Realkapitalismus und Finanzkapitalismus
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- Katja Holtzer
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1 Realkapitalismus und Finanzkapitalismus Stephan Referat in Rahmen einer Ringvorlesung zu Politik und Ökonomie im globalisierten Kapitalismus an der Universität Wien am 1. März 28 Kontakt: bzw DW Homepage:
2 Überblick Realkapital und Finanzkapital Real- versus finanzkapitalistische Rahmenbedingungen und ihre Abfolge Empirische Evidenz aus der Nachkriegsgeschichte Das europäische und US-amerikanische Gesellschaftsmodell im Finanzkapitalismus
3 Real- und Finanzkapital Zwei Arten von Vermögensvermehrung: Reale Veranlagung auf Gütermärkten: Investition, Innovation, Produktion, Handel Finanzielle Veranlagung auf Finanzmärkten: Kurzfristige Spekulation, längerfristige Veranlagung, Bewertungsgewinne Realkapital und Finanzkapital: Zwei Kapitalformen mit gegensätzlichen ökonomischen Interessen, aber ähnlichen politischen Interessen
4 Arbeit, Realkapital und Finanzkapital Arbeit Realkapital Finanzkapital Ökonomische Interessen Vollbeschäftigung Reallohnsteigerungen Hohe Rendite auf Realveranlagung: - niedrige Zinsen und Wechselkurse - Stabile Finanzmärkte Hohe Rendite auf Finanzveranlagung und spekulation: - hohe Zinsen und Wechselkurse - Instabile Finanzmärkte Beispiele für Interessenkonflikte Lohnsteigerung Zinssteigerung Reale Aufwertung Potentielle Partner für Interessenbündnis Realkapital Arbeit oder Finanzkapital Realkapital Ökonomisches Interesse am Staat Vollbeschäftigungspolitik soziale Sicherheit Bildung Daseinsvorsorge Konjunkturstabilisierung und Wachstumspolitik: Mächtige Notenbank Restriktive Geldpolitik Privatisierung der Sozialversicherung Politische Hauptinteressen Starker Sozialstaat starke Gewerkschaften schwacher Sozialstaat schwache Gewerkschaften kein Sozialstaat keine Gewerkschaften
5 Realkapitalismus und Finanzkapitalismus Realkapitalismus Finanzkapitalismus Implizites Bündnis Arbeit & Realkapital Realkapital & Finanzkapital Unternehmer/Gewerkschaften Korporatismus Konflikt Verhältnis Staat/Markt Komplementär Antagonistisch Wirtschaftspolitische Ziele Wirtschaftspolitisches Machtzentrum Wirtschaftswissenschaftliches Modell Viele: von Vollbeschäftigung bis zur Einkommensverteilung Regierungen Keynesianismus Wenige: Geldwertstabilität, solide Staatsfinanzen, sinkende Staatsquote Notenbanken Monetarismus/Neoliberalismus Diagnose/Therapie Systemisch Symptomorientiert Finanzielle Rahmenbedingungen Zinssatz<Wachstumsrate, ruhige Finazmärkte Zinssatz>Wachstumsrate, boom und bust auf Finanzmärkten Gewinnstreben fokussiert auf Realwirtschaft (Positivsummenspiel) Finanzwirtschaft (Nullsummenspiel) Wirtschaftsmodell Gesellschaftspolitische Ziele Soziale und regulierte Marktwirtschaft Chancengleichheit, individuelle Entfaltung, sozialer Zusammenhalt ( Reine ) Marktwirtschaft Rahmenbedingungen schaffen für: Jeder ist seines Glückes Schmied
6 Entwicklungszyklus: Realkapitalismus Realkapitalistische Rahmenbedingungen > Investitionsquote > Wirtschaftswachstum > Vollbeschäftigung > Sozialstaat & Staatsschuld > Vollbeschäftigung und Sozialstaat stärken Gewerkschaften > Forderung nach Mitbestimmung und Umverteilung > Streiks > Position der Unternehmer > Wechsel zu Interessebündnis mit Finanzkapital > Neoliberalismus > finanzkapitalistische Rahmenbedingungen
7 Entwicklungszyklus: Finanzkapitalismus Finanzkapitalistische Rahmenbedingungen > Investitionsquote > Wirtschaftswachstum > Arbeitslosigkeit & Staatsschuld > Sparpolitik > Konsum Renditenansprüche > fiktives Kapital > Krise der Finanz- und Realwirtschaft > Unternehmer (kleinere zuerst) fordern aktiven Staat > Wechsel zu Interessebündnis mit Arbeit > realkapitalistischer Rahmenbedingungen
8 Aktien und Realkapitalbildung Deutschland = = 1 Aktienkurse (CDAX) Marktkapitalisierung 1 6 Nettogesamtwert
9 Real- und Finanzvermögen der Kapitalgesellschaften USA Deutschland 35 Realkapital Finanzkapital A ktien, Investmentzertifikate und sonstige Beteiligungen 35 Realkapital Finanzkapital A ktien, Investmentzertifikate und so nstige B eteiligungen 3 3 In % der Nettowertschöpfung In % der Nettowertschöpfung Quelle: Wifo-Datenbank
10 Handelsvolumen auf den globalen Finanzmärkten BIP der OECD = Total Spot Märkte Derivate BIP der O ECD = Aktien und Anleihen Devisen Börsegehandelte Derivate OTC Derivate Quelle: Wifo-Datenbank
11 Langfristige Entwicklung in (West)Europa Arbeitslosenquote Lohnquote 75 7 in % Staatsschuld brutto in % des BIP Quelle: Wifo-Datenbank Datenbank. in % Realzins -4 Wachstumsrate
12 Doppelrolle des Dollar und die Weltwirschaft Effektiver Wechselkurs (4 Reservewährungen/Dollar) Welt-B IP (rechte Skala) Quelle: Wifo-Datenbank Datenbank
13 Dollarkurs und Erdölpreis 13 Effektiv er W echselkurs des Dollar 1) Erdölpreis $ je Barrel (rechte Skala) = Quelle: Wifo-Datenbank. 1) Gegenüber DM, Franc, Pfund, Yen
14 Zur Entwicklung seit ~199 Instabilität der Finanzmärkte (Aktien, Wechselkurse, Ölpreis) > Verlagerung des Gewinnstrebens von Realwirtschaft zu Finanzveranlagung und spekulation Shareholder value Abstinenz einer wachstumsorientierten Geld- und Fiskalpolitik: Politik der EZB Stabilitäts- und Wachstumspakt Sparpolitik
15 Hauptursache III der Krise in der EU Hauptursachen I und II mit neoliberaler Brille nicht erkennbar Weil nicht sein kann, was nicht sein darf > Krisenursache muss an der Unfreiheit von Märkten liegen > Arbeitsmarkt > Reformpolitik > Hartz IV > More of the same Große Koalition in Deutschland seit 25 > Reformstopp > Konsumerholung > Konjunkturaufschwung
16 Wirtschaftspolitik der USA seit ~ 199 Antizylische und wachstumsorientierte Geldpolitik (Zinssatz < Wachstumsrate) Expansive Nachfrage des Staates nach Investitionen, Konsum und Beschäftigten Senkung der Steuern der privaten Haushalte in Rezessionen Gezielte Ausweitung des Budgetdefizits in wachstumsschwachen Phasen Gesamtbefund: Die makroökonomische Politik folgt einem keynesianischen Kurs Spekulation auf Aktienmärkte gelenkt
17 Das europäische und das US-amerikanische Modell Europa USA Determinanten der langfristigen Entwicklung Gesellschaftliche Grundwerte Eingebundenheit in Verbände (Zünfte, Gemeinden, etc.) Verbindlichkeit in den Beziehungen zwischen oben und unten Kollektive Organisation von Interessen Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit Einwanderungsland: Jeder ist seines Glückes Schmied Lockere ökonomische und soziale Beziehungen Kaum vorhanden Individuelle Entfaltung ( persuit of happiness ) Räumliche Mobilität Gering Groß Labor relations Korporatistisch Locker Bedeutung von Gewerkschaften und Unternehmerverbänden Groß Gering Arbeitsmarkt Reguliert hire and fire Verhältnis Markt/Staat Komplementär Antagonistisch Absicherung gegen Krankheit, Überwiegend durch den Überwiegend individuell Unfall, Arbeitslosigkeit, Armut im Sozialstaat Alter Bildungssystem Überwiegend sozialstaatlich Überwiegend privat Bereitstellung öffentlicher Güter (einschließlich Daseinsvorsorge) Relativ groß Klein
18 Kapitalismen in Europa und USA Makro- Mischform ökonomische Rahmenbeding- Realkapitalismus ( Prosperitätssyndrom ) Finanzkapitalismus ( Krisensyndrom ) (Keynesianische Geld- und Fiskalpolitik, Finanzveranlagung und ungen spekulation auf Institutionelle Aktienmarkt fokussiert) (meso-ökonomische) Rahmenbedingungen Europäisches Modell ( Soziale Marktwirtschaft ) Europa bis ~ 1973/8 1 ) Europa seit ~ 1973/8 1 ) US-amerikanisches Modell ( Laissez-faire ) USA bis ~ 1973/8 1 ) USA seit ~ 1973/8 1 ) USA seit ~
Finanzmärkte und Realwirtschaft
Finanzmärkte und Realwirtschaft Stephan Referat im Wirtschaftsmuseum am 4. März 2008 Kontakt: stephan.schulmeister@wifo.ac.at bzw. 798 26 01 242 DW Homepage: http://stephan.schulmeister.wifo.ac.at/ Überblick
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