Cabeças de víbora Köpfe von Vipera latastei als Handelsgut in Portugal

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1 Zeitschrift für Feldherpetologie 14: März 2007 Cabeças de víbora Köpfe von Vipera latastei als Handelsgut in Portugal RUDOLF MALKMUS 1 & ARMANDO LOUREIRO 2 1 Schulstraße 4, D Wiesthal, 2 Rua Quinta do Sol 39, P Valbom, pnpg.loureiroa@icn.pt Cabeças de víbora trade with heads of Vipera latastei in Portugal In some regions in Northern and Central Portugal Vipera latastei is hunted especially by heardsmen and herb collectors. The viper heads are prepared and traded as amulets with apotropaic effects. The price for one head amount up to 125,-. Until quite recently the heads were sold in coffee shops and herb shops. In the Gerês mountains about 500 vipers were killed every year. By ratifying the Berne Convention in 1981 Vipera latastei is protected by law in Portugal and it is forbidden to hunt this snake. However, even though in a more secret manner, trade with viper heads continue. Key words: Reptilia, Squamata, Serpentes, Viperidae, Vipera latastei, apotropaic use of heads, Portugal. Zusammenfassung In mehreren Regionen des nördlichen und mittleren Portugal wird die Stülpnasenotter (Vipera latastei) besonders von Hirten und Kräutersammlern gejagt, ihr Kopf präpariert und für bis zu 125,- in den Handel gebracht. Er wird als Amulett getragen, dem man Unheil abwehrende (apotropäische) Kräfte zuschreibt. Bis vor kurzem wurden die Köpfe in Cafés und Kräuterläden verkauft und zu diesem Zweck allein in der Serra do Gerês jährlich ca. 500 Ottern erschlagen. Mit der Unterzeichnung des Berner Abkommens durch Portugal (1981) wurde Vipera latastei unter Schutz gestellt und ihre Verfolgung gesetzlich untersagt. Jagd und Handel gehen aber verdeckt unvermindert weiter. Schlüsselbegriffe: Reptilia, Squamata, Serpentes, Viperidae, Vipera latastei, apotropäische Verwendung der Köpfe, Portugal. Einleitung Aufgrund bestimmter Eigenschaften und Lebensweisen Fortbewegung ohne Beine, starrer Blick, beschuppte Körperoberfläche, periodische Häutung, Gift, Leben in Erdhöhlen etc. wurde die Schlange in allen Kulturen der Menschheit zum Träger einer teilweise widersprüchlichen und ambivalenten Symbolik. Die Schlange ist Sinnbild für Macht, Erneuerungskraft des Lebens, Zeugungskraft (Phallussymbol), Heilkunst (Stab des Asklepius), Klugheit und List, für Verführungskunst und für die Kräfte der Unterwelt. In den Mythologien erscheint sie einerseits als Gottheit und Weltenschöpferin, als Mittlerin zwischen Göttern und dem Menschengeschlecht, zwischen Toten (Ahnen) und Lebenden, als Hüterin heiliger Bezirke, von Quellen, Schätzen und Laurenti-Verlag, Bielefeld,

2 78 MALKMUS & LOUREIRO Pflanzenwachstum; andererseits als Dämon und Ungeheuer in Gestalt chthonischer Chimären, als Midgardschlange, Echidna, Hydra und Leviathan mit allen Begleiterscheinungen des Furcht einflößenden: mit krallenbewehrten Klauen, Feueratem, vielköpfig, mit Fledermausflügeln und Gift triefenden Reißzähnen (vgl. EGLI 1982, FOURCADE 1994). Schlangenkulte in Europa Formen des Schlangenkultes sind für europäische Völker bereits für Hispanien (6. 5. Jh. v. Chr.) bezeugt. Tempelhütende Schlangen taten ihren Dienst im alten Athen. Altpreußen, Letten und Litauer betrieben einen Schlangenkult, hielten Tempelschlangen, die von»priestern mit Milch genährt wurden und vom Volk Opfer empfingen«(hoffmann-krayer & BÄCHTOLD-STÄUBLI ). In jeweils einer Örtlichkeit in Italien und Griechenland sind bis heute relikthaft solche Kulte lebendig geblieben: In Cucullo (Abruzzen) behängt man alljährlich am ersten Donnerstag im Mai eine Statue des heiligen Dominik von Folingo mit Schlangen (Elaphe quatuorlineata, Elaphe longissima, vereinzelt auch mit Coluber viridiflavus und Natrix natrix) und zieht im Glauben, dies diene der Abwehr von Schlangenbissen und der Linderung von Zahnschmerzen in einer Prozession durch das Dorf (BRUNO 1971). In Argínia auf der ionischen Insel Kefallinia werden zwischen dem 6. und 15. August»heilige««Schlangen (es handelt sich um Telescopus fallax) in die Dorfkirche gebracht und dort für eine Woche gehalten. Ihre Brührung soll zur Linderung von Leiden beitragen (GITTENBERGER & HOOGMOED 1985). Allgemein verbreitet war z. B. der Glaube, Schlangen besäßen Unheil abwehrende (apotropäische) Kräfte, um Unglück, Krankheit und Blitzschlag abzuwenden. Häufig wurden daher sog. Hausschlangen (meist im Bereich der Türschwelle) gehalten und versucht, ihr Wohlwollen mit einem Schälchen Milch zu gewinnen. Die sachgemäße Verwendung der einzelnen Körperteile einer Schlange ob Auge, Haut, Herz, Zähne, Wirbel, Zunge oder Fett war angeblich geeignet, die unterschiedlichsten begehrenswerten Wirkungen hervorzurufen. Sie wurden als Mittel gegen körperliche Gebrechen eingesetzt, förderten eine Stärkung der sozialen Stellung, schädigten Rivalen und missliebige Mitbürger, übermittelten geheime Informationen und waren als Liebeszauber wirksam. Trat das herbeigewünschte Ereignis nicht ein, war die Ursache stets leicht zu ermitteln: Entweder war das zauberwirksame Mittel falsch gehandhabt worden oder es versagte infolge einer individuellen Schuld des Anwenders oder eines kollektiven Vergehens der Gruppe, der er angehört zur Strafe seinen Dienst. Otternkopfamulette in Portugal In zahlreichen Bergregionen Portugals, wird mit den Köpfen der Stülpnasenotter (Vipera latastei) (s. Tafel 1) bis heute ein einträglicher Handel betrieben (vgl. NOBRE 1928, BETTENCOURT-FERREIRA 1935, MAIA 1960, MALKMUS 1984, 2003, BRITO et al. 2001,

3 Cabeças de víbora Köpfe von Vipera latastei als Handelsgut in Portugal 79 BRITO 2004, STÜMPEL et al. 2005). Die Otternköpfe stehen im Dienste eines Abwehrzaubers und gelten als Glücksbringer. Als Amulett getragen (z. B. in den Schulterpolstern von Jacken eingenäht; selten auch als Armband) sollen sie vor Krankheit und Unglück schützen, den Erfolg bei Handelsangelegenheiten und im Spiel fördern und Glück auf Reisen in die Fremde (Militärdienst, Emigration) bringen. Nach MAIA (1960) darf der Träger des Otternkopfes nichts von seinem Glücksbringer wissen; der Kopf wird heimlich von der Ehefrau in das Kleidungsstück eingenäht.»parece que tem a cabeça da víbora, caramba!«(zum Teufel, es sieht aus, als hättest du den Kopf einer Otter bei dir!) ist ein geflügeltes Wort, dessen man sich bedient, um seinem Erstaunen darüber Ausdruck zu verleihen, dass jemand über längere Zeit hinweg vom Glück verfolgt wird. Ein im Haus aufbewahrter Otternkopf oder eine in Alkohol eingelegte Schlange bewahren das Heim vor Unglück (BRITO 2001). Im Alentejo schreibt man diese Kraft einer unter die Matratze gelegten Schlangenhaut zu (MALKMUS 1984). Der Ex-Croupier des Casinos von Espinho (südlich Porto), ELVINO BASÍLIO, berichtete, dass er unter Gewinnzwang Stehende beobachtete, die immer wieder ihr Spiel unterbrachen, die Toilette aufsuchten und den mitgeführten Otternkopf hervorholten, streichelten und ihm beschwörend zuredeten, das Spiel günstig zu beeinflussen (»Visão«, ). MAIA (1960) berichtet von einem Brauch in den Bergdörfern des Gerês (Provinz Minho, NW-Portugal), der inzwischen wohl ausgestorben ist. Wenn ein Mädchen ihren Liebhaber an sich binden wollte, wusste man folgenden Rat: Stich einer lebenden Otter eine Nadel mit einem Seidenfaden durch beide Augen quer durch den Schädel. Ziehe die Nadel heraus und bringe sie an der Hose des Geliebten an. Niemals mehr wird er dich verlassen! BETTENCOURT-FERREIRA (1935) gibt an, dass die Verwendung von Otternköpfen als Amulette in Portugal seit dem Mittelalter in Gebrauch seien allerdings ohne Zitat einer geschichtlichen Quelle. Belege dafür, dass Köpfe von Stülpnasenottern als Handelsware im Umlauf sind, existieren seit Beginn des 20. Jahrhunderts (BETTENCOURT-FERREIRA 1935, NOBRE 1928). Wo wird die Otter gejagt? Unter den europäischen Vipern (Viperidae) ist die Stülpnasenotter (Vipera latastei) eine mittelgroße bis kleine Art, die selten 60 cm Gesamtlänge überschreitet. Sie bewohnt die Iberische Halbinsel (ausgenommen ihr nördlicher Rand) und die Maghrebländer nördlich des Atlasgebirges. Das Verbreitungsareal ist anthropogen bedingt stark fragmentiert mit zahlreichen isolierten Populationen. Es handelt sich dabei weitgehend um Relikte in für den Menschen schwer zugänglichen oder wirtschaftlich nur extensiv (Weide) genutzten Arealen (Gebirge, Dünen) (vgl. BONS & GENIEZ 1996, SALVADOR &-PLEGUEZUELOS 2002, STÜMPEL et al. 2005). In Portugal liegen ihre Verbreitungsschwerpunkte in den montanen Regionen nördlich des Rio Tejo. Südlich dieses Stromes fehlt sie großflächig in den aufgeforsteten oder agrarisch genutzten Ebenen des Alentejo (MALKMUS 2004, GODINHO et al. 1999). Die Populationen Nordafrikas und des südwestlichen Iberien (etwa südlich der Linie

4 80 MALKMUS & LOUREIRO Abb. 1: Dunkelgrau: Gemeindeverwaltungen, in denen aktuell noch Otternjagd betrieben wird; hellgrau: Gemeinderverwaltungen, in denen früher Otternjagd betrieben wurde, aktuelle Nachweise aber fehlen (Stand 2006). 1 Serra do Gerês, da Amarela, 2 Serra da Cabreira, 3 Serra do Alvão, 4 Serra da Padrela, 5 Serra de Montezinho, 6 Serra de Montemuro, 7 Serra da Estrela, 8 Serra de Candeeiros, de Aire, 9 Serra de Sintra, 10 Carvalhal, Melides. Dark grey: local governments where vipers are hunted nowadays; light grey: local governments where vipers were hunted in the past, without actual proofs (data from 2006) Porto Coimbra Sierra Morena Málaga) werden der etwas kleineren Unterart Vipera latastei gaditana zugeordnet. Innerhalb des Verbreitungsgebietes ist die Verwendung von Otterköpfen für magische Zwecke nur aus Portugal bekannt. Die Serra do Gerês, seit 1971 Bestandteil des Parque Nacional Peneda Gerês, gilt hierfür seit langem als reges Handelszentrum. Erst in neuerer Zeit wurde bekannt, dass man Ottern auch in zahlreichen anderen Gebirgsgegenden des nördlichen und mittleren Portugal zu diesem Zwecke jagte und heute noch jagt (Abb 1). Südlich des Rio Tejo ist Otternjagd nur aus der Region westlich Grândola Alcácer do Sal bekannt. Dort werden die Populationen litoraler Dünen dezimiert. Otternjagd und Handel Bei den Otterjägern handelt es sich in der Regel um Hirten, Waldarbeiter und Kräutersammler (Abb. 2). Besonders letztere agieren als Zwischenhändler, die die Köpfe zusammen mit Kräutern für verschiedene Teesorten in Cafés (früher auch in Apotheken) verkaufen. Zum Teil werden die Ottern auch in den Gebirgen des grenznahen Spanien erbeutet und kürzlich wurde bekannt, dass portugiesische Emigranten, die in Andorra arbeiten, dort Otternköpfe (zum Teil auch solche von Vipera aspis) präparie-

5 Cabeças de víbora Köpfe von Vipera latastei als Handelsgut in Portugal 81 Tafel 1: Vipera latastei. Oben/Top: Serra do Alvão. Foto: R. MALKMUS. Unten (bottom): Serra de São Mamede. Foto: M. SCHROTH.

6 82 MALKMUS & LOUREIRO Abb. 2: Über Dona Salomé aus dem Bergdorf Gralheira (Serra de Montemuro) läuft ein reger Handel.»Já cheguei a vender mil por ano«(ich habe schon bis zu Köpfe pro Jahr verkauft), erzählt sie (aus:»tal & Qual«, ). Foto: A. BAPTISTA. The main trade with viper heads in the Serra de Montemuro was managed by Dona Salomé in the mountain village Gralheira (Serra de Montemuro). She sold up to heads per year (from:»tal & Qual«, ). ren und während des Urlaubs in ihrer Heimat zu Geld machen. Besonders begehrt sind trächtige Ottern, weil auch die Köpfe der Jungtiere verkäuflich sind. In Gebieten, in denen die Stülpnasenotter stark zurückgegangen ist, bedient man sich auch der vielerorts noch häufigen Vipernatter (Natrix maura). Um die Ähnlichkeit mit einem latastei-kopf zu erhöhen, wird der Bereich der Nasale mit einer Zange so bearbeitet, Abb. 3: Alkoholpräparat von Vipera latastei in Gralheira (Frühjahr 2006). Foto: J. COSME. Specimen of Vipera latastei in a bottle with alcohol in Gralheira (spring 2006).

7 Cabeças de víbora Köpfe von Vipera latastei als Handelsgut in Portugal 83 Abb. 4: Bis vor kurzem wurden in Restaurants und Cafés im Nationalpark Peneda-Gerês oft Alkoholpräparate von Ottern in Gläsern ausgestellt, um Touristen anzulocken, wie hier im»casa Baptista«in Campo do Gerês (aus:»terras do Homem«, ). Until quite recently in restaurants and coffee shops in the National Parque Peneda-Gerês vipers were often exhibited in vials with alcohol for lure tourists (from»terras do Homem«, ). dass eine Nasenprotuberanz durch Manipulation vorgetäuscht wird (BRITO et al. 2001). Die Otter wird in der Regel mit einem Stock oder einer Hacke erschlagen. Entweder wird die ganze Schlange oder nur ihr abgetrennter Kopf in einem Glas mit Alkohol oder hochprozentigem Schnaps (aguar dente) konserviert (Abb. 3). Einige Restaurantbesitzer im Nationalpark Peneda-Gerês stellten bis vor kurzem in Alkohol abgetötete Vipern in Gläsern auf, um Touristen anzulocken (Abb. 4). Damit die Tiere nicht zusammengerollt auf dem Flaschengrund zu liegen kamen, wurden sie dem Alkohol lebend überantwortet. Solche Darbietungen wurden vor 6 Jahren verboten und Zuwiderhandlungen mit einer Geldstrafe von 800,- bis 8 000,- esc. (ca. 4,- bis 40,- ) belegt. Nach MAIA (1960) sieht es der Ritus vor, dass die Skalpierung der Otter nicht mit einem Metallinstrument, sondern mit einem scharfen Holzkeil zu erfolgen hat. Ob ehedem jeder solche Vorschriften einhielt ist unbekannt. Heute verwendet man zu diesem Zweck metallene Schneidegeräte (Messer, Schere, Axt). Der abgetrennte Kopf wird in Holzasche getrocknet, in einer Zündholzschachtel oder einem Glas deponiert und als»cabeça de víbora«zum Verkauf angeboten. Die im Raum Gerês üblichen Preise für Schlangenköpfe entwickelten sich im Lauf der letzten Jahrzehnte rasant nach oben: von 0,01 ( (1930) über 0,15 (1960), 4,- (in den 1970er und 15,- in den 1980er Jahren bis 25,- (2000) (BRITO et al. 2001). Der sprunghafte Preisanstieg in den letzten beiden Jahrzehnten hängt vermutlich damit zusammen, dass Portugal 1981 die Berner Konvention unterzeichnete. Damit war der Handel mit Otternköpfen offiziell untersagt. Jäger und Klientel verabschiedeten sich in den Untergrund und der Preis ihres Handelsobjekts erfuhr einen entsprechenden, der Illegalität der Jagdausübung geschuldeten»risikozuschlag«.

8 84 MALKMUS & LOUREIRO Abb. 5: Zwei Inserate aus portugiesischen Tageszeitungen. Oben:»Correiro da Manhã«, , unten:»record«, Inhalt: Wer sich mit Liebes- und Finanzproblemen herumschlägt oder wen das Glück verlassen hat, bediene sich einem der oben angeführten Telefonkontakte. Zu empfehlen wäre das Kopfamulett zu 25000,- esc (ca. 125,- ), das 7-fach mit Meereswellen behandelt in seiner Wirkung unübertrefflich ist. Two advertisements in newspapers. Top:»Correiro da Manha«, , bottom:»record«, Content: People who has problems with finances, with love, who has no fortune should dial one of the stated telefon numbers. It is advisable to take charm for 25000,- esc (ca. 125,- ), because these heads are treated seven times with ocean waves which make the impact unsurpassable. Die Gefahr, mit dem Gesetz in Konflikt zu geraten, erschwert auch den Zugang zu Informationen bezüglich aktueller Jagdaktivitäten. Entsprechende Berichte gelangen allerdings ohne quantitative Angaben gelegentlich in Form von Reportagen in Tageszeitungen und Zeitschriften ans Licht der Öffentlichkeit (s. Literatur). Die Zahl der im Nationalpark Peneda-Gerês (nur aus dieser Region stehen einigermaßen verlässliche Angaben zur Verfüung) erschlagenen Schlangen dürfte zur Zeit mit nicht zu hoch angesetzt sein. Die»Jahresstrecke«in den 1970er und 1980er Jahren lag bei ca. 500 Ottern. Eine erfolgreiche Jagdsaison (20 30 Ottern/Jahr) bedeutete für einen armen Berghirten einen beträchtlichen finanziellen Zugewinn. BRITO et al. (2001) berichten von einem Trophäenjäger, der mit 150 erbeuteten Schlangen einen Jahresrekord aufstellte. Zwar hat die junge Generation in den Bergdörfern, in deren Umfeld traditionell Otternjagd betrieben wird, kaum noch Bezug zur magischen Vorstellungswelt ihrer Vorfahren, sodass die regionale Nachfrage nach»cabeças«deutlich zurückgegangen ist (MALKMUS 1984, 1995), doch eröffnete sich in größeren Städten ein neues einträgliches Geschäft.

9 Cabeças de víbora Köpfe von Vipera latastei als Handelsgut in Portugal 85 Bis zum Zeitpunkt des Handelsverbotes konnte man in Städten Otternkopfamulette vornehmlich in Kräuterapotheken (ervanárias) erwerben. So berichtet MARIA CELESTE, Inhaberin der ältesten, 1793 gegründeten ervanária von Lissabon, dass hier früher regelmäßig Otternköpfe verkauft wurden, sie diesen Handel heute aber den»feiticeiros«überlasse (CAETANO 2001), die man übersetzt als Hellseher, Heiler oder Zauberer bezeichnen kann. In ihren Praxen finden sich in Vitrinen São Ciprianos Anleitungen zur Hexerei und neben getrockneten Seepferdchen und Seesternen, Hexen- und Krötenskulpturen auch Otternköpfe; letztere zum stolzen Preis von bis zu 125,-. Ungeachtet der gesetzliche Rahmenbedingungen scheuen manche Anbieter nicht einmal davor zurück, vor aller Öffentlichkeit ihr Schlangenkopfsortiment im Inserateteil von Tageszeitungen unter Angabe des Telefonkontakts zu offerieren und deren wundersame Wirkungsweise zu preisen (Abb. 5). Dank Für die Begleitung bei Erkundungsgängen in der Serra de Montemuro und für die Überlassung von Bildmaterial danken wir Herrn JOÃO COSME recht herzlich. Literatur BONS, J. & P. GENIEZ (1996): Amphibiens et Reptiles du Maroc (Sahara Occidental Compris), Atlas Biogéographique. Barcelona (Asociación Herpetológica Española. BETTENCOURT-FERREIRA, J. (1935): O Ofidismo no seu Aspecto Histórico e Actual. Lisboa (Academia das Ciências de Lisboa, Biblioteca de Altos Estudos). BRITO, J. C., A. REBELO & E. G. CRESPO (2001): Viper killings for superstitious reasons in Portugal. Boletin de la Asociación Herpetologica Española 12: BRITO, J. C. (2001): Comércio de cabeças de Víbora-cornuda em Portugal. Artigo.asp?iArtigo=4270&iLingua=1 BRUNO, S. (1971): Il serpente nel folklore e nelle usanza magiche e religiose della Marsica. Universo, Firenze 51: EGLI, H. (1982): Das Schlangensymbol Geschichte, Märchen, Mythos. Düsseldorf (Patmos). FOURCADE, P. (1994): Mythen und Legenden. In: BAUCHOT, R. (Hrsg.): Schlangen: Augsburg (Naturbuch). GITTENBERGER, E. & M. S. HOOGMOED (1985): Notizen zum christlichen Schlangenkult auf der ionischen Insel Kefallinia (Cephalonia). Salamandra 2: GODINHO, M. R., J. TEIXEIRA, R. REBELO, P. SEGURADO, A. LOUREIRO, F. ÁLVARES, N. GOMES, P. CARDOSO, C. CAMILO-ALVES & J. C. BRITO (1999): Atlas of the Portuguese herpetofauna: an assemblage of published and new data. Revista Española de Herpetologia 13: HOFFMANN-KRAYER, E. & H. BÄCHTOLD-STÄUBLI ( ): Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens. 9 Bände. Berlin (de Gruyter). MAIA, C. (1960): Cabeças de víbora no Gerês. Actas do Colóquio de Estudos Etnográficos»Dr. José Leite de Vasconcelos«2: 5 8. MALKMUS, R. (1984): Die Bedeutung der Amphibien und Reptilien in der Vorstellungswelt, im Volksglauben, in der Heilkunde und in der Idiomatik der portugiesischen Landbevölkerung. Salamandra 20: MALKMUS, R. (1995): Die Amphibien und Reptilien Portugals, Madeiras und der Azoren. Magdeburg (Westarp). MALKMUS, R. (2004): Amphibians and Reptiles of Portugal, Madeira and the Azores-Archipelago. Gantner (Ruggell).

10 86 MALKMUS & LOUREIRO NOBRE, A. F. (1928): Animais Venenosus de Portugal. Porto (Instituto de Zoologia da Universidade do Porto). SALVADOR, A. & J. M. PLEGUEZUELOS (2002): Reptiles Españoles. Talavera de la Reina (Canseco). STÜMPEL, N., J. C. Brito & H. SAINT GIRONS (2005): Vipera (Vipera) latastei Boscá, 1878 Stülpnasenotter. In: JOGER, U. & N. STÜMPEL (Hrsg.): Handbuch der Reptilien und Amphibien Europas. Band 3/IIB: Wiesbaden (Aula). Reportagen in Tageszeitungen und Zeitschriften ANONYMUS: Caçadores de víboras. Público ( ). ANONYMUS: Víboras são chamariz em café do Gerês. Público ( ). ANONYMUS: Proibido exibir a víbora do Gerês. Terras do Homem ( ) BOTEQUILHA, H.: Façam as Vossas Apostas. Visão ( ). CAETANO, P.: As víboras e o comércio ilegal. Ozono (Julho/Agosto 2001). CAMPOS, A.: Agricultores de Cinfães facturam com caça aos répteis Víboras em Saldo. Tal & Qual ( ). Eingangsdatum: