juragarten BLAUGRASHALDE
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- Gotthilf Winkler
- vor 6 Jahren
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1 juragarten BLAUGRASHALDE Dokumentation der durch den Bau der Bergstation der Seilbahn Weissenstein verursachten Veränderungen des Areals im Juragarten 2013 bis 2015 von Willy Bichsel Text und Bilder von Willy Bichsel, Pro Weissenstein -
2 Erklärung der Begriffe Blaugrashalde und Blaugras-Buchenwald. Die Bezeichnung Blaugrashalde habe ich im Juragarten Weissenstein auf der Westseite für die Areale 34 und 36 im Jahr 2001 gewählt. Die Bezeichnung Blaugras-Buchenwald Typ 16N entnahm ich der der Schrift Vegetationskundliche Kartierung der Wälder im BLN-Gebiet Weissenstein Den Blaugras-Buchenwald findet man auch am Weissenstein südseitig beim Hinterweissenstein am Dilitschchopf, unterhalb dem Göiferlätsch bis zum Tränenbänkli, sowie oberhalb des Mürlirankes und bei Rüttenen auf der Martinsflue. Der Eindruck einer Blaugrashalde ergab sich aus der Pflege. Die Einfahrt der Sessel zur Bergstation musste seit 1950 für den Betrieb der Sesselbahn frei von Bäumen und Sträuchern gehalten werden. Sie wurde während 60 Jahren weder gemäht noch geweidet. Beschreibung der Veränderungen durch den Bau und einige erdgeschichtliche und vegetationskundliche Betrachtungen. Für den Neubau der Bergstation wurde im Frühling 2014 ein Teil der auf der Westseite des Gartens liegenden steilen Halde abgetragen. Dieses Areal wird im Botanischen Inventar JURAGARTEN WEISSENSTEIN, erstellt 1992, als wertvolle, erhaltenswerte Blaugrashalde beschrieben. Durch die Bauarbeiten wurde ein intaktes Bodenprofil des Hauptrogensteins freigelegt. Die über fünf Meter hohe senkrechte Wand zeigt die zweihundert Millionen Jahre alte Geschichte des obersten Teils der Erdkruste. Sie beginnt im Thethys-Ozean, als der Urkontinent in Platten zerfiel. Damals lebten im tropisch warmen Wasser unter anderen Meerestieren auch kleine Schnecken und Muscheln mit einem Kalkmantel. Die abgelagerten Schalen und Skelette bildeten auf dem Meeresgrund eine dicke Sedimentschicht. Vor 40 Millionen Jahren falteten sich die Gesteinsschichten durch den Druck der Kontinentalplatten gegeneinander. Zuerst entstanden die Alpen, dann der Jura. Gleichzeitig wirkten aber auch die abbauenden Erosionskräfte des Wassers mittels mechanischer und chemischer Vorgänge. Auf der Weissensteinfalte wurden die obersten Gesteinsschichten abgetragen. Das Kurhaus steht auf dem Schichtbogen des Hauptrogensteins. Auf der Bruchfläche des Gesteins erkennt man die kugelförmigen, den Fischrogen ähnlichen, versteinerten Schalen. Im Feinschutt über der Verwitterungsschicht, siedelten sich allmählich Pflanzen an und es bildete sich, zusammen mit organischem Material, ein Rohhumusboden. Wahrscheinlich wurde der Weissenstein während der 1.5 Millionen Jahre dauernden Eiszeiten nie durch Gletschereis überfahren. Es entwickelte sich sukzessive eine geschlossene Waldgesellschaft. Auf Bildern und Postkarten vom Weissenstein und aus den Karten der Landestopografie erkennt man, dass seit über 200 Jahren auf der Süd- und Westseite des Kurhauses immer ein mehr oder weniger geschlossener Wald gestockt hat. Am Strunk einer kürzlich gefällten Buche, die der Rodung des Bergwaldes für die Einfahrtsschneise zur Bergstation zum Opfer fiel, zählte ich 380 Jahrringe. Während des Baus der Sesselbahn, um 1950, wurde der Bergwald ebenfalls gerodet. In der Folge konnte sich während rund sechzig Jahren eine Blaugrashalde entwickeln, denn es war ein Rohhumusboden vorhanden, das Areal wurde weder durch Weiden noch durch Mähen genutzt, regelmässig wurden aufkommende Sträucher und Bäume entfernt, zudem förderte die Steilheit des Geländes die Entwicklung der Pflanzengesellschaft ideal. Bei die Wiederherstellung des Geländes nach den von 2013 bis 2015 ausgeführten Bauarbeiten wurde eine naturnahe Modellierung der Landschaft angestrebt. In Zukunft sind die noch vorhandenen Horste des Blaugrases total zu schützen. Das Areal darf weder genutzt noch begangen werden. Ausgenommen sind die sorgfältig auszuführenden Pflegearbeiten der Halde. 2
3 Die Bilder zur fast unendlichen Geschichte Bild 1: Areal 34 Blaugrashalde Ein Jahr vor dem Bau der Bergstation der neuen Seilbahn sehen wir hier die typische Blaugrashalde. Dominierend sind die Horste des Blaugrases mit weiteren Gräsern und Seggen. Eingestreut sind der Jura-Bärenklau mit den rundlichen, meist dreiteiligen Blättern und die Samenstände des Gelben Enzians. Diese Gesellschaft konnte sich hier, unter der Einfahrtsschneise der Sesselbahn während rund sechzig Jahren entwickeln. Bild 2.1: Blaugras, Sesleria caerulea Das einzig Blaue an diesem, in lockeren Wanderhorsten wachsenden Grases, sind die im frühen Frühling blühenden Spelzen am hohen Halm. Bild 2.2 Blaugras, Sesleria caerulea Die grundständigen Blätter bilden im Herbst ein dichtes, faseriges Geflecht um die hangabwärts am Boden aufliegenden Ausläufer. Aus den Blattrippen kann die Pflanze Wurzeln bilden. Zusammen mit anderen Gräsern oder Seggen bildet es dichte, treppige Horste, die das Abrutschen des feinen Gerölls am steilen Hang verhindern. Diese Pflanzengesellschaft ist sehr trittempfindlich und kann deshalb kaum genutzt werden. 3
4 Bild 3: Blaugrashalde Im April 2014 fuhr der Bagger auf und legte die Schneise für die Einfahrt der Gondeln in die Bergstation frei. Die Blaugrashalde wurde zu drei Vierteln zerstört. Bild 4: Felswand aus Hauptrogenstein Die über 5 Meter hohe Wand zeigt uns die über 200 Millionen Jahre alte Geschichte, die im Thetys-Ozean begann und über die Auffaltung des Juragebirges geht und hier, im Mai 2014, endet. Bild 5: Bodenprofil Auf der kompakten Felsschicht liegt die Verwitterungsschicht mit grobem Schutt, darüber die einen Meter dicke Rohhumusschicht. Einige zehntausend Jahre hat es gedauert, bis sich dieser Boden entwickelt hat und darauf sukzessive ein Blaugras-Buchenwald, entstanden ist. 4
5 Bild 6: Fundament der Stütze Das Fundament der Stütze ist betoniert. Die Baugrube ist mit Blöcken aus der abgebauten Schicht wieder aufgefüllt. Bild 7: Stütze Die Stütze ist montiert Am wurde die neue Gondelbahn eröffnet. Bild 8: Stütze 17 17, Im April und Mai 2015 wurden die Umgebungsarbeiten bei der Bergstation abgeschlossen. Im JURAGARTEN WEST wurde der neue Weg gebaut, die Abschrankungen erstellt und die Halde um den Mast 17 gefestigt und mit dem vorhandenen Rohhumus abgedeckt. Das wiederhergestellte Areal wird im Plan neu mit Areal 36 Blaugrashalde bezeichnet. 5
6 Bild 9: Areal 36 am 27. Mai wurden über 350 Pflanzen eingesetzt. Siehe auch das nachfolgend aufgeführte Pflanzen-Inventar, Aufnahme Bild 10: Areal 36, Der neue Weg mit der Treppe, von der Kurhausterrasse aus gesehen, ist fertiggestellt. Bild 11: Areal 36 Auf der oberen Kante der Halde und unterhalb der Abschrankung wurden standortgerechte Pflanzen eingesetzt die das lockere Geröll mit der Zeit festigen werden. 6
7 Bild 12: Areal 36 Die neue Bepflanzung unterhalb des Mastes 17 wird sich nahtlos mit der noch bestehenden Blaugrashalde verbinden. Pflanzen-Inventar, Aufnahme *Acinos alpinus Alpen-Steinquendel 982 *Alchemilla conjuncta Verwachsener Silbermantel 1149 *Anthyllis vulneraria ssp. carpatica Echter Wundklee 2036 Aster alpinus Alpen-Aster 1908 *Campanula cochleariifolia Niedliche Glockenblume 1905 *Campanula rotundifolia Rundblättrige Glockenblume 1907 Capanula scheuchzeri Scheuchzers Glockenblume 2583 Carex sempervirens Horst-Segge 2235 *Centaurea montana Berg-Flockenblume 389 Cerastium arvense ssp. arvense Acker-Hornkraut 1774 *Digitalis grandiflora Grossblütiger Fingerhut 1961 Galium album Weisses Labkraut 1964 Galium pumilum Niedriges Labkraut 1509 Gentiana lutea Gelber Enzian 526 *Helianthemum nummularium ssp. grandiflorum Grossblütiges Sonnenröschen 2365 Hieracium villosum Zottiges Habichtskraut 1164 *Hippocrepis comosa Schopfiger Hufeisenklee 1987 *Knautia dipsacifolia Wald-Witwenblume 2909 Narcissus pseudonarcissus Osterglocke 2002 Scabiosa lucida Glänzende Skabiose 873 *Sedum album Weisser Mauerpfeffer 2681 *Sesleria caerulea Blaugras 2011 Valeriana montana Berg-Baldrian Mit * bezeichnet sind die am im wiederhergestellten Areal 36 eingesetzten total 354 Pflanzen. Geliefert von der Wildstauden Gärtnerei Patricia Willi, 6274 Eschenbach LU. Diese Geschichte ist heute nicht abgeschlossen. Es ist zu hoffen, dass in absehbarer Zeit, interessierte Menschen wieder eine geschlossene, vielfältige Pflanzengesellschaft bewundern können. Im besten Fall eine Blaugrashalde. 7
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