Die neue EMFV - Welcher Handlungsbedarf besteht für die Unternehmen?

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1 Die neue EMFV - Welcher Handlungsbedarf besteht für die Unternehmen? 26. Informationstechnische Informationstagung der Betriebsräte der Werften, , Bad Bevensen Carsten Diekel, BGHM

2 Agenda Physikalische Grundlagen EMF Die neue EMF-Verordnung Gegenüberstellung EMFV - DGUV Vorschrift 15 Beispiele aus der Industrie Beeinflussung von Implantaten durch EMF 2

3 Physikalische Grundlagen EMF 3

4 Physikalische Grundlagen EMF Vorkommen von elektromagnetischen Felder: beim Schweißen an Lasthebemagnete mit statischen Feldern bei der Energieübertragung (Freileitungen) an RFID (radio frequency identification) - Warensicherungsanlagen im Mobilfunk (Aufzählung nicht abschließend) 4

5 Physikalische Grundlagen EMF Elektrische Feldstärke E E = U / d [V / m] 5

6 Physikalische Grundlagen EMF Magnetische Feldstärke H [A / m] Magnetische Flussdichte B [T] = [Vs / m²] B = μ 0 μ r H 6

7 Physikalische Grundlagen EMF Elektromagnetische Felder haben ein weites Spektrum. Regelungsbereich der DGUV Vorschrift 15 (und der EU-RL): 0 Hz bis 300 GHz Wirkungsweise der EMF abhängig von der Frequenz (optische Strahlung, Laser- und Röntgenstrahlung werden durch eigene Vorschriften abgedeckt.) 7

8 Physikalische Grundlagen EMF Biologische Wirkungen Die Eigenschaften von EMF sind unterschiedlich, ebenso wie ihre Auswirkungen auf den Menschen. Ihre physiologischen Wirkungen sind stark frequenzabhängig. Im niederfrequenten Bereich, bis etwa 30 khz, überwiegen bei hohen Feldstärken Reizwirkungen von Sinnesorganen, Muskel- und Nervenzellen. Im Bereich von etwa 30 khz bis 100 khz ist bei steigender Frequenz eine stetige Abnahme dieser Reizwirkungen und eine stetige Zunahme der Wärmewirkung zu beobachten. Letztere überwiegt für Frequenzen oberhalb von 100 khz. 8

9 Physikalische Grundlagen EMF Zur Vermeidung einer Gefahr für Sicherheit und Gesundheit werden Grenzwerte genannt: Expositionsgrenzwerte nach EU-RL 2013/35/EU Basiswerte nach DGUV Vorschrift 15 (nach ICNIRP (International Commission on Non-Ionizing Radiation Protection)) 9

10 Die EMFV 10

11 EMFV Verordnung zum Schutz der Beschäftigten vor Gefährdungen durch elektromagnetische Felder (Arbeitsschutzverordnung zu elektromagnetischen Feldern - EMFV) 11

12 EMFV Struktur der EMF-Richtlinie Anwendungsbereich + Begriffsbestimmungen ( 1 + 2) Gefährdungsbeurteilung ( 3) Fachkundige Personen, Messungen, Berechnungen und Bewertungen ( 4) Expositionsgrenzwerte und Auslöseschwellen ( 5) Festlegungen zum Schutz vor Gefährdungen durch EMF ( 6) Schutzmaßnahmen ( 7-18) Unterweisung ( 19) Ausnahmeregelungen ( 21) 12

13 EMFV Expositionsgrenzwerte und Auslöseschwellen Expositionsgrenzwert für gesundheitliche Wirkung Thermische Erwärmung oder Stimulation von Nerven und Muskelgewebe. Expositionsgrenzwerte für sensorische Wirkung Vorübergehende Sinnesempfindungen oder geringfügige Veränderungen der Hirnfunktion. 13

14 Gegenüberstellung EMFV - DGUV Vorschrift 15 14

15 EMFV - DGUV Vorschrift 15 Grenzwerte entsprechend ICNIRP-Guideline 1998/2010 EMFV interne elektrische Feldstärke (im Körper) spezifische Absorptionsrate lokale spezifische Energieabsorption Leistungsdichte DGUV Vorschrift 15 elektrische Stromdichte im Körper spezifische Absorptionsrate spezifische Absorption Leistungsdichte 15

16 EMFV - DGUV Vorschrift 15 Expositionsgrenzwerte und Auslöseschwellen Gewebefeldstärke ist nur durch nummerische Berechnungsverfahren bestimmbar Deshalb wurden Auslöseschwellen festgelegt einfacher Nachweis, dass die Grenzwerte eingehalten werden Messung außerhalb des Körpers Flussdichte in µt elektrische Feldstärke in V/m 16

17 EMFV - DGUV Vorschrift 15 Expositionsgrenzwerte und Auslöseschwellen im niederfrequenten Bereich Auslöseschwellen für gesundheitliche Wirkung obere Auslöseschwelle Auslöseschwelle für sensorische Wirkung untere Auslöseschwelle 17

18 Grafiken: BGHM NF-Bereich EMFV - DGUV Vorschrift 15 EMFV DGUV Vorschrift 15 Gefährdung inakzeptabel Gefahrbereich persönliche Schutzausrüstungen Grenzwert gesundheitlich obere Auslöseschwelle Bereich erhöhter Exposition Grenzwert sensorisch untere Auslöseschwelle keine Maßnahmen Ausnahme: Implantate Expositionsbereich 1 Expositionsbereich 2 18

19 EMFV - DGUV Vorschrift 15 Expositionsgrenzwerte und Auslöseschwellen im hochfrequenten Bereich Expositionsgrenzwert für gesundheitliche Wirkung Auslöseschwelle für gesundheitliche Wirkung 19

20 Grafiken: BGHM HF-Bereich EMFV - DGUV Vorschrift 15 EMFV DGUV Vorschrift 15 Gefährdung inakzeptabel Gefahrbereich persönliche Schutzausrüstungen Expositionsgrenzwert Auslöseschwelle Bereich erhöhter Exposition Expositionsbereich 1 keine Maßnahmen Ausnahme: Implantate Expositionsbereich 2 20

21 Grafik: BGHM EMFV - DGUV Vorschrift 15 HF-Grenzwertkonzept der EMFV Expositionsgrenzwert Gefährdung inakzeptabel Messwerte E² + B² werden über ein 6-Minuten-Intervall gemittelt, z.b. Auslöseschwelle H m = H 1 2 t 1 + H 22 t Minuten keine Maßnahmen Ausnahme: Implantate 21

22 EMFV Wenn die relevanten Auslöseschwellen nicht überschritten werden, werden die jeweiligen Expositionsgrenzwerte eingehalten. 22

23 EMFV Die untere Auslöseschwelle für magnetische Felder darf überschritten werden, wenn Überschreitung nur von vorübergehender Natur Expositionsgrenzwert für gesundheitliche Wirkung eingehalten wird (obere Auslöseschwelle!) ggf. Gefährdungsbeurteilung und Maßnahmen aktualisiert wurden (Sinnesempfindungen / Schwindel / Übelkeit) Beschäftigte über Symptome unterrichtet wurden 23

24 EMFV Die untere Auslöseschwelle für elektrische Felder darf überschritten werden, wenn Expositionsgrenzwert für gesundheitliche Wirkung eingehalten wird (obere Auslöseschwelle!) übermäßige Funkenentladungen und Kontaktströme verhindert werden ggf. Gefährdungsbeurteilung und Maßnahmen aktualisiert wurden Beschäftigte über vorübergehende Symptome (Wirkungen im zentralen oder peripheren Nervensystem) unterrichtet wurden 24

25 EMFV Fazit für die messtechnische Bewertung Wenn die untere Auslöseschwelle nicht überschritten wird, sind keine Maßnahmen erforderlich. Wenn die untere Auslöseschwelle überschritten wird, die obere Auslöseschwelle aber nicht, ist ein vorübergehender Aufenthalt zulässig. 25

26 EMFV Beispiel: Arbeitsplatz bei Frequenz 50 Hz (B-Feld) Bislang DGUV Vorschrift 15 (Effektivwerte in Spitzenwerte umgerechnet) bis 600 µt keine Beschränkung bis µt 8 Stunden / Tag bis µt 2 Stunden / Tag bis µt für Extremitäten (Faktor 2,5) EMFV (Spitzenwerte) bis µt keine Beschränkung bis µt vorübergehender Aufenthalt zulässig bis µt für Extremitäten (Faktor 3) 26

27 Beispiele aus der Industrie 27

28 Induktionswärmungsanlage (MF) f = 8 khz Gefahrbereich (UVV) > obere Auslöseschwelle Abstand vom Induktor in m Messwert B in µt Beurteilung nach UVV Beurteilung nach EMFV 0, Gefahrbereich obere Auslöseschwelle überschritten 0,4 120 Erhöhte Exposition obere Auslöseschwelle überschritten 0,6 60 Expositionsbereich 1 untere Auslöseschwelle unterschritten 28

29 Induktionsschmelzofen (MF) Bereich erhöhter Exposition Gefahrbereich f = 1000 Hz Abstand vom Boden in m Messwert B in µt Beurteilung nach UVV Beurteilung nach EMFV 0, Gefahrbereich 1,8 118 Bereich erhöhter Exposition obere Auslöseschwelle überschritten untere Auslöseschwelle unterschritten 29

30 Induktivhärten (MF bis HF) f = 200 khz häufig Gefahrbereich, hier Expositionsbereich 1 Abstand vom Werkstück in m Messwert H in A/m 0,05 12,2 0,1 9,5 Beurteilung nach UVV Expositionsbereich 1 Expositionsbereich 2 Beurteilung nach EMFV Auslöseschwelle überschritten Auslöseschwelle überschritten 30

31 Rissprüfanlagen (NF) f = 50 Hz Gefahrbereich Abstand vom Prüfling in m Messwert B in µt Beurteilung nach UVV 0, Gefahrbereich 0, ,6 180 Bereich erhöhter Exposition Expositionsbereich 1 Beurteilung nach EMFV obere Auslöseschwelle unterschritten obere Auslöseschwelle unterschritten untere Auslöseschwelle unterschritten 31

32 Schweißen (Elektrode, MAG, WIG) Expositionsbereich 1 direkt an schweißstromführenden Teilen (untere Auslöseschwelle unterschritten) 32

33 Punktschweißen Gefahrbereich (obere Auslöseschwelle überschritten?!) BGIA-Report 2/2009 IFA-Report 4/

34 Schweißen (HF) f = 27,12 MHz Gefahrbereich Abstand von Schweißstelle in m Messwert E in V/m Beurteilung nach UVV 0,1 670 Gefahrbereich 0,3 54 Expositionsbereich 1 0,4 24 Expositionsbereich 2 Beurteilung nach EMFV Auslöseschwelle überschritten Auslöseschwelle unterschritten Auslöseschwelle unterschritten 34

35 Induktionserwärmung (MF) f = 8,6 khz Gefahrbereich Abstand vom Kabel in m Messwert E in V/m Beurteilung nach UVV 0, Gefahrbereich 0,3 54 Erhöhte Exposition 0,4 24 Expositionsbereich 1 Beurteilung nach EMFV obere Auslöseschwelle überschritten untere Auslöseschwelle unterschritten untere Auslöseschwelle unterschritten 35

36 Fazit Bei den hier beschriebenen Anlagen häufig Gefahrbereiche (Ganzkörperexposition) eher unkritisch bei Bewertung der Extremitäten Bedienstand häufig im Expositionsbereich 2 Mittelfrequenzanlagen sind kritischer auch an baugleichen Anlagen Messung erforderlich Achtung Implantatträger 36

37 Fazit Synopse mit der EMFV für die Metallindustrie keine Verschärfung (normalerweise niederfrequente B-Felder) Absenkung der Grenzwerte für niederfrequente E-Felder in der Holz- und Metallbranche ohne Relevanz HF-Bereich: E-Feld-Komponente dominierend Typische Maschinen HF-Schweißanlagen / Trockner Expositionsgrenzwert unverändert Übergangsbereich (100 khz bis 1 MHz) z. B. HF-Löten oder induktives Härten Neubewertung erforderlich Widerstandsschweißen numerische Berechnungsverfahren 37

38 Bewertung aller Auswirkungen auf die Gesundheit und Sicherheit besonders gefährdeter Arbeitnehmer durch EMF 38

39 Herzschrittmacher Was nun? 39

40 EMF und Körperimplantate EMFV 2, 3, 6, 19: Begriffsbestimmungen, Gefährdungsbeurteilung, Maßnahmen, Unterweisung Bewertung aller Auswirkungen auf die Gesundheit und Sicherheit besonders schutzbedürftiger Beschäftigter, insbesondere für die Beschäftigten, die aktive oder passive implantierte medizinische Geräte tragen (z.b. Herzschrittmacher), oder für die Beschäftigten, die medizinische Geräte am Körper tragen (z.b. Insulinpumpen) 40

41 EMF und Körperimplantate DGUV Information Beeinflussung von Implantaten durch elektromagnetische Felder - Eine Handlungshilfe für die betriebliche Praxis (veröffentlicht Juni 2009, aktualisierte Fassung vom März 2012) Zusammenfassende Beurteilung des weiteren Einsatzes (als Teamarbeit: HSM-Träger, FK, Sifa, BA, BR, BG) unter Berücksichtigung der Gefährdungsbeurteilung 41

42 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Carsten Diekel KPZ Elektrotechnik Tel.: 0421 / carsten.diekel@bghm.de 42