Lehrer als Experten Für was?
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- Meike Schräder
- vor 8 Jahren
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Transkript
1 Lehrer als Experten Für was? Ergebnisse aus der Expertise- und Professionsforschung Hans Gruber
2 Wo ist er bloß der Super-Lehrer Süddeutsche, : Lehrerpreis - Superlehrer gesucht FAZ, : Wettstreit der Bundesländer Super-Lehrer dringend gesucht Die Welt, : Deutschland sucht den Superlehrer 2
3 Gibt es den Super-Lehrer überhaupt oder ist die Suche zwecklos? 3
4 Was macht denn eigentlich einen guten Lehrer aus? Kann man das messen? Lehrer als Experten - dialogus, Regensburg
5 Profession des Lehrers Lehrer sind professionelle Manager für Lern- und Entwicklungsprozesse ihrer Schüler und wollen dabei optimale Ergebnisse erzielen; sie sind Experten für ihre Fächer, vermitteln ihre Inhalte und Methoden ebenso wie fächerübergreifende Kompetenzen an die Schüler. Als pädagogische Führungskräfte fördern sie ihre Schüler und bewerten und beurteilen deren Leistungen. Lehrer führen, indem sie junge Menschen auf ihrem Weg aktiv begleiten, den diese eigenverantwortlich weiter gehen. Lehrer haben deshalb pädagogische Führungsqualitäten. (Deutsche Arbeitgeberverbände, 2001) 5
6 Das (bayerische) Lehrerbildungssystem bevorzugt Personen und wählt sie aus, die sich aus Verlegenheit um das Lehramt bemühen oder nur ein lebenslanges Beamtenverhältnis erlangen wollen. Lehrkräfte hätten ein besseres Image, wenn bei der Auswahl der Studierenden so strenge Kriterien angelegt würden wie bei der Pilotenauswahl. (Wiss.-Techn. Beirat der Bayerischen Staatsregierung, ) 6
7 Was ist eine gute Lehrperson? Wer die Lernenden zu Erfolg führt? Wer mit sich ändernden gesellschaftlichen, kulturellen und sozialen Veränderungen im Bildungssystem professionell umgeht? Wer viel über guten Unterricht weiß und dieses Wissen flexibel einsetzen und kontextuell adaptieren kann? Wer anerkannte berufliche Qualifikationsprozesse erfolgreich durchlaufen und sich in professionelle Netzwerke problemlos eingeklinkt hat? Alles von dem und nichts zugleich! 7
8 Zusammenspiel von erziehungs- und fachwissenschaftlicher Ausbildung Theorie, Wissen über Theorie und Praxis Prozess kontinuierlicher Transformation des Repertoires an Wissen und Fertigkeiten 8
9 Wie kann man die guten Lehrer messen? 3 Forschungsrichtungen konkurrieren miteinander um die Definition und Erforschung der guten Lehrperson 9
10 Die drei Seiten einer Medaille (vgl. Mulder & Gruber, 2011) Professionsforschung Fokus: Entwicklung des Berufes Kompetenzforschung Fokus: Was man benötigt, um einen Beruf (gut) auszuüben Expertiseforschung Fokus: Internale Voraussetzungen erfolgreichen Handelns 10
11 Wie kann man die guten Lehrer messen? Heid (2010, 16. März): Ich rege mich immer auf, wenn ich höre, dies oder das könne man nicht messen. Wenn man ein Kriterium bestimmt, kann man dieses auch messen. Wenn man ein Credo hat, kann man auch beurteilen. (Worin) Unterscheidet sich das Credo der drei Forschungszugänge? Wie wird exzellentes Lehrhandeln konzipiert bzw. operationalisiert? Wie wird das Verhältnis von individuellen und organisationalen Voraussetzungen exzellenten Lehrhandelns gesehen? Welche Maßnahmen werden vorgeschlagen, um den Aufbau und das Aufrechterhalten exzellenten Lehrhandelns zu unterstützen bzw. zu gewährleisten? 11
12 Definition Profession Als Ergebnis der professionellen Sozialisierung bzw. der Professionalisierung sind folgende Merkmale einer Profession definierbar: klar geregelter Zugang in den Beruf ausgeprägte Berufsethik inhaltlich und methodisch eindeutig bestimmte Ausbildung und Fortbildung Kenntnis der spezifischen Fachsprache hohe Entscheidungskompetenz gegenüber den Klienten Expertenstatus (Köck, 2008) 12
13 From Professional to Learning Professional (Simons & Ruijters, 2004) Elaboration: Erhöhung der eigenen Arbeits-Kompetenz durch Lernen von der Praxis und in der Praxis Expansion: Ausbau theoretischen Wissens und Verständnisses durch explizites Lernen von der Forschung und mit eigener Forschung Externalisierung: Weitergabe des eigenen theoretischen und praktischen Verständnisses als Beitrag zur Weiterentwicklung der Profession; initiiert über Teamarbeit und über Prozesse organisationalen Lernens 13
14 Unsere drei Forschungsrichtungen werden angesprochen: Lernen (Expertise), Entwicklung (Kompetenz), Veränderung (Profession) als schwer trennbare und ineinander verschränkte Prozesse 14
15 Definition Kompetenz Die bei Individuen verfügbaren oder von ihnen erlernbaren kognitiven Fähigkeiten und Fertigkeiten, bestimmte Probleme zu lösen, sowie die damit verbundenen motivationalen, volitionalen und sozialen Bereitschaften und Fähigkeiten, die Problemlösungen in variablen Situationen erfolgreich und verantwortungsvoll nutzen zu können. (Weinert, 2001) 15
16 Definition Kompetenzen Kontext des Lehrens Arten von Kompetenzen Wissen Pädagogisches Wissen Fachwissen Fachdidaktisches Wissen und Handeln (flexibel) erklären und repräsentieren Schülerfehler und -schwierigkeiten erkennen Aufgabenpotenzial analysieren (Shulman,1987) 16
17 Voraussetzungen für einen kompetenten Lehrer Fachkompetenzen Methodenkompetenzen Soziale Kompetenzen Selbstkompetenzen 17
18 Was ist Expertise? Das Individuum Objektive Kriterien der Stärke Zuverlässig erfassbar Der soziale Kontext Expertiseerwerb Deliberate practice Anleitung durch Lehrer Das Zusammenspiel beider Domänenspezifische Lerngelegenheiten am Arbeitsplatz Hineinwachsen in den Arbeitsplatz Reaktion auf Veränderungen am Arbeitsplatz Bildung professioneller Netzwerke 18
19 Der Lehrer als Experte: Semantische Komponenten von Expertenwissen (Sehr!) Umfangreiche, gut organisierte Wissensbasis Verknüpfung von Wissenseinheiten mit Handlungsvorschlägen Notwendigkeit anhaltender Reflexion über eigene Erfahrung Subjektive Bedeutsamkeit von Episoden Dynamische Natur von Wissen Kontextualisierung Qualitative Wissensunterschiede Veränderungen beim Erwerb und beim Erhalt von Expertise 19
20 Der Lehrer als Experte: Enkapsulierung von Wissen Bei mehr Erfahrung weniger Bezug auf theoretisches Wissen beim Handeln Experten vergessen oder ignorieren das erlernte theoretische Wissen nicht Sie repräsentieren es unter generalisierten fallbezogenen Schemata Entstehen enkapsulierten Wissens Enkapsulierung ist Kernprozess des Professional Learning 20
21 Der Lehrer als Experte: Üben hilft (deliberate practice) Deliberate practice: Gezieltes Üben, das nur dem Zweck der Verbesserung dient Korreliert hoch mit der Leistungsfähigkeit Oft angeleitet durch Andere (Trainer, Lehrer) Meist anstrengend Oft nicht motivierend, geringer Spaßfaktor 21
22 Beispiel einer empirischen Studie (Hobmair, Schmid & Gruber) Experten-Novizen Unterschiede im Klassenmanagement Befunde: Experten (10) und Novizen (10) unterschieden sich in Problem Repräsentation, Generierung von Hypothesen und Problemlösestrategien Experten-Lehrer weisen ähnliche Charakteristiken wie Experten in anderen Domänen auf (action knowledge) 22
23 Sind Professionsforschung, Kompetenzforschung und Expertiseforschung (in)kompatibel? Vorschläge zur Veränderung der Welt des guten Lehrers Vorstellungen von Professionalität weiter entwickeln, Rollenzuschreibungen verändern, Spielräume schaffen Unterschiedliche Bedeutung verschiedener Kompetenzen für verschiedene Rollen spezifizieren Individuelle (z.b. kognitive) Disposition spezifizieren, deliberate practice modellieren Kongruenz von Lernen, Entwicklung und Veränderung thematisieren Explizierung der Credos 23
24 WAS untersucht werden soll Der gute Lehrer? Professionalität ist professionelles Wissen UND Handeln: Credo guten Handelns (in den verschiedenen Rollen) Kompetenzen sind breit, aber dennoch kontextgebunden: Credovergleich in unterschiedlichen Bildungsorganisationen (Schulen, Berufsschulen, Trainings) Wissensbasis in Relation zu Erfahrung (und daher Übung) Forschung von Veränderungen, Entwicklungen, Lernprozessen 24
25 Der gute Lehrer? WIE untersucht werden soll Performanz messen! (also: das Credo zur Diskussion stellen) Authentisches, komplexes Assessment Beispiele: Polizeiakademie, Pilotenausbildung, Marathonlauf Bezugsetzung zu Determinanten Individuell (z.b. Wissen), sozial (z.b. Netzwerke), organisational (Arbeitsplatzgestaltung, Curriculum) 25
26 26
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