Widerstand am letzten Atomwaffenstandort in Deutschland Von Dr. Elke Koller
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1 Widerstand am letzten Atomwaffenstandort in Deutschland Von Dr. Elke Koller Fliegerhorst Büchel Etwa 100km südlich von Bonn liegt der NATO-Flugplatz des Taktischen Luftwaffengeschwaders 33 in der Nähe von Büchel. Hier sind auch 20 US-Atombomben des Typs B61-3 stationiert. 1
2 Das Atombombenlager ist durch einen zusätzlichen Zaun abgesichert und darf nur von US-Soldaten betreten werden, die zur Wartung und Bewachung der Atombomben abgestellt sind, das Munitions Support Squadron 702. Etwa 100 US-Soldaten fahren täglich durch das Tor. Außerhalb des Zaunes führt eine zivile Staffel, die sogenannte Hundestaffel, regelmäßige Patrouillen durch. Auch sie sind bewaffnet. Im Rahmen der Nuklearen Teilhabe in der NATO sollen im Einsatzfall die deutschen Tornadopiloten diese Atombomben ans Ziel fliegen. 2
3 Auch im Frieden stellen diese Bomben eine ständige Bedrohung dar, denn ein besonders kritischer Moment ist die Wartung der Bomben. Hierzu werden sie aus ihren 8m tiefen Sheltern hochgefahren, das geschieht mehrmals im Jahr. Da die Zünder aus einem Druckbehälter mit radioaktivem Wasserstoff bestehen, kann hierbei eine Tritiumwolke austreten. Vor allem sind die Atombomben nicht feuerresistent und eine Explosion in unmittelbarer Nähe kann eine Katastrophe auslösen, ebenso der Zugriff durch Terroristen. Deshalb werden seit einigen Jahren auch regelmäßig Antiterrorübungen durchgeführt. 3
4 Ich selbst lebe nur 3km Luftlinie von dem Atombombenstandort entfernt und sehe diesen NATO-Standort auch als besondere Zielscheibe im Kriegsfalle. Diese latente Gefahr hat mich dazu bewogen, zusammen mit den Juristen der IALANA die Bundesregierung auf Abzug der Atombomben zu verklagen. Der zweite wichtige Grund für meine Klage ist der Art.25 des deutschen Grundgesetzes. Dort heißt es: Die allgemeinen Regeln des Völkerrechtes sind Bestandteil des Bundesrechtes. Sie gehen den Gesetzen vor und erzeugen Rechte und Pflichten unmittelbar für die Bewohner des Bundesgebietes. Daraus leiten die Juristen von IALANA das Recht eines jeden Bundesbürgers ab, sich für die Einhaltung des Völkerechtes einzusetzen. Schon der Internationale Gerichtshof hat in seinem Gutachten von 1996 festgestellt, dass die Drohung mit und der Einsatz von Atomwaffen generell völkerrechtswidrig ist, da diese Waffen nicht zwischen Zivilisten und Kombattanten unterscheiden und unverhältnismäßig große Schäden anrichten. Die Klage wurde im April 2010 am Verwaltungsgericht Berlin eingereicht, allerdings wurde dort die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts Köln festgestellt, da ja der Hauptsitz des Verteidigungsministeriums noch in Bonn sei. Interessanterweise reisten die Vertreter des Verteidigungsministeriums dann immer aus Berlin an. Das Verwaltungsgericht Köln wies meine Klageberechtigung zurück, da ich ja durch die Bomben persönlich noch keinen Schaden erlitten habe. Der Art.25 des Grundgesetzes wurde im Urteil nur insofern berücksichtigt, als das Gutachten des Internationalen Gerichtshofes die Völkerrechtswidrigkeit von Atombomben nicht für alle Fälle festgestellt habe. Wenn nämlich ein Staat in seinem Überleben gefährdet sei, wäre der Einsatz von Atombomben möglicherweise völkerrechtlich zulässig. Führt man allerdings diesen Gedanken weiter, müsste das Recht auf den Besitz von Atomwaffen jedem Staat zustehen. Der NPT-Vertrag ( Non-Proliferation- Treaty), dem Deutschland 1977 als Nichtatomwaffenstaat beigetreten war, wäre damit hinfällig. Das folgende Verfahren am Oberverwaltungsgericht Münster bestätigte dann das erstinstanzliche Urteil. Daraufhin wurde beim Bundesverfassungsgericht eine Beschwerde eingereicht, diese ist allerdings noch nicht behandelt worden. 4
5 Die Proteste vor Ort begannen im Jahr 1996 Nach einem ersten großen Protestmarsch gab es neben Mahnwachen und anderen Protestformen auch zivilen Ungehorsam, z.b. als zivile Inspektion angekündigte Go-in-Aktionen. Die Aktivisten wurden regelmäßig durch das Cochemer Amtsgericht und die weiteren Instanzen verurteilt. Eine Beschwerde dagegen vorm Bundesverfassungsgericht im Jahr 2000 durch Eberhardt Tetzlaff wurde vom Verfassungsgericht nicht angenommen. Ab 2002 gab es jährlich eine 17 km lange komplette Umrundung des Fliegerhorstes unter dem Motto Jericho in der Eifel. Nach sieben Jahren sollten die Atombomben abgezogen sein, so die Hoffnung der Veranstalter. Zur großen Abschlusskundgebung im Jahr 2008 mit knapp 3000 Teilnehmern waren die Bomben aber leider immer noch da. Im Jahr 2009 wurde ein großes Camp mit verschiedenen Blockade- und Go-In- Aktionen auch von zahlreichen internationalen Aktivisten besucht. Anfang des Jahres 2010 kamen die ersten Informationen aus den USA, dass diese ihre Atombombenarsenale modernisieren wollen, auch die in Europa stationierten B61-Bomben sollten gegen die neuen B51-12 Bomben ausgetauscht werden. 5
6 Zunächst war noch unsicher, ob die Bomben in Büchel auch betroffen sind, da der Bundestag im März 2010 ihren Abzug beschlossen hatte. Der folgende Ostermarsch er war der erste in Büchel- fand viele Teilnehmer, weil wir den Bundestag in seinem Bestreben unterstützen wollten. Mit 100 bis 300 Teilnehmern ist der Bücheler Ostermarsch mittlerweile der bestbesuchte in Rheinland-Pfalz. 6
7 Außerdem gibt es im Gedenken an Hiroshima und Nagasaki jedes Jahr eine Fastenaktion im August. Doch genützt hat es wenig, denn 2012 hat die Bundesregierung auf der NATO- Konferenz in Chicago einem Austausch der Bomben in Büchel gegen die geplanten neuen B61-12-Bomben zugestimmt. Danach verstärkten sich die Proteste. Große Beteiligung fand im Jahr 2013 eine mehrtätige Musikblockade an allen Toren des Fliegerhorstes, an der von Balladensängern und Kabarettkünstlern bis zu Popgruppen und der Gruppe Lebenslaute mit ihrem Klassik-Orchester alle Musikrichtungen vertreten waren. Auch etliche Einzelgruppen zeigten ihren Protest am Tor, so z.b. die Juristen- Vereinigung IALANA, die mit Peter Becker ein Klavierkonzert von Klassik bis Blues am Tor veranstaltete. 7
8 Im Jahr 2015 war vom 26.März (Datum des Bundestagsbeschlusses von 2010 auf Abzug der Atombomben) bis zum 13.Mai, dem Beginn der NPT-Konferenz in New York eine 65-Tage-Blockade angedacht. Durch die bundesweite Beteiligung der unterschiedlichsten Gruppen konnte immerhin an 35 Tagen Blockiert werden. Für 2016 ist eine 20-Wochen-Aktion geplant, wieder ab dem 26.März bis zur Fastenaktion im August. Hierbei können Gruppen aus ganz Deutschland eine Woche lang verschiedene Protestaktionen nach eigener Gestaltung durchführen. Jeweils nach Ende der Aktion sollen dann eigene Friedenssymbole auf einer Friedenswiese dauerhaft installiert werden in Anlehnung an die Kreuze in Hasselbach im Hunsrück, wo die Stationierung der Pershing-Raketen erfolgreich verhindert wurde. Ziel der laufenden Kampagne: atomwaffenfrei-jetzt! Atombomben abschaffen- bei uns anfangen! Dr.Elke Koller, Internationaler Versöhnungsbund, Leienkaul 8
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