Die Klimadividende von Peak Oil
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- Jens Meyer
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1 Leitlinie Ökologie Klimawandel und Klimaschutz Abschlussveranstaltung, München, 23. November 2010 Die Klimadividende von Peak Oil Jörg Schindler ASPO Deutschland e.v Ottobrunn / 1
2 Überblick Einleitung Öl ist der Treiber des modernen Verkehrs Peak Oil ist jetzt Die Klimadividende von Peak Oil und die Transition in eine postfossile Welt Vom fossilen Verkehr zur postfossilen Mobilität - eine Gestaltungsaufgabe für die Stadtpolitik - 2
3 Süddeutsche Zeitung über Peak Oil: Der Schrat 3
4 ExxonMobil in denial of Peak Oil (March 2006) 4
5 Cornucopia in der New York Times vom 16. November 2010 Energy, and Plenty of it, for Decades to Come (Hauptüberschrift) There Will Be Fuel (Titel des Artikels) 5
6 Unaufgelöster Widerspruch der Industriegesellschaft Mtoe/a (Mio. Tonnen Öläquivalent/Jahr) Weiter so wie bisher: notwendig für Wachstum Sonst. Kohle Gas Öl Reduktion der Emissionen: notwendig für Klimaschutz Jahr
7 Conventional Wisdom: Business as Usual (BAU) auch in Zukunft Quelle: IEA, World Energy Outlook
8 Öl ist der Treiber des modernen Verkehrs 8
9 Der Aufstieg des modernen Verkehrs Von Dampfmaschine mit Kohle zum Verbrennungsmotor mit Öl Verbrennungsmotor und Öl: eine beispiellose Erfolgsgeschichte zu Wasser, auf dem Land und in der Luft > die Motorisierung des Verkehrs Ausrichtung der Raum- und Siedlungsstrukturen auf den motorisierten Verkehr (und damit Lebensstile und Wirtschaftsweise) Der moderne fossil getriebene Verkehr wurde zum dominanten Entwicklungsmodell 9
10 Die Attraktivität des modernen Autoverkehrs 10
11 Verkehr der Zukunft (Bürgle, Neues Universum 1959) 11
12 Auf diesem Weg sind wir auch schon gut vorangekommen... 12
13 Peak Oil ist jetzt 13
14 Die Endlichkeit des Öls im Prinzip ja... Klar: Öl ist wie alle fossilen Energien - endlich. Aber: Hat das etwas mit meinem/unserem Leben zu tun?... Doch nicht wirklich... Ein Irrtum! 14
15 Endlichkeit wie zeigt sich das beim Öl? Der letzte Tropfen? Wie lange reicht das Öl? Die falsche Frage führt zu falschen Antworten. Peak Oil! Wann folgt auf die Zeit jedes Jahr mehr die Zeit des jedes Jahr weniger? 15
16 Ölfunde und Ölproduktion Crude oil + NGL / Condensate 160 Largest oil field (Saudi Arabia) 140 Legend Onshore Deep water [Gb per year] nd largest oil field (Kuwait) 80 1st oil crisis (1973) 2nd oil crisis (1979) 60 Production Ludwig-Bölkow-Systemtechnik GmbH, 2007 Source: IHS Energy
17 Idealisiertes Profil der Ölförderung Förderrate onshore offshore Zeit 17
18 Typisches Muster der Ölproduktion in einer Region Oil production Production peak 3rd field 2nd field 1st field time 18
19 UK - Rohölproduktion der einzelnen Felder Production in [milllion m³] 140 Forecast Ludwig-Bölkow-Systemtechnik GmbH, 2007 Source: DTI, May 2007; Forecast: LBST
20 Globale Ölförderung (Rohöl, Kondensat, NGL, Schweröl, Teersande) Mb/Tag 90 Algerien 07 Saudi Arabien 05 Nigeria, Tschad 05 Mexiko 04 Dänemark, Equ. Guinea 04 Jemen 01 Norwegen 01 Oman 01 Australien 2000 Großbritannien 99 Ekuador 99 Kolumbien 99 Venezuela (konv.) 98/68 Argentinien 98 Malaysia 97 Gabun 97 Syrien 95 Indien 95 Ägypten 93 Alaska 89 Indonesien 77 Rumänien 76 Kanada (konv.) 74 USA (lower 48) 70 Deutschland 67 Österreich NGL Aserbaidschan Kasachstan Irak Neutrale Zone Brasilien China Fö r Datenquelle: Schweröl, Teersand (Kanada, Venezuela) Thailand, Sudan, Pakistan na ch 50 Russland 09 Katar 08 Iran 08 Angola 08 VAE 08 Kuwait 08 Libyen 08 Regionen vor dem Fördermaximum: n 60 Regionen evtl. nach oder am Fördermaximum: Re gi on e 70 de rm ax im um : 80 Weltölversorgung EIA all liquids Rohöl+Kondensat Jahr Österreich, Deutschland, USA, Kanada, Niederlande, UK, Norwegen, Dänemark, Saudi Arabien, Braslien: Statistiken nationaler Behörden/Firmen; Für andere Staaten US-EIA, soweit verfügbar. Für die verbleibenden Staaten BP Statistical Review und LBST-Schätzung Historische Zahlen bis 1970 bzw. für manche Staaten bis 2005: IHS-Energy soweit nicht aus oben genannten Quellen ermittelt; Analyse LBST Feb 2010
21 Ölfunde und Ölförderung Bis heute hat man mehr als Ölfelder entdeckt, doch die 400 größten Ölfelder (1%) enthalten mehr als 75% des gefundenen Öls. Die größten Ölfelder hat man vor mehr als 50 Jahren gefunden. Seit den 1960er Jahren nimmt die Rate der Ölfunde ab. Seit den 1980er Jahren übersteigt die jährliche Förderung die jährlichen Neufunde. Dem historischen Maximum der Ölfunde muss notwendig irgendwann ein Maximum der Förderung folgen. 21
22 Durchschnittliche globale Ölförderung/Tag (Crude & Lease Condensates) Jahr Tsd. Barrel pro Tag Quelle: US Energy Information Agency - EIA 22
23 Peak Oil ist jetzt" Mb/Tag Weltölversorgung EIA all liquids ( ) Rohöl+Kondensat ( ) World Energy Outlook 2009 (Referenzszenario ) Datenquelle: Österreich, Deutschland, USA, Kanada, Niederlande, UK, Norwegen, Dänemark, Saudi Arabien, Braslien: Statistiken nationaler Behörden/Firmen; Für andere Staaten US-EIA, soweit verfügbar. Für die verbleibenden Staaten BP Statistical Review und LBST-Schätzung Historische Zahlen bis 1970 bzw. für manche Staaten bis 2005: IHS-Energy soweit nicht aus oben genannten Quellen ermittelt; Analyse LBST Feb 2010 Jahr
24 Die Kommunikation der IEA 24
25 Die prägende Rolle der IEA für die öffentliche Wahrnehmung Die Internationale Energie Agentur (IEA) in Paris ist der 'energy watchdog' der OECD-Staaten seit den Ölpreiskrisen der 1970er Jahre. Sie wurde gegründet als Gegengewicht zur OPEC. Die IEA projiziert über die Jahre eine ungebrochene Zukunft, business as usual (BAU) - einerseits. Andererseits kommen alte Gewissheiten in's Wanken. So werden die Berichte der IEA von Jahr zu Jahr widersprüchlicher: langsame Annäherung an die Realität bei gleichzeitiger Leugnung des Offensichtlichen. Man muss die Berichte der IEA lesen, wie früher die Prawda. 25
26 IEA: 'scientific approach' 26
27 World Energy Outlook 1998 der IEA Oil Supply Profiles 27
28 World Energy Outlook 1998 der IEA Oil Supply Profiles 28
29 World Energy Outlook 1998 der IEA Reference Scenario 120 Oil price: 1997: 16 $/bbl 2010: 17 $/bbl 2020: 25 $/bbl Millionen Barrel pro Tag Fehlendes Erdöl!!! (Balancing Item) te Bekann 40 densat n o K / L öl+ng d r E s e tionell n e v n o s Unk Summe Konventionelles Erdöl Non-OPEC OPEC-Anteil : 28 % 2010: 52 % 2020: 63 % OPEC Jahr 29 EUR = 2300 Gb
30 IEA: 'political fiction' 30
31 Die IEA und Peak Oil Im World Energy Outlook 1998 (WEO 1998) wurde Peak Oil diskutiert: - faire Schilderung der Argumente - IEA sieht Versorgungslücke irgendwann im nächsten Jahrzehnt... In den folgenden Jahren ist das Thema (und der Begriff) tabu: ungebrochenes künftiges Wachstum soweit das Auge reicht. 31
32 World Energy Outlook 2004 der IEA Reference Scenario 32
33 World Energy Outlook 2008 der IEA Reference Scenario 33
34 Die IEA und Peak Oil Dann die große Überraschung im WEO 2010: Der Peak der konventionellen Ölförderung war schon im Jahr 2006 {und keiner hat's gemerkt...} Macht aber nichts (war gar nicht so wichtig), weil Oil production becomes less crude. 34
35 IEA: Peak der konventionellen Erdölförderung war bereits im Jahr Crude oil output reaches an undulating plateau of around mb/d by 2020, but never regains its all time peak of 70 mb/d reached in 2006, while production of natural gas liquids (NGLs) and unconventional oil grows strongly. [Page 6]
36 World Energy Outlook 2010 der IEA 36
37 Peak der Förderung von konventionellem Öl in 2006???
38 Das 'New Policies Scenario' des WEO 2010 einmal anders sortiert... mb/d Die rutschenden Hänge des Ölbergs werden sichtbarer 38
39 Der WEO 2010 'A cry for help'? Kjell Aleklett, President of ASPO International: In WEO 2010 the IEA presents facts that mean only one thing the peak of oil production is imminent. By showing this data without announcing this obvious conclusion the IEA is making a cry for help to do what, for them, is politicly impossible. WEO 2010 is a cry for help to tell the truth about peak oil. 39
40 Die Klimadividende von Peak Oil und die Transition in eine postfossile Welt 40
41 Das fossile Buffet 41
42 Peak Oil leitet den Peak aller fossilen Energiequellen ein Peak um
43 Die Folgen des Erfolgs: die Nichtnachhaltigkeit zeigt sich jetzt Das westliche Entwicklungsmodell beruhend auf reichlicher und billiger Energie weist eine beispiellose Dynamik auf und ist attraktiv. Die nachholende Entwicklung in (ehemaligen) Schwellenländern hat sich von Mal zu Mal beschleunigt: Japan, Südkorea, China... Die Folgen des Erfolgs: Weil das Entwicklungsmodell so erfolgreich war, kommt es umso schneller an ein Ende. Peak Oil markiert den Anfang vom Ende des nichtnachhaltigen Ressourcenverbrauchs. Das Entwicklungsmodell ist nicht verallgemeinerbar (nicht für alle Menschen auf der Welt, nicht für künftige Generationen) Es geht nicht so weiter, weil es nicht so weiter gehen kann! 43
44 Peak Oil leitet das Ende von Business as Usual ein 44 Erdöl (und allgemein Energie) billig und reichlich : Diese implizite Grundlage unserer Wirtschafts- und Lebensweise kommt an ein Ende. In Zukunft muss mit Energie gewirtschaftet werden. Effizienz ist dann kein hohles Schlagwort mehr (oder ein leider nie wirklich zu erreichendes Ziel), sondern wird zur schieren Notwendigkeit.
45 Die postfossile Welt wird keinen Rückschritt darstellen Was bestimmt die postfossile Welt, den postfossilen Verkehr? Wird die Zukunft sein wie die Zeit davor? Praefossil? Die postfossile Welt wird sich grundlegend von der präfossilen Welt unterscheiden. Grund dafür sind Basis-Innovationen des fossilen Zeitalters: - die Nutzung der Elektrizität, - die Nutzung des vollen Spektrums erneuerbarer Energien, - die Technologien der Datenverarbeitung und der Kommunikation, - das Fahrrad - das erste postfossile Verkehrsmittel! 45
46 Die Transition in eine postfossile Welt 46 Damit sind wir am Beginn einer neuen Great Transformation (Karl Polanyi). Diesmal von einer fossilen zu einer postfossilen Welt. Für diese Transformation gibt es keinen Masterplan. Die Zeitskalen werden eine entscheidende Rolle spielen. Es ist nicht wahrscheinlich, dass diese Transformation ohne Verwerfungen abgehen wird.
47 Die Klimadividende von Peak Oil nutzen! Die oft missverstandene Beziehung zwischen Peak Oil und der Klimapolitik: Beide Themen bilden keinen Gegensatz, sondern ergänzen sich. Es gilt, die Klimadividende von Peak Oil zu nutzen: Da die Abkehr vom Öl unvermeidlich ist, ist eine aktive Klimapolitik in ihren Maßnahmen gleichgerichtet. In der gängigen Wahrnehmung wird proaktive Klimapolitik als etwas Freiwilliges empfunden man kann es machen oder auch nicht. Dagegen ist die Abkehr vom Öl erzwungen. Es gibt jetzt keine Ausflüchte mehr, sich den Problemen zu stellen. 47
48 Vom fossilen Verkehr zur postfossilen Mobilität - eine Gestaltungsaufgabe für die Stadtpolitik - 48
49 Peak Oil trifft zuerst den motorisierten Verkehr! 49 Da Energie so grundlegend ist, sind alle Lebensbereiche davon betroffen. Aber dies wird sich in unterschiedlichen Zeitskalen entfalten. Der erste fossile Energieträger, der knapp wird, ist Erdöl, der Treibstoff des fossilen Verkehrs zu Lande, zu Wasser und in der Luft. Damit wird zuerst und auch gleich massiv der Verkehr betroffen sein. Der Raumwiderstand steigt.
50 Mentale Landkarte des fossilen Verkehrs Wir sehen Verkehrsmittel und Infrastrukturen. Die fossile Prägung: > motorisiert ist besser als nichtmotorisiert > schneller ist besser als langsamer > weiter ist besser als näher 50
51 Die Transition vom fossilen Verkehr zu einer postfossilen Mobilität 51
52 Mobilität ist mehr als Verkehr Mobilität geht von den Bedürfnissen der Menschen nach Ortsveränderungen aus. Bei Personen sind dies direkte Bedürfnisse, bei Gütern und Informationen sind dies abgeleitete Bedürfnisse. Mobilität ist Beweglichkeit im Sinne von Potenzialen für Ortsveränderungen von Personen, Gütern und Informationen sowie die tatsächliche Bewegung (Verkehr). Mobilität enthält die vier Dimensionen (1) Beweglichkeit, (2) Bewegung (Verkehr), (3) das Ankommen und Innehalten und (4) das emotional Bewegende. 52
53 Sieben Leitplanken für die postfossile Mobilität Das Prinzip der Verallgemeinerbarkeit: gleiche Mobilitätschancen für alle Menschen. Effizienz. Energie ist nicht mehr reichlich und billig. Mit Energie muss gewirtschaftet werden. Erneuerbare Energien für den motorisierten Verkehr. Effiziente Raum- und Siedlungsstrukturen. Der Raumwiderstand wird steigen. Körperkraftmobilität für Gesundheit und Wohlbefinden eine anthropologische Grundkonstante. I+K Technologien erweitern den Mobilitätsraum. 53 Emotionale Aspekte aller Formen der Mobilität ernst nehmen und nutzen.
54 Konsequenzen für die Mobilitätspolitik Mobilitätschancen für alle Bevölkerungsgruppen und Altersgruppen. Vorrang der Nähe vor der Ferne. Vorrang für alle Formen der aktiven Mobilität 1, wie zu Fuß gehen und Fahrrad fahren, vor dem motorisierten Verkehr. Vorrang öffentlicher oder allgemein zugänglicher Verkehrsmittel vor dem privaten Auto. Steigerung der Aufenthaltsqualität des öffentlichen Raumes Bisher bezeichnet als nichtmotorisierter Verkehr oder Restverkehr
55 Das Buch zur nachhaltigen Mobilität VAS Verlag, Bad Homburg
56 Neues Buch soeben erschienen im FinanzBuch Verlag Erstellt im Auftrag und in Zusammenarbeit mit Toyoto Motor Europe Beleuchtet die Folgen von Peak Oil für die Autoindustrie 56
57 Links ASPO Deutschland e.v.: Energy Watch Group: Ludwig-Bölkow-Systemtechnik GmbH: 57
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