Erfahrungsbericht über ein Praxissemester als Laborassistent in Australien
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- Bernhard Fuhrmann
- vor 8 Jahren
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1 Erfahrungsbericht über ein Praxissemester als Laborassistent in Australien Vorbereitung Anfang des Jahres 2012 habe ich mich dazu entschlossen ein Praxissemester im Ausland zu absolvieren. Dazu musste ich zuerst einen passenden Praktikumsplatz finden. Da ich mit dem Auslandsaufenthalt mein Schulenglisch auffrischen und verbessern wollte, kam für mich nur ein englischsprachiges Land in Frage. Mit etwas Glück habe ich eine Stelle in der wunderschönen Hauptstadt Australiens gefunden, was auch meinen Wunschvorstellungen entsprach. Nachdem ich die Zusage bekommen hatte musste ich noch einige Dinge klären. Im Nachhinein muss ich sagen, dass ich etwas blauäugig an die Sache herangegangen bin. Ich habe nicht damit gerechnet, dass ein VISA-Verfahren mehr als ein halbes Jahr dauern kann für einen Aufenthalt, der gerade mal genauso lange dauern sollte. Außerdem musste ich um Versicherungen kümmern, eine Unterkunft organisieren und ein Bankkonto eröffnen. Bei dem Bankkonto sollte man sich vorher die Frage stellen, ob man ein australisches Konto benötigt. Da ich keine Entlohnung für mein Praktikum bekommen habe und mein Zimmer bar bezahlt habe, konnte ich darauf verzichten. Es gibt mittlerweile einige deutsche Banken, die kostenloses abheben an Automaten in der ganzen Welt anbieten. Außerdem empfiehlt es sich eine Kreditkarte mitzunehmen, weil diese quasi essentiell für Online-Buchungen in Australien ist. Arbeiten In Canberra habe ich in den Black Mountain Laboratories unter der Leitung einer deutschen Wissenschaftlerin an verschiedenen Projekten mitgearbeitet. Die Labore gehören zur Commonwealth Scientific and Industrial Research Organisation (CSIRO), welche auch ihren Hauptsitz in Canberra hat. CSIRO ist eine staatliche Forschungseinrichtung und betreibt Institute in ganz Australien, wobei sich der Inhalt der Forschung über alle Teilgebiete der Naturwissenschaften erstreckt. Das Labor in dem ich gearbeitet habe gehörte der Abteilung Ecosystem Sciences an und untersuchte die Wirkung von verschiedenen Calicivirus-Stämmen auf Kaninchen. Das Ziel war es in den 90er Jahren mit Hilfe des RHD-Virus die Kaninchenpopulation in Australien zu dezimieren bzw. die massive Ausbreitung und Vermehrung und die damit verbundenen Folgen für das Land, im speziellen für die Agrarwirtschaft, in den Griff zu bekommen. Dies hat in großen Teilen des Landes auch geklappt, nur stellte es sich heraus, dass in manchen Gegenden Australiens schon ein "freundlicher" Virusstamm im Umlauf ist, der die Kaninchen nicht tötet, aber dennoch auch gegen den pathogenen Virusstamm eine Immunisierung hervorruft. Meine Arbeit im Labor umfasste daher größten Teils die Auswertung von gesammelten Serum- Proben. Diese wurden auf die verschiedenen Antikörper hin untersucht, wozu selbst entwickelte
2 ELISA-Tests verwendet wurden. Insgesamt gab es acht verschiedene ELISA-Tests, also jeweils vier für das pathogene RHD-Virus und vier für das "freundliche" RCV-A1 genannte Virus. Die vier Tests waren jeweils für die Untersuchung auf IgG-, IgA- oder IgM-Antikörpern sowie ein genereller Test auf Antikörper gegen eines der Viren. Generell bestand also mein Tagesablauf daraus den ELISA durchzuführen und alles für den nächsten Tag vorzubereiten. Dies bestimmte auch meine Arbeitszeit. Ich hatte zu keiner Zeit fest vorgeschrieben Arbeitszeiten. Wie lange ich im Labor war hing von dem jeweiligen Test ab und wie schnell ich war. Am Anfang musste ich zunächst 2 Tage damit verbringen Sicherheitsanweisungen sowie Project Reports und Papers zu den Arbeiten im Labor zu lesen und verschiedene wichtige Leute kennenzulernen. Danach hat mir mein Vorgänger alles im Labor gezeigt und mir die Testverfahren beigebracht. Nach einer Woche durfte ich dann schon selbstständig im Labor arbeiten und hatte meinen eigenen Platz. Am Ende jeden Tages habe ich dann meine Ergebnisse mit meiner Chefin besprochen um eventuelle Fehler bei der Durchführung zu erkennen und zu beheben. Im Laufe der Zeit entwickelte sich so eine gewisse Routine und ich konnte Fehler selber erkennen bzw. mehr Proben auf einmal testen. Abbildung 1 Mein Arbeitsplatz im Labor
3 Des Weiteren habe ich noch ein paar Mal PCRs durchgeführt und die anschließend erhaltenen DNA- Proben für die Sequenzierung vorbereitet sowie andere Aufgaben, die zum Laboralltag gehörten übernommen, was jedes Mal eine willkommene Abwechslung darstellte. Dazu gehörte die Betreuung der eigenen Kaninchen-Kolonie sowie die Hilfe bei der Durchführung von Experimenten am Tier selbst, was des Öfteren zu Diskussionen über die ethischen Aspekte der Tierversuche führte. Außerdem habe ich ein paar Mal mitgeholfen die Serum-Proben von wilden Kaninchen zu beschaffen, womit ich quasi alle Arbeiten von der Serum-Beschaffung bis zum fertigen Wert in der Excel-Tabelle einmal selbst ausgeführt habe. Bei diesen Ausflügen habe ich des Weiteren die Arbeit eines Rangers in den Nature Parks kennengelernt, wobei ich es sehr Schade fand, dass diese Arbeit nicht sehr gut bezahlt wird und somit auch eine Menge an eigenem Interesse fordert, wie mir nachher Berichtet wurde. Das Arbeitsumfeld sowie meine Kollegen waren zu jeder Zeit sehr freundlich, weshalb es jeden Tag Spaß gemacht hat ins Labor zu kommen. Alle waren sehr hilfsbereit und haben mir immer bei der noch so kleinsten oder vermeintlich dümmsten Frage geholfen. Außerdem war ich sehr überrascht, was die an mich gestellten Erwartungen betraf. Ich hatte im Vorfeld ein bisschen Angst, dass meine englisch Kenntnisse oder meine Erfahrungen in der Laborarbeit ein wenig hinter den Erwartungen liegen könnte. Es stellt sich aber heraus das alle eher überrascht waren von meinem Ausbildungsstand, da ich ja noch kein abgeschlossenes Studium vorweisen konnte. Auch die englisch Kenntnisse waren kein großes Problem, da zum einen das Labor international besetzt war mit Leuten aus China, Frankreich, Deutschland und Australien und zum anderen alle sehr geduldig mit mir waren. Außerdem bringt es die Zeit mit sich, dass man nicht mehr so viel nachdenkt und einfach redet. Der abgedroschene Spruch "Übung macht den Meister" gilt also wirklich. Abbildung 2 Mein eigener Computer
4 Field Trip Im Rahmen der Probenbeschaffung hat mich die Leiterin des Labors einmal auf einen Field Trip mitgenommen. Dabei habe ich das erste Mal begriffen wie groß Australien ist bzw. was der Begriff "unberührte Natur" wirklich bedeutet. Abbildung 3 Irgendwo im Nirgendwo oder das Outback um Yunta Zunächst mussten wir fast 1400 km fahren um überhaupt zu dem Ort zu kommen, wo wir die Proben sammeln wollten. Dort angekommen haben wir uns in einem Trailer park einquartiert und unser Fahrzeug für die Jagd hergerichtet. Tagsüber haben wir dann immer die Orte erkundet wo wir Kaninchen jagen wollten. Wir haben nach Anzeichen von Kaninchenbauten Ausschau gehalten und Einheimische befragt. Dabei hatten wir auch die Unterstützung eines pensionierten Wissenschaftlers der lange Jahre mit Kaninchen gearbeitet hat. Er hat mir sehr viel erklärt bei unseren Erkundungsfahrten und ich habe sehr viel über das Outback und die Tierwelt gelernt. In der Dämmerung ging es dann auf die Jagd, die auch schon mal bis 2 Uhr Nachts gehen konnte. Insgesamt gab es einige Erlebnisse bei diesem Field Trip, die ich nie wieder vergessen werde. Ein Beispiel wäre der klarste Blick auf den Sternenhimmel auf der ganzen Welt, wobei er nicht von irgendwelchen künstlichen Lichtern von der Erde getrübt wurde.
5 Leben in Australien Zunächst muss ich dazu sagen, dass es nicht ganz billig ist in Australien zu leben, wenn man sein Geld aus Europa mitbringen muss, da der Wechselkurs aus europäischer Sicht momentan sehr schlecht ist. Dies stellte sich schon früh bei der Zimmersuche heraus. Eine Miete von 200 AUD pro Woche ist für ein einfaches Zimmer normal. Des Weiteren sind die Lebensmittel generell teurer und frisches Obst und Gemüse kann zu einer Luxusware werden, so konnte 1 kg Paprika beispielsweise auch schon mal 12 AUD kosten. Dagegen ist Fleisch und im speziellen Rind teilweise sehr billig. Des Weiteren sind die Preise für Eintritt oder Alkohol sehr hoch, was bedeutet, dass ein Abend im Kino oder mit Freunden im Pub schnell mal das selbstgesteckte Wochenbudget überschreitet. Abbildung 4 Canberra vom Black Mountain aus gesehen Canberra ist eine Stadt im Busch. Obwohl die Stadt nur Einwohner zählt, ist sie in der Nord- Süd-Ausdehnung in ungefähr so groß wie Berlin. Dies liegt daran, dass die einzelnen Stadtteile teils sehr weit auseinander liegen und zwischen ihnen Nature Parks liegen. Hierbei liegt auch ein Nachteil für Leute ohne Auto. Da die öffentlichen Verkehrsmittel sehr bescheiden sind, habe ich mich zu der sportlichen Variante entschlossen und mir ein Fahrrad besorgt. Dabei kommt einem das Wetter in Australien zugute und ich musste sehr selten wegen eines Regenschauers auf den Bus zurückgreifen.
6 Allerdings bin ich sehr viel und weite Strecken Fahrrad gefahren, da mein Arbeitsweg schon 9 km betrug. Mein Zimmer habe ich letztendlich in Aranda, einem der ältesten Stadtteile von Canberra, gefunden. Dort habe ich zusammen mit einem chinesischen Ehepaar, einem polnischen Handwerker und einer indischen Studentin gewohnt. Ich hatte also wieder mit verschiedenen Kulturen zu tun und musste mich insbesondere mit der chinesischen auseinandersetzen. Dies war nicht immer einfach und ich muss im Nachhinein sagen, dass es vielleicht besser gewesen wäre mir ein Zimmer in einer anderen Wohngemeinschaft zu suchen, da es bei mir eher eine Zweckgemeinschaft war und selten ein Gespräch zustande kam. Dagegen kam die soziale Komponente auf der Arbeit nie zu kurz. Es gab immer wieder Veranstaltungen wie BBQs, Quiz- oder Pub-Abende und vieles andere mehr, wo man mit anderen Leuten in Kontakt kommen konnte. So gesehen habe ich die australische Lebensweise fast nur durch die Arbeit kennengelernt. Reisen in Australien Am Ende meines Aufenthalts habe ich für einen Monat die Ostküste Australiens erkundet. Bei der Planung ist es empfehlenswert zu bestimmten Reisebüros zu gehen, die sich auf Backpacker spezialisiert haben. Diese helfen einem mit der gesamten Planung, buchen alles und dienen als Anlaufstellen für Fragen, da es meistens in jedem Touristenort eine Zweigstelle gibt. Ich habe mich allerdings für ein wenig mehr Freiheit entschieden und erst mal nur die Hälfte der Tour Planen lassen. Da man überall andere Backpacker trifft und sehr schnell ins Gespräch kommt war dies im Endeffekt eine gute Idee. So konnte ich mit den Tipps der anderen Reisenden meine weitere Tour planen. Die Reise umfasste die Blue Mountains, den Regenwald um Cairns, die Whitsunday Islands, Fraser Island, Noosa mit den Everglades und Byron Bay. Dabei habe ich jeweils in Hostels übernachtet und bin größtenteils mit dem Reisebus unterwegs gewesen. Viele haben mich gefargt, ob es nicht langweilig ist alleine unterwegs zu sein, aber ich kann nur sagen, dass man sehr viele Leute kennenlernt und man so auch sehr viel über den Austausch mit anderen lernt bzw. dessen Sichtweisen. Ich kann es nur jedem empfehlen sich seinen Rucksack zu schnappen und eine Zeit lang als Backpacker umherzureisen. Fazit Alles in Allem ist das Leben in Australien sehr angenehm. Man kann 24/7 einkaufen gehen und die Mentalität ist sehr locker wozu mir der Spruch eines Tour-Guides einfällt: "In Australien gibt es keine faulen Leute sondern nur relaxte." Außerdem sprechen die Leute auch eher mit einem was für Deutsche manchmal sehr irritierend ist, wenn man z.b. morgens auf einer Bank liegt neben einem der Rucksack, da man erst mittags im Hostel einchecken kann und gerade eine 14-stündige Busfahrt
7 hinter sich hat. Da gibt es Leute die vorbeigehen, sich neben einen setzen und einfach 1 Stunde mit dir reden. Des Weiteren hat mir das halbe Jahr sehr geholfen selbstständiger zu werden und meine Prioritäten im Leben neu zu arrangieren bzw. ich habe zum ersten Mal das Gefühl, dass ich weiß was ich für Ziele verfolgen möchte. Dies gilt im Hinblick auf mein Studium als auch für mein Sicht eines glücklichen und zufriedenen Lebens. Außerdem habe ich viel über Australien gelernt, deren Kultur, Einwohner sowie Ureinwohner und die Probleme, die das Einführen von nicht heimischen Tieren in fremde Ökosysteme mit sich bringt. Meine eigentlichen Ziele, mein Englisch zu verbessern und eine gewisse Routine im Labor zu entwickeln, habe ich auch erreicht. Zum Abschluss möchte ich mich bei dem Akademischen Auslandsamt und im speziellen bei Frau Winkler bedanken, die mir jederzeit geholfen hat und auf fast alle meiner Fragen eine Antwort wusste. Des Weiteren bedanke ich mich noch bei meinen Arbeitskollegen für die Unterstützung und im besonderen meinen beiden Betreuern Frau Dr. Tanja Strive und Herrn John D. Wright. Von Mathias Drewer Abbildung 5 Sonnenuntergang in Byron Bay
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