hier: so, dass man sehr viele Tiere hat, die hohe Leistung bringen sollen Herde, -n (f.) hier: eine große Gruppe von Tieren, die zusammenleben Milchleistung, -en (f.) die Menge Milch, die ein Tier in einem bestimmten Zeitraum gibt etwas in Relation setzen etwas in Bezug zueinander setzen; etwas miteinander vergleichen etwas erwirtschaften durch Arbeit Gewinn machen Weidehaltung (f., nur Singular) Tiere haben und sie draußen auf einer Wiese leben lassen Hochleistungskuh, -kühe (f.) eine Kuh, die sehr viel Milch gibt Agrarindustrie (f., nur Singular) die industrielle Landwirtschaft; der Teil der Industrie, der sich mit der Herstellung landwirtschaftlicher Produkte in großen Mengen befasst etwas ist im Keller umgangssprachlich für: etwas ist ganz unten/niedrig; etwas ist ganz schlecht hängen bleiben hier umgangssprachlich für: übrig bleiben Kälberhütte, -n (f.) ein kleines Haus für junge Kühe, das ihnen Schutz vor Wind, Regen und Schnee bietet Nuckel-Eimer, - (m.) ein besonderer Eimer, von dem junge Tiere trinken können saufen hier: trinken (bei Tieren) Romantik (f., nur Singular) hier: eine veraltete und zu schöne Vorstellung von etwas, die nichts mehr mit der Realität zu tun hat Tierzucht, -en (f.) die Vermehrung von Tieren; das Besitzen von Tieren mit dem Ziel, dass ihre Zahl steigt künstlich befruchten hier: auf technischem Weg dafür sorgen, dass eine Frau/ein weibliches Tier ein Kind/ein Jungtier bekommen kann Seite 4/5

5 Herdenmanagement, -s (n.) alle Aufgaben, die mit dem Besitz und der Pflege einer Gruppe von Tieren zu tun haben, z. B. Fütterung, Gesundheitsversorgung, Zucht Bulle das männliche Tier zur weiblichen Kuh; der Stier Erbgut (n., nur Singular) die Gene; das Material, in dem sich alle Informationen befinden, die ein Mensch, ein Tier oder eine Pflanze geerbt hat Horn, Hörner (n.) das spitze und harte Körperteil, das manche Tiere auf dem Kopf haben Ethik, -en (f.) hier: das gute, moralische Handeln und Verhalten Brustkorb, -körbe (m.) der Teil des Oberkörpers, der von den Knochen in der Brust gebildet wird blauer Fleck, -en (m.) umgangssprachlich für: der Bluterguss; eine Farbänderung auf der Haut, die man nach einem Stoß bekommen kann, weil sich Blut ansammelt Prellung, -en (f.) eine Verletzung durch einen Stoß oder Sturz, bei der der Körperteil oft dick wird und schmerzt anklicken mit der Computermaus einen Link, ein Video oder eine Seite im Internet auswählen Seite 5/5