Zielvereinbarungen Sicht der Ärztekammer Berlin
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- Jörn Waltz
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1 Ä R Z T E K A M M E R B E R L I N Zielvereinbarungen Sicht der Ärztekammer Berlin 18. ALGK Symposium Berlin, 03. Dezember 2016 [Foto: Stefanie Seuffert] Dr. med. Günther Jonitz, Präsident der Ärztekammer Berlin
2 Interessenkonflikte (Funktionen und Mitgliedschaften) Präsident der Ärztekammer Berlin Mitglied im Vorstand und Vorsitzender der Qualitätssicherungsgremien der Bundesärztekammer (BÄK) Vertreter der BÄK im Kuratorium des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) und im Kuratorium des Instituts für Qualität und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTiG) Mitglied der Leitlinienkommission der Arbeitsgemeinschaft Wissenschaftlicher Medizinischer Fachgesellschaften e. V. (AWMF) Gründungsmitglied des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin e. V. (DNEbM) Mitglied in der Kooperation von Transparenz und Qualität im Gesundheitswesen GmbH (KTQ) Gründungsmitglied und ehemaliger Vorsitzender des Aktionsbündnisses Patientensicherheit e. V. (APS) Leiter der Arbeitsgruppe Patientensicherheit als nationales Gesundheitsziel im Rahmen von Gesundheitsziele.de Mitglied im Präsidium des Deutschen Instituts für Normung e. V. (DIN) Mitglied des Vorstandes des Berliner Herzinfarkt Register (BHIR) Regionaler Repräsentant (Westeuropa) der International Society for Communication in Science and Medicine Fachexperte und Berater des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) für Fragen der Patientensicherheit in internationalen Gremien, z. B in der Patient Safety Quality of Care Expert Group Mitglied im Beirat der Deutschen Ärzteversicherung Delegierter der Vertreterversammlung der Deutschen Apotheker und Ärztebank Der Vortragende hat in den letzten drei Jahren Vortragshonorare von Pharmaunternehmen erhalten. Diese wurden vollumfänglich an ein hausärztliches Präventionsprojekt in Havanna, Kuba und für die Dolpo Tulku e. V. Erdbebenhilfe für Nepal gespendet.
3 Auszug aus der Berufsordnung, Ärztekammer Berlin (26. November 2014) (1) Ärztinnen und Ärzte üben ihren Beruf nach ihrem Gewissen, den Geboten der ärztlichen Ethik und der Menschlichkeit aus. Sie dürfen keine Grundsätze anerkennen und keine Vorschriften oder Anweisungen beachten, die mit ihren Aufgaben nicht vereinbar sind oder deren Befolgung sie nicht verantworten können. (2) Ärztinnen und Ärzte haben ihren Beruf gewissenhaft auszuüben und dem ihnen bei ihrer Berufsausübung entgegengebrachten Vertrauen zu entsprechen. Sie haben dabei ihr ärztliches Handeln am Wohl der Patientinnen und Patienten auszurichten. Insbesondere dürfen sie nicht das Interesse Dritter über das Wohl der Patientinnen und Patienten stellen. (4) Ärztinnen und Ärzte dürfen hinsichtlich ihrer ärztlichen Entscheidungen keine Weisungen von Nichtärztinnen und Nichtärzten entgegennehmen. berlin.de/10arzt/30_berufsrecht/06_rechtsgrundlagen/30_berufsrecht/berufsordnung_stand_12_2014.pdf
4 Itishardtobea good doctor. The ways we are paid often distort our clinical and moral judgement and seldom improve it. Extreme financial incentives invite extreme distortions. Woolhandler, Himmelstein: NEJM Vol. 333 No. 25, 21. Dec. 1995, p 1707
5 Beschlussantrag der Delegiertenversammlung der Ärztekammer Berlin Die Einführung von DRGs als Vergütungsinstrument wird in der jetzigen Form abgelehnt Die Delegiertenversammlung der Ärztekammer Berlin erwartet mit der Einführung von DRGs eine deutliche Verschlechterung der Patientenversorgung durch einen Verlust an Qualität und Humanität. Eine Industrialisierung der Patientenversorgung in deutschen Krankenhäusern ist absehbar. Das Festhalten an dem derzeitigen Einführungsverfahren führt zum Abbau der stationären Versorgung in Deutschland ohne Rücksicht auf medizinische Kriterien, Qualität und Humanität der Patientenversorgung, volkswirtschaftliche Ergebnisse und verfassungsrechtliche Gebote. Im Ergebnis führt das vorgesehene Verfahren zu einem erschwerten Zugang für Patienten zu notwendiger Behandlung. Statt dessen führt es zu Anreizen für wohldotierte, aber fraglich indizierte Maßnahmen und damit zu schlechterer Medizin bei insgesamt höheren Kosten. Die Delegiertenversammlung der Ärztekammer Berlin lehnt daher die Einführung eines DRG Systems in der vorgesehenen Form ab. Berlin, den 21. März 2001 Gleichlautend beschlossen auf dem DÄT 2001
6 In der Politik kann keiner sagen, er hätte es nicht gewusst GJ
7 Hidden agenda der Ökonomisierung Günther, wir müssen die kleinen Krankenhäuser platt machen. Das haben wir mit DRGs nicht geschafft, da brauchen wir jetzt die Qualität für. [Zitat eines Protagonisten aus der Gesundheitspolitik]
8 Der politisch bestimmte Finanzwettbewerb betrifft alle Institutionen im Gesundheitswesen gleichermaßen, auch die Krankenkassen. Im Zweifel bestimmt der finanzielle Ertrag. Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral [Bertolt Brecht] Es gibt kein richtiges Leben im falschen [Theodor W Adorno]
9 Rolle der Chefärzte Leistungsträger! Garant für Qualität, Leistungsspektrum, Fallzahl Garant für Einnahmen aus krankenhausärztlichen Leistungen (Fälle, lukrative DRGs, Case Mix Index) Weniger Komplikationen kann ich mir gar nicht leisten. Dann sinkt mein CMI. Welcher Anteil des Chefarzteinkommens ist Einkommen, welcher Schweigegeld?
10 Ethische Perspektive Unabhängigkeit??? Integrität??? Der unabhängige Arzt ist ein Privileg des Patienten und Grundlage seines Vertrauens in die Ärzteschaft und in das Gesamtsystem.
11 Der Versuch, Chefärzte für finanzielle Ziele zu instrumentalisieren, gefährdet das Ansehen des gesamten Berufsstandes. Insoweit sind Gegenmaßnahmen der Bundesärztekammer folgerichtig (Cave: Stellvertreterkrieg! Die finanziellen Fehlanreize auf der politischen Ebene können nicht durch verschärfte Arbeitsverträge kompensiert werden.)
12 BÄK: Zielvereinbarungen in CA Verträgen stärker regulieren (SGB V). Koordinierungsstelle in der BÄK mit VLK Selektive Auswahl Anonymität Konsequenzen?
13 Dr. Patricia Hänel et al, f&w 3/2011,
14 Zielvereinbarungen Beispiele/Auszug Einhaltung der Personalkosten bedenklich Einhaltung der Sachkosten bedenklich Erreichung der Fallzahlen abzulehnen Erreichung der Case Mix Punkte abzulehen Wirtschaftlicher Erfolg des Krankenhauses bedingt akzeptabel Bonus für teilstationäre Dialysen abzulehnen Bonus für Bruttoliquidationseinnahmen akzeptabel Ausweitung stationärer Leistungen abzulehnen Bonuszahlungen nach Case Mix Punkten abzulehnen Prämie für vermittelte und vorgenommene operative Eingriffe abzulehnen Prämie für die Erstellung eines Qualitätsmanagement Handbuches positiv Prämie für Erreichung qualitativer Ziele positiv Bonuszahlungen für Erlöse aus ambulanten und stationären Wahlarztleistungen akzeptabel Bonuszahlung zur Erreichung des Konzern Ziels bezgl. des (niedrig gehaltenen) Anteils der Todesfälle positiv [Quelle: DÄB, Jg. 110, Heft 45, A 2108]
15 Was unterstützt also Ärzte in ihrer Motivation? Schlagworte dazu sind die Gewährung professioneller Autonomie in medizinischen Fragen, Vertrauen in die fachliche Kompetenz und Betonung von Verbundenheit und Verantwortung gegenüber den Patienten. Die Vergütungsdiskussion jedoch untergräbt diese wichtigen Motivationsfaktoren durch die fatalistischen Grundannahmen, dass Autonomie zu Kostensteigerung führt, die fachliche Kompetenz keine hinreichende Voraussetzung für eine hochwertige Medizin ist und Verbundenheit gegenüber dem eigenen Portemonnaie für Ärzte mehr zählt als ihre Verantwortung für den Patienten. Dr. Patricia Hänel et al f&w 3/2011, Führt man die Diskussion weiterhin mit diesen Grundannahmen, darf man sich nicht wundern, wenn im Sinne der Self-fulfilling Prophecy dies auch tatsächlich eintritt.
16 Alternative? Strategiewechsel!
17 Einstimmig beschlossen, ohne Enthaltungen!
18 Man stelle sich ein Gesundheitswesen vor, in dem Ärztinnen und Ärzte in die Lage versetzt werden, Rechenschaft über ihre Arbeit ablegen zu können (zu dürfen!?) und für gute Arbeit (schnelle, zielgenaue, sparsame, klinische (!) Diagnostik, unaufwendige, effiziente Therapie) belohnt werden. Man stelle sich ein Gesundheitssystem vor, das nicht über Input (Kosten, Mengen, Struktur und Prozessvorgaben) gesteuert sondern über Ergebnisse (Outcome/ Werte ) geführt wird. [GJ]
19 Optimierung statt Dezimierung Evidenzbasierte Medizin QM / Patientensicherheit / Führung Gemeinsam klug entscheiden, AWMF Klug entscheiden, DGIM Herzinfarktregister.de Preventing overdiagnosis BMJ (de prescribing, undiagnosis) realistic medicine, NHS Scotland uvam.
20 Sir John Muir Gray Triple Value, Leitfragen: Werden Ressourcen angemessen auf verschiedene Populationsuntergruppen verteilt Verteilungswert, Allokation? Werden die Ressourcen angemessen eingesetzt technischer Wert? Individuelle Behandlungsziele Entsprechen die Behandlungsentscheidungen den Werten und Präferenzen des einzelnen Patienten personalisierter Wert?
21 Beispiel: Jahresbericht NHS Scot 2015 Catherine Calderwood realistic medicine Jahresbericht NHS Scot 2015 [Quelle: Catherine Calderwood]
22 Schweizerische Akademie der medizinischen Wissenschaften Nachhaltige Medizin
23 Gesundheitspolitik braucht Humanisierung nicht Bürokratisierung. Die Grundlage unseres Gemeinwesens, unseres Gesundheitswesens und des Ansehens unserer Berufe ist Humanismus, nicht Kapitalismus.
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