L E I T A N T R A G. zum. 37. Parteitag. der CDU Nordwürttemberg. 2. Juli 2005, Aalen, Stadthalle
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- Maximilian Müller
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1 BEZIRKSVERBAND NORDWÜRTTEMBERG L E I T A N T R A G zum 37. Parteitag der CDU Nordwürttemberg 2. Juli 2005, Aalen, Stadthalle
2 1 Thema «Kinderland Baden-Württemberg Chance für ein zukunftsfähiges Nordwürttemberg» 1 2 Positionspapier für den CDU-Bezirksparteitag am 2. Juli 2005 in Aalen, Stadthalle 3 1. Situationsbeschreibung Unsere Familien sind bundesweit mit 1,7 Kindern im Jahr 2003 zu 1,9 Kindern im Jahr 1980 deutlich klei- ner geworden. Die Zahl der kinderreichen Familien (3 und mehr Kinder) ist auf 15 Prozent im Vergleich zu 20 Prozent im Jahr 1980 zurückgegangen. 7 8 Dabei ist der Geburtenrückgang kein spezifisches Frauenproblem mehr: 15 % der Frauen im gebärfähigen Alter, aber 25 % der Männer derselben Jahrgänge möchten keine Kinder mehr haben Seit dem Jahr 2000 leben in Baden-Württemberg erstmals weniger junge Menschen unter 20 Jahren als Ältere der Generation 60 plus. Dieses Verhältnis wird sich noch drastisch verschlechtern, obwohl die Folgen der demografischen Entwicklung in Baden-Württemberg nicht annähernd so dramatisch sein werden wie in anderen Bundesländern Nordwürttemberg erzielt derzeit noch einen geringen Geburtenüberschuss. Zusammen mit einer hohen Zahl an neu nach Nordwürttemberg zugezogenen Menschen ergibt sich so zur Zeit eine positive Bevölkerungsentwicklung für unseren Regierungsbezirk. Allerdings zeichnen sich auch hier bedenkliche Entwicklungen ab. So ist beispielsweise die Zahl der über 74-jährigen mit rund Menschen fast identisch mit der Zahl der unter 7-jährigen Kinder Das Problem der demografischen Entwicklung mit all seinen negativen Auswirkungen auf die Bereiche Arbeitsmarkt und soziale Systeme wie Sozialversicherung, Kranken- oder Pflegeversicherung ist bekannt Die CDU Nordwürttemberg möchte mit diesem Papier darauf hinweisen, dass weniger Kinder auch weni- ger Innovation und Wirtschaftswachstum und damit weniger Wohlstand bedeuten. Und dass eine Gesell- schaft ohne Kinder eine Gesellschaft ohne Zuversicht und ohne Zukunft ist Die Entscheidung für oder gegen Kinder ist eine individuelle Entscheidung. Auf diese individuelle Entscheidung wirken aber immer auch gesellschaftliche Rahmenbedingungen ein. Der demografische Wandel und der damit einhergehende Bevölkerungsrückgang wird sich in einzelnen Regionen unterschiedlich zeigen. Es wird Verlierer und Gewinner geben. Dabei ist auch insbesondere der ländliche Raum gesondert zu betrachten. Dort müssen Rahmenbedingungen geschaffen werden, die ein Ausbluten verhindern.
3 28 2. Familienpolitik- wichtiger Standortfaktor Gerade für unsere wirtschaftlich attraktive Region ist eine gute Familienpolitik als Standortfaktor eine Chance zu den Gewinnern zu zählen Politik muss Mut zum Kind machen und die Bereitschaft fördern, dass Menschen sich Kindererziehung wieder zutrauen. Dabei müssen wir die junge Generation unterstützen Der Wirtschaftsfaktor Familie mit Kindern darf nicht unterschätzt werden. Es kann nicht sein, dass das Familienleben sich völlig der Erwerbsarbeit anpasst. Die Erwerbsarbeit muss sich auch den Belangen der Familienarbeit stellen. Unternehmen müssen ermuntert werden flexible Arbeitszeitmodelle und betriebliche Betreuung anzubieten Es darf nicht sein, dass das Pro-Kopf-Einkommen von Ehepaaren mit Kindern nur noch halb so hoch ist, wie das von kinderlosen Ehepaaren Als CDU Nordwürttemberg sind wir gefordert, alle Bemühungen unseres Ministerpräsidenten Günther H. Oettinger für ein «Kinderland Baden-Württemberg» zu unterstützen. Dazu bedarf es einer konsequenten und zielführenden miteinander verbundenen Bildungs- und Familienpolitik Neuausrichtung der Familienpolitik Familienpolitik ist die Aufgabe des Bundes, der Länder und der Kommunen und wird nur Erfolg haben, wenn alle verschiedenen eigenständig erarbeiteten Lösungen der Familienförderung ineinander greifen und sich ergänzen. 46 Familienpolitik muss ganzheitlich gesehen werden Familienförderung muss neu überdacht und besser verzahnt werden. Die Vielzahl der familienpolitischen Leistungen auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene sind dabei zu harmonisieren und transparent zu machen. Auch das Landeserziehungsgeld ist zu prüfen, ob es seinen ursprünglichen Zweck noch erfüllt. Gegebenenfalls könnte daran gedacht werden, diese Mittel ganz oder teilweise dazu zu verwenden, die Infrastruktur im Bereich der institutionellen Kinderbetreuung zu stärken Angesichts der Schwierigkeiten, die sich bei der Kommunalisierung der Kindergartenförderung vor Ort gezeigt haben, muß auch diese Förderpraxis überdacht werden. Der gegenwärtige unbefriedigende Zustand, daß Kinder aus anderen Gemeinden oder Kinderbetreuungseinrichtungen mit größerem Einzugsgebiet (Betriebskindergärten, Waldorf-Kindergärten, etc.) nicht in den Genuss der finanziellen Förderung
4 gelangen, muß im Zusammenhang mit der Neuordnung der Finanzzuständigkeiten von Land und Kom- munen bereinigt werden Eltern, die sich der Erziehungs-, Bildungs- und Betreuungsaufgabe in den ersten Lebensjahren ihrer Kinder persönlich intensiv widmen wollen, sind bei der Wahrnehmung ihrer Elternzeit-Option zu unterstützen. Zugleich ist es ein familienpolitisches Kernanliegen, Eltern, die Familie und Beruf vereinbaren wollen, nicht nur durch flexible Kinderbetreuungsangebote, sondern auch durch intelligentere Arbeitsorganisation (z.b. flexible Arbeitszeiten oder Teilzeitangebote) zu unterstützen und obendrein finanziell zu entlasten (z.b. Familiensplitting, Absetzbarkeit von Aufwendungen für im Haushalt Beschäftigte). Hierfür muss auch die Wirtschaft einen Beitrag leisten. Ganztägig ausgelegte Kindertageseinrichtungen sind dort dringend erforderlich, wo familiäre und/oder soziale Verhältnisse eine substantielle Flankierung und Ergänzung der elterlichen Erziehungs- und Bildungsaufgabe notwendig machen. Es muß Leistungsgerechtigkeit für Familien im Steuersystem und in den Sozialsystemen hergestellt werden, d.h. Kindererziehung muß ebenso als Leistung für die Sozialsysteme anerkannt werden wie ein finanzieller Beitrag. Familienpolitik ist also auf die tatsächlichen Bedürfnisse von Vätern, Müttern und Kinder abzustimmen. Die zunehmende berufliche Orientierung für Mütter und Väter sowie die kleinfamiliären Strukturen erfordern einen Ausbau der Betreuungseinrichtungen. Für landesweit Kinder unter drei Jahren stehen zurzeit nur rund Betreuungsplätze zur Verfügung. Das entspricht einer Quote von etwa 5,7 % Die Weiterentwicklung der Kinderbetreuungseinrichtungen muss in erster Linie an den Bedürfnissen der Kinder, aber auch der erwerbstätigen Eltern ausgerichtet werden. Auch muss dabei den Bedürfnissen der jungen Akademikerfrauen Rechnung getragen werden, von denen sich heute 42% den Kinderwunsch versagen, da sie um chancengleich mit männlichen Mitbewerbern zu sein aus Gründen der Vereinbarkeit ihres Berufes mit der Familie immer häufiger auf Kinder verzichten Ganztagesgruppen für Kleinkinder sollen geöffnet und entsprechend gefördert werden. Dem Wunsch vieler Eltern, nach mehr Flexibilität in der Betreuung von Kindergartenkindern muss Rechnung getragen werden. Tagespflegestellen sollten weiter ausgebaut werden und eine soziale Absicherung von Tagesmüttern sicherstellen. Es sollten Elterninitiativen und Verbundsysteme gegenseitiger familiärer Hilfen gefördert und begleitet werden. An den Schulen Baden-Württembergs ist neben dem Brennpunktkonzept das Modell offener Ganztagesbetreuung auszubauen. Hier soll dem qualifizierten Ehrenamt aus Vereinen, Verbänden und Kirchen wie auch motivierten und qualifizierten Bürgern die Möglichkeit gegeben werden, sich in einem Betreuungs- und Erziehungsbündnis einzubringen. Die CDU Nordwürttemberg begrüßt daher das Konzept, engagierte Bürger ähnlich wie beim Übungsleiterschein für Ehrenamtliche im Sport weiterzuqualifizieren und in enger Absprache mit den Hauptamtlichen als Begleiter von Kindern und Jugendlichen in die Betreuung zu integrieren. Es ist richtig, daß das Engagement dieser Jugendbegleiter ähnlich wie bei der Übungsleiterpauschale im Sport honoriert werden soll.
5 In den Schulen müssen den Kindern und Jugendlichen Alltagskompetenzen wie Erziehungskunde, Kenntnisse in der Ernährung und Haushaltsführung sowie Kompetenz für Finanzen vermittelt werden. Dabei soll es auch möglich sein, engagierte Senioren mit ihren Qualifikationen, mit ihrer Kompetenz und Erfahrung an die Schulen zu bringen und dabei den wichtigen Erfahrungsaustausch der Generationen herbeizuführen Die CDU Nordwürttemberg fordert zur Unterstützung der ehrenamtlich Tätigen zudem eine Absicherung durch Haftpflicht- und Unfallversicherung sowie die Einführung einer Ehrenamtscard, die den Ehrenamtlichen als Dank für ihr Engagement attraktive Vorteile bietet. Daneben muß die Lehrbeauftragten- Entschädigung auf eine breitere finanzielle Basis gestellt werden, um attraktive Angebote im Rahmen der offenen Ganztagesbetreuung an die Schulen zu holen Um die richtigen Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, daß Baden-Württemberg zum Kinderland wird, fordern wir die Gründung einer Stiftung Kinderland Baden-Württemberg Begleitend soll eine Experten-Kommission Anwalt des Kindes eingesetzt werden, die Empfehlungen zu Bildung und Erziehung erarbeitet und dabei Schulentwicklung, Bildungsqualität und auch die Rolle der Eltern überprüft. Die Kommission soll die Kultur des Ehrenamts definieren. Daneben soll die Erforschung der frühkindlichen Entwicklung begleitet werden. Ein Aktionsprogramm Miteinander der Generationen soll erarbeitet werden. Ebenso ist Erziehungs- und Bildungspartnerschaft von Eltern und Kindern zu unterstützen Bei der Wohnungsbauförderpolitik gilt es in erster Linie den familienfreundlichen Wohnungsbau zu för- dern Konzertierte Aktion für einen Wertewandel Die Politik darf sich bei den demografischen Problemen nicht mit bloßen "sozialtechnologischen Anpassungen" zufrieden geben. Die demografische Krise hat im Wesentlichen ihre Ursache in kulturellen Veränderungen, daher bedarf es einer Offensive für einen Wertewandel. Dafür sind auch Vor- und Leitbilder in der Schule, im Film und im Fernsehen notwendig, welche die positive Funktion von Kindern für ein erfülltes Leben stärker hervorheben. Eine Gesellschaft, der eigene Kinder lästig und nicht Quell der Lebensfreude sind, ist definitiv zum Abstieg verurteilt. Daher ist eine kulturelle Wende angezeigt, welche die Familie wieder in den Mittelpunkt rückt. Politik kann dabei Anreize schaffen, Hilfen geben und in eine Infrastruktur der Kinderbetreuung und Bildung investieren. Niemand, der Kinder hat, sollte gesellschaftliche Nachteile haben, auch nicht die Frauen. Politik muss diejenigen, die für den Fortbestand und Wohlstand der Gesellschaft Unverzichtbares leisten, stärker in den Fokus ihrer Aufmerksamkeit und Verteilungsgerechtigkeit rücken.
6 Dabei ist die Gesamtverschuldung der größte Feind einer klugen und langfristigen Familienpolitik. Eine zukunftsorientierte und verantwortungsvolle Wirtschafts- und Haushaltspolitik ist deshalb von großer Bedeutung für eine positive demografische Entwicklung in Baden-Württemberg. Erarbeitet von: Ingrid Blank Staatssekretärin Friedlinde Gurr-Hirsch MdL Dr. Renate Heinisch Andrea Krueger Steffen Bilger
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