Ergebnisse aus EuCliD 1. Quartal Polypharmazie. 1 Arbeitskreis Dialysequalität: www. akdq.de
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- Vincent Albrecht
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1 Ergebnisse aus EuCliD 1. Quartal
2 oder Multimedikation ist definiert als dauerhafte, regelmäßige Einnahme mehrerer Medikamente. Dies erhöht das Nebenwirkungsrisiko eine pharmakologischen Therapie um ein Vielfaches, da nicht nur die Nebenwirkungen der einzelnen Medikamente sondern auch Interaktionen der Medikamente untereinander zum Tragen kommen. Ältere Patienten mit Niereninsuffizienz sind eine besonders vulnerable Gruppe: 1. Patienten mit Niereninsuffizienz nehmen zahlreiche Arzneimittel ein. Da chronische Niereninsuffizienz häufig vergesellschaftet ist mit oder verursacht wird durch Herzinsuffizienz, Bluthochdruck, Diabetes mellitus und andere Erkrankungen, ist eine Multimedikation die Regel. 2. Patienten mit Niereninsuffizienz sind häufig alt. Ältere Patienten reagieren jedoch besonders empfindlich auf Medikamente, da viele der an der Verteilung und Verstoffwechselung beteiligten Organe nicht mehr ausreichend funktionieren. Ältere Patienten sind zudem kognitiv eingeschränkt und machen Fehler bei der Einnahme der Medikation. Vor diesem Hintergrund gilt es, die Pharmakotherapie niereninsuffizienter Patienten möglichst effektiv zu gestalten und unnötige oder gar schädliche Medikationen bzw. Kombinationen zu vermeiden. Gerade bei Patienten mit einer Vielzahl verordneter Arzneimittel besteht die Gefahr, dass einige davon eigentlich nur eingenommen werden, um die unerwünschten Wirkungen anderer zu behandeln. In einem solchen Fall sollte kritisch geprüft werden, ob alternative Ansätze wie z.b. eine Dosisanpassung des einen nicht zur Vermeidung des anderen Pharmakons führen könnten. Bei multimorbiden Patienten muss eine Risikoabwägung erfolgen und letztlich das kleinere Übel gewählt werden. So sind ggf. Nebenwirkungsrisiken durch ein Arzneimittel in Kauf zu nehmen, um größere Risiken durch die behandelte Erkrankung zu minimieren. Dieser Bericht soll daher auch aufzeigen, in welchem Ausmaß solche möglicherweise alternativlosen Therapieentscheidungen getroffen werden könnten. Datenbasis Für diesen Bericht wurden alle Patientendaten seit dem eingeschlossen. Für die Verabreichung von Arzneimitteln wurden die in EuCliD dokumentierten Verordnungen ausgewertet. Die zusätzliche Einnahme frei verkäuflicher Mittel kann jedoch nicht ausgeschlossen werden. 2
3 Häufigste Medikationen Die am häufigsten verschriebenen Medikamente ändern sich mit dem Stadium der Niereninsuffizienz. So sind erwartungsgemäß die häufigsten Medikamente bei Patienten in den Stadien 1-3 Diuretika, Statine, Acetylsalicylsäure, Betablocker und Antihypertensiva, mit denen präventiv das Fortschreiten der Niereninsuffizienz vermieden werden soll. In den späten Stadien der Niereninsuffizienz steigen Medikamente zur Therapie der Symptome einer Niereninsuffizienz, Vitamin D und Bikarbonat, unter die häufigsten Medikationen auf. Bei Dialysepatienten steht im Fokus der medikamentösen Therapie die Anämie, da unter den häufigsten Medikationen vornehmlich Erythropoietine und Eisen sind. Darüber hinaus rückt Phosphatbindung in den Fokus, da nun auch Sevelamer unter den 12 häufigsten Medikationen zu finden ist. Interessanterweise ist bei allen Patienten der Protonenpumpeninhibitor Pantoprazol die vierthäufigste Medikation, obwohl Protonenpumpeninhibitoren (PPI) bei älteren Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz das Fraktur- und Infektionsrisiko erhöhen und zu kognitiven Beeinträchtigungen führen können (Ponticielli et al. May Clin Proc 2015; 90(5): ). Alle PPI können über Erhöhung des ph-werts im Magen die Absorption und demzufolge die Bioverfügbarkeit anderer Medikamente (Ampicillin, Cefpodoxim, Digoxin, Vitamin B 12, Eisen, Indinavir, Delavirdin, Azol- Antimykotika) beeinflussen. 3
4 Protonenpumpeninhibitoren und Frakturen Tatsächlich ist das Frakturrisiko bei Patienten, die Protonenpumpeninhibitoren verordnet bekommen haben, erhöht. So erlitten im untersuchten Zeitraum seit Patienten eine Fraktur, die Protonenpumpeninhibitoren erhielten (2,7%), während es bei jenen ohne Protonenpumpeninhibitoren 30 (0,4%) waren (p<0,001). Patienten mit Frakturen waren deutlich älter als solche ohne. Die Assoziation war jedoch auch nach Altersadjustierung signifikant (p<0.001). Der Anteil der Frakturen nach Altersgruppe war in Prozent: Alter PPI Ja 0 1,3 0,9 0,8 1,9 1,7 2,7 3,3 PPI Nein ,1 0,2 0,6 0,8 0,7 Protonenpumpeninhibitor Ja Nein alle Fraktur Ja Nein alle Weitere Einflussgrößen, die das Ergebnis beeinflussen und evtl. verzerren, können nicht ausgeschlossen werden. Darüber hinaus wurden nur ärztliche Verschreibungen erfasst. Da Protonenpumpeninhibitoren auch OTC erhältlich sind, sind die Daten zur Einnahme zwangsläufig mit einer Unsicherheit behaftet. Schließlich wurden alle Frakturen unabhängig von der Ursache oder Art der Verletzung eingeschlossen. Am häufigsten waren Frakturen der Hüfte und des Oberschenkels, gefolgt von Frakturen im Bereich der Lendenwirbelsäule und des Beckens. Frakturen nach ICD10- Codierungen: 0 Kopf 1 Hals 2 Thorax 3 Lendenwirbelsäule, Becken 4 Schulter und Oberarm 5 Ellenbogen und Unterarm 6 Hand und Handgelenk 7 Hüfte und Oberschenkel 8 Knie und Unterschenkel 9 Knöchelregion und Fuß 4
5 Medikationen, die bei älteren Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz nur mit großer Vorsicht eingesetzt werden sollten Neben den Protonenpumpeninhibitoren gibt es weitere Medikationen, die bei chronischer Niereninsuffizienz problematisch sein könnten und daher nur mit Vorsicht eingesetzt werden sollten (Ponticielli et al. May Clin Proc 2015; 90(5): ). Hierzu zählen folgende Substanzen: Substanz(en) Nitrofurantoin Mögliche unerwünschte Wirkungen bei älteren Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz allergische Reaktionen, gastrointestinale Störungen, zentralnervöse Beschwerden wie Kopfschmerzen und Schwindel, Lungeninfiltration, Toxizität bei egfr < 30 Alpha-adrenerge Inhibitoren Antiarrhythmika Nifedipin Tachykardie, orthostatische Hypotension QT-Intervall-Verlängerung Hypotension, zerebrale oder myokardiale Ischämie infolge der Hypotension Spironolacton Hyperkaliämie, besondere Vorsicht bei egfr < 30 NSAID Quinolone Aminoglykoside Flüssigkeitsretention, Verschlechterung der Nierenfunktion Tendinitis, akuter Nierenschaden Nephrotoxizität, otovestibuläre Toxizität Metformin Risiko einer Laktatazidose bei egfr <30 Kaliumsparende Diuretika Azathioprin Digoxin Vitamin C Hyperkaliämie Knochenmarkdepression, Leukopenie Risiko der Überdosierung bei niedriger egfr Bildung unlöslicher Oxalate 5
6 Nitrofurantoin Nitrofurantoin wird häufig zur Behandlung von Harnwegsinfekten eingesetzt. In EuCliD kam es vorwiegend bei älteren Patientinnen mit einer egfr von unter 30 (rote Linie) zum Einsatz, obwohl bei Nierenfunktionsstörungen die Ausscheidung von Nitrofurantoin, sinkt, so dass im Urin u.u. keine bakteriostatischen Konzentrationen erzielt werden können. Durch die Kumulation wird die Gefahr der Nebenwirkungen erhöht (s. Folie 5). Fachinformation ABDAMED über Nitrofurantoin u.a.: Warnhinweise/Vorsichtsmaßnahmen: Vor Verordnung von Nitrofurantoin sollten Nieren- und Leberfunktion überprüft werden, da bei Störungen dieser Funktionen mit erheblichen Nebenwirkungen zu rechnen ist. Nitrofurantoin, darf bei älteren Menschen nur verordnet und angewendet werden, wenn zuvor durch einen Nierenfunktionstest eine Niereninsuffizienz ausgeschlossen wurde und keine Oligurie oder Anurie vorliegt Alpha-Blocker Alpha-adrenerge Inhibitoren werden eingesetzt zur Senkung des Blutdrucks und zur Behandlung von benigner Prostatahyperplasie. Die Geschlechterverteilung legt nahe, dass eine Blutdrucksenkung allein bei der Wahl des Medikaments offenbar kaum eine Rolle spielt, da praktisch alle mit Alpha-Blockern behandelte Patienten männlich sind. Der Einsatz erfolgt mit abnehmender egfr immer seltener. Altersgruppen sind abgerundet auf Jahrzehnte, d.h. 50 umfasst Jahre. Dialysepatienten sind als egfr = 0 dargestellt rote Linie: egfr < 30 ml/min/1,73m² 6
7 Spironolacton Spironolacton ist ein kaliumsparendes Diuretikum, dass zur Therapie eines Hyperaldosteronismus und zur Therapie chronischer Herzinsuffizienz eingesetzt wird. Beim Einsatz bei Patienten mit niedriger egfr wird daher meist der Kaliumhaushalt überwacht, um eine Hyperkaliämie zu vermeiden. Spironolacton wird auch bei einer egfr von unter 30 bei prädialytischen Patienten relativ häufig eingesetzt. Metformin Die 2016 geänderte Kontraindikation von Metformin, mit der ein Einsatz bis zu einer egfr von 30 zulässig ist, wird sehr genau eingehalten. Das Antidiabetikum kommt fast ausschließlich bei Patienten mit einer egfr über 30 oder bei Dialysepatienten ( egfr = 0 ) zum Einsatz. Altersgruppen sind abgerundet auf Jahrzehnte, d.h. 50 umfasst Jahre Dialysepatienten sind als egfr = 0 dargestellt rote Linie: egfr < 30 ml/min/1,73m² 7
8 Arzneimittelinteraktionen, die bei älteren Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz problematisch sein können Nicht nur bestimmte Arzneimittel sind bei chronischer Niereninsuffizienz als Einzelsubstanzen problematisch. Aufgrund der veränderten Elimination und evtl. auch Verstoffwechselung bei chronischer Niereninsuffizenz können auch bestimmte Medikamentenkombinationen, die beim Gesunden unproblematisch sind, mit einem höheren Risiko verbunden sein (Ponticielli et al. May Clin Proc 2015; 90(5): ). Hierzu zählen z.b.: Substanzen Renin-Angiotensin Inhibitoren und Aldosteronantagonisten Trimethoprim-Sulfamethoxazol und Renin-Angiotensin Inhibitoren Trimethoprim-Sulfamethoxazol und Phenytoin Trimethoprim-Sulfamethoxazol und Warfarin Calcineurininhibitoren und Calciumkanalantagonisten Clarithomycin und Statine Clarithomycin und Digoxin ACE-Inhibitoren und Lithium Thiazide und Schleifendiuretika Mögliche unerwünschte Wirkungen bei älteren Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz Hyperkaliämie, Gynäkomastie, Anstieg des Serum-Kreatinins Hyperkaliämie Phenytoin-Intoxikation Stärkerer Warfarin-Effekt Nephrotoxizität, Bluthochdruck Myopathie Digoxin-Toxizität Nierenschäden (1,5/100 Personen pro Jahr) Hyponatriämie, Hypokaliämie, Verschlechterung der Nierenfunktion 8
9 Arzneimittelkombinationen Während die Kombinationen von Renin-Angiotensin-Inhibitoren und Aldosteronantagonisten, Trimethoprim-Sulfamethoxazol und Renin- Angiotensin-Inhibitoren sowie Thiaziden mit Schleifendiuretika bei Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz und niedriger egfr nicht seltener verschrieben werden, wird Clarithomycin in Kombination mit Calcium-Kanalblockern oder Statinen bei einer egfr von unter 30 praktisch nicht verabreicht. 9
10 Die Anzahl verschriebener Arzneimittel in EuCliD nimmt mit fortschreitender Niereninsuffizienz zu. Während in frühen Stadien die Einnahme nur eines oder weniger Medikamente gerade bei jüngeren Patienten noch relativ häufig vorkommt, ist bei Dialysepatienten eine multimedikamentöse Behandlung die Regel. Bei den Patienten in frühen Stadien ist außerdem gut zu sehen, dass die Zahl der Medikationen mit dem Alter ansteigt. Kaum ein Patient über 70 nimmt unter 4 Medikamente ein. Die häufigsten Medikamente bei Einzelverordnung waren Inhibitoren des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems, Insuline, Vitamin D und Analoga, und Levothyroxin. Die häufigsten Medikamente bei multimedikamentös behandelten Patienten (5 oder mehr) waren Vitamin D und Analoga, Betablocker, Eisen und Inhibitoren des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems. 10
11 Innovatives Benchmarking mit EuCliD Ihre persönliche Ansprechpartnerin: Dr. Judith Kirchgessner T Judith.Kirchgessner@fmc-ag.de EuCliD-Hotline: Dialysis-IT-Systems T Dialysis-IT@fmc-ag.com Danksagung: Wir danken Dr. Aike Torben Schweda (DBM Wissen schafft GmbH) für die Unterstützung bei der Datenauswertung. EuCliD ist ein Warenzeichen der Fresenius Medical Care Deutschland GmbH 11
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